Da das Sheffield-Derby zwischen United und Wednesday im Oktober letzten Jahres das bisher eindeutig interessanteste Spiel war, dass ich auf der Insel gesehen habe, stand früh der Entschluss, die umgekehrte Partie im traditionsreichen 'Hillsborough Stadium' ebenfalls zu besuchen. Also stimmte ich mich mit Christian und Tim ab, mit denen ich ja bereits den Oktober-Kick gesehen hatte, und ein weiterer Christian aus Aachen war ebenfalls noch mit dabei. Lufthansa-Flüge von Düsseldorf nach Manchester und return konnten frühzeitig und dank Ermäßigungs-Gutschein zum moderaten Kurs ergattert werden.
Sa. 25.02. 15:00 - Newcastle United FC vs Wolverhampton Wanderers FC 2:2 (Premier League), 52.287 Zuschauer (2.500 Gäste)
Also traf man sich am Samstag-Morgen nach wieder mal viel zu kurzer Nacht in aller Frühe am Düsseldorfer Flughafen. Normalerweise komm ich ja morgens gut aus der Falle, aber dieses Mal war ich irgendwie noch total groggy. Der Flug würde überwiegend verquatscht und pünktlich auf die Minute landeten wir auf dem Manchester Airport. Mit dem Zug ging es dann weiter nach Sheffield, die ehemalige Stahl-Metropole. Damit die knapp 75 Minuten Fahrzeit nicht zu langweilig wurden, hatte Christian Nummer 1 in Düsseldorf noch eine Flasche 'Havana Club' und dann am Flughafen-Bahnhof die passende Cola dazu besorgt. In entsprechendem Mischungsverhältnis wurde dann beides den inneren Organen zugeführt. Dabei bin ich doch eigentlich aus dem Alter raus, in dem man sich morgens schon hochprozentigen Alkohol in die Birne schädelt In Sheffield wollten wir nur unser Gepäck im nur fünf Geh-Minuten vom Bahnhof entfernten Hotel abwerfen, aber wir konnten sogar schon in unser Zimmer einchecken, so dass wir uns noch n Viertelstündchen aufs Ohr hauen konnten. Oder besser gesagt gekonnt hätten. Denn ein nicht namentlich genannter Herr aus dem Westerwald drängte massiv darauf auch die letzten Rum-Reste zu vernichten. Gegen halb Elf wurde dann zum Aufbruch nach Nordengland geblasen. Die Zugfahrt wurde natürlich mit ein paar Dosen Bier verschönert. In Darlington verließ uns Christian Nummer 1, da es keinen Premier League-Club gibt, den er noch nicht besucht hat und er daher den Zweitliga-Kick in Middlesborough ansteuerte. In Newcastle angekommen, konnte die Stadt nicht verheimlichen, dass heute Fußball gespielt werden würde. Es waren schon reichlich schwarz-weiße und auch ein paar gold-schwarze Trikots unterwegs. Der St.James-Park ist nur wenige Minuten Fußweg von der Newcastle Central Station entfernt. Tim und den übrig gebliebenen Christian zog es erst einmal in den nahen 'sportsdirect'-Laden, um nach günstigen Sportklamotten zu fahnden, ich zog es dagegen vor meinem Innenleben mal ein wenig feste Nahrung zuzuführen. Also schnappte ich im Vorbeigehen in einem 'Subway' erstmal ein schnelles 'Footlong' - ich steh ja total auf 'Chicken teriyaki' - um danach die nächste Döner-Bude einem Qualitätstest zu unterziehen. Gut gestärkt stand der Wiedervereinigung mit den beiden anderen nix mehr im Wege. Vorm Kick noch ein schnelles Draught Beer im völlig überfüllten Pub gegenüber des Grounds und dann rein in die gute Fußballstube, die seit kurzem den Sponsoren-Unnamen 'sportsdirekt.com-Park' trägt. Dieses missfällt natürlich auch dem heimischen Anhang, was diese während des Spiels zumindest mal mit einem "Stand up for St.Jamesons Park" kundtaten.
