Schon seit langem hatte ich den Plan,
Spielbesuche in Sofia und Thessaloniki miteinander zu verbinden. Tja, soweit der Plan, denn planen ist ja - wie hinlänglich bekannt - auf viele Nationen zutreffend in der Regel zumindest auf längere oder mittlere Sicht schlicht und ergreifend nicht gut machbar. Es existiert zwar Spielpläne für die Ligen, doch ändert sich die Terminierung der einzelnen Spieltage nahezu wöchentlich. Also nahm ich eine Art ‚blind booking’ vor – gemäß der Homepage von Aris Saloniki sollte das Derby gegen PAOK am von mir auserwählten Wochenende stattfinden. Abgerundet werden sollte die Tour mit Spielen in Sofia und ein weiterer Pluspunkt für die Wahl des Termins war ein sich anschließender Dienstags-Spieltag der mazedonischen ersten Liga. Um die Kosten der Anreise überschaubar zu halten musste früh gebucht werden. Also kaufte ich bereits Mitte Januar Hin- und Rückflug ab Dortmund nach Sofia bei Wizzair ein. Natürlich verschob sich der griechische Spielplan, was mir den Kick PAOK gegen Olympiakos Piräus bescheren sollte – keinesfalls ein schlechter Ersatz – aber der Rest blieb wie auserkoren bestehen.
Also am Freitag-Vormittag das Haus in Richtung der Heimat das zukünftigen Deutschen Meisters verlassen und die Ungarn flogen mich recht pünktlich in die bulgarische Landeshauptstadt. Dort angekommen stellte mich die kyrillische Schrift erst einmal wieder vor Probleme, aber man kommt dann doch recht schnell zurecht und entwickelt ein Gefühl für die auf den ersten Blick wirren Zeichen. Ich fuhr mit dem Linienbus Nr. 284 (Kosten: 1 Leva = 50 Euro-Cent) in die Innenstadt.
Der Fahrer wollte mir aus zunächst unerfindlichen Gründen kein Ticket verkaufen und konnte oder wollte auch kein Englisch mit mir sprechen. Die zusammen mit einigen anderen dem Geldautomaten entnommenen 20-Leva-Note war ihm aus irgendeinem Grunde nicht gut genug. Also blieb ich im gut gefüllten Bus mit dem Schein in der Hand beim Fahrer stehen. Das Unheil stieg an der dritten Station zu, hatte eine blaue Uniformjacke an und einen Ausweis in der Hand, und wird im Fachjargon mit dem Begriff 'Kontrolleur' bezeichnet. Mein Hinweis, dass der Fahrer mir kein Ticket verkauft hatte, erwiderte der Mann mit energischem Zeigen auf einen aufgeklebten Hinweis in kyrillischer Schrift. Witzig! Einzelne Worte zu erahnen ist wie erwähnt recht unproblematisch, dagegen ganze Sätze zu verstehen nicht gut machbar. Level Zwei war, dass er mir in seiner Mappe einen Fahrschein zeigte, den ich benötigen würde. Ja gut, will ich haben, bedeutete ich ihm. Er gab mir ein andersfarbiges als das Gezeigte, ich ihm im Gegenzug den 20er und er mir einen 10er retour. Mein weiteres Handaufhalten tat er mit einem ‚Is okay’ ab. Verdammich, wat is hier los, gib mir mein Wechselgeld. Ich verzichtete darauf, die schon lautstark genug geführte Englisch(ich)-Bulgarisch(er)-Diskussion fortzusetzen. Zugegeben war ich leicht angefressen, Aber scheiß drauf, wenn ich wollte könnt ich wahrscheinlich den ganzen besch… Bus kaufen, Du EU-Schmarotzer!! Ich wandte mich an eine Dame mittleren Alters, die den Vorgang aufmerksam verfolgte. Sie sprach gutes Englisch und erklärte mir, dass auf dem Hinweis steht, dass man passend zahlen muss – aha, des Rätsels Lösung – und 10 Leva das erhöhte Entgelt für das Fahren ohne Fahrschein sind. Während dieses Gesprächs stieg der nächste uniformierte Blutsauger ein und wollte ein Ticket sehen. Das Strafticket schien nur eine Art Quittung zu sein und keinesfalls die Bedeutung eines Fahrscheins zu haben. Nun schritt aber meine neue Freundin ein und erklärte dem Bediensteten der Sofioter Verkehrsbetriebe die Situation, worauf dieser mich in Ruhe ließ.
