G R O U N D F E V E R
  Norwegen
 

29.06.-02.07.2013 --- Gold-Hochzeit am Oslofjord
 
Skandinavien bietet auf meiner Landkarte ja noch einige weiße Punkte, die dringend mit einem entsprechenden Fleckenmittel behandelt werden müssen. In diesem Falle schaffte das Allheilmittel 'Ryanair' Abhilfe. Für knappe 36 Euro ab Weeze nach Rygge und zurück - wer kann da schon nein sagen?! Sascha aus der verbotenen Stadt fand das auch, womit auch für kurzweilige Begleitung gesorgt und ein kleiner Aufheller in der fußballarmen Sommerzeit in trockenen Tüchern war. Der Spielplan bot mit den Erst-Liga-Spielen in Drammen und Lilleström halbwegs ansprechendes. Abgerundet werden konnte mit zweimal Zweite Liga in Strommen und Fredrikstad. Viel vorbereitet werden musste ja nicht. Also nur mit dem 'Anker-Hostel' eine - an norwegischen Verhältnissen gemessen - halbwegs erschwingliche Unterkunft geschossen.

Sa. 29.06. 18:00 - Strømsgodset IF vs Tromsø IL 3:1 (Eliteserien), 5.888 Zuschauer (100 Gäste)

Um kurz nach Sieben sammelte ich Sascha am Bottroper Bahnhof ein und ab ging es nach Weeze. Dort am Bahnhof den Wagen abgestellt und mit dem Shuttle-Bus zum 'Airport Niederrhein'. In diesem trafen wir unerwartet auf Grüni mit zwei Gefährten, die mit dem gleichen Ziel unterwegs waren, wie wir. Die Welt der Fußballreisenden war also mal wieder klein. Beinahe typisch für die fußballärmeren Sommermonate. Pünktlich ging es los und überpünktlich landeten wir. Das ist das was ich an Ryanair schätze. Da die Quote an 'on-time-arrivals' beachtlich hoch ist, besteht immer eine gewisse Planungssicherheit. Eigentlich hatten wir nun vor, den kostenlosen Shuttle zum Bahnhof Rygge zu nutzen, da die Bahnverbindung nach Oslo günstiger ist als der Bus von 'Rygge-Ekspressen'. Allerdings sollte der nächste erst in über einer Stunde ablegen, so dass wir uns doch für den Bus entschieden. Für studentische 130 Kronen (8 NOK = ca 1 Euro) brachte uns die Schaukel zum 'Oslo Bussterminalen'. Dort kurz orientiert und per pedes zum 'Anker Hostel'. Diese Bude stellte zum Zeitpunkt unserer Unterkunftssuche - etwa drei Wochen vor der Tour - die einzige Möglichkeit dar, zu unseren Preisvorstellungen ein Dach über den Kopf zu bekommen. Das Doppelzimmer mit eigenem Bad schlug für die beiden Nächte mit 1000 Kronen, knapp 63 EUR pro Nacht, zu Buche. Immer noch kein Schnäppchen, aber kein Vergleich zu den Kursen, die von den Hotels aufgerufen wurden. Als wir gegen 13:00 Uhr höflich an der Rezeption anklopften, bekamen wir den ebenso höflichen Hinweis, dass das Zimmer erst gegen 15:00 Uhr bezugsfertig sein sollte. Okay. Abgammeln war nicht die Lösung. Das Gepäck konnten wir im 'luggage room' parken und dann wollten wir ne kleine Stadtrunde starten. Wir kamen genau bis zur nächsten Straßenecke, denn es fing an zu kübeln wie aus Eimern. Bild Wir warteten also locker ne halbe Stunde unter nem Vordach, bis der Regen in dem Maße nachließ, dass man sich mal ein wenig bewegen konnte ohne gleich nass zu werden wie ein norwegischer Wildlachs. Keine zehn Minuten später konnten wir uns aber soeben noch in eine Passage retten, da der Nimbostratus erneut seine Schleusen öffnete um unsere Häupter zu benetzen. Also lungerten wir eine weitere halbe Stunde herum, bis es endlich einmal ganz aufhörte zu regnen. Wir bewegten uns die 'Torggata', eine der Einkaufsstraßen, entlang und kamen an der Kreuzung gegenüber der 'Domkirke' nicht weiter, da ein Umzug oder eine Demo die von beobachtenden