G R O U N D F E V E R
  Algier
 

02.-03.12.2016 --- Bei den Wüstenfüchsen

Das Thema Algerien stand im letzten Jahr schon einmal auf der Tagesordnung. Warum das Ziel nicht verwirklich wurde, weiß ich schon gar nicht mehr. Wieder aufgenommen wurden die Verhandlungen im Frühjahr, aber aufgrund Termin-Kollision zwischen den Reise-Willigen blieben diese weiterhin ergebnisoffen. Vollzug gemeldet werden konnte dann in Tarifrunde Nummer Drei. Mit dem Saar-Doktor und Bayer-Fan Markus aus dem Odenwald konnte ich mich auf einen Termin einigen. Die Airline mit dem Kranich auf der Heckflosse bot zum anvisierten Wochenende einen vertretbaren Preis. Nach einigen Spielereien mit Abflugorten und -zeiten, zeigte die Buchungsmaske ein akzeptables Ergebnis, das unter Mithilfe eines Gutscheins auf 168,33 Euro gesenkt werden konnte und den Zeigefinger zum Mausklick auf den "verbindlich buchen"-Button animierte. Dann musste noch eine Dummy-Hotelbuchung her, da ein entsprechender Nachweis für den Erhalt eines Visums gefordert war. Ärgerlicherweise sagt die Website der algerischen Konsulats klar aus, dass individuelle Visa-Anträge nicht erwünscht sind und die Beauftragung einer Agentur angeraten wird. Verteuerte die Nummer unnötig. Also wurde die Frankfurter Niederlassung der Firma König aus Brühl eingesetzt. König betreff Iran und Russland schon zuverlässig geholfen und nimmt für den Service nur 20 Euro. Wie in den Fällen zuvor war der Pass mit dem Sticker früher zurück als angegeben und das Hotel konnte storniert und stattdessen in Ruhe eine günstigere Unterkunft gesucht werden, was Daniel freundlicherweise übernahm. Eine Woche vor dem Trip kam dann die Pilotenvereinigung 'Kopfnuss' auf die glorreiche Idee, dass man ja mal wieder ein wenig streiken könnte um die - aus meiner kleinbürgerlichen Sicht eines mausgrauen Mittelschichtlers - völlig übertriebenen Gehalts- und Alterssicherungsforderungen durchzusetzen. Das ließ zunächst noch kalt. Als die Luftikusse aber ernst machten und immer weiter streikten, befasste man sich schon mal mit allen Eventualitäten. Glücklicherweise machten sich die Luftpiraten mit ihrer penetranten Arbeitsaussetzung aber unbeliebt genug, dass nicht nur das eh schon geringe Verständnis in der breiten Masse schmolz, sondern sich neben Mahnungen aus Politik und Wirtschaft auch Widerstand in den eigenen Lufthansa-Reihen, ausgelöst durch den Unmut bei Flugbegleitern, Bodenpersonal und Administration, regte. Das dürfte dazu beigetragen haben, dass der Streik erst einmal beendet wurde und das für unsere Belange rechtzeitig, denn so lief der Flugbetrieb an unserem Abflugdatum wieder weitestgehend normal.

Fr. 02.12. 16:00 - USM El Harrach vs CR Belouizdad 1:1 (Ligue 1), 8.000 Zuschauer (4.000 Gäste)

