G R O U N D F E V E R
  Tansania & Sansibar
 

30.10.-14.11.2015 --- Hello my friend

'Jambo' meine lieben Leser. Afrika. Für mich ein völlig unbeschriebenes Blatt und womöglich genau deswegen, übt dieser Kontinent einen ziemlichen Reiz auf mich aus. Wie es dann letztlich zur Buchung dieser Reise kam, ist schon wieder irgendwie abenteuerlich. Ich hatte mich im letzten Jahr schon für eine Reise in diese Region interessiert, diesen Plan aber letztlich aufgegeben. Da es mit dem Vorhaben, in der ersten Hälfte dieses Jahres zusammen mit meinem Cousin ins südliche Afrika zu reisen aufgrund mangelnder Termin-Übereinkunft der Teilnehmer aber auch nichts wurde, lebte die Tansania-Idee wieder auf, denn es sollte ja auch noch einen vernünftigen Urlaub mit der Herzdame geben. Auch Cousin Stephan war weiterhin im Boot. Alternativen wurden auch noch im Hinterkopf behalten, falls es mit Tansania - aus welchem Grund auch immer - wieder nicht klappen sollte. Daher wurde immer mal auf Mexiko geschielt und auch Sri Lanka im Auge behalten. Das Portal 'Urlaubspiraten' mit seinen Hinweisen auf Flugschnäppchen lässt bei mir eh immer wieder neue Ideen und Sehnsüchte entstehen, so dass ich im Wochenwechsel anderer Meinung war, wo es hingehen sollte. Probleme bereitete die Terminfindung oder eben auch wieder nicht, denn bedingt durch beruflich begründete, sowie private Zwänge blieb nur die erste November-Hälfte. Das schränkte uns natürlich völlig ein, was die Festlegung auf das Ziel nicht einfacher machte. Also hieß es erst einmal den Spielplan der tansanischen Premier League abzuwarten, denn auch wenn mein Leben nicht davon abhängt, soll an meinen Urlaubszielen ja doch möglichst mindestens neunzig Minuten der Ball rollen, damit man sich ein neues Landesfähnchen an die Groundhopping-Uniform heften kann. Der Spielplan wurde dann Anfang September eine Woche vor dem Liga-Start auf 'Soccerway', dem allseits beliebten Spielplan-Portal, veröffentlicht. Eine bessere Quelle gibt es für den tansanischen Fußball nach meinem Wissen nicht. Halt! Gibt es doch. Denn völlig überraschend antwortete ein Mitarbeiter der 'Tanzania Football Association' auf meine Anfrage über das Kontaktformular der Verband-Homepage und sandte mir den kompletten Spielplan als Pdf-Dokument, der die auf Soccerway genannten Ansetzungen und die Spielorte bestätigte. "Asante sana" dafür. Auf der Homepage des Verbandes wird dagegen immer nur der jeweils kommende Spieltag kommuniziert und eine intensivere Recherche scheiterte an meinen schwach ausgeprägten Swahili-Kenntnissen. Es gibt in Tansania keine als solche deklarierte Amtssprache. Swahili ist die landesweit genutzte offizielle Verkehrssprache. Englisch ist kolonial-historisch mal mehr, mal weniger verbreitet, wird aber eben nicht mehr als Amtssprache genutzt. Daher lassen sich leider nur wenige Infos in Englisch finden.

Schwieriger war die Terminsuche betreffend Sansibar. Dieser zu Tansania gehörende, Halbautonomie genießende Archipel stellt ein eigenes National-Team, ist jedoch kein FIFA-Mitglied, und spielt eine eigene Meisterschaft aus, die eigentlich jährlich im Laufe des Septembers startet. Zwar hatte ich im letzten Jahr einen Email-Kontakt zu einem Funktionär der 'Zanzibar FA' gefunden, der mir den Spielplan auch brav sendete, dummerweise hatte ich aber die Mail-Adresse nicht mehr und diese wieder zu finden (über die offizielle ZFA-Adresse antwortete keine Sau), war eine nervtötende Google-Recherche, die aber erfolgreich endete. Von Mister Masoud Attai kam dann Ende August auch zügig eine Antwort, aber nur, dass sie mit dem Spielplan noch nicht so weit seien. Bild Man wolle mir diesen Anfang September senden, sobald er fertig gestellt ist. Das dem nicht so sein würde, war mir schon klar, also ging ich zum Email-Terror über, indem ich regelmäßig remindete. Irgendwann kam dann die Antwort, dass man mit derm Liga-Betrieb noch nicht beginnen könne, weil Ende Oktober Wahlen stattfinden würden. Aha, na klar, es wird eine neue Regierung gewählt, also kann man natürlich auf keinen Fall mit der Fußball-Liga starten. Eine Logik, die wohl nur in Afrika greift. Auf dem Festland war man da etwas cleverer, da man das Wahl-Wochenende vorsorglich spielfrei gelassen hatte. Dem Sansibar-Mokel hatte ich aber unrecht getan, denn kurz vor dem Wahl-Wochenende bekam ich tatsächlich eine Email mit dem Spielplan. Das war aber nur etwas mehr als eine Woche vor unserer Anreise nach Tanzania. Solange hatte ich mit Rücksicht auf meine Mitreisenden - denn die Mission der Reise hieß 'Urlaub' und der Fusek war nur willkommene Ergänzung - aber nicht mit der Planung des Tour-Ablaufs warten können. Daher musste vorher gepokert werden und der Reiseverlauf stand zum Zeitpunkt der Spielplan-Veröffentlichung soweit fest. Leider hatte ich vom Dealer kein 'Royal Flush' auf die Hand bekommen, geriet mit meinem einfachen Pärchen gegenüber dem Spielplan ins Hintertreffen und musste folden. Es ergab sich nämlich die miese Sachlage, dass wir an dem Morgen Sansibar verlassen würden, an dem nachmittags das erste Liga-Spiel angepiept werden würde. War aber nicht mehr zu ändern, da auch eine kleine Safari bereits gebucht und angezahlt war. Also hieß es Kumpel Masoud weiter zu löchern und nach möglichen Testspielen zu fragen. Nach seinem absurden Vorschlag auf meine Kosten ein 'Friendly' zwischen zwei Top-Teams der Liga zu organisieren - was er auch immer unter Top-Team verstand - begriff er dann aber, dass ich einfach nur ein beschissenes Fußballspiel sehen wollte, wurde plötzlich ganz geschmeidig und teilte mir seine Handy-Nummer mit. Ich sollte mich nach Ankunft auf der Insel melden und er würde schauen, ob irgendwer gegen irgendwen kickt. Na, der Glaube daran hielt sich in Grenzen. Ein Eisen hatte ich übrigens auch noch auf dem Festland im Feuer. Schon früh war klar, dass das National-Team Tansanias während unseres Aufenthaltes (wahrscheinlich) ein WM-Quali-Heimspiel haben würde, sofern es die erste Runde gegen die Weltmacht und Nachbarland Malawi überstehen sollte. Tatsächlich steht Malawi auf Platz 97 in der Weltrangliste höher als Tansania. Nachdem das Hinspiel in Dar es Salaam mit 2:0 gewonnen wurde, was für afrikanische Verhältnisse ja beinahe ein Kantersieg ist, kam es zu der Situation, dass ich beim Niederrhein-Pokalspiel der Roten mit dem zeitgleich stattfindenden Rückspiel in Malawi mehr mitfieberte als mit dem Weiterkommen meines Herzensclubs. Mit viel Dusel kam Tanzania durch und ich freute mich auf ein Länderspiel gegen Algerien. Eigentlich absurd, da ich Länderspiele ja gar nicht mag. Aber bei meinen Planungen wäre es auch nicht normal gewesen, wenn der Kick nicht noch einmal verlegt worden wäre. Dieses Mal aber zu meinen Gunsten, den der Spieltermin wurde auf den Nachmittag des 14.11. festgesetzt, was perfekt vor unseren abendlichen Rückflug passte. Schöner Reise-Abschluss.

Als ich mit der Flug-Recherche begonnen hatte, war mit dem normalen Return ab Düsseldorf oder Frankfurt nichts zu machen. Einfach zu teuer. Von Amsterdam und vor allem von Brüssel, sah die Geschichte deutlich erschwinglicher aus, allerdings sah es da mit den Flugzeiten nicht so prall aus, da man in der Nacht ankommen und auch den Heimflug wieder beginnen würde, was überhaupt nicht mein Fall ist. Erst recht nicht in Teilen der Welt, in denen ich noch nie war. Geduld war also das Schlagwort. Die war dann aber gar nicht nötig, denn nur einige Tage später versuchte ich mich mal an Gabel-Flügen. Optimal wäre eigentlich Ankunft Dar es Salaam und Return von Sansibar gewesen, aber es zeigte sich schnell, dass dieses keine Alternative war, denn dadurch kamen zu viele Airlines ins Spiel und die verderben den Flugbrei. Also mal mit Abflug Frankfurt und Ankunft Düsseldorf gespielt und plötzlich tauchten unerwartet erschwingliche Raten von Swissair auf. Das ganze garniert mit vernünftigen Flugzeiten und der Tatsache, dass man direkter kaum fliegen kann, da man ja quasi die kürzestmögliche Strecke fliegt. Weitere Spielerei ergab, dass der normale Return ab Düsseldorf überraschenderweise noch ein paar Eumel günstiger war und da Swissair bei Sofortüberweisung keine Gebühren berechnet, konnte drei Mal die Strecke DUS-ZRH-DAR und zurück für je 495 Euro mit erfreulich kurzen Umsteigezeiten in Zürich erworben werden. Irgendwann wurden noch ein paar Unterkünfte und ein Inlandsflug vom Festland nach Sansibar gebucht und damit waren die Basics erledigt.

Was die medizinischen Voraussetzungen angeht, bin ich ja mittlerweile mit so ziemlich allen Anti-Körpern vollgepumpt, die der Markt so hergibt. Übrig blieb das Thema 'Malaria', gegen das es ja keine Impfung gibt, sondern man nur die Möglichkeit von Prophylaxe oder Stand-by in Tablettenform hat. Nach Rücksprache mit dem Hausarzt und einem auf Reise-Impfungen spezialisierten Apotheker entschieden wir uns, die empfohlene Prophylaxe einzuwerfen. Bedeutet, kurz vor, während und nach der Reise ein entsprechendes Präparat (wir entschieden uns für 'Malarone') einzunehmen, in der Hoffnung, dass die Reise beeinträchtigende Nebenwirkungen ausblieben. Vorab: blieben sie. Bei meinem Asien-Trip vor drei Jahren hatte ich die Kapseln noch als Stand-by-Medikament mitgeführt, aber da Tansanias fiese Anopheles-Mücken den äußerst üblen Erreger der 'Malaria Tropica' ausspucken, der auch schon mal gerne zum Tode führen kann, schien uns die Vorbeugung mehr als sinnvoll. Um mit Malaria infiziert zu werden, muss man aber auch erst einmal von einer den Erreger in sich tragenden Mücke gestochen werden. Diese ist ja nur der Bote, muss also vorher einen Malaria-Infizierten angezapft haben. Der Durst des Insekts ist dann dann das Übel für den bisher gesunden Menschen. Das Präparat bewirkt, dass der Wirkstoff den Erreger sofort erkennt und diesen von den gesunden Blutkörperchen isoliert. So einfach, so kompliziert. Sansibar gilt aufgrund großflächiger Pestizid-Anwendung übrigens als malariafrei. Damit konnte es dann losgehen.

Fr 30.10. - Anreise

Ich war noch nie in Afrika. Erst einmal nicht weiter tragisch. Dass es dann Tansania sein würde, wo ich das erste mal einen Fuß auf afrikanischen Boden setzen würde, war dann doch eher ungewöhnlich, denn üblicherweise reisen Afrika-Neulinge wohl erst nach Marokko, Tunesien oder vielleicht Südafrika. Da mich aber grundsätzlich ein Aufenthalt in Schwarz-Afrika (ist dieser Ausdruck nun politisch inkorrekt?) reizte, fiel die Wahl irgendwie auf Tansania. Tansania existiert in seiner heutige Form seit 1961. In diesem Jahr löste sich das Festland-Gebiet Tanganjika endgültig vom Mandat der britischen Krone. Im Verband mit der Inselgruppe Zanzibar wurde es zu Tanzania. TANganijka + ZAnzibar + AzaNIA (historisch bedingte Bezeichung mittelafrikanischer Gegenden) = Tanzania. Kapiesche?? Knapp 50 Millionen Tanzanier verteilen sich auf ein Landesgebiet, dass zweieinhalb mal so groß ist wie Deutschland. Das Bevölkerungswachstum ist immens. Durchschnittlich gebärt jede Frau über fünf Kinder. Politisch pflegt das Land ein präsidiales System. Ab seiner Unabhängigkeit 1961 wurde Tansania eher sozialistisch geführt. Anfang der 90er endete das Einparteien-System. De facto hat die Einheitspartei des ersten Präsidenten Julies Nyere aber seine Vormachtstellung nie verloren. Oppositionsparteien spielen nur eine untergeordnete Rolle. Tansania gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, kann aber in den letzten Jahren ein kontinuierliches Wachstum verzeichnen. Trotz seiner (noch existierenden) wirtschaftlichen Probleme gehört die Republik zu den politisch stabilen Ländern des Kontinents. Menschenrechtsverletzungen oder Beschränkungen in Presse- und Meinungsfreiheit halten sich in Grenzen. Die Alphabetisierungsrate liegt bei 80% und es wurde ein Strategiepapier zur Armutsbekämpfung entwickelt. So gesehen befindet sich Tansania wohl auf einem guten Weg. An afrikanischen Verhältnissen gemessen natürlich. Größtes Problem dürfte, wie wohl beinahe überall in der Welt, die Korruption sein. Die Hauptstadt ist nicht etwa die Millionenstadt Dar es Salaam, sondern Dodoma, zentral im Land gelegen. Dar es Salaam (bis 1974 Hauptstadt) fungiert als Regierungssitz, das Parlament kommt aber in Dodoma zusammen.