Die freundliche Dame zeigte mir noch, wo ich aussteigen musste, um in die U-Bahn zu wechseln, nämlich in der Nähe der Universität. Vielen Dank dafür! Geht doch, sind doch ganz okay die Bulgaren/innen, wenn sie nicht grad als Schaffnix arbeiten. Noch eine Station mit der Metro und ich stieg am zentralen Platz der Stadt, dem Sweta Nedelja-Platz, wieder an die Erdoberfläche. Eine Seitenstraße weiter stand ich schon vor meiner Unterkunft für die erste Nacht. Ich hatte mir auf Empfehlung von Nobbi, der einige Wochen vor mir in der Stadt war, für das 'Lavele-Hostel’ entschieden. Eine sehr gute Wahl wie sich zeigen sollte. Eine sehr freundliche Rezeptionistin und ein ungewöhnlich schickes und sauberes Etablissement. Ich entschied mich für 10 Euro für ein Bett im 4er-Dorm mit (wie sich am nächsten Morgen zeigte) gutem und reichhaltigem Frühstück und wie sich herausstellte war ich der einzige Gast in diesem auch nicht zu großen Hostel. Sehr schön, hatte ich meine Ruhe und auch die Facilitäten allein für mich. Lavele Hostel – gefällt mir! Kurz die Sachen in meinem Spind eingeschlossen und dann erstmal zum Busbahnhof, um die Abfahrten nach Saloniki für Sonntag-Morgen zu checken. Auf dem Weg dahin konnte ich schon mal einen Blick auf die Banja-Baschi-Moschee werfen. Diese ist die größte der Stadt und eine der ältesten Europas. Ziel war es spätestens um 14:00 Uhr in der griechischen Hafenstadt anzukommen, um am Nachmittag noch das Spiel des örtlichen Zweitligisten sehen zu können. Der Sofioter Busbahnhof ist zweigeteilt, beide Teile liegen allerdings direkt nebeneinander und unmittelbar neben dem Bahnhof. Eine Fahrt mit dem Nachtzug, wäre mir lieber gewesen, doch ist Griechenland seit Januar eine Eisenbahninsel und es gibt keine internationalen Verbindungen mehr. Für die Begründung gibt’s mehrere Versionen – die, dass die hellenische Staatsbahn kurz vor der Pleite steht, scheint mir persönlich am glaubhaftesten. Also erstmal in den offiziellen Teil des Busbahnhofs. Dort wurde aber leider die mir von der Busbahnhof-Homepage bekannte erste Abfahrt um 10:30 bestätigt, damit wäre der Zweitliga-Kick passé. Ich hakte noch einmal nach und siehe da – die freundliche Dame sagte,
es gebe noch eine 8:00 Uhr-Abfahrt von Busbahnhof Teil Zwei, telefonierte kurz und nahm mich direkt an die Hand und führte mich rüber, wo sie mich an die nächste Dame 'übergab’, besten Dank!! Der 'andere’ Busbahnhof wirkt, wie eine Art 'Independent-Busbahnhof’. Während Teil eins überdacht mit Bürogebäude und Wartehalle aufgebaut ist, gleicht jener eher einem Weihnachtsmarkt mit großem Parkplatz. Viele nebeneinander befindliche kleine Bürobuden von verschiedenen Busgesellschaften. Für 60 Leva erstand ich das Ticket für den ersehnten frühen Bus. Nun ging es zurück in Richtung Hostel, stoppte aber am ersten biertauglichen Etablissement, um ein persönliches Begrüßungsgetränk zu mir zu nehmen. Bei einem halben Liter Kamenitza-Bräu kam ich mit dem Barkeeper auf seinen Verein Levski und meinen angestrebten diesbezüglichen Spielbesuch zu sprechen und er rief direkt einen Kumpel an, um mir die Anstoßzeit noch einmal zu bestätigen. Mittlerweile war es 20:00 Uhr durch und mein Magen meldete seinen Anspruch, gefüllt zu werden. Also auf zum hoppererprobten ‚Happy-Grill’, einer Grillrestaurant-Kette mittleren Niveaus. Neben wirklich leckeren und reichhaltigen Grillspeisen wird der Gast auch durch die unfassbar schlanken Bedienungen in ebenso unfassbar kurzen Röcken bei Laune gehalten. Dazu wurde auch noch der Freitags-BuLi-Kick live gezeigt und so schlürfte ich Kamenitza um Kamenitza bis sich die Müdigkeit bemerkbar machte. Noch ein halbstündiger Verdauungsspaziergang durch die City und dann ab in die Falle.
Sa. 12.03. 15:00 - Akademik Sofia vs Cherno More Varna 0:0 (A Liga), 120 Zuschauer (40 Gäste)
Sa. 12.03. 18:00 - Levski Sofia vs Chernomoretz Burgas 1:0 (A Liga) 1.900 Zuschauer (0 Gäste)
Nach hosteluntypischer sehr erholsamer Nacht bimmelte das Handy pünktlich um 8:30. Ab unter die Dusche, gefrühstückt, und den Wunsch nach Verlängerung für die nächste Nacht vorgebracht. Pustekuchen – sold out! Eine französische Gruppe hatte sich angemeldet und alle Betten in Beschlag genommen. Egal, in Sofia gibt’s genug Hostels, nur leider wohl nicht noch sein ein empfehlenswertes wie das Lavele… *schnief*. Ich entschied mich für das Hostel Mostel aufgrund von Lage zu City und Bahnhof. Auch dort wurde ich sehr freundlich aufgenommen und entschied mich für 18 Leva für ein Bett im 8er-Dorm. Als ich mein Gepäck in den Raum brachte, bereute ich die Entscheidung schon.Volles Zimmer, warm, stickig, die Fenster nicht zu öffnen. Drauf gesch… für eine kurze Nacht mit ein paar Bier im Blut wird’s schon gehen. Dachte ich zumindest… Nun wurde es aber Zeit für die Sightseeing-Runde. Erstmal mit dem Trollybus zum Nationalstadion ‚Vasil Levski’, Heimat der Nationalelf und derzeit auch des CSKA Sofia. Vasil Levski war ein bulgarischer Revolutionär und Volksheld zur Zeit der osmanischen Herrschaft im 19. Jahrhundert. Ich fand ein offenes Tor zum Innenraum, ging einfach an der Pförtnerin vorbei und stellte Leichtathlethik-Aktivitäten fest. In dem Moment, als ich die Kamera zückt um den Ground abzulichten, zog mich etwas am Ärmel. Ich drehte mich um und sah… nichts. Ah, da unten. Die etwa 1,40-Meter große Pförtnerin war mir gefolgt.
Der lautstarke slawische Redeschwall in Synthese mit energischem Kopfschütteln konnte nur 'nicht erwünscht’ bedeuten. Na gut, will ich mal nicht so sein. Wird eurem doofen Stadion eben nicht die Ehre zu Teil, auf meiner tollen Homepage gezeigt zu werden. Außerdem muss ich zum großen Derby CSKA gegen Levski, dem einzig wirklich brauchbarem Spiel in Bulgarien, ja eh noch mal hin. Also schlich ich weiter um das Stadion rum, fand eine offene Tür in die Katakomben, aber eben nicht auf die Tribünen. Also nun einmal quer durch den hinterm Stadion befindlichen Witoscha-Park zum benachbarten Heimstadion des Armeeklubs CSKA. Hier störte sich kein Schwein an meinem Eintreten. Das Spielfeld war mit Planen abgedeckt und es wurden alte gegen neue Sitzschalen durch Handwerker ausgetauscht. Außer fragenden Blicken bekam ich keine Aufmerksamkeit.
