Mit Daniel, einem meiner Iran-Reisegenossen, stand die lose Idee im Raum, mal eine ausgedehntere gemeinsame Tour zu veranstalten. Trotz räumlicher Nähe waren wir noch nie länger zusammen auf Achse. Nach Überlegungen in verschiedene Richtungen, konnte ich sein Interesse für das südliche Zentralamerika wecken. Der von mir bevorzugte Reise-Zeitraum sollte unbedingt die Ostertage einbinden, da man dadurch ja wertvolle Urlaubstage einsparen kann. Und da eine Woche nach Ostern der Clasico in Costa Rica anstand, passte das schon ganz gut zusammen. Aber es wurde dann doch noch kompliziert, um die eigenen Ansprüche zufriedenstellend zu bedienen. Die Nachbarstaaten Panama und Nicaragua sollten ebenfalls eingebunden werden. Im Januar wurden immer wieder die einschlägigen Online-Portale gecheckt, da die letztgenannten Länder noch keine Spielpläne rausgehauen hatten. Als es dann soweit war, kehrte ein wenig Ernüchterung ein. Der Latino an sich ist ja ein grundsätzlich gläubiger Mensch und sowohl die Panamaer als auch die Nicaraguaner schickten sich an, das Osterfest zu respektieren und setzten keine Spiele für dieses Wochenende an. Das war schlecht, da aufgrund der Terminierung des Costa Rica-Clasico eines der beiden Länder an Ostern hätte fallen sollen. Was tun? Auf eines der Länder verzichten? Eine Option, aber keine wünschenswerte. Da Daniel mit Vorbereitungen für seine USA-Reise im März ziemlich ausgelastet war, lag der fundamentale Orga-Krempel bei mir. Also überlegte ich von rechts nach links und wieder zurück und checkte dies und das. Da ich auf dem unsäglichen asozialsten Netzwerk aller sozialen Netzwerke die 'Urlaubspiraten' abonniert habe, flattern einem ja beinahe tägliche gute Flug-Schnäppchen vor die kurzsichtige Linse. Um mal eben abzuschweifen - ich könnte beinahe täglich den 'Buchen'-Button klicken, so viele Ideen kommen mir durch diese Reiseschnäppchen-Portale auf. Verdammte Reisesucht! Jedenfalls fiel mein getrübter Blick irgendwann auf günstige Flüge nach Kolumbien. Kurz ein wenig recherchiert und siehe da - in Kolumbien wurde in den letzten Jahren an Ostern immer fröhlich gekickt. Und da auch für die anstehende Runde am betreffenden Wochenende ein Spieltag angesetzt war, baute ich nach Rücksprache mit Daniel dieses Land in die Planung ein. Ein paar Tage dauerte es und dann konnte die Gabel DUS-MAD-BOG und PTY-MAD-DUS für faire 588 Euro pro Person ergattert werden. Leider mit Iberia. Nicht grad die bevorzugte Airline, aber auf süd- und mittelamerikanischen Relationen sind die Spanockel nun mal stark und irgendwat is ja immer. Damit stand das ganz grobe Grundgerüst. Nun hieß es die entsprechende Verbindung von Kolumbien nach Mittelamerika zu finden und jetzt wurde es erst richtig interessant.