Menschen gesäumte Straße entlang zog. Im ersten Moment dachten wir an eine Art Karnevalszug, da die teilnehmenden Gestalten überwiegend abenteuerlich gekleidet waren. Des Rätsels Lösung: In dieser Woche fanden die 'Skeive dager' in Oslo statt, was nichts anderes ist als eine kulturelle Veranstaltung für homosexuell veranlagte Menschen, die mit verschiedenen Aktionen für mehr Verständnis und Toleranz beitragen wollen. Nicht unbedingt was für uns, also weiter. Und zwar genau 200 Meter bis zu einem 'Burger King'. Nicht dass wir Appetit verspürten, aber der Schuppen kam als Schutzbunker gerade recht, da mal wieder die Welt unterging. Gelegenheit sich mal mit den Preisen vertraut zu machen. Kurse von circa elf bis dreizehn Euro für ein 'King Menü' ließen uns aber nicht grad das Wasser im Mund zusammenlaufen. Dafür lief das Wasser draußen. Und zwar die Straße runter. Immerhin hatten diese lästigen Regen-Phasen die Zeit verstreichen lassen und wir latschten nach dem letzten Guss zurück zum Hostel, wo unser Zimmer bereit zum Bezug war. Man hatte uns ein Vierer-Zimmer zur alleinigen Nutzung überlassen. Von außen und im Rezeptionsbereich sieht die Hütte - ein Riesen-Hostel mit 150 Zimmern - eigentlich ganz brauchbar aus. Hinter der Fassade entpuppt sich der Bau aber als einfach nur funktionell und benutzt. Unser Raum war auch dementsprechend etwas abgewohnt. Die Matratzen hatte man wahrscheinlich 'second hand' aus der JVA besorgt. Bessere Schaumstoffmatten, mehr nicht. Der Lattenrost hielt sein Versprechen eher optisch, denn die Teile waren hart wie Kruppstahl und gaben nicht einen Zentimeter nach. Da war wohl ordentliches Rücken-Kino vorprogrammiert. Zum Glück konnte man sich nicht mal mit Alkohol betäuben, da die Halbliter-Dose ab 20 Kronen aufwärts ins Portemonnaie einschlug und exzessiver Biergenuss sich daher wohl verbot. Das Bad bot zwar alles was die Körperhygiene fordert, die fehlende Duschtasse erinnerte mich aber schwer an die Unterkünfte der Südostasien-Tour aus dem letzten Jahr. Nachdem der erste von uns Duschen war, stand das Bad also erst einmal unter Wasser. Fazit: Für norwegische Belange mag das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen. Für mein mitteleuropäisches monetäres Empfinden war der Bunker übelst überbezahlt. Aber nicht mehr zu ändern. Brocken in die Ecke geschmissen und ab zum Bahnhof. Der erste Kick der Tour erforderte unser Erscheinen. Auf dem Weg zur 'Sentralstasjon' (Norwegisch liest sich irgendwie als wär man besoffen) wurde uns deutlich veranschaulicht, dass Oslo einen Ausländeranteil zwischen 25 und 30% hat, genau weiß das niemand. Etwa 185tsd der 625tsd Einwohner der Stadt sind nicht-norwegischer Herkunft. Die Stadt erfährt in den letzten Jahren einen hohen Bevölkerungswachstum. Dieser liegt zwischen 2,5 und 5% jährlich und wird in der Hauptsache nicht durch Geburtenüberschuss sondern durch Zuwanderung herbeigeführt. Die östliche Innenstadt ist jedenfalls fest in afrikanischer Hand. An jeder Ecke stehen, sitzen, quatschen, verkaufen Afrikaner, die überwiegend aus Ostafrika stammen, wie man anhand der von den Call-Shops beworbenen Tarife nach Somalia, Eritrea, Äthiopien und Kenia unschwer erkennen kann. Man muss keine Vorurteile haben, um die Attraktivität dieses Viertels als 'gering' einzustufen. Neben afrikanischen sieht man in der Stadt auch viele asiatisch geschnittene Gesichtszüge. Oslo, das bis 1924 noch Kristiania hieß, präsentiert sich kosmopolitisch.