4:30 Uhr schellte der Wecker. Wenn ich irgendetwas an meinem Hobby abgrundtief hasse, dann das oftmals notwendige frühe Aufstehen. Der übliche Weg bei DUS-Abflügen wurde abgespult. Auto in Unterrath abstellen, S-Bahn ins Terminal. Da vorher online eingecheckt, nur noch die Sicherheitskontrolle absolvieren und ab ans Gate, wo kurz danach auch zum Boarding gerufen wurde. Bild Bild Man saß noch nicht ganz, da wurde schon wieder der Landeanflug vorbereitet. Diese Zubringer-Flüge nach Frankfurt sind irgendwie schon etwas skurril. Keine halbe Stunde in der Luft, fährt man nach dem Aufsetzen auf der nordwestlichen Landebahn gefühlt noch einmal genau so lang bis zur Parkposition am Terminal. Die Wartezeit bis zum Weiterflug überbrückte ich mich einem kleinen Frühstück im Restaurant mit den zwei gelben Bögen. Am Gate traf ich dann mit meinem Mitreisenden zusammen. Recht pünktlich ging es weiter und fast auf die Minute genau landeten wir auf dem Flughafen 'Houari Boumedienne' etwa 20 Kilometer südwestlich von Algier. Die Einreise wurde recht zügig vollbracht. Schwein gehabt. Unmittelbar nach unserer Ankunft landeten zwei große Maschinen von Turkish Airlines und Qatar Airways - das wär ne schöne Warterei geworden. Stattdessen konnten sich dann die ganzen Polsterfüße die Beine in den Bauch stehen. Der Geldautomat wurde um 6tsd Dinar (1 Euro = 115 Dinar) erleichtert und dann war der Plan, mit dem Bus in die Stadt zu fahren. Weil aber Freitag war, Bild also islamischer Feiertag, gab es nur stark eingeschränkten Verkehr und da gerade die Zeit des Mittagsgebets angebrochen war, fuhr erst mal gar nix, weil die Nation gen Mekka gewandt ihre Teppiche küsste. Auch ein Taxi aufzutreiben war nicht so einfach. Wir nahmen einen Eingeborenen mit ins Boot, der auch ins Zentrum von Algier wollte und konnten dann kurz darauf eine Droschke besteigen. Für insgesamt 1tsd Dinar wurden wir in unmittelbarer Nähe unseres Hotels 'Dar el Ikram' im Stadtteil 'Plateau Sauliere' abgesetzt. Für 84 Euro gab es ein Dreibett-Zimmer mit eigenem Bad und Frühstück. Preis-Leistungs-Verhältnis knapp im Missverhältnis, würde ich sagen. Bild Aber akzeptable Hotels zu einem günstigen Preis sucht man in Algier auch vergebens. Kurz eingecheckt und dann 200 Meter vom Hotel entfernt den ersten 'Sight' abgehakt. Die katholische Kathedrale 'Sacré-Coeur' war aber verschlossen und sah von außen eher aus wie ein Kühlturm. Weiter die Straße runter Richtung 'Grande Poste'. Dort dann ein Taxi angehalten und nach kurzer Verhandlung saßen wir zum vereinbarten Preis mit Kurs Südwest in der Kutsche. Da Daniel ja achtundsiebzig Sprachen fließend spricht und gebürtig halber Franzose ist, hatten Markus und ich naturgemäß den passiven Part inne, da Französisch ja Amtssprache in Algerien ist. Eigentlich hasse ich es, mich untätig ins gemachte Nest zu setzen, aber sich mit zehn Worten Französisch gestikulierend einen abzubrechen, ist ja nun mal totaler Blödsinn wenn der fünfzigprozentige Napoleon mit auf Tour ist. Bild Im Fahrzeug stellten wir dann fest, dass entgegen der erhaltenen Infos offenbar doch Taxameter in den Fahrzeugen montiert sind. Schlauerweise lief dieser auch mit und als wir am Ziel, dem 'Stade de 5 Juillet 1962' ankamen, zeigte dieser gerade mal die Hälfte der 500 Dinar an, die wir mit dem Fahrer verbal abgesprochen hatten. Klar, ich lasse mich auch nicht gern bescheißen, aber bei einem Preis von nicht einmal 4,50 Euro für drei Personen für die viertelstündige Fahrt hätte ich es gut sein lassen, zumal der Preis ja nun von beiden Parteien einvernehmlich vorher vereinbart worden war. Daniel sprach den Fahrer aber auf das Missverhältnis zwischen Vereinbarung und Taxameter an und wollte unsere Position monetär verbessern. Der Araber an sich reagiert da aber schnell angepisst und im Nu rief die Divergenz der Meinungen eine unversöhnliche Situation hervor, die darin gipfelte, dass uns der Steuermann uns das ihm in Münzen-Form überreichte Angebot im wahrsten Sinne des Wortes vor die Füße schmiss. Stolz ist manchmal ein schlechter Berater, denn statt dass sich der Mokel zu einem Kompromiss bereit erklären konnte, warf er die Münzen auch nach dem zweiten Versuch im hohen Bogen aus dem Fahrzeug und zog fluchend mit beleidigenden Gesten von dannen, nicht ohne uns vorher noch wissen zu lassen, dass wir nun ein Problem hätten.