Nach der Fotosession ging es vorbei an der Universität zur orthodoxen Alexander-Nevski-Kathedrale. Es handelt sich um die orthodoxe Hauptkirche uns ist ein echt beeindruckendes Teil, von außen wie von innen. Weiter zur russischen Nikolaj-Kirche und den 'Boulevard Tsar Osvoboditel' entlang, vorbei an verschiedenen großen historischen Gebäuden zur Sweta Nedelja-Kirche, der Kathedrale des orthodoxen Bischofs am gleichnamigen Platz. Dann war es Zeit zum ersten Spiel zu starten.
Ich fuhr mit der Bahn in Richtung Slavia-Stadion. Dort muss Akademik aus mir nicht bekanntem Grunde seine Heimspiele austragen. Fehlende Kapazität des eigenen Grounds kann es nicht sein, da Akademik regelmäßig zwischen 100 und 200 Besuchern begrüßt. Ich stieg einige Stationen vorher aus der Bahn, da ein wenig abseits der Strecke das alte Stadion des FC Septemvri liegt.
Ein zugewachenes Teil, dass der fußballwütigen Jugend noch als Bolzplatz und den Hundebesitzern als Auslauf für ihre Vierbeiner dient. Völlig verkommen aber irgendwie sehenswert. Nun musste ich durch eine Plattenbau-Siedlung in Richtung Straßenbahn und das war gar keine gute Idee. Ich fühlte mich überhaupt nicht sicher. Es sprach mich zwar niemand an oder wurde gar handgreiflich aber das Gefühl des 'Nichthierhingehörens’ war deutlich zu spüren. Also schnell in die Bahn die dann doch noch länger fuhr als ich gemeint hatte. So war ich ein paar Minuten zu spät im Stadion. 4 Leva Eintritt sind zu verschmerzen und zu verpassen gab es nichts. Offiziell 120 Zuschauer verliefen oder versaßen sich im weiten Rund - in Wahrheit dürften es einige mehr gewesen sein. Überrascht wurde ich von etwa 40 Gästefans aus der Schwarzmeerstadt, die ab und an zaghaften Support von sich gaben. In Bulgarien sicher kein Zuckerschlecken, quer durch das ganze Land zum Auswärtskick zu gurken. Von der Haupttribüne aus meldeten sich auch selten eine 5er-Gruppe mit eintönigen 'Akademik’-Rufen zu Wort. Ein bescheidenes Spiel mit bescheidenem Zuspruch bekam das Resultat, das es verdiente und für mich war das erste torlose Spiel des Jahres perfekt. Trotzdem war es nicht langweilig. Als ich nach Betreten der Schüssel das Stadion umrundete fiel mir eine einsam sitzende 'unbulgarisch’ aussehende männliche Person auf. Die deutsche Schrift auf dem Pulli gab letzte Gewissheit. Es handelte sich um den Thomas aus Giessen, Herausgeber des Fan-Zines 'Der Schlammbeißer',
mir bisher nicht persönlich aber zumindest namentlich bekannt. So wurde der Kick entspannt mit ansprechender Konversation verquatscht. Da nach dem Spiel nur eine Stunde Zeit blieb, um auf die andere Seite der Stadt zum 'Georgi-Asparuhov-Stadion' des PFK Levski zu gelangen, schloss ich mich Thomas an, der einen Taxifahrer bestellt hatte. Dieser wartete auch am verabredeten Ort, jedoch war die Droschke bereits mit zwei Leuten besetzt, die auch zu Levski wollten. Gut, uns sollte es recht sein, minimierten sich die Fahrtkosten doch weiter. Pro Person für 5 Leva quer durch Sofia ist schließlich ein absoluter Schnapper.
Bei Levski angekommen nahmen wir uns noch die Zeit für zwei Bierchen und erworben dann kurz vor dem Anpfiff Haupttribünen-Tickets für 6 Leva das Stück. Levski, der wohl beliebteste Verein der Stadt, spielt normal auch nur vor etwa 1.000 Leuten. Lediglich das Derby gegen CSKA lockt eine fünfstellige Besucherzahl an.
Umso überraschter waren wir dass knapp 2.000 Zuschauer den Weg gefunden hatten. Gäste waren allerdings keine anwesend. Der Support der Levski-Kurve war auch durchaus ansprechend und die Heimmannschaft brannte auf dem Feld ein Chancen-Feuerwerk ab, vergaß aber dabei das Toreschießen.
In Minute 72 war es dann aber soweit, das Leder wurde zum Heimsieg über die Linie gewürgt. Nach dem Kick stand die Nahrungsaufnahme im Vordergrund. Dank der unschlagbaren Argumente der jungen dort arbeitenden Damen konnte ich Thomas davon überzeugen mit mir den ‚Happy Grill’ aufzusuchen. Aber glaubt mir, das Essen ist dort auch wirklich gut
. Wir verquatschten noch einige Bier und dann musste ich zum Aufbruch drängen, da ich am Sonntag-Morgen recht früh aufstehen musste, um meinen Bus nach Thessaloniki zu erreichen. Also von Thomas verabschiedet - Danke für die kurzweiligen Gespräche – und ab zum Hostel. Dort war noch ordentlich was los. Ich setzte mich noch auf ein Bier in den ‚common room’ und suchte dann meine Pritsche auf. Der Großteil der Raumbesatzung schlief schon. Da der Laden offenbar bevorzugt von Hippie und Co aufgesucht wurde, machte ich mir ernsthaft Sorgen, ob nicht während der Nacht bisher nicht gesichtete Krabbeltiere aus der einschlägigen Frisuren der Anwesenden hervor kriechen würden, doch ich konnte nichts Derartiges feststellen. Die Nacht war unruhig, da ständig irgendwer raus, rein oder draußen auf dem Gang vorbei ging. Egal, man kann nicht immer Glück haben. Hostel Mostel – gefällt mir nicht!