Bild Die 35 Minuten Fahrt nach Drammen, eine 65tsd-Einwohner-Stadt, gelegen am 'Drammensfjorden', einem östlichen Arm des Oslofjordes, schlugen mit ermäßigten 74 Kronen zu Buche. Die Stadt wirkt unspektakulär, so dass wir nur kurz die bahnhofsnahe Brücke über den Fluss 'Drammenselva' enterten und dann direkt den Weg zum 'Marienlyst Stadion' wählten, wo eine Stunde vor Spielbeginn noch rein gar nichts los war. Bild Hier trafen wir wieder auf Grüni und Konsorten, die nach dieser Veranstaltung aber gen Stavanger weiterreisten. Das Stadion könnte von der Optik sowohl von außen als auch von innen auch in den Niederlanden stehen. Ein ziemlich nichtssagender Ground für knapp 8.000 Menschen, der erst im Jahre 2007 in den heutigen Zustand umgebaut wurde. Drei Seiten sind überdacht und eine Hintertorseite, Bild die heute nicht genutzt wurde, unüberdacht. Für die aktiven Heim-Fans existiert ein kleiner Stehplatzbereich, ansonsten ist die Bude versitzplatzt. Der Strømsgodset Idrettsforening (= Sportverein) kann mit 1907 ein äußerst sympathisches Gründungsjahr vorweisen. Bis auf die recht erfolgreichen 1970er Jahre (1x Meister, 3x Pokalsieger) spielte man aber eher 'graue Maus' Bild und fand sich auch oft genug in Zweiter und sogar Dritter Liga wieder. Seit vor einigen Jahren aber ein Konsortium von lokalen Millionären den Verein führt, geht es wieder stetig bergauf. Dem Pokalsieg 2010 folgte 2012 die Vize-Meisterschaft und in der laufenden Saison grüßt man gar vom Platz an der Sonne. Gegner war Tromsø Idrettslag (= Sportmannschaft), der einzige Erstliga-Verein Europas der nördlich des Polarkreises beheimatet ist. Vor den gut einhundert anwesenden Gästefans ziehe ich tief den Hut, denn Tromsø ist von Drammen knappe 1.700 Kilometer entfernt und offenbar war der Großteil sogar mit dem Bus angereist. Norwegen hat zwar grundsätzlich ein gutes Straßennetz, doch längere Autobahn-Abschnitte gibt es nur im Süden des Landes, so dass eine Fahrt nach oder von Nord-Norwegen sicherlich ein gewaltiger Schlauch ist. Als wahrscheinlichere Variante erscheint mir daher die Anreise per Flugzeug und dass mit dem Bus lediglich der Transfer vom Airport nach Drammen bewerkstelligt wurde. Bild Bild Man weiß es nicht, aber so oder so gebührt den Away-Fans mein Respekt. Diese wurden dann auch mit dem überraschenden Führungstreffer durch einen Traum-Freistoß in den oberen rechten Tor-Knick belohnt. Wenige Minuten später glich 'Godset' aber per Strafstoß aus. Allerdings weiß wohl nur der Referee selbst, was er sich bei diesem Pfiff dachte. Ein Gäste-Verteidiger wurde durch einen strammen Schuss aus kürzester Entfernung quasi erschossen und dabei nicht mal am Arm sondern eher an der Brust oder der Schulter getroffen. In der zweiten Halbzeit nahm der Tabellenführer dann mehr und mehr das Heft in die Hand und erzielte zwangsläufig die Führung. Danach gab es Chancen zu Hauf, die jedoch allesamt kläglich versemmelt wurden. Den Schlusspunkt des traurigen Kicks bildete der dritte Heim-Treffer in der Schlussminute, als der Ball bezeichnenderweise erst im fünften Nachschuss versenkt wurde. Mit diesem Spiel feierte ich 'Goldene Hochzeit'. Norwegen ist das fünfzigste Land, in dem ich ein Fußballspiel geschaut habe. Zudem passte dieses Jubiläum noch mit dem fünfhundertsten besuchten Stadion zusammen. Also quasi Doppel-Goldhochzeit!