Die Vorfreude war auf jeden Fall groß. Man hat ja im Hinterkopf irgendwie doch, dass hier alles etwas rückständig ist, Infrastruktur und Bausubstanz nicht die Beste sind. Genauso war mir klar, dass diese Vorstellungen zumindest für die Metropolen, erst recht für die wichtigste und größte Stadt des Landes, nicht pauschal zutreffen. Um 4:00 Uhr klingelte nach kurzer, schlechter Nacht der Wecker. Bei frühen Abreisen schlafe ich ja immer wie ne Wurst. Um 4:30 Uhr holte uns Stephan ab. Da er in der Düsseldorfer Innenstadt arbeitet und dort über einen Tiefgaragen-Stellplatz verfügt, war der Plan, die Karre da abzustellen und mit der S-Bahn zum Flughafen zu gondeln. Das war für nen Langstreckenflug mit Abflug 6:50 Uhr schon arg knapp genäht, aber ich fühlte null Bereitschaft, auch nur eine Minute früher aufzustehen. Auf der A3 zwischen Duisburg-Wedau und Kreuz Breitscheid leuchtete dann hinter einer Kurve alles rot. Stau! Um 4:45 Uhr! Nachts! Das war erst einmal doof. Nach ersten Überlegungen, den Standstreifen zum Fortkommen zu nutzen, ging es aber halbwegs zügig an der Lkw-Unfallstelle vorbei und die Anreise wurde nur dahingehend angepasst, dass nun ein Taxi aus der Düsseldorfer City bis zum Flughafen herhalten musste. Künstlerpech. Manchmal gewinnt man, manchmal verliert man. 'Germanwings' brachte uns überpünktlich zunächst bis Zürich, von wo es mit 'Swiss' um 10:00 Uhr weiterging. Der Service der Schweizer war gut, freundlich, zuvorkommend. Das Catering war auch nicht schlecht und der recht neue A330 konnte mit diversen Filmen im Inseat-Entertainment überzeugen. Insgesamt sicherlich keine schlechtere Performance als die der hochgejubelten arabischen Airlines. Bild Mit Zwischenlandung in Nairobi kamen wir um 22:00 Uhr Ortszeit (während der europäischen Winterzeit +2 Stunden zu Deutschland) in Dar es Salaam an. Die Einreise-Prozedur verlief überraschend zügig. Das Visum bekommt man grundsätzlich gegen 50 US-Dollar am Flughafen. Vorsichtshalber hatte ich aber die tansanische Botschaft in Berlin angerufen und von dort empfahl man mir dringend, das Visum vorab zu beantragen, da man für die Kollegen am Flughafen nicht garantieren könne. Okay, der Aufwand hielt sich in Grenzen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wär es nicht nötig gewesen, aber was man hat, das hat man. Aufgrund der späten Ankunft hatte ich das Angebot unseres vorab gebuchten 'Lantana Hotels' angenommen und den Airport-Transfer für 20 Dollar gebucht und überraschenderweise stand dann tatsächlich ein Fahrer im Ankunfts-Bereich und hielt ein Schild mit meinem wohlklingenden Namen hoch. Schnell einheimische Kröten geholt (1.000 tansanische Schilling = 0,40 Euro) und eine gute halbe Stunde später waren wir trotz des zu dieser späten Zeit noch dichten Verkehrs im Hotel. Die Zimmer waren funktionell aber gut eingerichtet. Das Hotel im Stadtteil 'Sinza' hatte aufgrund der Kombination der vernünftigen Ausstattung und der Nähe zum Bus-Terminal 'Ubongo' den Zuschlag bekommen, denn wir wollten ja am Sonntag frühestmöglich gen Norden aufbrechen. Nach zwei 'Kilimanjaro'-Bieren ging es ab in die Falle.

Sa. 31.10. 16:00 Uhr - Simba Sports Club vs Majimaji FC 6:1 (Ligi kuu Bara), 5.000 Zuschauer (150 Gäste)

Bild Um viertel nach acht rollten wir uns aus den Federn und aus dem Fenster konnte man einen ersten Eindruck einer afrikanischen Stadt bekommen. Das Frühstücks-Buffet bot Kartoffeln in Paprika-Marinade, Spaghetti, Toast, Obst und miesen Instant-Kaffee. Unser erster Weg führte uns per Pedes zum etwa 1,5 Kilometer entfernten Busbahnhof. Es ist geplant ein modernes, gut organisiertes Terminal zu errichten, aber noch herrscht hier ein unfassbares Chaos. Im Nu hatten wir die ersten Mokel an der Backe. Da waren sie also, die berüchtigten HMF's! "Hello my friend! Where are you going... Arusha... Dodoma?" Meine Masche ist ja dann immer wortlos meines Weges zu ziehen, aber weil die Typen keine Ruhe gaben, entwischte mir ein "Tanga, Ratco Express" und sofort hieß es "Follow me". Letztlich hätte ich das richtige zwischen den ganzen Ticket-Büros, die auch einfach irgendwie nur afrikanisch wirken, wohl auch selber gefunden, aber so ging es schneller und der Schlepper verschwand merkwürdigerweise auch ohne einen Obulus für seinen Dienst zu fordern. Für je 18tsd Schilling, also knapp 7,50 Euro, bekamen wir Fahrkarten für den ersten Bus des nächsten Morgens ins 350 Kilometer entfernte Tanga an der Nordküste überreicht. Erledigt, also weg hier. Verdammt, doch nicht. Bild Ich wollte mich ja noch nach dem Transfer nach Mikumi für die nächste Woche erkundigen. Also Saskia und Stephan gebeten, zu warten, und ich latschte noch mal die hundert Meter zurück. Natürlich nahm sich direkt wieder ein HMF wohlwollend meiner Bedürfnisse an und ließ sich erst einmal nicht davon irritieren, dass ich ihm weder antwortete noch ihn beachtete. So liefen wir also fröhlich nebeneinander die etwa 35 Offices ab. Ich versuchte auf den unübersichtlichen Info-Tafeln den Namen Mikumi zu finden und er fragte mich in einer Tour wo ich hin will. Als ich am letzten Office immer noch nichts von Mikumi gelesen hatte, drehte ich mich wortlos um und ging zurück, was ihm gar nicht gefiel, denn er kickte erst mal einen leeren Eimer weg und zischte dann ab. Hätte ihm gern ein "Ruhig, Brauner" hinterher gerufen, was ja nie passender gewesen wäre als in diesem Moment. Ich ging einfach mal zum Office von Ratco zurück und bat die Dame, mich zum entsprechenden Anbieter zu bringen, was sie auch tat und dort gleich mal dolmetschte, denn mit Englisch ist es ja wie erwähnt nicht überall so einfach. 'Sutco' hieß nun der Dienstleiser meines Vertrauens. Direkt-Busse nach Mikumi gibt es wohl nicht, daher muss man den Bus nach Iringa buchen und in Mikumi aussteigen. Drei Plätze wurden ohne Vorauskasse reserviert.

Mit dem Bajaj, dem afrikanischen Pendant zum asiatischen Tuktuk, ging es für 10tsd Schilling - runter gefeilscht von 20tsd und wahrscheinlich noch zu teuer - in die Downtown. Bild Bild Der Weg die ganze schnurgerade 'Morogoro Road' hinunter ins Zentrum zieht sich aber dann doch, so dass die Kohle wohl angemessen war. Dar es Salaam… der Name klingt für mich wunderschön. Dar Es Salaam klingt arabisch, exotisch, mystisch, nach 1001 Nacht, nach Abenteuer. In der Realität ist es halt eine afrikanische Millionenstadt oder das, was ich mir darunter vorgestellt habe. Gut 5 Mio Menschen leben offiziell in der Metropole, die Dunkelziffer soll deutlich darüber liegen. Mit einem erwarteten Bevölkerungswachstum von jährlich 4,5% befindet sich Dar, wie die Tansanier die Stadt kurz nennen, in der 'Top Ten' der am schnellsten wachsenden Städte der Welt! Allein von 2009 bis 2012 wuchs die Stadt um 25% (1,1 Mio) Menschen, seitdem hat sich das Wachstum verlangsamt. Da nur selten in die Höhe gebaut wurde und die meisten Häuser nur zweigeschossig sind, breitet sich die Stadt entsprechend aus. Viel hat dieser riesige Ameisenhaufen aber auf den ersten Blick nicht zu bieten. Bild Es mag sicherlich auch interessante Ecken geben, aber wir hatten heute (noch) nicht die Zeit uns danach auf die Suche zu begeben. Es war betriebsam und doch nicht hektisch. Nicht schön, aber doch nicht hässlich. 'Haus des Friedens' heißt die Stadt wörtlich übersetzt - das schien erst einmal nicht unpassend. Nach ein wenig Umher-Gelatsche und dem Genuss der Milch einer frisch geöffneten Kokosnuss, fanden wir mühsam ein Etablissement, um eine Kleinigkeit zu essen. Im 'Mokkacity' nahmen wir einen gar nicht mal so schlechten Burger mit Pommes zu uns. Um 14:00 Uhr war es mal Zeit, Richtung Stadion aufzubrechen. Zunächst suchten wir eine Bank um den Devisen-Bestand aufzufüllen. Da sich die Ur-Bevölkerung ja doch regelmässig etwas dämlich anstellt, fragte ich drei sich unterhaltende Inder - an der tansanischen Küste gibt es geschichtlich bedingt einen recht hohen Anteil indischstämmiger Menschen - und einer der älteren Männer sprang auf und erklärte sich bereit, uns einen Geldautomaten der NBC (National Bank of Commerce, die ATM's spucken zuverlässig Geld bei Einsatz einer VISA-Card aus) zu zeigen. Der Weg war weiter als gedacht und ich war schon wieder genervt, dass gleich wieder Kohle für diese Dienstleistung fällig werden sollte, aber der gute Mann verabschiedete sich höflich ohne dergleichen einzufordern. Bild Der zweite Bajaj-Fahrer verstand dann auch unseren Zielwunsch und brachte uns nach zäher Verhandlung für 9tsd Schilling zum 'Benjamin Mkapa National Stadium'. Dieses dient sowohl dem heute gastgebenden Simba SC als auch dem großen Rivalen Young Africans, kurz 'Yanga', als Spielstätte. Wenn Simba gegen Yanga kickt soll die Bude ja mit 60tsd Maximal-Pigmentierten rappelvoll sein. Die zarter besaitete Leserschaft verzeihe mir bitte den oder anderen saloppen Ausspruch, aber da man als Hellhäutiger in Afrika auch regelmäßig ein 'Mzungu' hinterher gerufen bekommt, was in etwa dieselbe Qualität hat, als wenn wir in Deutschland einen Afrikaner als 'Neger' titulieren, nehme ich mir diese Freiheit einfach mal. Wer mich kennt, weiß, dass ich von rassistischen Ausbrüchen weit entfernt bin. Heute waren natürlich deutlich weniger Maxis im weiten Rund. Der Aufsteiger aus Songea im Süden des Landes zog wohl nicht so viele Interessierte an. Wir hatten noch reichlich Zeit. Vor dem Stadion boten Händler alllerlei Fan-Artikel an. Für 10tsd Schilling (knapp 4 Euro) erwarb ich ein Trikot der Gastgeber, deren Vereinsfarben kongruent zu denen meines Herzensclubs sind. Als Ticketschalter fungierte ein Mini-Van. 5tsd Schilling kostete der Zutritt. Dann mal rein in die Bude. Dem Mokel das Ticket hingehalten und statt dem großen Teil des gut anzusehenden Tickets mit Spielpaarung, Wappen und Co gab es nur den kleinen Abriss zurück. Intervention half nix, also zurück zum Mini-Van, ein zweites Ticket als Souvenir kaufen. Der Ticket-Maxi staunte nicht schlecht, ebenso wenig wie der Abriss-Mokel am Dreh-Tor. Was soll's?! 2,20 Euro hat der dekadente Deutsche für seine Sammelleidenschaft noch übrig.

Bild Vom äußeren Umlauf hat man einen prächtigen Blick über die Stadt. Das 'Benjamin Mkapa National Stadion' (benannt nach dem dritten Landespräsidenten) bietet also Platz für 60tsd. Es ist ein dreirangiges Multifunktions-Stadion, in dem die oberen beiden Ränge dem ersten überhängen. Es ist rundherum überdacht, allerdings schützt das zeltartige Dach nur den oberen Rang. Obwohl das große Rund nichts Herausragendes bietet, wirkt es doch imposant. Wir flüchteten in den Schatten des oberen Ranges. In der nördlichen Kurve bildete sich eine Art Support-Sektion heraus. Support natürlich nicht im europäischen Sinne. Es wurde gesungen, getanzt, getrommelt. Lediglich beim Torjubel fühlte man sich an Fußball-Atmosphäre erinnert. Bild Dagegen wurden die Geländer zum Oberrang aber sehr ordentlich mit Zaunfahnen beflaggt. Sah gut aus. Simba (das Swahili-Wort für Löwe) zeigt sich hungrig und erzielte Treffer um Treffer, so dass für afrikanische Verhältnisse ein utopisch hoher Sieg zustande kam. Allerdings verwehrten die Löwen ihrem Schnapper in der Schlussminute durch einen humorlosen Abwehrpatzer den 'Shoot-Out'. Schon bitter - da bekommst Du in neunzig Minuten grad mal eine gefährliche Kirsche aufs Gehäuse und die zappelt dann auch direkt im Netz. Ich latschte während der Partie immer mal ein wenig durch die Gegend und wurde einige Male angesprochen, aber beinahe von allen offen oder verstohlen beäugt. Allzu oft scheint sich ein 'Mzungu' nicht zu den Liga-Spielen zu verirren. Einer beglückwünschte mich zu meiner Trikotwahl und gab mir mit auf den Weg, unbedingt zum Derby gegen 'Yanga' wieder zu kommen. Perfekt wär es gewesen, wenn die mobilen Catering-Händler, die in ähnlicher Zahl anwesend zu sein schienen, wie Zuschauer im Stadion waren, ein paar gut gekühlte Bier statt nur Wasser und Fruchtsäften in ihren Körben gehabt hätten. Als ich hinter dem Support-Block vorbei marschierte, sah ich eine blonde, hellhäutige Frau von hinten, die sich rhythmisch zu den Klängen der Bongos und Instrumente bewegte. "Was will die denn hier?" dachte ich mir noch, als ich an ihr vorbei ging und in ihr Gesicht schauen konnte. Es handelte sich um eine Afrikanerin, die unter Albinismus leidet, was ein regelrechter Schicksalsschlag ist. Die helle Hautfarbe entstellt diese Menschen im Zusammenhang mit den afrikanischen Merkmalen regelrecht. Außerdem leiden diese Menschen meist unter weiteren Problemen, wie eingeschränkte Sehkraft. Dazu kommt die Empfindlichkeit der Haut gegen die Sonne, was in Äquatornähe ein gesundheitsgefährdender Umstand ist. Und zuletzt können diese Menschen mit nur geringer Akzeptanz in der Bevölkerung rechnen. Tötungen aufgrund dieser Krankheit sind bei Weitem keine Ausnahme. Wir sollten in diesen zwei Wochen immer wieder Menschen mit Albinismus begegnen.

Mit der Sonne hatten aber auch wir zu kämpfen. Eigentlich hätte man blöder kaum sein können. Am Morgen nach dem Aufstehen hatte es einen kurzen aber intensiven Regenguss gegeben, der die Nebenstraßen teilweise flutete. Wir befanden uns in der kleinen Regenzeit, in der es nicht oft Niederschlag gibt, aber wenn dann eben heftig. Bild Wenn ich nicht gewusst hätte, dass die kleine Regenzeit herrscht, hätte ich es nicht geglaubt, denn abgesehen von ein paar kurzen aber heftigen Regenschauern in der Nacht oder am frühen Morgen, sahen wir meistens den Lorenz am Himmel. Einige Tage regnete es überhaupt nicht und nur an einem einzigen Tag erlebten wir Regen um die Mittagszeit. Jedenfalls war der Himmel noch bedeckt, als wir an diesem Morgen das Hotel verließen und fachmännisch urteilten, dass wir unsere Sonnenmilch heute noch nicht benötigen. Es dauerte exakt eine Stunde bis keine Wolke mehr am Himmel war und wir langsam aber sicher vor uns hin schmorten. Saskias Haut ist ja nicht so empfindlich, aber Stephan und ich zeigten abends im Nacken und an den Armen schon starke Hummer-Metamorphose. Schön dämlich. Mit einem Bajaj fuhren wir zurück zum Hotel, präparierten uns mit langen Hosen für die Dunkelheit, denn dann werden die Moskitos aktiv, und gingen in ein authentisches Restaurant. Dort bestellten wir per Fingerzeig und was wir dann vor uns wiederfanden, stellte sich als Hühnchen-Innereien heraus. Nicht meine bevorzugte Speise, aber in einer pikanten Soße war es dann gar nicht so verkehrt. Den Abschluss bildeten ein paar 'Kilimanjaro' in einer benachbarten Bar. Wie man richtig bescheißt hat der Tante am Ausschank wohl nie jemand erklärt. Aber 7tsd für drei Biere gehen nirgendwo in der Welt glatt auf.