So. 13.03. 15:00 - Agrotikos Asteras vs Diagoras Rhodos 3:0 (B Ethniki), offiziell 0 Zuschauer, inoff. 100 (0 Gäste)
So. 13.03. 19:30 - PAOK Saloniki vs Olympiakos Piräus 2:1 (Super League), 20.023 Zuschauer (0 Gäste)
Ich war recht froh, als die Weckfunktion meines Handys die Nacht für mich für beendet erklärte, packte schnell meine Sachen und nix wie weg aus dem Loch. Am Busbahnhof stand schon das Gefährt in Richtung Griechenland und es ging pünktlich um 8:00 Uhr durch das sonntäglich verschlafene Sofia los. Der Bus war nicht sehr voll und ich holte zunächst noch ein wenig Schlaf nach. Als ich aufwachte nahm mich aber der Blick auf die vorbei ziehende Landschaft mit schneebedeckten Gipfeln gefangen. Wir fuhren durch die westlichen Ausläufer des Rhodopen-Gebirges, deren höchster Punkt fast 3.000 Meter erreicht.
Während der kurzen Pause vor der Grenze (netterweise an einem ‚Happy Grill’) stellte ich fest, nicht der einzige Deutsche an Bord zu sein. Der Herr mittleren Alters wohnt aufgrund beruflicher Vergangenheit in Singapur, war von Deutschland aus auf dem Weg dorthin, hatte sich aber einen Flug von Athen gebucht und war per Interrail-Ticket auf dem Weg dorthin, um noch einige Eindrücke von Südost-Europa zu sammeln. Da es ja derzeit keine Zugverbindungen von und nach Griechenland gibt, musste er für den Grenzübertritt zu den Hellenen auf den Bus umsatteln. Kurz danach ging es über die Grenze. Während sich die Bulgaren für die Ausreisenden nicht sonderlich interessierten, wollten die Griechen genauer wissen, wer ihr Land betritt.
Allerdings sammelten sie lediglich die Pässe der bulgarischen Einreisenden ein. Die beiden Deutschen mussten den Beamten die Kontrolle der Pässe fast aufzwingen. So geht also Gleichbehandlung in der EU. Entgegen meiner Annahme wurde die Infrastruktur auf griechischer Seite nicht besser, sondern teilweise eher schlechter. Aber egal, nach etwa fünf Stunden Fahrt war die nordgriechische Hafenstadt gegen 13:15 erreicht. Erst einmal galt es, sich nach einer Busverbindung nach Skopje zu erkundigen. Pustekuchen – gibt es nämlich angeblich nicht. Was mich allerdings verwunderte, da die umgekehrte Linie zweimal täglich gefahren wird. Aber Nachfragen an mehreren Schaltern ergaben lediglich die Info, dass man bis kurz vor die Grenze fahren kann und dann: Viel Glück! Also nahm ich dieses zur Kenntnis und musste mich nun langsam auf den Weg machen, wenn ich das anvisierte Zweitliga-Spiel noch erleben wollte. Also zog es mich zum Ausgang, wo ich auf einmal deutsche Stimmen hörte und drei Jungs aus Hamburg fast über den Haufen rannte. Tino, Sascha und Christian hatten dieselbe Gesinnung und auch fast denselben Plan. Auch sie wollten am Abend den PAOK-Kick sehen und am Montag nach Skopje weiterreisen und mussten ebenfalls erkennen, dass dieses auf direktem Wege offenbar nicht möglich ist. Wir tauschten Handy-Nummern und verabredeten uns für den Abend am Stadion. Auf dem Weg zum 'Gipedo Evosmou’, dem Platz von Agrotikos, kam ich an einigen Tavernen vorbei, vor denen frisches Fleisch gegrillt wurde. Ich konnte nicht widerstehen und nahm mir noch Zeit für zwei Souvlaki. Nun aber im Stechschritt zum Ground. Als ich um die letzte Ecke hastete, schaute ich an einer Bushaltestelle in die nächsten nichtgriechischen Gesichter und wenige Sekunden später war klar, dass wir derselben Nationalität angehören. Micha und zwei Christians wollten auch das Zweitligaspiel sehen, hatten aber von ihrem Vorhaben Abstand genommen, nachdem klar war, dass das Spiel ohne Zuschauer über die Bühne gehen sollte. Warum dem so war bleibt reine Vermutung. Aber im Stadion sichtbare Spuren ließen die Idee aufkommen, dass selbst bei diesem (im Schatten der großen Vereine der Stadt stehende) Club, die Emotionen das ein oder mehrere Male übergekocht waren. Sei’s drum. Man gab mir noch die Info mit auf den Weg, dass sich zwei weitere Kollegen in das kleine Stadion begeben hatten. Dort traf ich dann auch Falk und Paddy. Man kam sofort ins Gespräch und ich erfuhr, dass Micha und Paddy am nächsten Morgen wieder heim (alle fünf kommen aus dem Raum Berlin und östliches Brandenburg) fliegen, Falk und die doppelten Christians aber ebenfalls weiter nach Mazedonien wollten. Da wuchs ja langsam ne stattliche Reisegruppe heran.
Der ‚Gipedo Evosmou’ hat lediglich an einer Geraden und einer Hintertorseite einen Ausbau zu vermelden. Sieben Reihen mit Sitzschalen, auf der Geraden teilweise überdacht, schmücken den kleinen Ground. Es hatten zwar trotz Zuschauerverbot doch etwa 50-60 Besucher Einlass gefunden, die kleine Support-Gruppe des Heimvereins musste aber draußen bleiben.