Wir fuhren mit dem nächsten Zug zurück nach Oslo, erneut für den vergünstigten Tarif. Dieses Mal zeigte sich auch der feine Herr Kondukteur und forderte die zum Ticket passende Rabatt-Ermächtigung. Also wurde dem Diensthabenden irgendein Ausweis hingeblättert, den dieser irritiert musterte und dann verschüchtert akzeptierte. Hand aufs Herz - ich bin ja im Normalfall eigentlich immer bereit, für eine ordentliche Leistung einen gerechten Preis zu bezahlen. Es gibt aber Situationen, in denen sich die Begriffe ‚ordentliche Leistung’ und ‚gerechter Preis’ widersprechen. Als Beispiel seien die Kosten für Parkplätze an Flughäfen genannt. Und es gibt eben Situationen, in denen für die Leistung zwar der – an den Verhältnissen des entsprechend bereisten Landes gemessen – möglicherweise gerechte Preis eingefordert wird, dieser aber aus der Sicht des durchschnittlichen Bundesbürgers einfach nur als Wucher erscheint. Daher: Sorry, liebe Norwegische Bahn, aber hier mussten möglicherweise nicht ganz korrekte Mittel eingesetzt werden. In der Hauptstadt angekommen plagte uns langsam der Kohldampf. Bild Da das Wetter aber offenbar seinen schlechten Benimm vom Nachmittag wieder gutmachen wollten und mittlerweile die Sonne schien, latschten wir erst mal zum Hafen, genau gesagt zum neuen Opernhaus, das nur einen Katzensprung von der 'Sentralstasjon' entfernt ist. Die 'Nye Opera' wurde erst 2008 fertiggestellt und kostete umgerechnet stattliche 520 mio Euro. Die Architektur wirkt modern bis extravagant. Das Gebäude soll einen treibenden Eisberg darstellen. Bild Für die Fassade wurde überwiegend italienischer Marmor aber auch norwegischer Granit. Das besondere ist, dass man die verwinkelt angelegten Dachsegmente vom Boden aus bis zur höchsten Ebene begehen kann und von dort einen wunderbaren Blick über das gesamte Hafengebiet und die vorgelagerten Inseln hat. Nun stellte sich noch die Frage der Nahrungsaufnahme, die möglichst günstig in die Tat umgesetzt werden sollte. Wir steuerten den nächsten Supermarkt an, auch weil ich mir zumindest zwei Dosen Bier gönnen wollte. Leider war das Angebot an Brötchen schon sehr gerupft aber den deutlich größere Schock erlitt ich am Getränke-Regal: Alkoholverkauf nur bis 20:00 Uhr!!! Verdammt. Aber gut, auch das sollte zu überleben sein. Dann sauf ich mich halt mit Cola in den Schlaf . Blieb immer noch das Thema Feststoff-Ernährung und nach langem Hin und Her rangen wir uns irgendwann durch, einen Döner für 69 Kronen, also fast neun Euro, zu erwerben. Zurück im Hostel stapelten wir uns noch mit vielen andern Gästen im Rezeptionsbereich und kämpften um ein paar Bit des WLAN, denn nur dort war der Empfang möglich. Wenn man bedenkt, dass wir uns in einem gut belegten 150-Zimmer-Hostel befanden, kann sich der geneigte Leser vorstellen, welche Szenerie sich bot.

So. 30.06. 15:30 - Lillestrøm SK vs Vålerenga IF 0:1 (Eliteserien), 9.766 Zuschauer (1.500 Gäste)
So. 30.06. 18:00 - Strømmen IF vs Follo Fotball 1:0 (1.Divisjon), 291 Zuschauer (10 Gäste)