Das was dann folgen sollte, konnte er nicht gemeint haben, denn darauf hatte er definitiv keinen Einfluss. Als wir uns auf die Reise einigten, war ein Bestandteil der Planung das Heimspiel des MC Alger, der zwar nicht alle, aber doch einige Heimspiele im großen 'Stade 5 Juillet 1962' austrägt, weshalb wir auf einen Besuch dieses beeindruckenden Kessels hofften. Zehn Tage vor dem Trip dann die Ernüchterung. Wegen Verfehlungen der Zuschauer bekam MCA ein Heimspiel Zuschauersperre aufgebrummt und dieses war exakt die von uns anvisierte Veranstaltung. Der Fußballgott ist aber nicht immer ein undankbarer, denn der Verband verlegte stattdessen das kleine Lokalduell zwischen den Clubs El Harrach und Belouizdad in das Nationalstadion des Landes. Nun waren wir auf die glorreiche Idee gekommen, per Email um Hinterlegung von Tickets zu bitten, damit wir uns nicht zusammen mit dem ganzen Mokel-Volk ins Stadion-Innere drängeln müssen, denn das kann in den Maghreb-Staaten ja schnell mal ungemütlich werden. Also wurden wir am betreffenden Eingang vorstellig, wo aber niemand was von unserem Anschreiben wissen wollte. Macht ja nix, denn wenn wir schon mal da waren, konnte man uns ja trotzdem an diesem sicheren Eingang ins Stadion lassen und uns das Gemokel und die kreisenden Gummiknüppel am Eingang für's gemeine Volk ersparen. Das war jedenfalls unser Ansinnen, weshalb wir mit einiger Penetranz unser Ziel zu erreichen versuchten. Da Algerien aber zu den Ländern gehört, in denen keiner etwas selber entscheiden darf und immer noch jemand geholt werden muss, der noch wichtiger ist als der Wichtigste, diskutierten wir die Situation schließlich mit dem obersten Sicherheits-Heini. Da stellte sich die Idee dann allerdings letztlich als doch nicht so glorreich heraus, denn ohne die Entwicklung absehen zu können, war der Typ plötzlich megagenervt und legte den Schalter binnen einer Sekunde auf abweisend und unfreundlich um. Womit wir wieder beim Araber an sich wären, der schnell mal angepisst ist. So wurden wir ziemlich rüde weggepöbelt, mit dem Hinweis, dass wir nun gar nicht mehr erwünscht wären, auf keinen Fall ins Stadion kommen und den Veranstaltungsort verlassen sollen. Wie bitte? Was war dem nun zu eng? Möglicherweise ein Fall von Mokel-Schizophrenie. Leider ist Daniel kein Doktor der Psychologie. Schnell-Therapie also ausgeschlossen und daher war es wenig ratsam hier jetzt weiter nen Aufstand zu machen, dann hätte die Lage nur komplett eskalieren können. Also latschten wir rüber zum normalen Eingang, um uns Tickets zu kaufen und uns dann ins Gemokel zu stürzen. Dort angekommen, stand plötzlich der Wutbürger hinter uns wie aus dem Boden gewachsen, dabei hatte ich mich mehrmals umgesehen, ob er uns folgt. Vermutlich durch irgendeinen Geheimgang gekommen. Jetzt wurde der Penner jedenfalls mal richtig sauer und machte uns mit lauter Stimme und drohendem Blick klar, dass wir uns mal ganz schnell verpissen sollen. Während wir noch ratlos rumstanden, wies er außerdem jeden Polizisten an den Eingängen mit Fingerzeig auf uns an, dass wir auf keinen Fall ins Stadion dürfen. Alder, was war hier los? Plötzlich Staatsfeind Nummer Eins?! Zumal die Situation nun wahrhaft bedrohlich wirkte. Bis soeben war ich der Meinung, dass ich halt mit einem Normalo-Ticket ins Stadion spazieren würde und nun schien es, als ob mir, respektive uns, dieses von außen schon gewaltig wirkende Rund durch die Hopping-Lappen gehen sollte. Ein Gedanke, der mir zugegebenermaßen ganz gewaltig auf den Sack ging. In der selben Sekunde war mir aber auch klar, dass ich irgendwie in diese beeindruckende Bude hinein musste, auf welchem Wege auch immer! Um die Situation zu entschärfen zogen wir uns erst einmal außer Sichtweite vom Aufreg-Mokel und den Bullen-Mokeln auf den Parkplatz zurück und berieten uns über die Situation.

Klar war, dass am Haupteingang nix mehr ging, da uns dort nun jeder kannte und wir mit unseren Bleichgesichtern sofort auffallen würden. Neben dem zentralen Haupteingang gab es links davon noch einen Nebeneingang, an dem unsere Fratzen noch unbekannt waren. Auf den wollten wir uns nun konzentrieren. Einlass sollte machbar sein, da sich Markus und ich schon weit vor dem Kick ein Ticket für die Sammlung erworben hatten. Bild Dummerweise war hier nur ein einziges Tor geöffnet und was da los war, kann man sich denken. Eine marodierende Mokel-Traube drängte sich um das offene Tor, egal ob mit oder ohne Zutrittsberechtigung. Das Foto gibt das nur unzureichend wieder. Regelmäßig ließ die Staatsmacht das Migräne-Stäbchen kreisen, um die Leute ohne Ticket zu vertreiben und jene, die eines hatten, im Zaum zu halten. Mittlerweile war die Partie angepfiffen, was mich aber in keiner Sekunde von meinem Willen abbrachte, das Stadion betreten zu wollen, denn so schnell käme ich ja nicht wieder her. Also hieß es die Lage zu beobachten und ab und an mal den knüppelschwingenden Mützenträgern auszuweichen. Irgendwann hielt ich die Chance dann für gekommen. Markus entschied sich draußen auf uns zu warten, da er sich aus einem bereits laufenden Spiel nicht viel machte, und gab sein Ticket an Daniel, der mir folgen wollte. Obwohl die Mokel-Meute nun überschaubarer geworden war, konnte man den Stress bei Ordnern und Polizei spüren. Da ich mangels Sprachkenntnissen keine der gestellten Fragen (war es nun Arabisch, Französisch oder Arabösisch?) beantworten konnte, winkte man mich letztlich mit dem Ausländer-Bonus durch. Nun bestand noch die latente Gefahr dem Sicherheits-Wutmokel in die Arme zu rennen, also Kapuze tief ins Gesicht und schnellen Schrittes auf die Ränge, um in der Masse unterzutauchen. Daniel tauchte wenig später neben mir auf. Es war schon beinahe eine halbe Stunde gespielt und - wie von außen schon deutlich zu vernehmen war - waren schon zwei Treffer gefallen, aber Hauptsache wir waren nun drin. Diejenigen, die unser Hobby ernster nehmen als man muss, werden nun sagen, dass es das ganze Theater nicht wert war, da man nicht das ganze Spiel zu sehen bekam. Ich bin auch kein Freund von Halbzeit-Hopping und steuere hochgradig selten ein Spiel an, dass ich nicht in Gänze sehen kann, aber in diesem Falle muss ich sagen, das es mir scheißegal war! Es war kein Vorsatz, in die Partie erst zur dreißigsten Minute einzusteigen und nach dem ganzen Rumgehampel hatten wir uns die verbleibende Spielzeit mehr als verdient. Ob man seine Historie nun mit dem Kick und dem Ground schmücken möchte oder nicht, ist auch eigentlich total latte, denn es ging in erster Linie darum, diesen etwas speziell gebauten Kessel noch in Aktion zu erleben.