Tja, was soll man zu dem Kick groß schreiben? Wer mit der englischen Stadion-Atmosphäre vertraut ist, kann sich ja denken, wie es war. Stimmung war eigentlich nicht vorhanden. Auch nicht, als United recht früh mit 2:0 in Führung ging und ich mir dachte, die hauen den Wolves jetzt fünf Dinger rein. War aber nicht so. Nach der Pause erwachten aber die gut 2.500 angereisten Gäste und machten ab und an wenigstens mal ein wenig Alarm. Das trieb das Gäste-Team dann auch zu Anschlusstreffer und Ausgleich. Trotzdem ein ziemlicher Langweiler und keiner von uns Dreien kann sich freisprechen, nicht einmal für einige Minütchen die Äuglein zugemacht zu haben Beim Remis blieb es dann auch und die abstiegsbedrohten Wölfe nahmen einen wahrscheinlich nicht unbedingt erwarteten Punkt mit, während der NUFC wertvolle Zähler im Kampf um die Fleischtöpfe verlor. Der St.James-Park kommt übrigens schon ganz gewaltig daher, da Nord- und Westtribüne hoch ausgebaut sind. Dass dieser im Süden und Osten keine Fortsetzung findet, hat seinen Grund darin, dass wegen dahinter befindlicher Bebauung schlicht kein Platz für weiteren Ausbau ist. Nun noch ein paar Bilder vom sich schnell leerenden Stadion gemacht, dann hektisch in den 'Tesco Express' ein paar rückfahrtsverkürzende Getränke ergattern, und eine gute halbe Stunde nach Abpfiff saßen wir schon im Zug zurück gen Sheffield. Schrieb ich 'saßen'...? Natürlich war die Butze bis zum Bersten gefüllt und ich wir quetschten uns irgendwie zwischen die anderen Passagiere. Zum Glück verließ der Großteil an den ersten Stationen den Zug schon wieder, so dass wir es uns dann bequem machen konnten und in Darlington stieß auch Christian Numero Uno wieder zu uns.
In Sheffield angekommen verließ uns der Aachener erst einmal, da sich ein Bett in einem Hostel genommen hätte. Wir latschten die paar Meter zu unserem Hotel, dass wir für die Nacht im 3er-Zimmer inklusive Frühstück kostenlos bewohnen durften. Die Vorgeschichte dazu findet sich im letztjährigen Bericht 'Vier Tage - Vier Länder' ... im Oktober hatten wir eine Buchung für selbiges Etablissement getätigt, welches dann aber überbucht war und wir ins schmuddelige 'Ibis' abgeschoben wurden. Eine freundliche Email von Christian vor ein paar Wochen, mit dem Hinweis, dass wir wieder nach Sheffield reisen würden, brachte uns eine kostenlose Entschädigungs-Übernachtung ein. Nach einer erfrischenden Dusche sammelten wir die Kräfte, trafen uns wieder mit Christian Nummer Zwei, und stürzten uns ins Nachtleben der Stadt, welches wir aus dem letzten Jahr positiv in Erinnerung hatten. Christian bestand darauf, zunächst den Laden aufzusuchen, in dem wir letztes Jahr auch waren und wo Cocktails aus Pitchern gesoffen wurden, weshalb er die Bar kurzerhand 'Eimer-Laden' taufte. Das Zeug war aber eher so semigenießbar. Vor allem die Wahl beim zweiten Getränk erinnerte farblich wie geschmacklich eher an eine Mischung aus Mundwasser und Kühlerfrostschutz. Tim strich danach die Segel, was wohl weniger am Fusel als an der Müdigkeit lag (dabei hatte er nachmittags im Stadion das ausgiebigste Nickerchen gehalten ), und wir zogen noch ein Häuschen weiter. Es muss aber noch mal eben gesagt werden, dass der Durchschnitts-Tommy irgendwie keine Außentemperaturen zu spüren scheint. Tagsüber waren ja überwiegend sonnige zehn Grad, weshalb manche nicht nur im kurzärmeligen Trikot, sondern sogar in kurzer Hose im Stadion weilten. Aber am Abend waren es nun noch höchstes fünf Grad und die Mädels rannten in knappsten Sachen rum, was zugegeben teilweise auch sehr ansprechend aussieht, und auch die Kerle wieder alle im T-Shirt. Ich hatte jedenfalls den Eindruck, wir seien die einzigen, die Jacken anhatten und wahrscheinlich war es auch so. Noch zwei Biere in einer Mischung aus Bar und Diskothek, aber irgendwie wollte der Feier-Funke heut nicht überspringen und wir kehrten zurück in unsere Nachtlager. Nach Eintreffen im Zimmer, wollte ich eigentlich Tim nicht wecken, aber es ergab sich noch folgende Konversation: Christian: "Komm, wir trinken noch ne Dose Bier." Ich: "Nee kein Bock mehr". Christian: "Gut, dann pennen." Ich:"Okay, dann trinken wir doch noch eins." Christian:"Nee, jetzt will ich nicht mehr." Ich:"Okay, dann hauen wir uns hin." Christian:"Ach, sollen wir doch noch eins trinken?" Ich:"Ich weiß nicht." Letztlich entschieden wir uns doch pro Schlaf, aber zumindest war Tim wieder wach...