Der erst Blick nach dem Aufwachen galt der Uhr und die zeigte kurz nach elf. Ups, damit hatte ich nicht gerechnet. Das war anders geplant. Aber gut - Sightseeing auf morgen verschoben. Schön lang gepennt und die Rückenschmerzen hielten sich (noch) in Grenzen. Allerdings kamen diese nachher noch hinterrücks angeschlichen, aber irgendwat is ja immer. Zeit zu verlieren gab es nun nicht mehr. Also das Schalker GEsocks geweckt, beide kurz unter die Dusche (nein, nicht zusammen, ihr Pappnasen, sondern natürlich nacheinander) und dann stürmten wir zunächst mal den Supermarkt, damit wir am Abend nicht eine ähnliche Pleite erleben mussten wie am Vortag. Glücklicherweise öffnen die Filialen der Kette 'Bunnpris' auch am Tage des Herrn ihre Pforten. Ein paar Brötchen und ein wenig Wurst wechselten den Eigentümer. Dazu noch eine Flasche Wasser und dann eben für heute Abend ein, zwei Dosen Gebrautes. Aber klarer Fall von 'Denkste': Kein Alkoholverkauf am Sonntag! Also so langsam nerven die Wikinger aber...! Aus dem Supermarkt kommend stolperten wir über das Reklameschild einer den einschlägigen Marktbeherrschenden nachempfundenen Burger-Braterei. Bild 19 Kronen für nen vernünftigen Burger im Südsee-Style. Also keine 2,50 Euro! Ein Schnäppchen! Na wer kann da schon "Nein" sagen?! Die im Mercado erworbenen Schätze brachten wir nach dem Verzehr der Frikadellenbrötchen kurz zum Hostel zurück. Bild Praktischerweise verfügte unser Gemach über eine kleine Küchenzeile mit Kühlschrank. Und dann mussten wir auch schon wieder zum Bahnhof. 50 Kronen waren für die zwanzigminütige Fahrt nach Lillestrøm zu entrichten. Aber was war das? Neben mir steht ein katzenartiges Wesen und zwei Reihen weiter sitzt eine futuristisch aussehende Amazone. Die Lösung dieses Mal: In Lillestrøm fand die 'Desucon 8' statt, eine Messe für Manga, Anime, Science Fiction und Fantasy. Und für die Besucher der Messe und Anhänger des Genres war das offensichtlich ein willkommener Anlass, in die Maskerade der jeweiligen Lieblings-Figur zu schlüpfen. Auf den knapp 1,5 Kilometer Fußweg vom Bahnhof zum 'Åråsen Stadion' sah man an Treffpunkten schon die eine oder andere Gruppe LSK-Supporter. Bild Auch am Ground selbst sah es eine gute Stunde vor dem Kick-off schon deutlich mehr nach Fußball aus als gestern. Wir nahmen Plätze auf der Hintertortribüne ein. Bild Uns gegenüber fanden sich nach und nach gut 1.500 Vålerenga-Fans ein und sowohl dort als auch im Heimblock waren deutliche Anzeichen für Choreos zu erkennen. Zum Einlauf der Teams zog Lilleström eine gemalte Choreo unter das Dach, die eine Dampfwalze oder Kehrmaschine zeigte, die eine Gruppe Valerenga-Supporter in einen Müllwagen beförderte. Ob so eine Choreo in Deutschland genehmigt worden wäre? Die Gäste präsentierten blaue Stoffbahnen und große Schwenker. Dazu stieg eine ordentliche blaue Rauchsäule in den nordischen Himmel. Sah gut aus. Zu Beginn der Partie ließ man in den Gesängen mehrfach verlauten was man gegenseitig von sich hält. Ich hatte von dem Kick nicht viel erwartet, auch wenn klar war, dass es sich grundsätzlich um eins der interessanteren Duelle des Landes handelt. Dass es zwischen dem LSK und VIF aber eine so tiefe Abneigung gibt, war mir nicht bekannt. Auch der Support war anfangs ganz ordentlich, Bild Bild ließ aber im Laufe der Partie mehr und mehr nach. Mag auch am erneut überschaubaren Niveau gelegen haben. Also gut war dat nich. Nach gut einer Stunde erzielten die Gäste vor den eigenen Fans den Treffer des Tages, was der Away-Pöbel direkt mal dazu nutzte die Bande (Zäune nicht vorhanden!) zu überspringen und den Treffer auf dem Pitch zu feiern. Der Lillestrøm Sportsklubb antwortete mit wütenden Angriffen, aber alles nutzte nichts, denn mit den Gästen fand die Partie einen etwas glücklichen Sieger. Im Stadion hatten wir erwartungsgemäß Maik aus Osnabrück getroffen, der am Morgen aus Irland kommend eingetroffen war. Nach dem Spiel trennten sich unsere Wege. Allerdings nur kurz. Ein bisschen lockte die Versuchung noch etwas Rahmenprogramm von beiden Lagern geboten zu bekommen, denn da war Potential vorhanden. Aber was solls - die Pflicht rief!