Bild Geschätzt 8tsd Zuschauer hatten sich in der Riesenwanne eingefunden, die 75tsd Menschen Platz bietet. Ein flacher Unterrang wird von einem mächtigen Oberrang beherrscht, der aber nur drei Viertel des Ovals umschließt. Die der Hauptseite gegenüberliegende Seite verfügt nur über den Unterrang. Dort stehen stattdessen Fahnenmasten. Meint man jedenfalls zunächst. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich diese nämlich als Flutlichtmasten, wBildBildie die spätere Erleuchtung auch beweisen sollte. Schon eine sehr spezielle Flutlichtkonstruktion, die insgesamt aus 54 Masten mit je sechs Lampen besteht. Das ganze Stadion ist unüberdacht, wenn man von den geschützten Plätzen absieht, die durch den überhängenden Oberrang entstehen. Das 1972 eröffnete Rund ist im letzten Jahr umfassend saniert worden. Dabei wurden sämtliche Stufen des Oberrangs ausgetauscht. Grund dafür war ein Unglücksfall bei einem der großen Derbys zwischen MC und USM Alger im Jahr 2013, bei dem ein Stück aus einer Betonstufe herausbrach und zwei Menschen in den Tod stürzten. Die Namensgebung rührt vom Datum der Unabhängigkeit her. Die Sympathien der anwesende Menge teilte sich zu etwa gleichen Teilen in die Rot-Weißen von Chabab Riadhi de Belouizdad Bild Bild Bild und die Schwarz-Gelben von Union Sportive de la Médina d'El Harrasch. Locker 80 Prozent der El Harrach-Anhänger nutzten gefälschte Fanartikel des BVB. So waren vor dem Stadion Stände aufgebaut, an denen man ausschließlich Schals, Mützen und Fahnen vom BVB kaufen konnte. Völlig absurdes Bild. Die Schlussfolgerung muss ja eigentlich sein, dass die gefälschten Dortmund-Brocken günstiger sind, als das Merchandising des eigenen Clubs. Anders erschließt sich mir das Bild nicht, denn der Algerier hält es sonst eher mit den großen spanischen und französischen Vereinen. Tore wollten keine mehr fallen, fußballerisch war es so lala, daher strömten wir mit dem Schlusspfiff im Schutze der abwandernden Masse aus dem Stadion, um nicht doch noch von irgendeinem übereifrigen Staatsdiener identifiziert zu werden. Im Nachhinein erfuhren wir, dass auch schon Leute ein paar Tage gesiebte Luft geatmet haben, nachdem sie versucht hatten, sich in ein Stadion zu mokeln und aufgeflogen waren. Bild Ob man das Risiko genommen hätte, wenn man dieses Wissen vor der Aktion gehabt hätte, kann ich gar nicht so richtig beantworten. Bild Ist aber auch müßig - ist ja am Ende alles gut gegangen, aber was da wieder für ein Aufwand betrieben werden musste, um ein simples Fußballspiel zu sehen! Am Kreisverkehr vor dem Stadion suchten wir vergeblich nach einem Taxi. Wir liefen die Schnellstraße hoch, aber auch dort war kein Dienstleister zu finden. An einem weiteren Kreisverkehr, standen dann die ersten Beförderer. Der erste nannte einen Phantasiepreis, der zweite musste in eine andere Richtung. Die späte Rache des Taxifahrers vom Hinweg? Wahrscheinlich hatte er über Funk seine Kollegen dazu angestachelt die drei Ungläubigen am Stadion auf keinen Fall aufzunehmen. Oder er hatte mit seinem Zündschlüssel in einer Woodoo-Puppe rumgestochert und dadurch ein schlechtes Karma auf uns gelegt. Dann hatte er aber nicht tief genug gebohrt, denn an einer Tankstelle stieg gerade ein Einheimischer in ein Taxi, dem wir uns als ergänzende Fahrgäste aufschwatzten. Ein Viertelstunde später sprangen wir unweit der 'Grande Poste' aus der Karre.