‚Egal!’ dachten sich diese wohl, und unterstützen ihr Team einfach sowohl akustisch als auch mit Bengalos und kleinen Raucheinlagen vom angrenzenden Garagendach an der Hintertorseite ohne Ausbau. Das waren 100 Prozent mehr als erwartet und die Heimmannschaft belohnte dieses mit drei Toren, davon zwei direkte Freistöße in den Torknick, zum klaren Sieg über die eigentlich favorisierten Gäste von der Urlaubsinsel. Paddy und Falk hatten das Gestolper schon früher verlassen und ich hatte Glück, direkt nach Spielschluss einen Bus zu erreichen, der unmittelbar vor meiner Unterkunft in Bahnhofsnähe hielt. Kurz die Brocken ins Hotel 'Kastoria' geschmissen, vom Aris-liebenden Rezeptionisten den richtigen Bus zum PAOK-Stadion mitteilen lassen und gute 90 Minuten vor dem Anpfiff stand ich vor dem ‚Toumba-Stadion’ der Schwarz-Weißen.
Am Fressstand bekamen erneut die Souvlaki den Zuschlag und im Anschluss holte ich mein Ticket ab. Noch ein bisschen Zeit mit Rumlatschen vertrödelt und im Stadion traf ich dann auch die drei Hamburger wieder. Das ‚Toumba’ ist ein Oval, dessen Haupttribüne überdacht ist und die restliche Tribünen unter freiem Himmel sind. Der gesamte Ground ist in den Clubfarben bestuhlt. Auf der Gegentribüne ergeben die Sitze den Vereinsnamen. Bei einem Fassungsvermögen von circa 28.000 waren heute knapp über 20.000 Seelen vertreten, die annähernd ausnahmslos PAOK die Daumen drückten, da Gäste-Fans bei den Spielen zwischen den großen griechischen Vereinen nicht zugelassen sind. Der Grund liegt auf der Hand. Zum Einlauf gab es dann Rauch und haufenweise Bengalos, die die Nacht in rotes Licht tauchten.
Immer wieder sehr, sehr geil anzusehen!!! Pyrotechnik ist kein Verbrechen!! Oder doch? Jedenfalls flogen regelmäßig Leuchtfackeln auf das Spielfeld. Die Gäste-Akteure wurden beim Betreten und Verlassen des Innenraums mit Fackeln beworfen und Eckbälle für die Gäste konnten aufgrund des Bombardements fast nicht ausgeführt werden. Dass die Chemie zwischen PAOK und Olympiakos nicht die Beste ist, wurde eindrucksvoll unterstrichen. Trotzdem wurden dutzende Vorfälle, die in Deutschland zu Spielabbruch und langjährigem Stadionverbot genügt hätten, relativ unaufgeregt hingenommen. So ist halt Fußball in Griechenland. Das Spiel bestimmte zunächst eindeutig die Gäste aus der Athener Vorort. Diese gingen auch verdient in Führung, mussten aber durch einen Torwartfehler kurz vor der Pause den Ausgleich hinnehmen. PAOK kam wie verwandelt aus der Kabine und erzielte durch einen allerdings zweifelhaften Elfmeter den viel umjubelten Siegtreffer.
Ich dachte immer, dass die Unparteiischen (sofern sie in Griechenland überhaupt welche sind) dafür sorgen, dass Olympiakos enge Spiel durch zweifelhafte Entscheidungen für sich entscheiden darf. Dieser Referee hat sich dann entweder vertan oder das Cafe King hat zu wenig Kohle überwiesen. Riesenjubel nach dem Schlusspfiff.
Ich ließ mir Zeit, machte Bilder vom leeren Stadion und traf zufällig noch Falk, mit dem ich mich (wie auch mit den Norddeutschen) für 6:00 Uhr am nächsten Morgen am Busbahnhof verabredete. Mit den Hamburgern fuhr ich dann zurück in die City und wir steuerten den Gyros-Grill vor meinem Hotel an. Dort trafen wir dann wiederum die fünf Jungs aus Ostdeutschland. Ist Thessaloniki denn wirklich so klein?? Ich löste mich ziemlich schnell und lief noch die Hafenpromenade entlang bis zum weißen Turm, dem enttäuschend kleinen Wahrzeichen der Stadt, und stellte fest, dass dort auf einem Sonntag-Abend eine Menge los ist. Etliche Clubs an der Promenade waren brechend voll und es drang laute Mucke nach draußen. Leider nichts für mich. Ich musste dringend in die Waagerechte und suchte meine Luxus-Etablissement auf. Naja, was will man für 20 Euro erwarten. Es war trocken, warm und leidlich sauber.