So. 01.11. 16:00 Uhr - African Sports Club vs JKT Ruvu Stars 0:2 (Ligi kuu Bara), 1.200 Zuschauer (0 Gäste)

Also der frühe Bus nach Tanga, in die nordtansanische Hafenstadt. Mit dieser Order zog ich mir massiven Unmut von zwei Dritteln der Reisegruppe zu. Bereits am dritten Reisetag drohten Aufstände und erste Umsturzversuche. Flucht und fußballpolitisches Exil wäre die Folge gewesen. Nur mit Mühe konnte ich meine Position als amtierender Tour-Präsident halten. Urlaub und frühes Aufstehen bedeuteten für die beiden ein eklatantes Ungleichgewicht. Aktuelle Umfragen belegten umgehend meine fallenden Sympathiewerte in der Reisegruppe und ich musste mir beschwichtigende Wahlversprechen abringen, um die Volksseele zu beruhigen. Aber man weiß ja auch was aus Wahlversprechen meistens wird. Erst recht in Afrika. MUAHAHA! Und so isset halt. Wer mit einem Großen der Szene verreist, muss auch mal zeitiger aus den Federn. MUAHAHA! Wie heißt es so schön? "Morgenstund hat Gold im Mund" und "Der frühe Vogel fängt den Wurm". Beziehungsweise den Bus. Um 5:00 Uhr war die Nacht also zu Ende. Um 5:30 Uhr war das vorbestellte Taxi da und brachte uns zum 'Ubongo'. Wenn ich zu gestern schrieb, es war Chaos, dann war das heute einfach nur unbeschreiblich. Es gibt zwar Bussteige auf dem riesigen Platz, aber zu dieser frühen Stunde, wenn die ersten Busse des Tages in alle Richtungen des Landes starten, herrscht absoluter Ausnahmezustand und die Fahrzeuge stehen kreuz und quer. Als unser Taxi-Maxi in die Zufahrt zum Gelände einbog, rappelten schon die ersten Schlepper an der Tür und schrien uns mögliche Fahrtziele entgegen. Bild Gepäck-Fuzzis rannten neben der Karre her und warteten nur darauf, unser Gepäck an sich reißen zu können, um sich 500 Schilling zu verdienen. Ich machte das, was ich dann immer mache. Sturer Blick. Desinteresse. Der Taxi-Mokel wollte seine Sache gut machen und uns nahe an den Bus fahren, aber das war unmöglich. Also Tür auf, Koffer raus, auf ins Kampf-Getümmel. Aber man kennt sich ja mit diesen Situationen aus und weiß damit umzugehen. Keiner meint es böse. Jeder will einfach nur ein paar Krümel abbekommen, um sich das Süppchen für den Mittag zu verdienen. Ich muss gestehen - ein solches Bus-Chaos habe ich echt noch nicht gesehen. Große Bus-Terminals habe ich schon viele erlebt, aber keines von dieser Qualität. Um 6:00 Uhr war Meldezeit für unseren 6:30 Uhr-Bus. Dass dieses in Afrika nicht so genau kommt, dachte ich mir schon, aber ich musste diesen Kontinent erst kennen- und verstehen lernen, daher lieber kein Risiko. Also einem der Werber nachgegeben und ihm unseren Dienstleister genannt. Sicher lotste er uns zu unserem Bus, wofür er sich die 1.000 Schilling auch redlich verdient hatte. Gute Arbeit muss ja auch belohnt werden.

Mit wenigen Minuten Verspätung ging es los und die letzten Passagiere stiegen auch erst kurz vor der Abfahrt zu. Memo an mich selbst: Meldezeiten für Bus-Abfahrten in Afrika sind blanker Unsinn. Bei Buchung waren fünf Stunden Fahrzeit genannt worden. Dass das nicht zu halten war, wussten wir nach einer Stunde, denn da hatten wir gerade 25 Kilometer bewältigt. Eine riesige Blech-Lawine wälzte sich aus Dar raus. Die Straße gen Westen, Richtung Morogoro, ist die wichtigste Strecke aus Dar heraus, bietet aber nur eine Spur in jede Richtung. Ein wenig hügelig ist die Landschaft schon, so dass die vielen Lkw bergauf teilweise mit Tempo 20 oder 30 kriechen. Und dass aus der Millionen-Metropole mit dem wichtigsten Hafen weit und breit nicht wenig Verkehr in die übrigen Landesteile drängt ist auch klar. Die Busfahrer haben schon den nötigen Schuss Wahnsinn im Blut, um waghalsig zu überholen, aber wenn die Gegenspur zu ist, geht halt nix. Für die 100 Kilometer bis Chalinze, wo die Strecke nach Norden, nach Tanga und Arusha, abzweigt, benötigten wir beinahe zwei Stunden. Danach ging es zügig weiter. Ein paar Mal wurden wir wegen fehlender Überhol-Möglichkeiten ausgebremst, aber nach insgesamt sechseinhalb Stunden Fahrt kamen wir um kurz nach 13:00 Uhr in Tanga an. Dort schielte ich beim ersten Halt an einem Kreisverkehr aus dem Fenster und denke noch so, dass das Hotel da aber dem von uns gebuchten verdammt ähnlich sieht. Aber warum heißt es auch genauso? Verdammt, raus hier! Hätte den Bau an ganz anderer Stelle der Stadt vermutet. Im 'Nyinda Respective Hotel' schien man mit unserem Buchungsbeleg nicht viel anfangen zu können. Überraschte mich aber auch nicht, denn auf den Versuch der direkten Buchung per Email hatte ja niemand reagiert. Die Frage sei allerdings auch in Afrika erlaubt, warum man sich Hotel-Portalen anschießt, wenn man darüber eingehende Buchungen nicht checkt. Egal. Die Zimmer waren absolut ok und verfügten über - ganz wichtig - Klimaanlage. Lediglich die Installation der Wasserregler ließ Fragen offen. Bild Für die Regendusche mit zwei Duschköpfen, gab es dann auch je zweimal warm und kalt. Die Regler waren aber kreuz und quer in die Wand gemeißelt, als ob man vorher mit Dartpfeilen die Markierungen bestimmt hätte. Vermutlich wird der Regler halt einfach da installiert, wo die Leitung verläuft. Ob es symmetrisch ist, ist dem Gas-Wasser-Maxi erst einmal egal. Ist das nun bescheuert, funktional oder genial? Sucht es Euch aus. Lange hielten wir uns nicht auf und bewegten uns zum Busbahnhof um mal die Weiterreise in Richtung Pangani für den nächsten Tag abzuchecken. Busse gibt es genug und los geht es, wenn die Kiste voll ist. Oder zu voll. Gelaufen waren wir nun nach etwa drei Kilometern für das persönliche Empfinden schon genug. In der Sonne waren es wieder deutlich über 30 Grad, so dass mir das Wasser aus allen Poren quoll. Für die weiteren Wege hielt das Bajaj her. Kostet ja quasi nix. Erst recht nicht hier, wo sich selten ein Tourist hin verläuft. Da wird man ja nicht mal beschissen. Pfui! 2tsd Schilling hierhin, 3tsd dahin, das bewegt sich alles um einen Euro und das auch noch geteilt durch drei Personen.

Nächster Anlaufpunkt war das Stadion, um die Anstoßzeit bestätigen zu lassen. Am Ground waren dann auch schon erste Entwicklungen in Sachen Fusek zu sehen. Ja korrekt, Anstoß ist um 16:00 Uhr. Big game! Ahja, dachte ich mir schon, wenn der Vorletzte den Letzten empfängt. Die Straße am Stadion heißt übrigens allen Ernstes 'Eckernförde Road', was natürlich von der Städte-Partnerschaft herrührt. Es war noch mehr als eine Stunde Zeit und wir wählten wieder die angeborenen Fortbewegungsmittel für ein paar hundert Meter Bewegung. Bild Also mal in Richtung eines Parks am Ufer. An einem kleinen Basar handelten wir aus Spaß mal ein wenig rum. Tanga war im bis in die Kolonien ausschlagenden Ersten Weltkrieg Schauplatz einer denkwürdigen Schlacht, in der eine zahlenmäßig deutlich unterlegene deutsche Schutztruppe eine britisch-indische Übermacht beim Landungsversuch in die Flucht schlug. Ja, wir hatten es schon immer drauf. Zumindest am Anfang. Seit Ende des 19.Jahrhunderts blühte die Sisal-Herstellung auf. Bis zum Zweiten Weltkrieg war Tanga der größte Sisal exportierende Hafen der Welt. Mit der Erfindung synthetischer Materialien flachte das weltweite Sisal-Interesse aber ab, so dass die florierende Stadt und der geschäftige Hafen in den 60ern und 70ern beinahe völlig an Bedeutung verloren. Erst seit der Jahrtausend-Wende gewinnt Sisal bedingt durch wachsendes ökologisches Bewusstsein in den Industrieländern sowie gestiegene Ölpreise wieder an Bedeutung und brachliegende Sisal-Plantagen werden nach und nach wieder aufgerüstet. Viel hat die 250tsd-Einwohner-Stadt nicht zu bieten, aber einen gewissen Charme kann man der Stadt nicht abstreiten, was auch an der teilweise noch vorhandenen Kolonial-Bebauung liegt. Hier mal ein "Hello my friend", dort mal ein "How are you" oder ein "Mambo!". Alles easy und relaxed. Abgesehen von der Ecke um den Busbahnhof labert einen keiner blöde an, manche schauen neugierig, manche grüßen freundlich. An einer NBC-Filiale versorgten wir uns mit frischen Devisen, dann gab es auf der Terrasse einer Bar ein Bier auf die Reise-Strapazen. Danach liefen wir wieder zum Stadion. Bild Ein zweites Ticket war auch hier wieder notwendig. Kompletter Unsinn, den Abriss zurück und das eigentliche Ticket vor den Augen kurz und klein gerissen zu bekommen. Das 'Mkwakwani Stadium' bietet schätzungsweise Platz für 8tsd Leute. Es ist ein reines, etwas in die Jahre gekommenes Fußballstadion mit baugleichen Tribünen an allen Seiten. Ein kleiner Teil der Hauptseite ist überdacht. Nach und nach versammelten sich etwas über tausend Leute auf den Tribünen. Bild Anhänger der Gäste aus der Hauptstadt Dodoma waren nicht auszumachen. Allerdings waren Gefühlsregungen eh nicht erkennbar. Nur abgezählte drei Personen hinter dem Tor feuerten das Heim-Team ein paar Mal an. Die braun-grüne Rasen-Spielfläche, die sich drei Erstliga-Teams für die Spiele und vermutlich auch für das Training teilen, war beinahe unbespielbar. Der Ball rumpelte nur so vor sich hin. Oder lag es doch am fehlenden Talent der Akteure? Fachmännisch urteilte ich nach zehn Minuten, dass hier unmöglich ein Tor fallen kann und weitere zehn Minuten später lag die Kugel im Netz. Die Gäste hatten getroffen. Beim Fotografieren wurde ich wieder angegafft, als wäre ich soeben erst mit nem UFO im Mittelkreis gelandet, aber man ließ mich ungestört gewähren. Die Halbzeit-Ansprachen der Trainer waren dann schon echter Afrika-Style, denn diese versammelten ihre Teams einfach hinter der Tribüne und ließen sich unter Bäumen und im Schatten einer Mauer nieder. Um sich das Geschwafel anzuhören standen dutzende Interessierte drum herum. Und ein Mzungu. Dieser hatte aber wieder Probleme mit seinem Swahili, also trollte ich mich wieder. Die Worte des Gäste-Coaches müssen aber die besseren gewesen sein, denn die Ruvu Stars zogen ihr Ding durch, so gut es der Boden zuließ, überstanden auch die Schluss-Offensive der Gastgeber und erzielten in der Schluss-Minute die Entscheidung. Wir gingen zurück zu der Bar am Park und beschäftigten uns ein wenig mit den Brau-Erzeugnissen des Landes. Vom Imbiss gegenüber gab es gegrillte Beef-Spieße und Oktopus. Letzterer war so gut, dass wir später noch einmal zur zweiten Runde vorstellig wurden. Irgendwann war es dann Zeit für das Bett.

Mo. 02.11. - Ushongo Beach

Die ausschließlich fußballinteressierten Leser können das Notebook nun zuklappen oder bis zum letzten Tag runter scrollen. Ab diesem Zeitpunkt nahm die Fußball-Dichte (gewollt!) massiv ab. Das Frühstück wieder mit Bambus, Süßkartoffel und Fleisch etwas gewöhnungsbedürftig, aber bei erhöhtem Bier-Konsum am Vorabend nicht so falsch. Bild Aufgrund des Gepäcks musste für den Weg zum Busbahnhof ein Taxi herhalten. Die 5tsd Schilling konnten wir verschmerzen. Nun wurde es wieder afrikanisch. Lästige Helfer, wussten wo wir hinmussten. Die allgegenwärtigen Gepäckträger mussten auch wieder abgewehrt werden. Jede Destination hat hier ihre eigene Plattform. Ankommende Busse stellen sich in der entsprechende Reihe hinten an und vorne abgefahren wird, wenn die Karre bis unter das Dach vollgestopft ist. Es war viertel vor Elf. Ein kleiner Mitsubishi fuhr grad ab. Bild Der nächste Bus war ein größeres Modell mit regulär 35 Plätzen. Abfahrt sollte 12:00 Uhr sein - mir schwante Böses. Dass das nicht aufgeht war klar. Bevor in den Schaukeln nicht jeder Quadratzentimeter genutzt ist, legt hier kein Bus ab. Das dauert bei einem größeren Gefährt natürlich umso länger. Unterschied zu den kleineren Bussen war, dass dieser nicht nur bis Pangani fuhr, wo der gleichnamige Fluss ein natürliches, aber per Fähre überwindbares Hindernis bildet, sondern bis Mwera, das räumlich näher zu unserem Zielort liegt. Das machte ich zunächst einmal als Vorteil aus, aber dazu später mehr. Es wurde zwölf, viertel nach zwölf, halb eins. Ein etwas merkwürdiger, nicht unfreundlicher, vielleicht zu freundlicher Typ ging uns nach und nach etwas auf die bleichen Mzungu-Eier, da er uns ständig irgendetwas erzählen wollte und sich dabei dann mehrfach wiederholte. Jedenfalls kam der 'professional teacher' gerade vom Zahnarzt, wirkte dementsprechend restbetäubt, und fuhr nun nach Mwera, um seine ebenfalls im Bus anwesende Herzensdame zu ehelichen. Zur Feier lud er uns gleich mal ein. Danke, wir kommen auf jeden Fall! Irgendwann hieß es "Just ten minutes", das aber mindestens drei Mal. Und als der Fahrer sagte "Now!", dauerte es immer noch zwanzig Minuten bis es losging. Die Kiste war rappelvoll mit Menschen und allem an Gepäck, was man sich vorstellen kann. Kisten, Koffer, Säcke im Bauch des Busses und auf dem Dach. Die Leute standen auch noch dicht gedrängt im Gang, im Bus herrschten gefühlte 50 Grad. Für Saskia und Stephan ging das an die Grenze der Belastbarkeit, da hätte ich den Bogen beinahe überspannt. Hatte wohl zu sehr von mir auf die anderen geschlossen. Aber warum 50 Dollar für ein Taxi ausgeben, wenn es auch für 4tsd tansanische Schleifen pro Nase geht?! Vor allem - haltet mich für bescheuert - empfinde ich derartige Aktionen nahezu als berauschend. Vermutlich gibt es nur wenige besser geeignete Situationen, um ein Land und seine Verhältnisse und Gewohnheiten zu begreifen. Bild Als die Kiste dann einmal fuhr und der Fahrtwind durch die offenen Schiebefenster strömte, besserte sich die Laune der Mitreisenden wieder. Mit dem Verlassen der Stadt war es aus mit der asphaltierten Straße. Für die nächsten 40 Kilometer war rote Sandpiste angesagt. Diese war mit extremer Krümmung angelegt, damit Regenwasser in die Gräben rechts und links der Straße abfließen kann. Der Scheitelpunkt war aber schon völlig abgefahren, so dass der Steuermann sein Gefährt zur Vermeidung von Schlaglöchern hart am rechten oder bei Gegenverkehr am linken Rand (in Tansania herrscht Linksverkehr) bewegte. Bild Bild Dabei kam die Mühle dermaßen in Schieflage, dass ich wirklich fürchtete, der Bus würde kippen. Schaute man aber in die Gesichter der Einheimischen, waren alle völlig entspannt, lachten, quatschten, schliefen. Zudem war der Stauraum des Busses so vollgepackt mit schweren Säcken und Kisten, dass der Schwerpunkt des Fahrzeugs beinahe unter der Straße zu suchen war. Der Fahrer wusste also was er da tat, macht er ja auch jeden Tag. Rechts und links der Straße eröffnete sich eine Kulisse, wie ich mir Afrika vorstellte. Obwohl wir nicht schnell waren, lief es doch recht zügig und nach weniger als eineinhalb Stunden (statt genannter zwei Stunden) kamen wir in Pangani an. Dort lag die Fähre glücklicherweise auf unserer Flussseite, so dass es direkt weitergehen konnte. Alle raus aus dem Bus und per pedes auf die Fähre. Der Bus fuhr dann ohne Fahrgäste auf den Kahn. 300 Schilling kostet die Überfahrt... 13 Cent. Beim Aussteigen aus dem Bus kamen wir mit einem in seiner Art europäisch wirkenden Afrikaner ins Gespräch. Er wirkte irgendwie anders, ruhiger und organisierter. Dieser riet uns dann, schon auf der anderen Seite einen Transfer in unser Strand-Resort zu nehmen, statt von Mwera, wo sich der ganze Bus leert und das schwieriger werden könnte.