Hunger war nun angesagt. Gegessen hatten wir ja noch gar nichts. Die Suche nach einem Restaurant führte uns in eine Brasserie, die über eine Alkohol-Lizenz verfügte. Fand ich erfreulich, da ich nach dem ganzen Theater nen ziemlichen Bierbrand verspürte. Außerdem bestellten wir Couscous und Tajine, was beides vorzüglich schmeckte. Am Nebentisch saßen zwei Araber, die sich reichlich Rotwein hinter die Muslim-Fassade kippten und uns irgendwann anquatschten. Bild Es fing erst mit einer ausgegebenen Runde Bier an und irgendwie fanden die beiden Gefallen an uns. Das heißt, eigentlich eher an unserer Herkunft, denn die Mokel machten keinen Hehl daraus, dass sie das Treiben des Onkel Addi, gebürtig aus Braunau am Inn, äußerst positiv fanden, schließlich hatte der wohl bekannteste Seitenscheitel der Geschichte ja den bösen Juden übel mitgespielt. Totschlag-Argument des arabischen Volkes, dem offenbar nicht mal im Ansatz in die dumpfen Hohlbirnen geht, dass es der normaldenkende Deutsche grundlegend sieht. Dafür ist der Horizont halt zu beschränkt. Wir ließen die Muscheltaucher einfach labern und orderten mal die Rechnung. Den Dinar hin und her gedreht hatten wir nicht und für hiesige Verhältnisse war der Schuppen auch einigermaßen hochpreisig, so dass für uns drei ein Betrag von 8100 Dinar zusammen gekommen war. Berauscht von Onkel Adolf und einigen Flaschen Rotwein waren unsere zweifelhafte neuen Bekannten nun fest entschlossen, unsere Rechnung zu begleichen. Erst wollten wir das noch abwehren, aber nachdem sogar der Inhaber darum bat, die Einladung anzunehmen, ließen wir dieses auch zu. War auch nur gerecht. Dafür mussten wir uns ja auch haufenweise dummes Zeug anhören. Mokeligen Dank! Wir ließen für die beiden Suffköppe noch ne Flasche Rotwein springen und machten uns vom Acker. Im Hotel wurde noch virtuell in die große weite Welt und danach die Augenlider von innen angeschaut.

Sa. 03.12. 16:00 - NA Hussein Dey vs DRB Tadjenanet 2:1 (Ligue 1), 1.500 Zuschauer (10 Gäste)

Bild Bild Irgendwann in der Frühe stöckelte ne Trulla im Zimmer über uns minutenlang durch die Gegend. Als die endlich raus und ich wieder eingepennt war, quatschte Daniel kurz danach die Info durch den Raum, dass nur noch eine halbe Stunde Zeit zum frühstücken war. Also raus aus den Federn. So um 11:00 Uhr dackelten wir dann mal los. Bild Erst wieder runter zu 'Grande Poste' und dann über die Geschäftsstraße parallel zum Hafen, dann den 'Boulevard Che Guevara' mit seinen säulengeprägten Gebäuden entlang in Richtung des 'Place des Martyrs'. Dieser war aber nicht zu betreten, sondern ist wegen Erweiterung des Metro-Systems einfach nur ein großes Loch im Boden. Daher umrundeten wir die 'Djemaa el Djedid'-Moschee und mussten einen mächtigen Umweg um die Baustelle herum laufen, um zur 'Casbah', der Altstadt, zu gelangen. Irgendwie fehlte uns aber die Motivation die verschlungenen Gassen Bild Bild in die Altstadt hinauf zu steigen, da wir trotz Temperaturen von etwas mehr als 20 Grad mit Jacken bewaffnet waren, denn sobald die Sonne sich dem Horizont nähert, wird es recht kühl. Stattdessen quälten wir uns über den Straßenbasar, der zwischen den ganzen bummelnden Mokeln und sich mühsam im Schneckentempo durch die Menge drängelnden Fahrzeugen auch keine Freude ist. Daniel unternahm seinen obligatorischen Besuch beim Barbier und danach bewegten wir uns zurück zur großen Post um dort in die Metro zu steigen, die aus eine Linie besteht, die überwiegend parallel zur Küste verläuft. Bild Bild Algier hat 2,2 Mio Einwohner. In der gesamten Metropolregion leben 6,5 Mio Menschen. Im Mittelalter war die Stadt ein Piratennest, an dem sich die damaligen führenden europäischen Mächte die Zähne ausbissen. Über hunderte von Jahren gelang es nicht, die Stadt einzunehmen. Erst im frühen 19.Jahrhundert fand die Piraterie ein Ende. 1830 eroberten die Franzacken Algier und erklärten die Stadt und damit de facto das ganze Land zur Kolonie. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem Algier während der Besetzung von Paris kommissarisch die Funktion als Hauptstadt Frankreichs übernahm, wuchsen die Unabhängigkeits-Bestrebungen des algerischen Volkes. Bis 1962 gab es einen blutigen Krieg um die Zukunft des Landes. Da sich in diesem keine politische Lösung abzeichnete, es vermehrt auch Anschläge in Frankreich gab, wuchs der Unmut in der französischen Bevölkerung und die Regierung holte die Kräfte der Unabhängigkeitsbewegung an den Verhandlungstisch, wo Algerien Anfang Juli 1962 in die Eigenständigkeit entlassen wurde.