Wir hetzten nun zum Bahnhof, wo die Hürde des Schienenersatzverkehrs lauerte. Da aber nur zwei Bahnstationen zu bewältigen waren und der Bus zügig vorankam, erreichten wir Strømmen mit nur wenig Verzug. Vom Bahnhof war es eine gute Viertelstunde Fußweg zum kleinen Stadion des Strømmen IF und knappe zwei Minuten nach dem von der Straße aus zu hörenden Pfiff waren wir drin in dem Ding. Hm, Anstoß knapp verpasst. Bild Bild Bild Ob das mal durchgeht. Aber na gut, da ich meine eigene Groundhopping-Polizei bin, will ich mal großzügig sein und ein Auge zudrücken. MUAHAHAHA! Maik, der von Lilleström eine Mitfahrgelegenheit hatte, traf dann auch kurz nach uns ein. Tja sorry. aber vier Minuten Verspätung gehen ja mal gar nicht. Muss er wohl nochmal hier hin, wenn er den Ground zählen will. MUAHAHAHA! Wir verlaberten das Gegurke angemessen und schauten nur mit einem Auge hin, denn aufmerksame Beobachtung des Dargebotenen hätte mir wahrscheinlich das Brillenglas zerspringen lassen. Also das sportliche Niveau in diesem wunderschönen Land war bisher nicht sehr überzeugend. Zu erwähnen sei noch, dass es auf Seiten von Strømmen eine zwanzigköpfige Supportgruppe gibt, die sich mehr oder minder engagiert und geistreich an der Unterstützung ihrer Elf versuchen. Bild Sehr inspirierend scheinen die Jungs aber nicht auf das Team nicht zu wirken. Im Duell der Kellerkinder konnten sich die Gastgeber per verwandeltem Strafstoß durchsetzen. Anders hätte wohl auch kein Tor fallen können. Nach dem Spiel verabschiedeten wir uns wieder von Maik, der sein Hotel in Oslo aufsuchte und am nächsten Morgen nach Polen und von dort gen Kaukasus weiterreisen wollte. Schöne Tour. Gute Reise! Wir nahmen den Linienbus nach Oslo, der in unmittelbarer Nähe des Stadions abfuhr. Dort angekommen stürmten wir zunächst wieder die Burger-Bude vom Mittag und danach erlag ich endgültig meinem latenten Gewohnheitsalkoholismus . Da ich von den Burgern nen Brand wie ne Bergziege bekam. Also ab ins Straßen-Cafe, wo zum Glück grad 'Happy Hour' war und der halbe Liter Gerstensaft mit 'preiswerten' 44 Kronen berechnet wurde. Schon wieder ein Schnäppchen! Einmal im Kaufrausch gönnte ich mir noch nen zweiten Halben hinterher und damit war der gröbste Durst gestillt. Der Weg führte uns zurück zu unserem Nacht-Etablissement, wo wir uns wieder mit dem miesen WLAN rumärgerten. Ne echte Zumutung. Sahen wir dann auch ein, weshalb ich Sascha zu ner Partie am Kicker herausforderte, der sich in einem ähnlich guten Zustand präsentierte wie das WLAN. Aber Essener kommen mit jeden Bodenverhältnissen klar und nachdem die roten Püppchen den blauen Holzbeinen drei Mal die Bude vollgehauen hatten, hatte das GEsindel auch genug. Wie im echten Leben! Danach hieß es nur noch "Pipi machen, Zähne putzen, ab in die Falle".

Mo. 01.07. 19:00 - Fredrikstad FK vs Kristiansund BK 1:4 (1.Divisjon), 5.002 Zuschauer (22 Gäste)