Bild Die Überfahrt über den 300 Meter breiten 'Pangani River' dauerte nur wenige Minuten. Vor einigen Monaten ist hier mal ein Bus von der Fähre gerutscht. Blieb uns heute zum Glück erspart. Am anderen Ufer angekommen, half uns unser neuer Freund das Gepäck aus dem Bus zu zerren und organisierte drei Motorrad-Rocker, die uns zum Resort fahren sollten. Ich hatte schon gelesen, dass es für die ganze dünn besiedelte Region südlich des Flusses nur zwei Taxi-Fahrer gibt, die sich ihre Monopol-Stellung natürlich teuer bezahlen lassen. Mit dem 'Boda Boda', dem Moto-Taxi ging es also für je 10tsd Schilling auf die letzte Etappe von knapp 15 Kilometern. Hatte erst Sorge wegen unserer relativ großen Gepäckstücke, aber die Jungs waren gut vorbereitet und wussten, was zu tun ist. Bei den Motos handelt es sich um asiatische 50ccm-Fabrikate. Was nun folgte erinnerte mich an diese kitschigen Afrika-Schnulzen aus deutscher Produktion. Eine gute halbe Stunde ging es weiter über staubig-rote Sandpisten. Palmen und Büsche säumten den Weg, einfache kleine Dörfer und Hütten wechselten sich ab. Ab und an öffnete sich der Blick auf Nutzflächen und kleine Ebenen. Eine Ziegenherde passierte ohne Furcht den Weg und ließ sich nur mühsam vertreiben. Kleine rabenschwarze Kinder in traditionellen Gewändern kamen immer wieder zur Straße gelaufen und winkten uns lachend zu. Dazu schmiss mein Fahrer noch seine kleine Moto-Stereoanlage mit typischer Musik an und ich hatte die perfekte Untermalung. Am Ziel angekommen, gaben wir den drei Jungs noch ein wenig Trinkgeld. Hatten sie ja joot jemacht. Das 'Beach Crab Resort' war unsere Unterkunft für die nächsten beiden Nächte. Das Ding hatten wir mehr oder weniger zufällig durch schnöde Internet-Recherche gefunden. Hier am 'Ushongo Beach' gibt es gut zwei Hände voll brauchbare Anlagen. Durch Aussagekraft der Bilder in Verbindung mit der Preisbildung entschieden wir uns schließlich für das 'Beach Crab'. Dass es deutsche Besitzer hat, war dem Zufall geschuldet, vereinfachte aber die Kommunikation und die gewünschte Anzahlung. Eigentlich baut sich ja in mir eher Ablehnung auf, wenn ich am Arsch der Welt auf deutsch geführte Hotels treffe. Bild In Afrika dürfte es aber der Natur der Sache geschuldet sein, dass der Großteil des touristisch organisierten Hotel-Gewerbes in europäischer Hand ist. Das wird einerseits an mangelnder Finanzkraft der afrikanischen Bevölkerung, vielleicht auch an deren beschränktem Organisationstalent liegen. Von den sechs Unterkünften, die wir auf der Reise bezogen, waren nur die Stadt-Hotels (vermutlich) einheimisch geführt. Ansonsten lebten wir bei Deutschen, einem Italiener und einem Schweizer. Wir hatten uns für das Beach Crab entschieden, weil hier megagemütliche 'Beach Huts' nur zwanzig Meter vom Strand entfernt angeboten wurden. Die 'Beach Huts' waren einfache Hütten im Landes-Stil, die sehr gemütlich eingerichtet waren. Nachteilig war - wenn man so will - dass es keine en-suite Sanitär-Einrichtung gab. Man musste also Gemeinschafts-WC und -Dusche nutzen. Diese waren aber neu und sauber und da außer uns nur eine kleine Gruppe Camper und zwei Mädels aus Spanien anwesend waren, teilten wir uns sechs Duschen und vier Toiletten mit insgesamt vielleicht zehn Leuten. Überhaupt waren insgesamt vielleicht 15 Gäste anwesend. Mit Halbpension (Frühstück und ein wirklich gutes 3-Gänge Abendmenü) kostete die Nacht pro Person gerade mal 30 Euro. Laura und Florian, sowie Praktikant Farid hießen uns herzlich willkommen. Alle drei waren richtig sympathisch. Nachdem wir unsere Hütten bezogen hatten gingen wir erst einmal an den Strand.

Bild Das Paradies kann eigentlich nicht viel schöner sein. Weißer Sand und soweit das Auge in die eine oder andere Richtung blicken konnte, war kaum eine Menschenseele zu sehen. Bild Natürlich schmissen wir uns erst einmal ins Meer, welches unfassbar warm war. Meine Fresse, ich hab mich lange nicht mehr so wohl und entspannt gefühlt. Ohne es zu ahnen hatten wir einfach einen absoluten Volltreffer gelandet. Bis zum Einbruch der Dunkelheit gegen 18:30 Uhr pendelten wir zwischen Meer und Liege hin und her, dann gingen wir rüber ins Restaurant und ließen es uns gut gehen. 'Kilimanjaro'- und 'Safari'-Bier durften natürlich nicht fehlen. Sehr schön auch, dass das WLAN-Signal äußerst bescheiden war, so dass man gar nicht erst in die Versuchung kam, großartig mit dem Smartphone rumzuhampeln. Gegen halb elf ging es ab in die Falle. Die Tagesabläufe verschoben sich auf der Reise etwas. Da es in Äquator-Nähe früh hell und recht früh dunkel wird, passt man sich da etwas an. Bei Meeresrauschen, Blätterrascheln und leichter Brise durch die offenen, mit Moskito-Gittern gesicherten Fenster schliefen wir ein. Traumhaft.

Di. 03.11.2015 - Beach Crab Resort

Um halb zehn rief Stephan mal von außen, ob wir noch frühstücken wollen. Wow, hätte ich nicht gedacht, dass ich bei der Geräusch-Kulisse so lange pennen würde. Mit der einsetzenden Morgendämmerung war ich immer mal wieder wach, vor allem weil sich dann auch diverse Tiere meldeten. Am meisten ist mir so ne Art Alarmanlagenvogel in Erinnerung geblieben. War aber trotzdem kein Problem sich umzudrehen und wieder einzupennen. Der Tag ist im Prinzip schnell erzählt, denn heute war einfach nur Faulenzen angesagt. Bild Bin ich ja eigentlich gar nicht so der Typ für, aber hier fiel mir das alles andere als schwer. Nach dem Frühstück bezogen wir also wieder unsere Liegen unter den stylischen Stroh-Sonnenschirmen. Mal ging man ins Wasser, dann wieder auf die Liege. Ein bisschen Lesen, ein bisschen Musik hören, dann wieder ins Wasser. Zwischendurch mal ein kühles Bier von der Bar geholt. Bild Bild Lebbe kann schön sein. Ab und zu kam mal ein Einheimischer mit dem Rad am Strand entlang gefahren oder ein paar Kinder liefen vorbei und winkten rüber. Irgendwann hielt ein fliegender Händler mit seinem Moped, auf das er in waghalsiger Packweise diverse Korbflecht-Artikel befestigt hatte. Wir kauften dem Mann mal zwei Mitleids-Strohhüte von richtig guter Qualität für zusammen 15tsd TSh ab. Gerade mal 6,50 Euro. Bild Das Feilschen lief dieses Mal anders rum, denn wir gaben ihm einfach ein paar Kröten mehr als er forderte. In dieser touristisch dünn besiedelten Gegend verdient es sich die Kohle bestimmt nicht sehr leicht. Der obligatorische Sonnenbrand blieb trotz Schutzfaktor 30 nicht aus. Der Mzungu-Pelz ist für die Extrem-Sonne am Äquator einfach nicht ausgerüstet. Bild Zumal man ja vom Leichtsinnstag in Dar schon gut angebraten war. Am Nachmittag latschten Stephan und ich mal eine knappe halbe Stunde am Strand entlang nach Ushongo. Das war ja mal das "most basic village" dass ich je gesehen habe. Oder zumindest steht es auf einer Stufe mit dem Dorf in Kambodscha, in dem ich damals landete. Einfache Lehmhütten ohne jede sanitäre oder elektrische Anbindung. Aber auch hier hat man sich auf die eher wenigen Touristen, die hier hierher finden, eingestellt, denn es gibt einen kleinen Souvenir-Shop. Zur Dämmerung, als die Sonne langsam hinter die Bäume sank und die Temperaturen ein wenig runtergingen, waren wir zurück. Laura und Florian hatten zu einer Runde Beachvolleyball aufgerufen. Zwei Fünfer-Teams, bestehend aus drei Mal Beach Crab-Besatzung, zwei Mal Essen, zwei andere Deutsche, zwei Mal Spanien und dem schweizerischen Besitzer eines benachbarten Resorts, konnten gebildet werden. Überflüssig, zu erwähnen, dass mein Team die beiden Partien jeweils souverän in zwei Sätzen gewann. War jedenfalls lustig. Der Abend klang dann in aller Ruhe beim Abendessen und kühlen Getränken aus.

Mi. 04.11.2015 - Sansibar

Bild Der Tag begann wie der vorherige. Nach dem Frühstück begaben wir uns zunächst wieder zum Strand. In der Nacht hatte es noch ein zwei kleine Schreck-Momente gegeben. Den ersten, als mich meine Altmänner-Prostata bierkonsumbedingt in der Nacht zur Toilette zwang. Saskia war ebenfalls wach geworden und beschloss mich zu den Sanitär-Anlagen zu begleiten. Als sie an unserer Hütte vorbei schielte, fuhr ihr der Schreck in die Glieder, denn nur weniger Meter von unserem Beach Hut entfernt konnte man schemenhaft eine in einem Stuhl sitzende Gestalt erkennen. Dem kleinen Schock folgte die Erkenntnis, dass es sich nur um einen Wachmann handeln konnte. Was dann auch so war. Dann lagen wir noch nicht ganz wieder im Bett, als uns ein Krach hochschrecken ließ, als ob ein Gorilla vom Baum gefallen ist. Bild War dann aber nur ein vertrockneter Ast, den der Wind von einer Palme gefegt hatte. So isset halt, wenn man mehr oder weniger unterm freien Himmel Afrikas pennt. Nach Mittag mussten wir dann mal so langsam unsere sieben Sachen zusammen kramen. Der normale Weg von der Region Pangani nach Sansibar zu reisen, wäre genau den umgekehrten Anreiseweg zu nehmen, über Tanga, Dar und dann mit der Fähre rüber. Wäre an einem Tag nicht zu schaffen. Ich hatte dann aber mal gecheckt, was die tansanischen Inlands-Airlines so anbieten und siehe da, 'Coastal Air' bietet täglich die Strecke Pangani-Sansibar. Kostete zwar 100 Dollar pro Nase, aber der Ochsen-Trip wäre auch mit der Hälfte zu Buche geschlagen und man hätte einen Tag verloren. Die Buchungsmaske der Coastal-Website funktionierte überraschenderweise hervorragend und binnen 24 Stunden hatte ich drei Online-Tickets in der Mailbox. Problematisch waren die Gepäckobergrenzen, denn man durfte pro Person insgesamt nur 15kg mitführen, also Hand- und Reisegepäck zusammen. Coastal fliegt ausschließlich mit kleinen Turboprop-Maschinen, die natürlich nur begrenzte Gewichts-Kapazitäten verknusen können. Also knapsten wir am Gepäck rum, bis jeder nur so um die 17-18kg gepackt hatte. Das Helpdesk von Coastal arbeitete ebenso zuverlässig wie die Buchungs-Plattform - sage noch mal einer, die Afrikaner haben nix drauf - und beantwortete meine Frage binnen kurzer Zeit. Man könne ein paar Kilo Übergepäck gegen zwei Dollar je Kilogramm zubuchen, zahlbar direkt beim Piloten. Also alles bingo-bongo. "Bye bye Beach Crab", hat uns super bei Euch gefallen. Ich sage das zwar oft, aber ich kann mir vorstellen, in einigen Jahren hier noch mal einige Tage länger zu verweilen. Es ist eine unfassbar schöne Ecke. Bild Man ist so dermaßen am Arsch der Welt. Hier kann man wirklich und wahrhaft abschalten und den Alltag weit hinter sich lassen. Die Kilimanjaro-Region reizt mich auch - warum also nicht über einen anderen Anreiseweg noch einmal hierhin finden. Und die tansanische Liga muss ja eh komplett werden. MUAHAHA. Im Austausch gegen 14tsd Schilling brachte uns ein Mitarbeiter des 'Beach Crab' zum 'Pangani-Mashado Airstrip'. Der Airstrip entpuppte sich dann auch als das, was ich mir darunter vorgestellt habe. Nach gut zwanzig Minuten Fahrt führten die letzten paar hundert Meter durch Sisalfelder und mitten darin öffnet sich dann eine einfache Gras-Landepiste ohne jeder Infrastruktur. Im Wendebereich für die Flugzeuge steht ein großer Baum unter dem man Schutz vor der Sonne findet. Zwei Feldarbeiter machten gerade Pause neben ihren betagten Traktoren und ein weiterer Mann stand mit einem Klemmbrett bewaffnet an einen kleinen Verschlag gelehnt. Dieser stellte sich als Beauftragter der Airline heraus, der zu checken hatte, ob die drei Gestalten, Bild Bild die den Flug gebucht hatten, auch anwesend waren. Um viertel vor drei kamen wir am Airstrip an. Um viertel nach sollte es in die Luft gehen, doch von einer Maschine war bis zu diesem Zeitpunkt nichts zu sehen. Bild Bild Auf einmal sagte der Coastal-Mann "It's coming" ohne sich in die Richtung umzudrehen, aus der der Flieger kommen musste. Eine gute Minute verstrich, bis ich auch einen Propeller-Motor wahrnahm. Die Menschen hier haben wohl doch bessere Ohren. Dann ging es schnell. Der Pilot sprang aus der 14-sitzigen Maschine - eine der größten der Airline - und lud unser Gepäck ein, ohne sich einen Furz dafür zu interessieren, wie schwer es war. Als wir die letzten drei freien Plätze eingenommen hatten, fragte ich, ob er die Tickets sehen will, aber das wir ihm nur eine wegwerfende Geste mit dem Ausspruch "I trust you" wert. Stark. Auf sowas ist man als safety-first-geplagter Europäer nicht vorbereitet. Nur fünf Minuten nach der Landung erhob sich die Cessna wieder in den Himmel und nur 25 Minuten danach setzten wir auf dem 'Abeid Amani Karume International-Airport' in Stone Town auf Sansibar auf. Ist dann doch die etwas zeitsparendere Variante im Vergleich zur Route über Land und Meer.