An der Station 'Jardin d'Essai' stiegen wir aus. Unweit von dort befindet sich der 'Téléphérique du Mémorial'. In Algier gibt es fünf Seilbahnen, die den Menschen für einen kleinen Obulus bei der Überwindung der stark ansteigenden Küstenlandschaft helfen. Bild Oben angekommen standen wir nach wenigen Metern vor dem 'Mémorial du Martyr', dem Märtyrer-Denkmal, das an die Opfer des Unabhängigkeitskrieges erinnert. Der gewaltige Klotz ist knapp 100 Meter hoch und soll drei Palmwedel symbolisieren, die sich zu einer ewigen Flamme vereinigen. Wohl dem, dessen Phantasie ausreicht, dieses zu erkennen. Aus meiner Sicht beeindruckt es allein durch seine Wucht und erinnerte mich an den 'Azadi'-Turm in Teheran. Die Plattform unter dem Denkmal wird derzeit saniert und damit diese auch ja keiner betritt, steht an jeder Ecke ein Gendarm. Das unterstrich den Kontrollwahn, der in Algerien herrscht. Die Polizei ist omnipräsent und ein Vermächtnis der Politik des jungen unabhängigen Landes. Nach der Loslösung von Frankreich öffnete sich Algerien dem Ostblock und wurde zu einer sozialistischen Volksrepublik. Bild Seit Mitte der 90er Jahre hielt zwar offiziell die Demokratie Einzug und es herrscht ein semipräsidiales System, aber der Verdacht liegt nah, dass alte Kräfte im Hintergrund die Strippen ziehen. Wirklich zur Ruhe ist das Land auch nie gekommen. Wirtschaftlicher Niedergang und daraus resultierende soziale Probleme der Bevölkerung, sowie Perspektivlosigkeit bei den jungen Menschen begünstigen ein instabiles Klima, auch wenn sich die Situation seit Beginn des Jahrtausends mühsam bessert. Unter dem Denkmal befindet sich ein Museum, dass sich mit der algerischen Geschichte und explizit mit dem Befreiungskampf befasst. In den Szenerien werden die Franzosen als ziemliche Monster dargestellt. So haben sie sich vermutlich auch verhalten, aber mit einer sachlichen Erläuterung des Konfliktes hat das ja nichts zu tun und wenn man dann sieht, dass viele Familien mit Kindern die Ausstellung besuchen, kann das ja nur Ressentiments gegen Frankreich schüren. Hat mich stark an das 'War Remnants Museum' in Saigon erinnert, wo die US-Soldaten ja (zurecht) auch nicht gerade gut wegkommen. Mit der Seilbahn ging es wieder bergab mit uns. Nur wenige hundert Meter waren es zum 'Stade de 20 Aout 1955', das nach dem Datum eines Massakers im Algerienkrieg benannt ist. Heute wollten wir uns dann mal ein wenig schlauer anstellen als am Vortage, besorgten uns frühzeitig Tickets (300 Dinar = circa 2,50 Euro) und nahmen im Café gegenüber noch ein Getränk zu uns.

Bild Bild Da vor dem einzigen Eingang wieder Mokel-Gedränge herrschte, pfiffen wir mal einen Staatsdiener heran, ob wir nicht an der Meute vorbei geschleust werden können, da wir ja schon im Besitz von Eintrittskarten waren. Lief dann letztlich, aber wie umständlich das wieder war. Erst musste jemand gefragt werden, der jemand fragen kann, ob jemand gefragt werden kann, der dann unser Anliegen letztlich abnickte. Was macht eigentlich der Letzte in dieser Kette? Ob der überhaupt schlafen kann, weil er derart weitreichende Entscheidungen treffen muss? Diese Entscheidungsnehmer müssen hochgradig Burnout-gefährdet sein, denn das kann ja auf Dauer nicht gut gehen, den Druck einer solch riesigen Verantwortung zu tragen! Das Stadion kann sein Alter nicht verheimlichen. Schöner Ranz-Kabachel. Da dürfte seit der Eröffnung im Jahr 1930 nicht allzu viel renoviert worden sein. Neueren Datums sind sicherlich die Fangnetze, die vor jeder der drei in Nutzung befindlichen Tribünen hängen und dem Stadion-Touristen das Foto-Leben schwer machen. Die nördliche Kurve ist die einzig ungedeckte aber auch unbenutzte Tribüne. Auf den Geraden befinden sich große gedeckte Tribünen. Besonderes Merkmal des Grounds ist die alte Radrennbahn. Ich finde zwar nicht dass eine Rennbahn die Attraktivität eines Stadions steigert, aber auf jeden Fall macht dieser Bestandteil die jeweilige Arena besonders, denn wirklich häufig gibt es diese Kombination ja nicht. Von außen sieht das Stadion beinahe aus wie Bild Bild eine Stierkampf-Arena, zumindest wenn man sich der Kurve von hinten nähert. Gibt es in Algerien eigentlich ein Mindestalter, wenn man ein Fußballspiel besuchen will? Wie am Vortag sahen wir auch heute, dass immer wieder Jugendliche mit einem Schülerausweis-ähnlichen Dokument mit Polizisten diskutierten und in den meisten Fällen dann aus dem Stadion geschmissen wurden. Nasr Athlétique de Hussein Dey gegen Difaa Riadhi Baldaiat Tadjenanet. Bild Die Gäste stammen aus dem Osten des Landes und hatten nur eine Hand voll Anhänger dabei. Oder viel wahrscheinlicher waren es aus Tadjenanet stammende, aber in Algier lebende Exilanten. Von den insgesamt etwa 1.500 Zuschauern versammelten sich 250 in der Kurve zum aktiven Support. Wie im großen Stadion am Vortag war auch hier natürlich nicht eine einzige Frau zugegen. Da der Bereich über der hoch auslaufenden Rennbahn recht eng und außerdem überdacht ist, entwickelten die Jungs eine ansprechende Lautstärke. Und was da so mit Unterstützung von mehreren Trommeln und Snare geboten wurde, war mal richtig stark. Sehr schöne, so noch nie gehörte Melodien, die meist über mehrere Minuten vorgetragen und von viel Bewegung mit verschiedenen Arm-Gestiken und Klatsch-Rhythmen unterlegt wurden. Das hörte sich mal richtig gut an und einiges davon schwirrte mir danach tagelang Ohrwurm-like im Schädel rum. Hat mir außerordentlich gut gefallen. Die Kurve war mit Bändern im südamerikanischen Stil schön geschmückt und der Zaun ordentlich beflaggt. Das war mal eine richtig lebendige Kurve. Machte Spaß, zu lauschen und zuzuschauen. Ein echtes Derby ist neben dem großen Prestige-Duell zwischen MC und USM Algier übrigens jenes zwischen dem heutigen Gastgeber Hussein Dey und dem gestern gesehenen CR Belouizdad, denn diese beiden Stadtteile sind nur durch den angesprochenen Park 'Jardin d'Essai' getrennt. Kann mir gut vorstellen, dass diese Partie was taugt.