Da wir bis 11:00 Uhr auschecken mussten, war die Nacht dieses Mal um viertel vor zehn zu Ende. Die Klamöttkes konnten wir bis zum endgültigen Verlassen der Capitale im Gepäckraum einschließen. Erst einmal stand nun endlich Sightseeing auf dem Programm. Von der Metro-Station 'Jernbarnetorget' fuhren wir rauf zum 'Holmenkollen', wo wir eine knappe halbe Stunde später ankamen. Auf dem 'Holmenkollen' steht der 'Holmenkollbakken', die älteste Skisprungschanze der Welt. Gut - so ganz stimmt das nicht mehr, da nach mehreren Umbauten der alten mittlerweile eine flatschneue hochmoderne Schanze den Hügel ziert, die erst im Jahre 2009 erbaut wurde. Aber jedenfalls fand hier im Jahre 1892 das erste dokumentierte Skispringen statt, bei dem ein Schanzenrekord von sage und schreibe 21,5 Metern aufgestellt wurde. Der aktuelle Rekord aus dem Jahre 2011 liegt übrigens bei 141 Metern. Aber heute und früher heißt Äpfel mit Birnen vergleichen. Die Schanze thront beeindruckend oben auf dem Berg und bietet eine atemberaubende freischwebende Architektur. Von der Metro-Station hat man dann noch ein paar Höhenmeter zu überwinden. Da sich meine sportlichen Aktivitäten seit Monaten arg in Grenzen halten, brauchte ich beinahe ein Sauerstoff-Zelt als ich an der Schanze ankam. Das zum Sprungturm gehörende Ski-Museum ist schnell durchforstet. Traf halt nicht so unbedingt mein Interesse. Mit einem Schrägaufzug kommt man dann auf die 60 Meter über Bild Bild Bild Bild Bild der Boden befindliche Absprungplattform. Der Ausblick von dort oben ist gewaltig. Zum einen die Perspektive die Schanze herunter über den Schanzentisch in den Zielbereich mit den Zuschauerrängen für 50tsd Menschen. Zum anderen der Blick über die Stadt und weit über den Oslofjord. Das recht gute Wetter machte das Erlebnis perfekt. Wir fuhren mit dem Aufzug wieder herunter und stiegen über die Zuschauerränge hinab in den Ziel-Auslauf und von dort unten nach oben ist die Perspektive genauso beeindruckend wie von oben nach unten. Bild Bild Zudem wuchs die Erkenntnis, dass Skispringen ein Sport für Geisteskranke oder Suizidgefährdete ist. Die Metro brachte uns wieder zurück in die Stadt. Wir verließen die Bahn aber bereits an der Station 'Nationaltheatret', die unterhalb des Königschlosses liegt. Dieses bietet momentan leider kein schönes Motiv, da der komplette Vorplatz umgegraben wird und es daher dort aussieht wie auf einer Autobahnbaustelle. Vom Schloss latschten wir die 'Karl Johans Gate' runter. Bild Bild Am Außenministerium vorbei, am National-theater, am alten Grand Hotel und am Parlament 'Stortinget' bis zum Dom. Da die Mägen drückten, war das Burger-Restaurant unseres Vertrauens wieder an der Reihe. Nicht dass ich noch scharf drauf gewesen wäre, aber das war die günstigste Möglichkeit, sich zu ernähren. Nach diesem Festschmaus holten wir unser Gepäck aus dem Hostel, liefen zum Bahnhof und fuhren für 179 Kronen mit dem Zug nach Fredrikstad.