Leider wartete nun die nächste Unverschämtheit auf uns, der ich mich aber nicht erwehren wollte. Für 50 Dollar hatten wir den Transfer vom Airport auf die andere, die östliche Seite der Insel zu unserem Hotel gebucht. Da ich natürlich keinen blassen Schimmer hatte, wie der Personentransport auf Sansibar funktioniert, hatte ich das Angebot angenommen, um die Nerven meiner Reisegruppe nicht zu sehr zu strapazieren. War am Ende wohl auch gut so, auch wenn für diesen Betrag eine einzelne Person mit den Minibussen den Weg 25 Mal hätte bestreiten können. So what! GSKR! Zumindest in und um Stone Town kommt man nicht zügig vom Fleck, so dass es über eine Stunde dauerte, bis wir am 'Sahari Beach Hotel' in Bwejuu eintrafen. Während der Fahrt konnten die ersten Eindrücke aufgeschnappt werden. Im Stadtgebiet und den Vororten war wieder das große Lungern im Maxi-Modus angesagt. Überall hingen Leute rum und glotzten entweder tatenlos in der Gegend rum oder saßen in Gruppen zusammen und unterhielten sich. So ganz erschließt sich mir diese Mentalität nicht. Allerdings ist mir die Aussage eines Afrikaners gegenüber einem Europäer in Erinnerung geblieben, die ich mal gelesen hatte und die da lautete "Time is money for you but for us time us nothing!". Im Sahari angekommen staunten wir zunächst mal nicht schlecht. Da die Küste hier extrem flach ist, machen sich die Gezeitenunterschiede extrem bemerkbar. Wir kamen zum Scheitelpunkt der Ebbe an und das Meer hatte sich gut eintausend Meter entfernt hinter ein Riff verkrümelt, so dass wir auf eine seelenlose Schlick-Landschaft schauten. Die Hotel-Anlage erwies sich als absolut top. Da hatten die Bilder im Internet mal nicht zu viel versprochen. Die Zimmer waren zwar etwas spartanisch, aber der Service machte das wieder wett, denn die Zimmerpuppe machte jeden Morgen die Betten in anderem Stil und es wurden ein paar Blüten auf der Decke verstreut. Abends wurde Moskito-Spray in den Raum gesprüht und das Bett mit dem Netz moskitosicher gemacht. Wohnhaus und Gastronomie sind baulich getrennt. Dazwischen befindet sich ein schöner Pool und durch den offenen, direkt am Strand gelegenen Gastronomie-Bereich kann man direkt auf das Meer schauen. Jeden Tag wurde der Pool gereinigt und der Sand um die Ruhebereiche geharkt. Die Küche war exzellent und die Service-Mitarbeiter supernett und zuvorkommend. Einzig die beiden Schmierlappen-Mokel von der Rezeption waren etwas suspekt, wenn auch immer freundlich. Mit gerade mal 16 Zimmern ist das Hotel auch wirklich nicht zu groß. Da Nebensaison herrschte, lag die Auslastung nicht einmal bei 50 Prozent, so dass eine erholsame Ruhe herrschte. Es wurde dunkel, wir aßen in aller Ruhe zu Abend und ließen diesen dann mit ein paar Getränken ausklingen.

Do. 05.11. - Sahari Beach Hotel

Viel passierte heute nicht. Leider war es sehr windig und teilweise bedeckt, so dass eine ausgiebige Strand-Session nicht möglich war. Bild Bild Die Anlage bietet aber derart viele und unterschiedliche Chill-Ecken, dass man genügend Möglichkeiten zur Entspannung findet. Im Wasser waren wir natürlich trotzdem, denn das Meer spiegelt den Himmel so unwirklich türkis wieder, dass man sich dem Bann nicht entziehen kann. Bild So bestand der Tag aus Lesen, Quatschen, Dösen. Am Nachmittag spazierte ich mit Stephan am Strand entlang nach Paje, einem circa drei Kilometer entfernten Ort. Kann aber nicht viel. Es gibt einen kleinen Supermarkt und ein paar Souvenir-Buden. Da sich derzeit nicht viele Touristen hier verlaufen, versucht einen natürlich jeder von seinem phantastischen Sortiment zu überzeugen. Verkaufen aber alle den gleichen Scheiß, die Brüder. Zurück im Hotel wurde weitergefaulenzt. Der Abend endete wie alle Abende - mit gutem Essen und zwei, drei, manchmal auch vier oder fünf Bieren. Meist waren wir die letzten im Restaurant, weshalb unser Verhältnis zu den Angestellten immer kumpelhafter wurde. Es gab auch kleinen Shop, der von zwei Massai oder welchen, die Massai-Gewänder trugen, geführt wurde. Stephan und Saskia machten sich ein Hobby daraus, jeden Abend ein wenig mit den beiden um ein paar Artikel zu feilschen.

Fr. 06.11. - Prison Island

Früher aufstehen war heute angesagt. Um 7:30 Uhr rappelten wir uns auf, da wir uns ein Programm vorgenommen hatten. Nach dem (guten) Frühstück nahmen wir uns mal der Herausforderung 'Dalla-Dalla' an - so heißen die Minibusse. Es sind also die 'Marshrutkas' des schwarzen Kontinents. Klappte aber noch nicht so richtig, denn uns sammelte ein ziemlich neuer, gut klimatisierter Mitsubishi-Kleinbus ein. 5tsd Dinger nahm der Fahrer dafür, mit den echten Sardinen-Büchsen kostet es nicht mal die Hälfte. Zumindest wenn man sich nicht bescheißen lässt. Bild Bild Bild Naja, sollten wir alles noch machen. Sardinen-Büchse fahren und natürlich auch beschissen werden. Nach einer guten Stunde Fahrt sprangen wir an einem Kreisverkehr in der Nähe des 'Amaan National Stadium' aus der Schaukel und liefen auf Wunsch eines einzelnen Reise-Teilnehmers zu diesem hinüber. Ich hatte die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, dass irgendwann in diesen Tagen mal im Stadion gekickt würde. Den Kollegen Masoud hatte ich am Vortag wenig überraschend erfolglos versucht zu erreichen und ihm darauf noch mal eine Email gesendet. Das 'Amaan Stadium' wurde im letzten Jahr erst grundlegend saniert und mit einem Kunstrasen-Spielfeld ausgestattet. Bild Unter der Gegentribüne fand ich ein Büro der 'Zanzibar Football Association'. Davor schwang sich grad ein älterer Mann auf seinen Motorroller und sprach mich an. Bekleidet war der Typ mit Jogging-Peitsche, Kaftan und darüber trug er ein Sakko - klasse Outfit! Er sei ehemaliger FIFA-Referee (ja klar, macht Sinn, da Sansibar ja gar kein FIFA-Mitglied ist) und wird bald wichtige Aufgaben im nationalen Verband übernehmen. Ah ja, so sah er auch aus. Bild Und natürlich würde täglich im Stadion gespielt. Die zweite Liga spielt immer um 14 Uhr. Aufkeimende Freude, dass gespielt wird, machte Zweifel Platz und nachdem der Tünnes abgedampft war, wurde ich mal im Büro vorstellig, wo man mir noch einmal verdeutlichte, dass die 'Premier League' erst am kommenden Dienstag beginnt. Die zweite Liga - 'First Division' genannt - liefe zwar, wäre aber wegen der Landeswahlen ausgesetzt, da diese auf Sansibar wohl nicht so easy abgelaufen seien und wiederholt werden müssen. Okay, dann kein Liga-Fußball. Vielleicht Testspiele? Auch nicht, aha. Na dann mal abwarten. Wir sprangen in den nächsten Dalla-Dalla und fuhren ins Zentrum. Da wir nah an der Anglikanischen Kirche auf dem alten Sklavenmarkt auskamen, investierten wir mal die 7tsd Schilling und schauten uns das Gelände an. Fiel eher unter 'geht so'. Mit dem Stadtplan in der Hand lotste ich uns durch das Labyrinth der Altstadt zum Terminal der 'Azam Fast Ferry', wo wir für die 9:30 Uhr-Fähre des kommenden Dienstag Tickets erworben. Der Touri-Dödel muss tiefer in die Tasche greifen als der 'Resident'. 35 Dollar kostet das Einzelticket in der Business Class. Bild Einheimische zahlen weniger als die Hälfte. Zeit für den eigentlichen Grund unseres Ausfluges in die Hauptstadt. Fünf Kilometer vor der Küste Stone Towns liegt 'Changuu', eine kleine Insel, die in früheren Jahren als Gefängnisinsel diente. Das ehemalige Gefängnis wird heute gastronomisch genutzt und es wurde eine Luxus-Hotelanlage errichtet. Die eigentliche Attraktion sind aber die dort lebenden Riesenschildkröten. Die ersten Exemplare wurden früh im 20.Jahrhundert von den Seychellen hierher gebracht. Da die Viecher sich ordentlich vermehrten, kriecht eine stattliche Anzahl der beeindruckenden Tiere über das Eiland. Bild Bild Für die Überfahrt haben wir mal schlecht gehandelt. Wollte uns einer der zahlreichen selbst ernannten Tourist-Guides die Tour ab Bwejuu noch für 35 Dollar pro Nase andrehen, rief in direkter Nähe zum Abfahrtspunkt der kleinen Dhows der Erstgefragte 50tsd Schilling, also knapp 22 Euro, für alle zusammen auf. Unser Gegenvorschlag von 40tsd wurde klaglos und umgehend angenommen. War also wohl immer noch 50% zu teuer. Nach einem Stündchen Aufenthalt auf der Insel fuhren wir zurück. Ein Wort zu Sansibar. Wie schon erwähnt genießt der Archipel Teil-Autonomie in der Vereinigten Republik Tansania und verfügt damit über ein eigenes Parlament, eine eigene Regierung, einen eigenen Präsidenten. Die meisten Leute glauben, Sansibar ist eine einzelne Insel. Dem ist nicht so. Sansibar ist der Name des gesamten Archipels, der aus den beiden großen Hauptinseln Pemba und Unguja sowie zahlreichen kleinen Nebeninseln besteht. Unsere Unterkunft befand sich auf Unguja, welche deutlich touristischer ist als Pemba. Pemba kann man aber nicht direkt bereisen, sondern nur per Flugzeug oder Fähre von Unguja aus. Es war wieder wahnsinnig heiß und wir nahmen zunächst eine kleine Erfrischung zu uns, bevor wir noch ins alte Fort gingen, was aber außer zahlreichen Souvenir-Shops und ein paar dicken Mauern nichts zu bieten hat. Mit dem Dalla-Dalla (4.500 Schilling - klarer Beschiss, wir waren aber zu müde, um ein Fass aufzumachen) fuhren wir zurück nach Bwejuu und schmissen uns in den Hotel-Pool. Abends dann same procedure as every evening... wir ließen es uns gut gehen.

Sa. 07.11. - Sahari Beach Hotel

Bild Viel gibt es über diesen Tag nicht zu berichten. Das Wetter zeigte sich von seiner besten Seite. Wir pendelten zwischen Strandliege und Meer hin und her, lasen, dösten, quatschten. Unsere Dreier-Gruppe reduzierte ich am späten Nachmittag um eine Person. Am Vortag hatte ich während der Rückfahrt von Stone Town mehrfach gesehen, dass gegen Abend bei den angenehmeren Temperaturen auf den Bolzplätzen der kleinen Dörfer halbwegs organisiert gekickt wurde. Also latschte ich mal die zweihundert Meter zum Spielfeld unseres Dorfes und tatsächlich wurde dort gespielt. Rot kickte gegen Bunt. Der Sandplatz war natürlich unter aller Kanone. Von Seitenlinie zu Seitenlinie fiel das Feld deutlich ab. Bild Da der Platz inmitten des Dorfes direkt zwischen den Häusern und Hütten liegt, und tagsüber Kühe darauf herumturnen, sehen die Gegebenheiten entsprechend aus. Dicke Steine, Müll und Äste lagen darauf herum. Was aber einen der Spieler nicht daran hinderte, barfuß anzutreten. Ein geordnetes Spiel scheiterte zum einen an den Voraussetzungen, zum anderen am Talent der Aktiven. Bild Bild Der Mzungu wurde natürlich wieder angeschaut wie ein Alien. Ein Zuschauer, der mich einlud, mich neben ihn auf ein Mäuerchen zu setzen, erzählte mir, dass der zusammengewürfelte Haufen in Chelsea-, Arsenal- und Barca-Trikots eine hiesige Dorf-Auswahl und die Gäste ein Team aus Fuoni, einem Vorort von Stone Town seien. Ich wurde Zeuge der kompletten zweiten Halbzeit. Ein Tor bekam ich nicht zu sehen, obwohl zwei oder drei Male ein Spieler in aussichtsreicher Position zum Schuss kam. Ob es um etwas ging und wenn ja worum, blieb ungelöst. Jedenfalls rannte ein inoffiziell gekleideter Referee auf dem Spielfeld herum. Nach dem Abpfiff wechselten die Gäste das Schuhwerk und begaben sich mit einem offenen Transporter auf den Heimweg. Ein paar Schritte später war ich zurück im 'Sahari' und wie der Tag endete, dürftet ihr ja mittlerweile erahnen können.