Bild Auch heute wurde uns wieder die unberechenbare Emotionalität des Arabers geboten. Es wirkt fast gekünstelt, wie sich dieser Menschenschlag innerhalb einer Millisekunde von Null auf 180 aufregen kann. Absurderweise neigt der Muselmane dazu, lieber die eigenen Spieler zu beleidigen, als den Gegner. Bild Bild Da verursacht einer nen Ballverlust durch ein schlampiges Abspiel und schon springt der bis soeben freundlich lächelnde Mokel von nebenan wie angestochen auf, stürmt unter Hass-Tiraden zehn Stufen nach unten und gestikuliert fluchend in Richtung des Täters und - ganz wichtig - spuckt in dessen Richtung, um die Verachtung noch mal grundlegend zu unterstreichen. Bild Gut, dass die nix saufen. Nicht auszudenken, was unter Alkoholeinfluss passieren würde. Wahrscheinlich würden die aufplatzen, ein Alien-ähnliches Monster spränge aus der menschlichen Hülle und würde unter den Umstehenden ein Blutbad anrichten. Besonders schön zu beobachten war das nach einer knappen Stunde Spielzeit, als sich ein NAHD-Akteur die zweite Gelbe abholte und folgerichtig vom Platz musste. Wie ein Wespenschwarm löste sich ein aufgebrachter Lynch-Mob von 30 oder 40 Leuten und stürzte in Richtung des Spielertunnels. Wenn nicht ein massiver Zaun, den Innenraum vor unerlaubtem Betreten schützen würde, hätte der Rot-Sünder vermutlich binnen Minuten unter dem Tribünendach gebaumelt. Zu diesem Zeitpunkt stand es 1:1. Die Führung durch einen Elfer aus der ersten Hälfte war durch einen ebensolchen kurz nach Wiederbeginn ausgeglichen worden. Wie es dann so ist, mobilisierte die dezimierte Gastgeber-Elf auf einmal versteckte Kraftreserven und machte die Unterzahl dadurch wett. Fußball ist eh zu 50 Prozent reine Psychologie. Eine Freistoß-Flanke wurde lang und länger und statt aus spitzem Winkel aufs Tor zu köpfen, wurde die Murmel zentral vor das Tor gebracht, wo ein Stürmer blitzeblank stand und das Ei wuchtig in die Maschen köpfte. Hatte einen schönen Tor-Pogo in der Kurve zur Folge. Die Gesänge kamen noch einmal intensiver und nach dem Schlusspfiff wurde das Team gefeiert und alle hatten sich wieder lieb.