Mo. 14.03. - Reisetag
Nach grad mal 4 Stunden Schlaf klingelte bereits wieder der Wecker. Wie verabredet traf ich 3x Hamburg unten vorm Hotel und per Taxi ging es zur 'Makedonia Busstation', wie sich der internationale Busbahnhof von Thessaloniki nennen darf. Dort trafen fast zeitgleich Falk und die beiden Christians (von denen einer zu besseren Unterscheidung auf seinen Spitznamen 'Perle' hört). Nach kurzer Beratung entschieden wir uns, den 7:00 Uhr-Bus nach Polykastro zu nehmen, dem letzteren größeren Ort auf griechischer Seite vor dem Grenzübertritt nach Mazedonien. Dieser war dann eine Stunde später erreicht. Von Polykastro sollten unregelmäßig Busse nach Gevgelija, in den ersten Ort auf mazedonischer Seite gehen. Stimmte zwar, aber die nächste Abfahrt sollte erst um 11:30 Uhr sein. Also erinnerten wir uns an die Taxi-Fahrer, die uns nach unserem Ausstieg aus dem Bus angeboten hatten, uns mit zwei Wagen für je 22 Euro die gut 15 Kilometer bis zur Grenze zu bringen. Unser Verhandlungsgeschick hielt sich in Grenzen und so ging es zum ursprünglichen Kurs bis unmittelbar zur griechischen Grenzstation. Eigentlich ist der Übergang für Fußgänger wohl nicht wirklich gedacht, da es sich um eine Autobahn-Grenzstation handelt. Allerdings interessiert es auch keine Sau, dass man die Schranken der Fahrzeug-Spuren per pedes quert. Nach dem griechischen Posten muss man erst einmal durch 300 Meter Niemandsland zum mazedonischen Posten. In diesem lauern erste mazedonische Taxi-Fahrer, um einem die Weiterfahrt anzubieten. Nachdem wir unser Ziel Skopje preis gegeben hatten, lautete das erste Gebot 180 Euro für zwei Wagen. Da uns dieses unberührt lies, sank der Kurs schnell auf 150 Euro - für unseren Geschmack immer noch zu viel. Letztlich fuhr uns der gute Mann sogar im Wagen hinterher und der Preis fiel bis auf 130 Euro, aber wir hatten uns entschieden nach Gevgelija zu laufen und von dort die Möglichkeiten zu prüfen, per Bus oder Zug in die Hauptstadt zu gelangen. Man will ja schließlich auch was erleben. Für den Eintritt in die Republik Mazedonien reicht der Personalausweis aus. Alles klappte reibungslos.
Da wir auch das Angebot der nächsten Taxi-Geier ausschlugen, uns für kleine Euros nach Gevgelija zu fahren, liefen wir einfach auf dem Randstreifen der Autobahn in Richtung des gut fünf Kilometer entfernten Ortes, was auch kein Schwein interessiert. Würde man das in unserem gelobten Vaterland so machen, hätte man wohl nach spätestens zehn Minuten die Staatsmacht am Leib. Nun ja, sehr befahren ist die Piste aber auch nicht gerade.
Trotzdem kein gutes Gefühl, wenn alle paar Minuten ein mazedonischer, griechischer, serbischer oder wasweißichfürein Lkw vorbei donnert. Also flugs runter von der Schnellstraße auf die daneben befindliche Landstraße und nach einer guten Stunde erreichten wir bei frühsommerlichen Temperaturen Gevgelija. Ab Ortseingang wurden wir von einem hoffnungsfrohen kleinen Hund begleitet, der aber irgendwann enttäuscht von dannen zog, als er realisierte, dass von uns nichts zu erwarten ist. Die Viecher tun einem ja auch wirklich leid, aber wo fängt man an und wo hört man auf? Gibt man dem Tier was, wird man es nicht mehr los, hat zur Belohnung für die soziale Tat aber nach kurzer Zeit die gesamte vierbeinige Population des Ortes am Balg kleben und darf wie der Ratten(bzw Hunde)fänger von Hameln durch die Gegend ziehen. Zunächst erkundigten uns bei einem Einwohner nach ÖPV-Verbindungen in die mazedonische Kapitale. Dieses ergab, dass es eine Bahnverbindung gibt, vier Stunden Fahrzeit. Und eine Busverbindung gebe es auch, der nächste sollte um 10:00 Uhr fahren. 10:00 Uhr??? Verdammt das war ja in 15 Minuten. Also mal n kurzen Sprint zum Busbahnhof hingelegt und sogar noch mit mazedonischer Währung (Kurs: 60 mazedonische Denar = 1 Euro) und Getränken versorgt.
Der Bus entsprach ziemlich exakt meinen Vorstellungen von einem Gefährt mit denen eine der Nebenstrecken in einem wirtschaftlich schwachen Land bedient wird. Die besten Tage deutlich vorbei, durchgesessene Sitze, defekte Armlehnen, keine Klima. Letzteres war vor allem beim mit 'brechend voll' zu bezeichnendem Füllungsgrad des Fahrgastraumes, und bei mittlerweile wirklichen warmem Wetter, keine Freude. Ich werfe da einfach mal das Stichwort 'Körpergerüche' in die Runde. Der Bus war teilweise so voll, dass selbst Stehplätze im Gang nicht mehr zu haben waren. Auch der Umstand, dass ich bei fast jeder Streckenunebenheit in die Achselhöhle des neben mir stehenden Opas abtauchen durfte, konnte mir die Reise nicht versüßen. Aber auch diese Fahrt ging vorbei und wir erreichten nach guten drei Stunden Skopje. Als ich ausstieg hatte ich zwar das Gefühl ich wäre grad bei 50 Grad mit dem Bus vom Kongo nach Simbabwe gefahren, aber der Fahrpreis von nicht einmal fünf Euro milderte die Komfort-Einschränkungen ab.
Die Hamburger Jungs hatten sich Hostel-Betten übers Internet gebucht. Die Fraktionen Ostdeutschland und Ruhrgebiet mussten dieses noch tun, also steuerten wir das besagte Etablissement namens 'City Hostel' an. Bobby, der Wirt, hatte noch genau die vier benötigten Betten für uns und damit war die Übernachtungsfrage auch geklärt. Das Hostel fiel in die Kategorie 'klein aber (fast) fein'. Die Anzahl der Betten in den Räumen war nicht zu hoch, der Wirt hilfsbereit und freundlich, zu laut war es auch nicht und alles was der Hopper brauchte war vorhanden, nämlich kostenloses Internet, Kühlschrank, kleines Frühstück. Lediglich für die mangelhafte Sauberkeit des einzigen Bades gab es kleine Abzüge in der B-Note. Zur Frage der Nachmittagsgestaltung erlaubte ich mir den Vorschlag einzureichen, einen Ausflug zum 'Matka-Canyon' zu unternehmen. Bei Falk, Perle und Chris stieß ich auf offene Ohren. Sascha, Tino und Christian wollten lieber in Skopje bleiben. Bobby besorgte uns einen Transfer in Form eines Taxis und es ging für knapp 800 Denar Return-Preis zu viert auf die knapp halbstündige Fahrt nach 'Matka'.