So. 08.11. 16:00 Uhr - KVZ Football Club vs El Hilal Football Club 0:0 (vermutlich), Testspiel, 159 Zuschauer

Um 8:00 Uhr standen wir auf und machten uns nach dem erneut leckeren Frühstück mit dem Dalla-Dalla auf nach Stone Town. Bild Dort wo der Drehpunkt der Dalla-Dallas ist, befindet sich auch der große Basar, dessen Eindrücke wir mal ein wenig auf uns wirken ließen. Der nächste Weg führte nochmal zum Stadion, das eh so halbwegs am Weg liegt, wenn man die Stadt von Osten aus entert. Mein Kumpel Masoud hatte mir am Vortag eine Email geschrieben, dass in Ngome um 16:00 Uhr ein Test-Kick angestoßen würde. Danke für die Info, aber wo zum Teufel ist Ngome? Im Office der ZFA wurde mir erneut verklickert, dass im Stadion erst am Dienstag was über die Bühne geht, aber davon hatte ich mich eh schon verabschiedet. Zumindest konnte mir der Mokel erklären in welche Richtung Ngome grob zu finden ist und dass es sich um einen Vorort von Stone Town handelt. Das Stone Town auch mächtig scheiße aussehen kann, erfuhren wir bei der Fahrt Richtung Altstadt. Lecko mio, das hätte auch tiefstes Novosibirsk sein können. Bild Unser Weg führte uns dann in die Altstadt, wo wir uns um ein paar Souvenir- und Mitbringsel-Einkäufe kümmern wollten. Nach erfolgreicher Feilscherei waren unsere dahingehenden Bedürfnisse weitestgehend gedeckt. Schon ganz geil, wenn man etwas nicht zwingend kaufen muss und beim Handeln den dicken Max(i) raushängen lassen kann. Bild Da sieht es in Sachen Transport, wenn man auf gewisse Verbindungen angewiesen ist, ja oftmals etwas zäher aus. War mal wieder schweineheiß in der Sonne, so dass man mehr von Schatten zu Schatten sprang. Am frühen Nachmittag traten wir den Rückweg an, dass heißt eigentlich nur Saskia und Stephan, die sich in die Sardinenbüchse nach Bwejuu setzten, während ich mit Hilfe eines freundlichen jungen Einheimischen den richtigen Dalla-Dalla nach Ngome fand. Das Ding legte natürlich wieder ritzeratzevoll ab, hielt alle hundert Meter, damit jemand ein-oder aussteigen konnte und etwa eine zwanzig Minuten später wurde der Mzungu aus dem Bus gebeten. Der Bus-Mokel zeigte auf eine Schotter-Piste, die in den Busch führte und sagte "Ngome". Na super. Also stratzte ich mal schön da rein. Nach zwei Kurven tauchte die Siedlung auf und die ersten Einwohner schauten mich mal wieder an, als ob ich zwei Köpfe und sechs Arme hätte. Womöglich war ich der erste Touri, der sich in diesem Dorf sehen ließ. Nur wenige hundert Meter von der Hauptstraße entfernt enttarnte ich das 'Ngome Stadium', was sich wie erwartet als einfacher, an europäischen Verhältnissen gemessen, miserabler Rasenplatz ohne Ausbau, nur von einer Mauer eingefasst, herausstellte. Mal das das Spielfeld außerhalb der Mauer umrundet und auf der anderen Seite saß ein Einwohner vor seinem Haus, den ich ansprach. Ja, irgendwas würde hier gleich passieren, Training oder Spiel, er wüsste es nicht genau. Es war nun viertel nach drei und ich beschloss mal nach einer Flasche Wasser Ausschau zu halten. Um 15:35 Uhr war ich zurück und als ich das Areal betrat, saßen unter einem Baum zwei Leute und sonst war niemand zu sehen. Na gut, wir waren ja in Afrika, mal sehen was passiert. Ich platzierte mich auf einem umgekippten Baumstamm im Schatten und schaltete mal in den Maxi-Modus. Hinsetzen, gelangweilt in der Gegend rumglotzen und dabei halb einpennen. Gar nicht mal so schwer. Eine Gruppe Kinder betrat das Feld und vergnügte sich mit zu Frisbee-Scheiben umfunktionierten Eimer-Deckeln. Bild Um 15:50 Uhr kamen vier, fünf Typen, die ein bisschen nach Spielern aussahen. Um 15:52 Uhr querte eine Hühner-Familie das Spielfeld. Drei Minuten danach kam ein Typ auf einem Fahrrad angefahren, der vier Eckfahnen unter dem Arm hatte und diese an den entsprechenden Stellen in den Boden rammte. Aha, das machte doch Mut. Nach und nach kamen ein paar Leute, die sich schattige Plätze suchten.Um 16:05 Uhr kam eine ganze Gruppe Männer mit Taschen um die Ecke. Einer großen Tasche wurden Trikots entnommen und verteilt. Drei Leute sonderten sich ab und holten auf ihren Trikots kniend das 16:00 Uhr-Gebet nach. Um 16:15 Uhr begann das Team mit dem Aufwärm-Programm und drei weitere Leute zogen Schiedsrichter-Kluft an. Tja, das war aber immer noch nur ein Team. Um 16:35 Uhr kam das zweite Team, zog sich um und acht Minuten danach wurde mit 43minütiger Verspätung die Partie angestoßen. Ich unterstelle mal, dass das für afrikanische Verhältnisse annähernd pünktlich war. Bild Mein Baumstamm war mittlerweile ausverkauft und ich tauschte mit meinen Nebenleuten eine paar Sätze aus, da diese natürlich irritiert waren, dass sich ein Mzungu hierhin verirrt hatte. Als ich anmerkte, dass auf diesem Rasen in West-Europa niemals ein Spiel angepfiffen werden würde, entgegnete mein Gesprächspartner stolz, dass es weit und breit der beste sei. Es wurde also munter vor sich hin gebolzt, sah aber durchaus nach Fußball aus und auf einem 'normalen' Platz wäre die Nummer bestimmt gar nicht so schlecht anzusehen gewesen. Ich lief mal eine Runde, um ein paar Fotos zu machen und da ich wissen wollte, welche Teams dort in rot und grün gegeneinander kickten, quatschte ich einfach mal den am Spielfeldrand gestikulierenden Coach des grünen Teams an. Der ließ beinahe umgehend von seinen Coaching-Aktivitäten ab und befasste sich mit mir. KVZ kickte gegen El Hilal. Wir wechselten noch ein paar Sätze und verabschiedeten uns mit 'shake hands' bevor ich weiterzog. Ein Team der Zanzibar Premier League gegen einen Zweitligisten. Gedankensprung. Bild Der 1.FC Köln spielt auf neutralem Boden einen Test-Kick gegen den Karlsruher SC. Ein afrikanischer Zuschauer geht zu Peter Stöger und fragt diesen, wer gegen wen spielt. Stöger unterbricht umgehend das Coaching und unterhält sich fröhlich mit dem Afrikaner ohne sich in den nächsten Minuten um sein Team zu kümmern. Ähm... eher nicht. Aber die Situationen sind natürlich auch nicht zu vergleichen. Eine Viertelstunde nach Beginn der zweiten Hälfte musste ich die Partie verlassen, da mit Einbruch der Dunkelheit die Dalla-Dalla-Verkehre langsam zum Erliegen kommen und ich ja noch rüber zur Ost-Küste musste. Mit der Halbzeit, die ich gestern gesehen habe, komme ich ja auf mehr als einen komplette Partie auf Sansibar, damit dürfte der Länderpunkt doch zählen. Ist aber völlig egal, da Sansibar als Nicht-FIFA-Member eh kein offizieller Länderpunkt ist. Und das beste ist: unterm Strich ist mir das eh alles völlig egal. Ob ich irgendwann mit 66 oder 150 Länderpunkten auf dem Hopping-Konto den letzten Atemzug tätige, wird auf die Qualität meines Ablebens keinen Einfluss haben. Also die paar hundert Meter zu Straße geeibelt und was sahen meine entzündete Augen? Da glühte doch glatt ein Grill und vor meinem inneren Auge wartete ich Spießchen verzehrend auf den Bus... der aber nach weniger als einer Minute schon kam. Schade und schön zugleich.

Ich stieg in einen schon total überfüllten Dalla-Dalla und fand in einer unmöglichen Position eine Nische. So hätte ich in keinem Falle die 45minütige Fahrt überstanden. Ich zählte 25 Erwachsene und zwei Babys im 17-Sitzer. Eine ähnliche Quote wurde zwar damals auch in Vietnam schon erreicht, aber da hatte ich wenigstens einen Sitzplatz. Nach ein paar Kilometern hielten wir an und ich sollte aussteigen. Hä, warum? Es war doch kein böses Wort gefallen. Police, aha. Auf Sansibar gibt es hin und wieder mal eine Polizei-Kontrolle, wo gecheckt wird, dass die Fahrzeuge zwar viel zu voll, aber nicht viel zu viel zu viel zu voll sind. Während die Schaukel also gecheckt wurde, latschte ich mit zwei anderen ihn aller Ruhe am Checkpoint vorbei, um zweihundert Meter dahinter wieder einzusteigen. Dasselbe Spiel wiederholte sich nach wenigen Kilometern. Mit dem Unterschied, dass wir dem Bus dieses Mal hinterher joggten, um diesen nicht zu lange warten zu lassen. Applaus brandete auf, als wir wieder einstiegen. Kein Scherz. Immerhin hatte ich im Zuge des Durcheinanders mittlerweile einen Sitzplatz zugelost bekommen. Kurz danach hielten wir erneut und ich machte mich bereit, für die nächste Trainingseinheit. Dieses Mal musste aber nur Öl nachgefüllt werden, da die Maschine um Hilfe röchelte. Weiter ging's. Plötzlich Vollbremsung! Ein Gepäckstück war vom Dach gefallen und musste eingefangen werden. Alle bekloppt hier. Inzwischen hatte es zu regnen begonnen. Ich wunderte mich, dass der Fahrer die Scheibenwischer nicht benutzte, aber bei genauerem Hinsehen fiel mir auf, dass das Fahrzeug gar nicht mehr darüber verfügte. Zwei dünne Stumpen, wie die Arme eines Kriegsversehrten lagen auf der Windschutzscheibe auf. Blindflug! Was für ein Ritt! Um viertel vor Sieben wurde ich ohne bleibende Schäden in Bwejuu aus dem Dalla-Dalla entsorgt. Zum Glück goss es mittlerweile in Strömen, aber da eine sogar mal warme Dusche wartete, war das auch egal, denn ich fühle mich einfach nur noch klebrig-klamm und müffelte so vor mich hin.

Mo. 09.11. - Jozani Forest

Heute war ein Ausflug in den 'Jozani Forest' angesagt, den einzigen Nationalpark Sansibars. Mit dem Dalla-Dalla braucht man von Bwejuu nur knappe 25 Minuten bis dorthin. Als wir ausstiegen regnete es gerade wie aus Kübeln, dabei hatte beim Frühstück noch keine Wolke den Himmel getrübt. Glücklicherweise befindet sich an der Einfahrt zum Park ein kleiner Unterstand. Bild Der Eintritt in den Park kostet zehn Dollar, alternativ 20tsd Schilling. Für Mzungus natürlich. Als Afrikaner kommt man billiger weg. Aber diese Ungleichheiten muss man wohl in Afrika und Asien akzeptieren. Der steinreiche Europäer finanziert den sozial benachteiligten Einheimischen mit. Grundsätzlich kotzt mich das aber an. Dabei geht es mir weniger um die Kohle als viel mehr ums Prinzip. Alle Menschen sind gleich, heißt es. Dann aber bitte auch vorm Ticket-Schalter. Im Eintrittspreis enthalten sind ein Regenschirm und ein Guide. Beides natürlich leihweise und beides ist absolut sinnvoll. Cassy hieß unser Mann und er machte seine Sache ganz gut. Den relativ weiten Weg zum Mangrovenwald hätte ich zwar nicht unbedingt haben müssen. Dort sieht es zwar interessant aus, aber spektakulär ist anders. Bild Bild Mehr Spaß machen die 'Red Colobus', die Stummelaffen, die nur auf Sansibar vorkommen. Diese haben eine witzige rot-weiß-schwarze Färbung und sind alles andere als scheu. Morgens ziehen sie in Gruppen durch die Bäume und suchen Futter. Dumm sind die Viecher ja nicht.Bild Diese Art kann keinen Zucker verdauen und wenn sie doch mal was im Magen haben, was Unbehagen bereitet, dann klauen sie Kohle aus Feuerstellen und fressen diese. Vielleicht sollte sie Park-Leitung den Tieren Kohle-Tabletten zur Verfügung stellen. Cassy führte uns zielstrebig zu einer Lichtung auf der die Affen von den Bäumen heruntersteigen und sich an Pflanzensamen labten. Man kann sich dort ungeniert ein, zwei Meter neben die Tiere hocken und diese bei ihrem Tun beobachten. Stört die überhaupt nicht, obwohl Jungtiere dabei sind, die dann um einen herumwirbeln. Auf dem Rückweg stiegen wir schon in Paje aus und liefen am Strand entlang zurück. Das Wetter war mittlerweile wieder top und zurück im Hotel wechselten wir sofort die Sachen und schmissen uns ins Meer. Abends im hoteleigenen Souvenir-Shop wurde es dann ernst. Stephan und Saskia hatten sich ein paar Sachen ausgeguckt, die nun um Kopf und Kragen in zähen Verhandlungen erfeilscht wurden. Der restliche Abend verging bei wieder einmal sehr gutem Essen und gebremstem Biergenuss.

Di. 10.11. - Reise nach Mikumi

Denn früh um halb sieben ging es aus den Federn. Als Sonder-Service bekamen wir vor der eigentlichen Frühstückszeit eine kleine Mahlzeit serviert. Dann verabschiedeten wir uns von Service-Mann Osman, der uns meistens bedient hatte. Super Job, zuvorkommend, freundlich, immer gut gelaunt. Top Mann! Per Privat-Shuttle fuhren wir nach Stone Town zum Fährterminal. Den Service hatten wir am Vortag mit einem Anbieter in Paje ausgehandelt. 25 Dollar löhnten wir dafür, sicherlich immer noch ein paar Geldeinheiten zu viel, aber das war uns auch irgendwie egal. Mit dem Gepäck wäre ein Dalla-Dalla jedenfalls keine gangbare Alternative gewesen. Frühzeitig waren wir am Fährterminal. Um von Sansibar nach Tansania zu reisen, muss man eine Ausreisekarte ausfüllen. Irgendwie fehlt da insgesamt der Sinn. Zum einen handelt es sich trotz Autonomie des Archipels um ein und denselben Staat. Zum anderen hat man uns bei Ankunft per Flugzeug am Einreise-Schalter vorbei gelotst. Afrikanische Logik halt. Zwischenfälle mit Fähren gehören in der Küstenregion zwischen dem Festland und dem Sansibar-Archipel leider eher zur Regel als zur Ausnahme. Die letzte Fähre ist 2012 abgesoffen. Havarien resultieren hier meistens aus gnadenlosem Überladen der Schiffe. Beim letzten großen Unglück sind 2011 zum Glück nur 3tsd Menschen ums Leben gekommen. Allerdings betraf das einen echten Seelenverkäufer, der zwischen den beiden Hauptinseln operierte, ein beinahe 50 Jahre altes Frachtschiff, dass für maximal 600 Menschen zugelassen war, aber 3.600 an Bord genommen hatte. Dazu trug es noch Frachtgut, mit dessen Masse es wohl alleine schon überladen war. Wer sich dafür interessiert, kann mal nach "Spice Islander Unglück" googeln. Die Geschichte ist eine echte Schweinerei von dreitausendfacher fahrlässiger Tötung! Eine derartige Gefahr bestand aber für uns nicht, da wir natürlich die Überfahrt mit den modernen, nur wenige Jahre alten in Australien gebauten Katamaranen von 'Azam Marine' gebucht hatten. Der Azam-Konzern ist in Tansania ein dickes Brett. Die haben fast überall ihre Finger drin. Bis zur Abfahrt war es noch über eine Stunde Zeit, also wurde mal wieder in den Maxi-Modus geschaltet.