Für uns das Zeichen zum Aufbruch. Mit der Metro fuhren wir zurück ins Zentrum. Dort war uns nahe unseres Hotels eine Brasserie mit dunklen, verspiegelten Scheiben aufgefallen. Na, wenn da mal nicht ausgeschenkt wurde. Einfach eintreten konnte man gar nicht, sondern musste durch ein Gitter an die Tür klopfen. Darauf kam ein Angestellter und entschied nach kurzer Musterung, ob man würdig sei die Suffbude zu betreten. Himmel, war das ein Loch! Nie wurde das Wort 'Spelunke' passender angewendet! Durch das mangelnde von außen einfallende Licht und die spärliche Innenbeleuchtung war es schon mal nicht wirklich hell. Alle Tische waren voll besetzt und da beinahe alle qualmten wie Kohlekraftwerke, warfen die Lampen ein Kegel wie in einem illegalen Poker-Zimmer. Hier soff sich also der ach so korantreue Polsterfuß schön die Hucke kugelrund. Allahu akbar! Bild Wenn der das sehen würde! Aber genauso wird es ja begründet. Dunkler Schuppen, nicht einzusehen - was Allah nicht sehen kann, ist keine Sünde! So schiebt sich halt jeder das zurecht, woran er glaubt. Wir fanden drei freie Plätze an einem Tisch, wo nur ein einzelner Suffkopp saß. Wurde auch schnell klar, warum er allein dort war. Der Mokel rülpste im Minutentakt vor sich hin und rotzte ab und an mal hinter sich in die Ecke. Gegenüber saß ein völlig kaputter Typ, der ständig von einem zum anderen torkelte und Kippen und Bier schnorrte. Auch das restliche Publikum lud jetzt nicht unbedingt zum Smalltalk ein. Völlig passend lief dann auch noch eine Schabe über unseren Tisch. Herrlich, eine Szenerie wie extra für uns arrangiert. In Ordnung war hier nur der Bierpreis. 150 Dinar wurden für die 0,33L-Flasche gefordert, knappe 1,30 Euro, das war für ein muslimisches Land mal sehr günstig. Nachdem wir drei der in Algerien gebrauten Erzeugnisse probiert hatten, machten wir uns wieder vom Acker und speisten in einem recht schönen Restaurant zu Abend. Während Markus und der Doktor auf das bewährte Couscous vertrauten, wählte ich mal ein Chekhchouka. Ich experimentiere ja gern rum und dieses mal war es ein Volltreffer. Ein Eintopf aus Huhn, Kartoffeln, Kichererbsen mit Crepe-Teig in Tomatensoße. Kann ich empfehlen. Langsam standen die Zeichen auf Aufbruch. Also zum Hotel, noch ein Stündchen mit Internet totschlagen, dann ab zu Metro, um die letzte Bahn nach El Harrach zu erwischen. Damit war dann schon mal gut die Hälfte des Weges zum Flughafen bewältigt. Unsere Meinung, an der Metro-Endstation würden schon ein paar Taxen warten, kollidierte mit der unverrückbaren Tatsache, dass dort bereits die Bordsteine hochgeklappt waren. Kaum noch ein Mensch war auf der Straße, wirkte fast wie ausgestorben. Also latschten wir mal los. Daniel sprach dann einen jungen Mann an, der in einem Hauseingang saß und gelangweilt Musik über sein Smartphone hörte, und fragte, wo wir ein Taxi finden würden. Plötzlich hatte der Mann eine Aufgabe und lief mal direkt mit uns los, um uns den Taxi-Stand zu zeigen und der war .... an der Metro-Station. Wo natürlich kein Taxi stand! Aber dass muss man den kleinen Arabern ja lassen - wenn sie sich Deiner angenommen haben, dann verlangt der Mokel-Stolz auch, dass es zu Ende gebracht wird. Das Ende vom Lied war, dass er einen Kumpel anrief, der uns dann mit seinem Privat-Pkw für einen sehr fairen Kurs zum Flughafen brachte. Dort mussten wir noch drei Stunden bis zum Abflug verasseln, aber auch das ging rum.

Die letzte Szene gehörte dann zwei jungen verhüllten Müttern, die mit ihren etwa zwei oder drei Jahre alten Kindern neben uns auf der anderen Seite des Ganges ihre Plätze hatten. Für junge Kinder werden von der Crew ja immer Kinder-Schwimmwesten verteilt. Die beiden Mokel-Mädels fanden es nun besonders lustig, einem der Kinder so eine Schwimmweste anzuziehen, was die mit der Sicherheitseinweisung beschäftigte Stewardüse schon mit einem Augenrollen quittierte. Es kam aber noch besser - nämlich das was kommen musste. Die eine zog hier dran, die andere daran und plötzlich machte es PLOPP und ein kleines Michelin-Männchen war geboren. Wie blöde muss man eigentlich sein?! Die Flugbegleiterin fand jedenfalls die passenden Worte und kündigte schon mal eine Zahlungsforderung an, was die beiden Tanten mit großen, staunenden Augen regungslos registrierten. Den Flug habe ich dann komplett verpennt. In Frankfurt trennten sich dann unsere Wege wieder. Ich hatte ja noch den Langstreckenflug nach Düsseldorf vor mir. Ich weiß gar nicht recht, was ich von Algerien halten soll. Ein objektives Urteil ist nach 36-stündigem Aufenthalt ausschließlich im Großraum Algier kaum möglich. Der Kontrollwahn ist jedenfalls nervig, aber diese arabisch-afrikanisch-französische Mischung fand ich mit etwas Abstand gar nicht uninteressant. Da das große Derby ja definitiv Potential hat und ich diesen extravaganten Ground gerne noch einmal entspannt erleben möchte, halte ich einen erneuten Besuch in ein paar Jahren zumindest für möglich. Dann würde ich mir auch ein paar Tage mehr Zeit nehmen, um mehr vom Land zu sehen. Um 7:47 Uhr in Düsseldorf am Finger angedockt weckte ein schöner Spurt durch das Terminal die Geister und so bekam ich so grad eben noch die S-Bahn sieben Minuten später. Um zwanzig vor neun lag ich neben der Herzdame im Bett, um weniger als vier Stunden danach wieder aufzustehen und dem glorreichen RWE meine Aufwartung beim Auswärtskick im 'Sportpark Nord' zu Bonn zu machen.

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"Stell Dir vor, Du bist RWE-Fan. Da kannst Du jeden Tag nur noch saufen."
(Manni Breuckmann)


 
 
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