Dieses ist durchaus ein touristisches Ziel, dass ich entdeckt hatte, als ich mich vor der Tour über die Region um Skopje erkundigt hatte. Es handelt sich um einen in tiefer Schlucht liegenden aufgestauten Gebirgsfluss. An diesem liegt ein altes Kloster,
das heute ein Restaurant beherbergt. Dieses wollten wir uns zu Nutze machen. Bobby hatte uns noch einen Rabatt-Bon zugesteckt, mit dem wir vergünstigt ein Menü bekommen sollten. So gab es dann einheimische Kost - ein Kartoffel-Bohnengericht mit zwar fettiger aber leckerer Wurst. Dazu roher Weißkrautsalat und unglaublich gutes Brot. Köstlich! Auf das mazedonische Bier mussten wir zwar ein wenig warten, da der Lieferant noch unterwegs war, aber vor dem knisternden Kaminfeuer fiel das nicht schwer. Nach der kulinarischen Befriedigung ging es noch auf einen Verdauungsspaziergang den malerischen Weg durch den Canyon entlang und dann waren wir zur vereinbarten Zeit wieder am Treffpunkt mit unserem Chauffeur, der uns zum Hostel zurück brachte.
Da wir den Tag über eine Menge gelaufen waren, blieben wir den Rest des Abends dort und setzten uns zusammen mit den ebenfalls wieder ins Hostel zurückgekehrten Hamburgern nach draußen, um in Ruhe ein paar Bier oder auch andere Getränke zu schlürfen. Irgendwann saßen dann auch noch zwei junge Engländerinnen bei uns am Tisch. Kaleigh und Grace hatten grad auf der Insel Ihr A-Level (entspricht unserem Abitur) gebaut und waren auf Interrailtour bis nach Athen. Damit nicht genug, sollte es von dort nur per Flieger heim gehen zum Klamottenwechsel und dann auf Tour über Ägypten, Südostasien bis nach Neuseeland. Hut ab!!! Was man auf so einer Tour alles an Grounds machen könnte...! Unsere Hamburger Jungs versorgten die Mädels mit Bier und es entwickelte sich eine ganz amüsante Kommunikation, an der auch die weniger Sprachbegabten in der Runde alkoholbeflügelt immer reger teilnahmen. Mit fortschreitender Zeit wurde die Runde dann kleiner und auch ich zog mich zurück. Da ich mir mein Netbook mit auf Reisen genommen hatte, zog ich schon mal die bis dahin geschossenen Bilder von der Digi rüber und fing an, diese zu bearbeiten. Im Suff sitzen blieben nur Grupo Hamburgo und Grace. Irgendwann ging man zu Wodka-Cola über und als ich vorm Aufsuchen meiner Koje noch einmal rausging, grinste mich nur noch Grace fröhlich an. Die unsere Nationalfarben vertretenden Norddeutschen zogen ganz offensichtlich den Kürzeren und Grace war die Revanche für die klare Achtelfinal-Niederlage bei der WM in Südafrika gelungen. Und ich bleibe dabei, der Ball von Lampard war nicht hinter der Linie...
Di. 15.03. 14:00 - Teteks Tetovo vs FK Skopje 2:1 (Prva Liga), 250 Zuschauer (0 Gäste)
Am Dienstag hieß es erstmal ausschlafen. Bloß keinen Stress. Nachdem alle Knochen sortiert und eine erfrischende und vor allem reinigende Dusche genommen war, liefen wir in aller Ruhe zum Busbahnhof um eines der häufig fahrenden Stangen-Taxis nach Tetovo zu nehmen. Das heißt, nur Falk, Perle, Chris und ich taten dies. Tino, Sascha, Christian hatten sich für das Spiel zwischen Rabotnicki Skopje und FK Turnovo entschieden. Ich hatte mir bis zum Vortage offen gelassen, ob ich den Kick in Tetovo oder den von Rabotnicki im Nationalstadion sehen wollte. Letztlich entschied ich mich gegen Skopje, da das topmoderne Teil noch nicht vollendet ist. Muss ich halt nochmal wiederkommen.
Die Fahrt nach Tetovo durch wiederum beeindruckende Landschaft verkürzte ich mit einer Hände-Füße-Unterhaltung mit meiner etwas betagteren Sitznachbarin, die mich nach unserer Herkunft und unseren Absichten fragte. Gar nicht so einfach, zu erklären, dass man bescheuert durch die Weltgeschichte gondelt, um Fußballstadien zu besuchen, wenn man keine gemeinsame Sprachplattform hat. Nach einer Stunde in Tetovo angekommen machten wir zunächst einen Rundgang durch die Gemeinde am Hammam und der Bunten Moschee aus dem 15. Jahrhundert vorbei und kehrten dann auf einen Teller Cevapcici,
Brot und Getränke in ein kleines Lokal ein. Unschlagbarer Preis von umgerechnet nicht einmal zwei Euro. Dann aber ab zum 'Stadion Gradski', was nichts anderes bedeutet als 'Städtisches Stadion'. Es ist ein reines Fußballstadion für etwa 15.000 Leute, die doppelstöckige Haupttribüne ist überdacht, die drei anderen einrangigen Stands unüberdacht. Die Bude ist ziemlich fertig und verranzt. Bis vor kurzer Zeit wurden hier sogar Länderspiele ausgetragen, was eigentlich unglaublich ist.
Jedenfalls wirkt die Vorstellung, dass sich 5.000 Engländer oder Holländer in Tetovo und dieser Bruchbude tummeln recht absurd. Trotzdem weiß der Ground zu gefallen. Nach Entrichtung von 100 Denar Eintritt irrten wir erstmal auf der Suche nach der richtigen Foto-Position durch die Gegend.