Bild Pünktlich ging es los. Die erst im Juni 2015 ausgelieferte 'Kilimanjaro 5' ging dann auch ganz gut ab. Mit bis zu 34 Knoten, knapp über 60 km/h geht es über das Wasser. So ein Boot ist aber letztlich trotzdem nur eine Nussschale auf dem weiten Meer. Denn obwohl die See eigentlich ruhig war, wurden in kurzen Abständen tiefe Wellentäler durchfahren, so dass es ordentlich rauf und runter ging. Dass die von der Besatzung verteilten Kotztüten nicht gänzlich nutzlos waren, konnte man an einigen, beinahe ausschließlich weiblichen Gesichtern ablesen. Ein paar Damen wurden, gestützt von Besatzungs-Mitgliedern, vom mehr schwankenden vorderen in den hinteren Teil des Bootes oder womöglich auch zur Toilette geführt. Hätte nicht gedacht, dass sich die dunkle afrikanische Hautfarbe derart grün verfärben kann. Mir wurde auch irgendwann etwas flau, allerdings ohne unangenehme Folgen und nach 1:45 Stunden Fahrt war der Spuk dann auch vorbei. Mit dem Taxi fuhren wir zum 'Ubongo Busterminal'. Der Taxi-Fahrer war ausnahmsweise mal schwer in Ordnung. Lag vielleicht daran, dass es gar kein Taxi-Fahrer war, sondern irgendein Privat-Mokel, der sich ein paar Kröten nebenbei verdiente. Das 'Ubongo Terminal' präsentierte sich um die Mittagszeit angenehm ruhig. Schätzungsweise maximal 30 Busse warteten auf Abfahrt. Hinderte die anwesenden 'Dienstleister' natürlich nicht daran, aggressiv um uns zu werben. Den Bus von 'Sutco' hatten wir offenbar knapp verpasst. Wenn es ihn denn überhaupt gab. Zwei andere Busse, die Mikumi passieren sollten, warteten auf Abfahrt. Der Bus nach Ifakara wäre die günstigere Variante gewesen, dafür aber auch die deutlich unkomfortable. Bild Die Besatzung des Busses nach Iringa war dagegen eigentlich auf Anhieb komplett unsympathisch und die Fahrt teurer. Aber der Bus war ganz gut ausgestattet, wirkte noch neu und hatte hinten eine Doppelachse, von den eine Zwillingsbereifung trug. Außerdem hatten die Reifen noch richtig gutes Profil. Mag man mich für belächeln, aber wenn ich genug Zeit habe, überprüfe ich die Busse immer auf offenkundige Mängel. Man muss das personifizierte Risiko des Fahrers ja nicht noch durch technische Schwachstellen erhöhen. 22tsd Schilling wurden nun von uns verlangt. Gut 25% über dem vor Wochenfrist vom anderen Unternehmen benannten Kurs. Begründet wurde das damit, dass wir zwar nur zwei Drittel der Strecke mitfahren, aber ja trotzdem die Plätze bei Fahrtbeginn wegnehmen und man unterwegs keine Passagiere mehr akquirieren könne. Dass das System so normal nicht funktioniert war mir klar, aber die Alternative wäre möglicherweise nur der Verzicht gewesen. Wir standen aber unter dem latenten Druck, nicht zu spät in Mikumi ankommen zu wollen. Also muss man ganz einfach mal sagen, dass es hier zwar wieder um das Prinzip ging, weil man als Mzungu gegenüber den Einheimischen ungerecht behandelt wurde, aber eben auch um EUR 2,50 Differenz pro Nase für eine Strecke von 300 Kilometer. Der eigentliche Beschiss war aber, dass der genannte Preis generell nicht stimmte, wie wir erst später in der Lodge erfuhren. Bild Aber wie zum Teufel soll man das wissen, vor allem wenn die ganzen anderen Dachpappen im Bus zwar genau mitbekommen, was da passiert, aber auch nichts dazu sagen, weil die eben alle zusammenhalten. Wenn ich in Deutschland eine vergleichbare Situation erleben würde, in der die Unwissenheit von Ausländern schamlos ausgenutzt wird, dann würde ich jedenfalls einschreiten! Außer bei Holländern natürlich. Große Aufregung ist aber ein gesamter Fahrpreis von EUR 9,50 pro Person nicht wert. Den Vogel schoss dann aber noch einer der Bus-Mokel ab, der plötzlich vor uns stand und noch mal jeweils 10tsd Schilling kassieren wollte, weil wir ja alle auch noch Gepäck mitführen. Ja genau, Du Hoeneß. Jetzt läuft das Fass aber gleich über. Sieh mal zu, dass Du Land gewinnst, Kollege! Hat er dann auch gemacht. Da zunächst die bekannte Quälerei folgte, den Großraum Dar es Salaam zu verlassen, dauerte die gesamte Fahrt 5:30 Stunden. Eigentlich ist das in den moderneren Bussen aber nicht sonderlich anstrengend. Nervig ist es nur wenn der Steuermann mal wieder viel zu schnell über einen der vielen Beruhigungshügel kachelt, die vor jeder zu durchquerenden Ortschaft vielfach grob auf den Asphalt geteert wurden. Der Bus hielt absprachegemäß direkt vor der 'Tan Swiss Lodge' und die Ochsentour hatte ein Ende.

Safari (ist ein Swahili-Wort und bedeutet einfach nur 'Reise') ist ja eine recht kostspielige Nummer. Um die Kosten also so gering wie möglich zu halten, wollte ich unbedingt direkt bei einer Lodge buchen, um einen in der Nahrungskette dazwischen hängenden geldfressenden Veranstalter zu vermeiden. Die Recherche gestaltete sich aber schwieriger als erwartet. Also fragte ich mal bei zwei Agenturen an, die mir auch umfassende Angebote sendeten. Bild In einer Offerte war die Lodge, in der wir wohnen sollten, namentlich benannt. Genau die Info die ich brauchte. Schon der Besuch der Internet-Seite stellte klar, dass man so locker 40% sparen konnte. Stephans Einzelzimmer kostete 180 Dollar für drei Nächte und unser Doppelzimmer 210 Dollar. Jeweils inklusive Frühstück. Dazu hatten wir zwei Tage Safari zu je 220 Dollar inklusive Auto, Fahrer und Guide. In der Summe also 830 Dollar. Das vergleichbare Angebot des Veranstalters lag bei über 1300 Dollar. Von der Rezeptionistin erfuhren wir dann noch, dass wir den ersten Tag des 'Game Drive' mit drei anderen Personen verbringen würden, wenn wir mögen. Na klar mögen wir, da halbierten sich doch die Kosten für den einen Tag direkt mal, so dass die Gesamtkosten für die Basics - drei Übernachtungen für drei Personen und die Safari-Tage - also bei insgesamt 720 Dollar lagen. Fairer Deal! Die Zimmer waren ganz schön, wie die gesamte Anlage auch. Das Personal war auch hier wieder superfreundlich und zuvorkommend. Nachdem wir die Spuren der Fahrt von unseren Körpern beseitigt hatten, ließen wir uns es im Restaurant nieder. Schon um kurz nach 22:00 Uhr gingen wir zu Bett, da wir ja früh auf den Beinen waren und Safari-Tage auch früh beginnen.

Mi. 11.11. - Mikumi Nationalpark

Aufstehen um viertel nach sechs, Frühstück um zwanzig vor sieben und um Punkt 7:00 Uhr nahmen uns unser Guide Samuel und unser Fahrer Mister Terry in ihre Obhut. Samuel stellte sich schnell als witziger, unkomplizierter Typ raus und Mister Terry sah einfach nur cool aus. Bild Bild Schon ein paar Jahre älter, mit tiefer Stimme und einer unglaublich dunklen Hautfarbe sah er in seinen olivfarbenen Klamotten aus wie einer der Wildhüter aus dem John Wayne-Klassiker 'Hatari'. Unsere drei Game Drive-Genossen waren Petra aus Berlin und Anna und Noah, zwei Geschwister aus Zürich. Bis zum Park-Gate waren es zwanzig Minuten zu fahren. Zunächst setzte Nieselregen ein, der sich aber im Laufe des Morgens wieder legte und der Sonne Platz machte. Bild Am Parkeingang, dann wieder Afrika par excellence. Es ist verpflichtend die Entry Fee per Kreditkarte zu entrichten. Bargeld wird nicht angenommen. Dumm nur wenn die Internet-Verbindung mehr oder weniger nicht existiert und damit eben auch das Lesegerät nicht. Wir verschoben die Bezahlung also auf den Abend. Statt Eintritt sollten wir also Austritt zahlen. Tiere in freier Wildbahn zu sehen ist sicherlich spannender, als nur darüber zu lesen. Daher lasse ich einfach mal einige Bilder des Tages für sich sprechen. Erwähnt werden soll aber zumindest der Giraffenmann der seinem Giraffenmädel offenbar just in dem Moment als wir auftauchten mal zeigen wollte, wo der Frosch die Locken hat. Bild Ihn schienen wir nicht sonderlich zu stören, aber das Mädel war ein da etwas schüchterner unterwegs und wollte auf sein Werben nicht weiter eingehen, weshalb die beiden dann schließlich mit pikiertem wie vorwurfsvollem Blick ihres Weges zogen. Und dann war da noch der Büffel, der ja als äußerst aggressives Tier gilt, der uns aus seiner kleinen Herde heraus von der ersten bis zur letzten Sekunde unserer Beobachtungsphase anstarrte, also ob er uns liebend gern auf seinen Hörnen durch den Park treiben wollte. Die Viecher haben echt so einen megageilen angepissten, wie abschätzigen Blick drauf, der einem eines deutlich mitteilt: "Unerwünscht!". Wir sahen also Giraffen, Büffel, viele Zebras und viele Elefanten, Impalas in rauhen Mengen, Antilopen, Gnus, eine riesige Echse, Warzenschweine, Krokodile, Nilpferde, Steppenhühner, Wüstenfüchse, Marabus, Geier und viele verschiedene Vogelarten. Es gab kaum eine längere Phase, in denen wir keine Tiere zu sehen bekamen. Einzig Löwen wollten sich heute einfach nicht zeigen. Lästig waren diese beschissenen Tsetse-Fliegen. Das finde ich ja auch absurd. Da machen alle eine Riesenfass auf wegen Malaria. Dabei kann man sich mit der Prophylaxe damit soweit schützen, dass die Krankheit gar nicht ausbricht, diese also nur eine bedingte Gefahr darstellt. Gegen den Biss der Tsetse-Fliege ist aber kein Kraut gewachsen. Das Mistviech beißt Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild Bild durch die Kleidung und kann den Erreger der 'Trypanosomiasis', der Schlafkrankheit übertragen, die je nach Stadium selbst in Behandlung noch tödlich enden kann. Dazu ist das Ansteckungsrisiko gegenüber der Malaria deutlich höher. Im Durchschnitt wird dieses mit 1:100 angegeben, was schon ne heftige Quote ist, wie ich finde. Trotzdem infizieren sich nur wenige Touristen mit dieser Krankheit und Samuel warnte uns zwar davor, machte aber auch deutlich, dass er kein hohes Risiko für uns sieht. Zumal er selber durch seinen Job bedingt recht häufig erwischt wird und bisher keine gesundheitlichen Folgen zu spüren bekam. Leider hatte ich entweder das Stück Huhn oder das Sandwich aus der Lunch-Box nicht vertragen. Es ging bergab, so dass ich den späten Nachmittag nicht genießen konnte und froh war, als wir den Park verließen. So war ich dann nach Rückkehr etwas malade und legte mich ein Stündchen hin, während Saskia und Stephan ne Runde im Pool plantschten. Da aber auch der Schlaf und auch der Tee, den mir Saskia brachte, nix halfen, blieb mir nur übrig, mich selber zu therapieren. Wie diese Therapie ausgesehen hat, überlasse ich eurer Phantasie, aber der Nachgeschmack war jedenfalls verdammt bitter. Auf das Abendessen und das Feierabend-Bierchen verzichtete ich heute mal und spät ins Bett ging es ja auch wieder nicht.

Do. 12.11. - Mikumi Nationalpark

Denn es ging ja wieder früh raus für Game Drive Nummer zwei und mir ging es wieder besser. Heute machten wir die Tour also zu dritt. Wieder waren Samuel und Mister Terry unsere Betreuer. Bild Bild Das Wetter verzichtete mal auf den morgendlichen Niederschlag. Aber das Internet verzichtete am Park-Eingang wiederum nicht auf seine Kontraproduktivität und funzte erneut nicht. Also erneut auf Kredit in den Park. Da wir mit dem Lunch-Paket am Vortag nicht zufrieden waren (ich sowieso nicht) wollten wir uns Samuel und Terry anschließen, die in der parkeigenen Lodge etwas frisch gekocht bekommen hatten. Zu diesem Zweck wollten wir dort auch für die Bestellung erst einmal hin, doch dann klingelte Samuels Handy und wir drehten um und fuhren mit einem Affenzahn ein paar Kilometer durch den Park, um direkt neben einem Gebüsch und einem bereits dort eingetroffenen Fahrzeug anzuhalten. Bild Bild Und da lagen sie dann, die beiden Löwen-Männchen. Ein stattlicher Senior und ein jüngerer, der noch ein paar Lücken in der Mähne aufwies. Die beiden lagen höchstens vier bis fünf Meter von uns entfernt und störten sich nicht groß an uns. Bild Bild Sie dösten so vor sich hin, blickten uns ab und zu mal an um zu schauen, ob wir gute Beute abgeben, drehten sich um, standen mal auf, gingen drei Meter, um sich dann wieder hinzulegen. Ein Löwe schläft und döst am Tag bis zu zwanzig Stunden. Die restliche Zeit nutzt er zum Jagen, meist in der Dämmerung oder der Nacht. Das übernehmen ja angeblich zu einem Großteil die Weibchen, so dass man als männlicher Löwe bestimmt kein schlechtes Leben hat. Der ältere drehte sich irgendwann auf den Rücken und lag da, wie eine überdimensionale Miezekatze, die den Bauch gekrault haben möchte. Wir standen dort bestimmt eine Dreiviertelstunde, fuhren sogar mal richtig dicht bis auf einen Meter ran. Es wurde nicht langweilig, obwohl rein gar nichts geschah. Diese Tiere in freier Wildbahn sehen zu dürfen, ist unbeschreiblich. Bild Bild Ein ausgewachsener Löwen-Mann hat eine ungeheure Ausstrahlung. Wenn einen dann noch dieser durchdringende Blick aus den bernsteinfarbenen Augen trifft, fühlt man sich beinahe hypnotisiert. Als wir weiter fuhren sahen wir noch eine Gruppe Löwen-Weibchen, die an einem kleinen Wasserloch tranken. Das sah beinahe niedlich aus, zumal dabei noch laute Schleck-Geräusche zu vernehmen waren. Die Gruppe befand sich ganz offensichtlich in der Beute-Suchphase. Danach wurden wir Zeuge einer Auseinandersetzung zwischen zwei Affen-Rudeln. Das war ganz großes Kino. Nach dem Mittagessen im Swahili-Style ging es weiter. Wir sahen noch eine Löwin auf der Pirsch, sowie beinahe sämtliche Tier-Gattungen, die wir schon am Vortag gesehen hatten. Zum Abschluss wurden wir inmitten eines Elefanten-Rudels Zeuge eines spielerischen Kampfes dreier Jung-Bullen. Da will man dann aber nicht zwischen die Stoßzähne geraten. Deutlich mehr als am Vortag setzten uns die Tsetse-Fliegen zu. Bild Bild Bild Es ließ sich nicht vermeiden, dass wir zwei oder drei Mal gebissen wurden. Den Stich merkt man sofort, das zwickt schon ganz ordentlich. Nun ja, in einigen Wochen werden wir wissen, ob der 66. Länderpunkt mein letzter war. Wäre schon bitter von so ner feigen Mist-Fliege gemeuchelt zu werden, nach den Herausforderungen, die man auf diversen Touren schon gemeistert hat. Samuel und Terry lieferten uns ansonsten unversehrt in der Lodge ab. Die beiden haben einen super Job gemacht und hatten sich ein stattliches Trinkgeld verdient. Abends setzte sich Lodge-Inhaber Josef zu uns. War äußerst interessant, was er über die Probleme zu erzählen hatte, mit denen man als fremdstämmiger Arbeitgeber zu kämpfen hat. Korruption schien da noch das kleinste Problem zu sein.