So. 26.02. 13:00 - Sheffield Wednesday FC vs Sheffield United FC 1:0 (Football League One), 36.364 Zuschauer (5.000 Gäste)
Die Nacht war nicht so wirklich erholsam, da Tim die Motorsäge angeschmissen hatte (ich angeblich auch - kann doch gar nicht sein...). Nach ausgiebiger und entspannter Morgentoilette gings dann zum Frühstück. So ein English breakfast war nun auch genau das Richtige. Gegen viertel vor Elf orderten wir dann ein Taxi, da das 'Hillsborough Stadium' ja ein ordentliches Stück außerhalb liegt. Dort waren wir für elf Uhr mit unserem Aachener Kumpel verabredet. Hillsborough - da war doch was?! In diesem Stadion starben 1989 zu Beginn des FA-Cup Halbfinales Liverpool gegen Nottingham im dem LFC zugewiesenen Sektor in Folge des bekannten Zuschauerunglücks 96 Menschen. Weitere 766 wurden verletzt. Ursache war vereinfacht gesagt ein viel zu großer Andrang und daraus resultierende falsche Entscheidungen von Polizei und Ordnungskräften. Die immer weiter hereindrängende Besuchermasse erdrückte die in den vorderen Reihen stehenden am Zaun oder trampelten diese ungewollt zu Tode. Diese Katastrophe war der ausschlaggebende Faktor, dass die Stadien der englischen Profi-Ligen nur noch über Sitzplätze verfügen bzw Stehplatzbereiche in den wenigen alten Stadien nicht mehr genutzt werden dürfen. Weiterhin wurden alle unüberwindbaren Barrieren innerhalb der Grounds entfernt. Wir drehten eine Runde um den schon von außen angenehm betagt wirkenden Bau, machten kurz Halt an der Gedenkstätte für die Opfer und zogen dann noch auf zwei Pint zu einem nahen Pub. Rechtzeitig zum Kick-off waren wir dann im Stadion.
Dieses weiß wirklich zu gefallen. Definitiv eines der schönsten von mir besuchten auf der Insel. Allein die alte doppelrangige Haupttribüne mit dem so englandtypischen aber heute kaum noch zu findenden Giebeldach ist das Eintrittsgeld wert. Da das Hinspiel ja ne echte Bombe war, hatten wir schon einige Erwartungen an den Event, wenn man auch mit seinen Hoffnungen in England immer sehr vorsichtig sein sollte. Aber neben der Derby-Brisanz traf hier auch der Dritte auf den Zweiten der Tabelle. Es begann auch ganz ordentlich. Eine lautstarke Heimtribüne, auf der wir uns befanden, wusste mit ein paar Schlachtrufen und dem lautstark gesungenen Vereinslied zu gefallen. Leider setzten sich die Leute alle hin, nicht wie im Hinspiel, dass man stehend verbringen konnte, so wie es beim Fußball, und gerade bei so einem Derby sein muss!! Das gab schon mal Abzüge in der B-Note. Lediglich im oberen Bereich des Stands blieben die Leute stehen. Auch die Gesänge kamen leider nicht durchgehend. Wenn aber Gas gegeben wurde, dann richtig, und vor allem wenn auf den beiden Geraden mit eingestimmt wurde. United meldete sich aber leider so gut wie gar nicht zu Wort. Das war ne glatte sechs. Bemerkenswert noch, dass die Leute in den beiden äußeren Blöcken der Geraden zur Gästetribüne hin stehen blieben. Ungewöhnlich. Wednesday hatte deutlich mehr vom Spiel und erhöhte den Druck auch immer mehr. Torchancen blieben jedoch Mangelware. In der 73. Minute fiel dann aber doch der erlösende Treffer für die 'Owls'. Wichtiges Ding, da so der Rückstand auf United, dass auf dem zum direkten Aufstieg berechtigenden zweiten Platz steht, ein wenig verkürzt werden konnte. Nach dem Schlusspfiff schoss ich noch meine üblichen Stadion-Fotos und dann liefen wir Richtung Innenstadt zurück, sprangen irgendwann in die Straßenbahn und holten unser Gepäck aus dem Hotel. Mit dem Zug ging es dann durch den landschaftlich wunderschönen 'Peak District National Park' zum Manchester Airport und von dort zurück in die Heimat. Nette kleine Wochenendtour mit klasse Leuten. Leider ohne den erhofften wirklichen sportlichen Kracher.