Diese sollte die Gegenseite sein, die aber eigentlich für den Publikumsverkehr gesperrt war. Aber wir konnten die beiden Ordner und den ein wenig des deutschen mächtigen Polizisten überzeugen uns trotzdem Zutritt zu gewähren. So konnten wir in der Sonne chillen und hatten einen optimalen Blick auf den kleinen Ultra-Block der Heimmannschaft. Leider waren heut nur wenige Besucher zugegen, was der ungünstigen Anstoßzeit auf einem frühen Dienstag-Nachmittag geschuldet war.
Normalerweise schafft es Teteks zumindest auf eine knapp vierstellige Besucherzahl. Das wichtigste Spiel in Tetovo ist allerdings das Derby gegen Shkendija. Teteks wird von der mazedonischen Arbeiterklasse supportet, während Shkendija der Club des albanisch geprägten Teils der Stadtbevölkerung ist. Hierzu sei noch gesagt, dass Tetovo eine Stadt mit hohem albanischen Bevölkerungsanteil ist. Bei diesem Spiel ist ethnisch-politischer Zündstoff en masse vorhanden. Ein weiterer Grund irgendwann noch einmal nach Mazedonien zurückzukehren. Teteks gewann das Rasen-Gewürge durch einen Last-Minute-Treffer hochverdient und zur Freude des eigenen Anhangs. Danach direkt zum Busbahnhof am Stadtrand um die Rückreise nach Skopje anzutreten. Die Wartezeit mit einem Bierchen zu verkürzen gestaltete sich schwierig, da alle Shops an der Busstation fest in muslimischer Hand waren und diese glaubenstreu keinen Alkohol verkaufen. Alle Shops? Nein!! Ein von einer unbeugsame Dame geführtes gallisches Dorf... ach nein, das war was anderes. Jedenfalls hatte das Mädel im letzten aufgesuchten Shop eine wunderbar kühle Dose Bier für uns über.
Zurück in Skopje gingen wir direkt zum Hostel, um unser Gepäck einzusammeln. Danach nahmen wir noch einen exzellenten Hamburger zu uns und dann war es Zeit zum direkt neben der Busstation befindlichen Bahnhof aufzubrechen, da die sechs anderen den 20:45 Uhr-Nachtzug nach Belgrad zur Fortsetzung ihrer Tour erreichen mussten. Ich brachte die Jungs noch bis zum Zug und verabschiedete mich. Danke für wirklich nette Bekanntschaft und gute und kurzweilige Gesellschaft!! Letzteres vorrangig an Falk, Perle und Chris, mit denen ich den Großteil der Zeit verbrachte. Take care!
Ich hoffe, man sieht sich beizeiten wieder. Mein Nachtbus, der mich zum Ausgangspunkt meiner Tour nach Sofia zurückbringen sollte, fuhr erst um 22:00 Uhr. Die verbleibende Zeit nutzte ich zu einem kurzen Spaziergang die Vardar entlang bis zur alten Steinbrücke aus osmanischer Zeit und zur Festung 'Kale'. Beides kurz abgeknipst und dann zurück zur Busstation. Dort noch zwei Schlafbier und ein wenig Proviant geholt und dann etwas Sorgen gemacht, da der Bus 30 Minuten zu spät kam, ohne dass man irgendwoher eine Information dazu bekam. Den Transfer nach Sofia verschlief ich großenteils, was mich selbst überraschte, da ich eigentlich im Bus nicht gut pennen kann. Doch lediglich der Grenzer schaffte es, mich zu wecken und als ich das nächste Mal die Augen wieder öffnete, fuhren wir schon durch die Peripherie von Sofia. Um 4:30 Uhr morgens entstieg ich dem Gefährt. Tja, was macht man um halb fünf morgens im noch nächtlich-dunklen Sofia? Ich entschied mich dafür, auf einer Bank im Busbahnhof noch ein wenig Schlaf zu bekommen. In der oberen Etage fand ich ein Exemplar ohne Armlehnen in einer ruhigen Ecke. Leider weckte die Security um 6:00 Uhr alles was noch rumlag.
Ich gönnte mir einen Espresso und vertrödelte die Zeit mit dem Lesen eines Fanzines und gegen halb acht brach ich langsam gen Flughafen auf. Dazu lief ich wieder zum zentralen Platz an der ‚Sweta Nedelja’, um die Metro für eine Station zu bemühen. Warum auch immer wollte aber das Drehkreuz mein am Samstag gekauftes Ticket nicht akzeptieren. Da mein Leva-Bestand mittlerweile 'unter zwei' erreicht hatte, ich aber einen Leva noch für das Busticket zum Airport benötigte, blieb mir nur der Fußweg zur Bushaltestelle. Eigentlich kein Ding, aber in den vergangenen Tagen war ich doch sehr viel gelaufen und meine Füße wiesen mich auch schmerzhaft darauf hin. Noch ein letztes Foto vom Denkmal zu Ehren des Zaren Alexander II., dem Sieger über die Osmanen und damit Befreier der Bulgaren geschossen, und den Bus Nr. 284 und damit den Flughafen problemlos erreicht. Dort hatte ich dann im Wartebereich des Gate noch ein Stündchen Zeit, diesen interessanten Bericht hier zu beginnen, bevor mich Wizzair zurück nach Dortmund brachte. Mein Wägelchen stand nach fünf Tagen noch immer unversehrt im dem Flughafen Dortmund nahen Wohngebiet und gegen 14:30 Uhr schloss ich die Tür zu meiner Wohnung auf und durfte festhalten, dass eine erlebnisreiche Tour mit vielen neuen Eindrücken zu Ende ging und ich mal wieder angenehme Leute gleicher Gesinnung kennen lernen durfte.