Fr. 13.11. - Rückkehr nach Dar

Zur Abwechslung war wieder frühes Aufstehen angesagt. Gemessen an den Tagen, an denen man mal lange pennen konnte, hatte das alles mit Urlaub nicht viel zu tun. Um kurz nach sieben Uhr positionierten wir uns an der Straße. Die Tickets für den 7:15 Uhr-Bus nach Dar hatten wir uns am Vortag über die Rezeption der Lodge besorgen lassen. Dabei erfuhren wir auch den wahren Preis von 13tsd Schilling. Der Bus kam dann auch pünktlich um 7:50 Uhr. Bild Die Fahrt dauerte mit sechs Stunden dieses Mal noch etwas länger als die Hinreise. Ein phantastisches Bild bot sich wieder bei den wenigen Stopps in den Bus-Terminals, wenn fliegende Händler ihre Waren anbieten und zum Fenster hochreichen. Jeder Scheiß wird angeboten, vom Ladekabel bis zu Erdnüssen. Kurz vor dem Ziel landeten wir dann in einem fetten Stau. Wer sich in Deutschland über die Leute aufregt, die im Stau ständig die Spur wechseln, sollte sich die Nummer mal in Afrika ansehen. Sobald es mal fünfzig Meter weiter ging, fuhr alles ohne Rücksicht auf Verluste drauf los und versuchte sich in die kleinste Lücke zu quetschen. Die Busfahrer sind dabei die Könige, aber die agieren sowieso ständig irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn. Am Ubongo-Terminal erwartete uns dann wieder das alte Spiel. Wir gaben einem seriös wirkenden Taxi-Fahrer den Zuschlag. Dieser zog an seinem Fahrzeug dann eine noch seriösere, hochoffizielle und vermutlich selbst gedruckte Liste hervor, die allerhand Phantasie-Preise auswies. So sei die normale Rate für den Transport in die Downtown 80tsd Schilling. 35 Euro!! Nachdem sich mein irrer Lachanfall gelegt hatte, bot er eine 'special offer' an, die auf 40tsd lautete. Auf einmal also nur noch die Hälfte. Als wir ihm sagten, dass wir für den umgekehrten Weg nur 20tsd gezahlt hatten und unser letzter wohlwollender Vorschlag 30tsd lautete, ging er knurrend und murrend darauf ein, bevor der die Fahrt an einen seiner Kollegen verlor. Der Mokel sprach dann die ganze Fahrt kein Wort mehr und half uns am Ziel auch nicht, das Gepäck aus dem Auto zu nehmen. Jaja, wenn der kleine Taxi-Maxi seinen Willen nicht bekommt, wird er schnell zum Unsympathen. Bild Wir hatten nochmal einen rausgehauen und eine Suite mit zwei Schlafräumen, Wohnraum und Küche im 'Harbour View Suites Hotel' genommen. Bild Dieses befindet sich in den oberen Etagen eines Business-Gebäudes und man hat von dort einen Blick über die ganze Hafenbucht. Es verfügt über Bar, Restaurant und Swimming-Pool auf der Dachterrasse. War nicht ganz billig, aber für den letzten Abend durfte es etwas exklusiver sein. Nachdem wir eingecheckt hatten, machte ich mich mit Stephan unter Zuhilfenahme eines Taxista auf die Suche nach einer der Vorverkaufsstellen für das Länderspiel am folgenden Tage. Im zweiten Anlauf fanden wir den 'Ticket-Schalter' dann auch. Da konnten man sich wieder nur kaputt lachen. Es handelte sich (wie beim Liga-Spiel) um eine mobile Verkaufsstelle in Form eines Vans, in dem der Ticket-Mokel auf dem Beifahrersitz saß und die Kohle einfach lose in eine Plastik-Tüte warf. Auf dem Rücksitz saßen zwei Militär-Fuzzis mit den Blei-Spritzen auf dem Schoß, um im Falle des Falles eingreifen zu können. Für den durchorganisierten Deutschen ein groteskes Bild. Zurück im Hotel begaben wir uns mal in den Pool. Abends hatten wir dann Glück, dass 'Barbecue Friday' war. So gönnten wir uns einiges an gegrillten Köstlichkeiten und ließen uns auch den einen oder anderen Gerstensaft kredenzen.

Sa. 14.11. 16:30 Uhr - Tanzania vs Algerien 2:2 (WM-Qualifikation), 50.000 Zuschauer (0 Gäste)

Bild Bild Unfassbar - wir konnten ausschlafen! Nach dem richtig guten Frühstück starteten wir einen Rundgang, um die wenigen Sights aus der überwiegend deutschen Kolonialzeit, die der ältere Teil Dar es Salaams bietet, einzufangen. Am alten Präsidentenpalast vorbei ging es durch das Regierungsviertel zum Fischmarkt. Als wir diesen passierten, mussten die Nasen auf Durchzug gestellt werden. Leck mich am Arsch, was für ein Gestank. Direkt am Wasser gelegen, wird hier um Red Snapper, Krabben und Garnelen gefeilscht. Auf dem Boden mischten sich Wasser, Blut und abgetrennte Flossen. Ein paar Meter weiter stieg Qualm auf. Über dem offenen Feuer werden in gusseisernen Töpfen kleine Kalmare samt Kopf gebraten und sofort verzehrt. Weiter ging es an ein paar historischen Gebäuden aus der Kolonialzeit zur lutherischen Kirche und zur St.Josefs-Kathedrale. Wurde alles von unseren Vorfahren erbaut. Die Temperaturen erreichten zwischen den Häusern mal wieder Werte, die für die armen Mzungus nur schwer zu ertragen waren. Bild Daher verzogen wir uns auf einen Eiskaffee in ein klimatisiertes Café. Bild Danach stand der - zumindest für mich - krönende Abschluss der Reise an. Die Wege kamen uns beinahe gewohnt vor. Zunächst latschten wir zur 'Mohamed Street', so ne Art Umgehung um die Downtown, und suchten uns ein Bajaj. Der Verkehr war irgendwie noch dichter als sonst, aber die Bajaj-Fahrer sind ja echte Schweine, hupen alles weg, was in den Weg läuft, quetschen sich durch jede, noch so kleine Lücke und wenn es nicht anders geht, dann wird dort, wo es einen gibt, auch mal der Gehsteig genutzt. Über eine Stunde vor dem Kick waren wir am Nationalstadion, wo natürlich richtig was los war. Schon etwas 'more busy' als zwei Wochen zuvor beim Spiel von Simba. Für umgerechnet vier Euro gönnte ich mir mal ein 'originales' Nationaltrikot von Adidas. Dann mal rein in die Bude. Wir hatten ja nur Tickets für die günstigere von den beiden angebotenen Kategorien erworben, aber die leicht sonnenverbrannte Mzungu-Nase reichte aus, um Einlass zu den besseren Plätzen gewährt zu bekommen. Das weite Rund war schon ganz gut gefüllt. Die schon in flachem Winkel stehende Sonne warf eine schräge Schattenlinie auf die Gegenseite. Äußerst witzig, zu sehen wie sich die Leute alle entlang der Linie in den Schatten setzten. Da ist es selbst dem hitzegewohnten Maxi zu warm im Sönneken.

Bild Sehr früh führte der Referee die Teams auf das Feld. Dann das übliche Theater mit den Hymnen, Team-Fotos und der ganze Kram. Es empfing das Team Nummer 132 die Nummer 28 der Weltrangliste. Das entspricht ungefähr der Partie - der Vergleich mag etwas hinken - Lettland gegen Deutschland. Bild Ich wünschte mir nur, dass Algerien das Spiel nicht schon nach einer Viertelstunde entschieden hatte. Was ich dann sah konnte ich kaum glauben. Dachte erst, ich hätte die Trikots falsch interpretiert. Die 'Taifa Stars' legten los wie die Feuerwehr und hätten nach zwei Zeigerumdrehungen führen müssen!!! Aber drei Experten brachten es zusammen in ihrer Torgeilheit tatsächlich fertig, die Murmel aus fünf Metern über das verwaiste Tor zu befördern. Doch die Show ging weiter. Fette Chancen gab es im Fünf-Minuten-Takt. Pfosten, Latte, alles dabei. Ich weiß nicht, was mit den Algeriern los war, vielleicht zu gutes Weed gehabt, auf jeden Fall waren die Nordafrikaner überhaupt nicht präsent. Kurz vor der Pause fiel dann endlich der sowas von verdiente Führungstreffer nach einer schönen Kombination, einer ebenso schönen Flanke, gefolgt von einem wunderschönen Kopfball. Nachmittags hatte mir noch ein Einheimischer erzählt, dass das National-Team bisher nie was gerissen hatte, lediglich ein Mal war eine Endrunde der Afrika-Meisterschaft erreicht worden, bei der man aber in der ersten Runde ausschied. Bis Sommer diesen Jahres rekrutierte man ausländische, vornehmlich europäische Trainer. Selbst ein gewisser Burkhard Pape war schon Trainer - wer kennt ihn nicht. Wikipedia gibt dazu her, dass Onkel Pape nach Rückkehr nach Deutschland zuletzt die U15-Mädels vom SV Pullach trainierte. Scheint also ein echter Magier gewesen zu sein - komisch, dass er die 'Taifa-Stars' nicht nach vorne bringen konnte. Nachdem man nun davon Abstand nahm und wieder einen Tansanier die Geschicke leiten lässt, hat sich die Mannschaft wohl merklich verbessert. Bild Vielleicht wird nun der afrikanische Nerv besser getroffen. Keine Ahnung. Aber eigentlich hätten die tansanischen Spieler eine Riesen-Standpauke verdient gehabt, denn eine Führung mit fünf oder sechs Toren wäre Pflicht gewesen. Das Publikum, in dem sich vorher nur mehrere tanzende Gruppen mit Support abhoben, wurde nun plötzlich von einer gemeinschaftlichen Stimmung erfasst und brachte sogar einige "Ole, Ole"-Gesänge zustande, was ja beinahe europäischen Verhältnissen gleich kam. Dann wurde es auch gut laut, weil annähernd alle 50tsd Anwesenden einstimmten. Wenn die mal schnallen würden, was sie für einen Roar entfachen würden, wenn sie das Stammes-Gehopse und Getrommel sein ließen und mal lieber ihre Stimmen einsetzten. In der Pause ging ich mal ein wenig herum. Plötzlich setzte Applaus ein und ich wendete mich irritiert zum Rasen, weil es viel zu früh war, als das die Spieler schon zurück sein konnten. Bild Aber nein, der Applaus galt tatsächlich mir, weil ich im tansanischen National-Trikot durch die Gegend latschte. Es kann so einfach sein, ein Star zu werden. Ich hatte in der zweiten Halbzeit ein wütendes Gäste-Team erwartet, aber dieses gefiel sich in seiner Lethargie wohl zu gut und machte weiter das, was es bisher machte, nämlich überhaupt nichts. Tansania drückte dagegen weiter auf die Tube und erzielte nach zehn Minuten das längst überfällige zweite Tor. Eine absolute Sensation war zum Greifen nah, aber es war zu sehen, dass nach einer gespielten Stunde die Kräfte der Gastgeber nachließen. Kein Wunder bei dem Tempo, das vorgelegt worden war. Als hätten die 'Les Fennecs', die 'Wüstenfüchse' nur darauf gelauert, nutzten sie eine gute Viertelstunde vor Ende zwei sich bietende Konterchancen per Doppelschlag zum Ausgleich. Fußballspiele sind halt oft ungerecht, dauern aber nun mal neunzig Minuten oder mehr. Die Abwehr sah bei den Treffern nicht wirklich gut aus. Die 'Taifa Stars' mobilisierten noch einmal letzte Kräfte, aber der Wille war gebrochen, auf dem Feld wie beim Publikum, das war deutlich zu spüren. Schade, schade, ich habe während des Spiels wirklich mit den tapferen Tansaniern mitgefiebert und sie taten mir nun unendlich leid. Drei Tage später sollte Algerien das Rückspiel mit 7:0 gewinnen, womit die bisher höchste Niederlage einer tansanischen Nationalmannschaft bestätigt wurde.

Wir mussten zurück zum Hotel. Glücklicherweise konnten wir ein ankommendes Bajaj direkt für uns akquirieren. Zwar ging der Mokel nicht unter 12tsd Schilling, was eigentlich fast ein Drittel überbezahlt war, aber drauf geschissen. Dafür hatte das Teil auch endlich mal richtig Feuer und wir waren zügig zurück in der Downtown. Bild Ein letztes Bier auf dem Balkon des Hotelrestaurants mit Blick über die Hafenbucht und dann mussten wir uns langsam auf den Abschied von Tansania vorbereiten. Für 30tsd Tansania-Piepen brachte uns ein Taxi zum Airport. Ziemliche Ranzbude für ein internationales Terminal. Swiss hob pünktlich um 23:05 Uhr mit uns in den Nachthimmel ab. Dass die Flugroute über Ägypten führte, wo ja kurz zuvor die russische Maschine abgeschossen worden war, vermittelte irgendwie nur ein semi-gutes Gefühl, aber nach dem Abendessen und einem angefangenen Filmchen schlummerte ich selig ein und erwachte erst kurz vor dem Frühstück. Kann mich nicht erinnern, in einem Flieger in sitzender Position so gut gepennt zu haben. Beim Anflug auf Zürich erfasste mich auf einmal völlige Wehmut. Mag dem einen oder anderen blöde sentimental vorkommen, aber zum Glück gehöre ich nicht zu dieser abgezockten welterfahrenen Hopper-Meute, für die jede Reise einer zu lösenden Aufgabe ähnelt, die die Länder nur so wegreißen und nicht in der Lage sind, sich mit der Kultur und der Lebensart auseinanderzusetzen und einfach mal zu genießen. Gut so!! Ich nehme von jeder Reise etwas mit, ob nun positiv oder negativ. Ich wehre mich dagegen, mich nur oberflächlich mit meinen Zielen zu befassen. Ich versuche jeder erlebte Minute tief aufzusaugen, so dass ich mir nachher mir ein objektives Urteil erlauben kann. Tansania hat mir gut gefallen. Meine erste Erfahrung mit Schwarz-Afrika. Mit Afrika überhaupt. Natürlich ist dieser Kontinent speziell. Man muss die Wertvorstellungen und Lebensweise der Leute erst einmal verstehen, um sich wohlfühlen zu können. Wir sind fast überall auf Freundlichkeit gestoßen. Manchen Leuten waren wir im schlimmsten Falle egal. Angefeindet wurden wir nirgends. Natürlich sind die HMF-Mokel nervig, aber grundsätzlich meint es ja keiner böse, sondern versucht irgendwie ein paar Schilling für das tägliche Überleben zu verdienen. Klar haben wir auch ein paar Arschlöcher getroffen. Vorrangig wenn es darum ging, Dienstleistungen zu erwerben. Aber Vollidioten gibt es in jedem Land und sicherlich in vielen Ländern mehr davon als in Tansania.

Dann mal 'Karibu sana' für Eure Aufmerksamkeit, lieber Leser. Irgendwie ist die ganze Story letztlich doch länger geworden, als sie sollte. Aber was soll ich mich verstellen? Ich berichte gern ausführlich und jedes Abweichen vom meinem persönlichen Stil wäre eine Verfälschung. Meist verzichte ich ja auf einen Epilog, aber selten war dieser so angebracht wie jetzt. Nun sitze ich hier also wieder im derzeit kalten Deutschland und sehne mich nach meiner Strandliege am 'Ushongo-Beach'. Vermisse den Blick auf den beinahe menschenleeren Strand und das türkis leuchtende Meer. Würde gern auf einem Bodaboda sitzend über staubige Pisten an winkenden afrikanischen Kindern vorbeifahren. Mit Bajaj-Fahrern um tausend Schilling Fahrpreis feilschen. Habe mich vielleicht ein bisschen in die tansanische Küsten-Region verliebt. Das mag ein wenig überzogen poetisch klingen, aber manchmal frage ich mich, ob ich in Deutschland wirklich richtig aufgehoben bin, wo sich ja die Tage irgendwie doch ähneln. Anders, als wenn man auf Reisen ist. Aber auf der einen Seite fehlt vielleicht der Mut, etwas grundlegend zu ändern und auf der anderen Seite fühle ich mich auch gegenüber meiner Familie verpflichtet, da zu sein, wenn ich gebraucht werde. Was soll's... egal! Die nächste Tour kommt bestimmt.

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(Manni Breuckmann)


 
 
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