Dort angekommen hatten wir noch reichlich Zeit bis zum Spiel. Daher hieß das Ziel erst einmal 'Gamle Stadion', da dieses auf Bildern rechtkultig-verwahrlost rüberkommt. Doch welch Enttäuschung als wir das Gelände erreichten. Statt alten Rängen erblickten wir nur Baukräne, Schutthaufen und Bild Bild Bild angefangene Rohbauten. Tja, wer zu spät kommt, den bestraft der Bauherr. Also schlurften wir in aller Ruhe zum 'Nye Fredrikstad Stadion', wo auch die Stavanger-Fraktion etwas später aufkreuzte. Dieses wurde 2007 fertiggestellt und ersetzt den alten Ground aus dem Jahre 1914. Äußerlich hebt sich das neue Stadion durchaus von anderen Neubauten ab. Es wurde auf dem Gelände einer alten Werft errichtet und Fassaden der Werksgebäude wurden in die Stadion-Außenwände integriert. Das sieht schon sehr gelungen aus. Mal was anderes als diese ganzen Arena-Teile von der Stange. Innen sieht der Ground natürlich weniger spektakulär aus, aber die gewölbten Dächer der Geraden machen trotzdem gut was her. Gefällt! Bild Bild 12.560 Menschen finden hier Platz. Leider ist der FFK letztes Jahr wieder aus der 'Eliteserien' abgestiegen, so dass die Bude bei einem Schnitt von vier- bis fünftausend Besuchern etwas überdimensioniert ist. Dabei handelt es sich um einen der erfolgreicheren Vereine des Landes. Die Zeiten der Triumphe liegen aber lange zurück. Bis in die 60er Jahre konnten mehrere Meisterschaften und Pokalsiege errungen werden. Zumindest Pokale konnten in den 80ern und auch 2006 wieder errungen werden. Zudem gelang dem FFK 2008 mit der Vize-Meisterschaft eine echte Überraschung. Zum heutigen Gerumpel fanden sich knapp über 5tsd Leute ein, obwohl es sich um ein Duell im grauen Mittelfeld der Tabelle handelte. Bild Immerhin zweiundzwanzig Gäste aus dem 700 Kilometer entfernten Kristiansund waren angereist. Diese durften sich über eine deutlich Auswärts-Dreier freuen. obwohl die Gastgeber mehr Spielanteile und auch die Mehrzahl an Torchancen verbuchen konnten. Aber der KBK präsentierte sich einfach gnadenlos effektiv. Nach dem Abpfiff hatten wir reichlich Zeit, da der Zug zum Rygge-Airport erst um zwanzig vor zehn abging. Also in aller Ruhe zum Bahnhof und dort noch ein Stündchen abgeasselt, bevor wir den Zug entern durften. Knapp zwanzig Minuten später verließen wir diesen aber wieder. Wir verzichteten auf den kostenlosen Shuttle-Bus und wählten für die 3,5 Kilometer lieber in Ruhe den Fußweg. Zeit hatten wir ja genug. Bild Der Flughafen hat hinsichtlich Übernachtung eigentlich ganz gute Reputation. Allerdings waren außer uns gut fünfzig weitere Gestalten vor Ort und die wenigen Liegemöglichkeiten fast alle vergeben. In der oberen Etage fanden wir neben dem Eingang zum Abflugbereich aber noch ein Plätzchen. Sascha zog den Boden vor. Ob meine Wahl der Sitzbank mit harter Holzsitzfläche besser war, sei dahingestellt. Irgendwie kam ich dann aber doch für gute drei Stunden in den Schlaf, der gegen halb fünf, als der Betrieb losging, dann beendet war. Etwas verdötscht wurde kurz das Schnäuzchen geputzt und dann auf den 6:40 Uhr-Flieger nach Weeze gewartet, der auch pünktlich ging. Ohne bestimmte Länder zu nennen - wenn man so beobachtet, was Angehörige mancher Nationen aus anderen Teilen der Welt so veranstalten, welche Probleme diese mit Selbstorganisation und logischem Denken haben, und dieses - was wohl nicht so weit weg von der Wahrheit ist - generell auf diese Länder und ihre Völker projiziert, dann darf man sich echt nicht wundern, dass es in einigen Ländern auf dem Erdball nicht vorangeht, wenn die Bürger bereits mit dem Einsteigen in ein Flugzeug und dem zügigen Einnehmen des Sitzplatzes große Problem haben und fast daran scheitern. Unfassbar!!!

Überpünktlich um kurz nach 8:00 Uhr landeten wir am Niederrhein. Der stündliche Bus zum Bahnhof Weeze war leider grad weg und er Plan ein Taxi zu nehmen, scheiterte am Vorhandensein eines solchen. Also nochmal bis 9:00 gewartet und dann wurde endgültig der Heimweg angetreten. Schöne Tour. Danke an Sascha für die kurzweilige Begleitung. Der Spaß kam nicht zu kurz, denn es wurden einige Anekdoten der Kategorie 'Situationskomik' erlebt, deren Nacherzählen nicht ansatzweise die Pointe treffen würden und die in diesem Bericht daher bewusst fehlen. Da wir an allen Ecken und Enden einigermaßen rumgeizten, hielt sich der finanzielle Aufwand für die Reise, auch Dank der günstigen Flüge, in Grenzen. 36 Euro für die Flüge, 65 Euro für das Hostel und noch einmal knapp über 110 Euro für Verpflegung und Beförderung sind wohl für ein derart hochpreisiges Land nicht zu viel. Schlusserkenntnis: Den - wenn man es so bezeichnen darf - Ballungsraum Norwegens habe ich nun erlebt. Daher gilt es ergo den 'Wilden Westen' des Landes zu erkunden, der mich landschaftlich auch unheimlich reizt. Mal sehen, ob sich das im nächsten Jahr umsetzen lässt.

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(Manni Breuckmann)


 
 
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