Zwischen Panama und Kolumbien liegt der 'Darién', auch als 'Tapón del Dárien' bekannt, was übersetzt soviel wie 'Darién-Hindernis' bedeutet. Dieses ist die letzte Lücke der berühmten 'Panamericana', der Straßenverbindung zwischen Nord- und Südamerika. Der 'Darién' ist ein bergiges, wie sumpfiges Regenwaldgebiet im Grenzbereich der beiden Länder. Etwa einhundert Kilometer Straße fehlen zum Lückenschluss. Ob diese jemals gebaut werden ist fraglich. Der politische Wille der Anrainer-Staaten ist zwar vorhanden. Aber neben dem aufgrund der geographischen Bedingungen sehr aufwändigen Bau, stehen Interessen der Naturschützer und der indigenen Einheimischen dagegen. Und nicht zuletzt schränken operierende Guerilla-Gruppen die Bewegungsfreiheit ein. Diese Gefahr außen vor gelassen, ist es derzeit nur möglich diese Gegend per Pedes oder mit geländegängigen zwei- oder vierrädrigen Fahrzeugen zu bewältigen. De facto ist aber auch der Abenteuer-Tourismus aufgrund der Aktivitäten der Guerillas nahezu zum Erliegen gekommen. Im Umkehrschluss - die wieder aufgenommene Fährverbindung von Cartagena nach Colon außer Acht gelassen - gab es für uns also nur die Möglichkeit, den Weg durch die Luft zu wählen. Selbst mit dem nötigen Schuss Abenteuerlust, würde die Nummer auf dem Landweg oder auch die Fährfahrt deutlich zu viel Zeit kosten. Nun gibt es aber in Lateinamerika Low-Cost-Airlines nur auf inländischen Strecken. Bei internationalen Zielen, selbst bei verhältnismäßig kurzen Wegen, muss man schon nen größeren Peso in die Griffel nehmen. Die Suche nach einer günstigen Verbindung von Bogotá nach Panama blieb aber leider ergebnislos. Da abzusehen war, dass die Geschichte also mehr ins Budget einschlagen würde als erwartet oder erhofft, beschlossen wir die Flug-Aktivität auszuweiten. Wenn schon viel Geld investiert werden müsste, dann sollten auch die beiden notwendigen circa siebzehnstündigen Busfahrten zwischen Panama City und dem costa-ricanischen San José erschlagen werden. Dachten wir zu diesem Zeitpunkt jedenfalls zuversichtlich. Die Suche galt also nun der Gabel BOG-SJO und SJO-PTY. Daniel ließ mir freie Hand, da er mittlerweile zu seiner dreiwöchigen Reise in die Staaten aufgebrochen war. So glühte der Messenger-Draht regelmäßig, um ihn über den Stand der Ermittlungen auf dem Laufenden zu halten und ihm die eine oder andere Willenserklärung abzuringen. Dazwischen funkte dann noch die Bekanntgabe der Termine der 'Copa Libertadores', dem südamerikanischen Pendant zur europäischen 'Champions League'. So bot sich doch urplötzlich die Möglichkeit, mit einem Heimspiel von Deportivo Táchira, im zu Kolumbien grenznahen San Cristóbal beheimatet, einen Abstecher nach Venezuela zu machen. Zugegeben - die Aussicht darauf, die Statistik mit dem Länderpunkt Venezuela bereichern zu können war verlockend und ließ mich einige Tage nach den passenden Verbindungen zu suchen, um die die Tour um diesem Ausritt zu ergänzen. Die Verbindung gab es auch, aber sie wollte sich einfach nicht mit einem vertretbaren Preis präsentieren. Also wurde der Venezuela-Gedanke wieder gestrichen und letztlich die anvisierte Gabel nach San José und weiter nach Panamá für 430 Euro mit 'Avianca' als jeweiliger Direkt-Flug gebucht. Es wäre auch knapp 40 Euro günstiger möglich gewesen, aber das hätte den Umweg über Lima bedeutet, also erst einmal 2.000 Kilometer nach Süden, dann mehrstündiger Aufenthalt und schließlich wieder 2.500 Kilometer nach Norden, statt nur 1.300 Kilometer non-stop. Dieser Aufwand schien uns die relativ geringe Ersparnis nicht wert, zumal auch die Abflugzeit der Direkt-Verbindung freundlicher war. Also war der flug-logistische Part nun in trockenen Tüchern. So jedenfalls die einhellige Meinung. Dass es alles anders kommen würde, konnten wir zu diesem Zeitpunkt nicht im Ansatz erahnen. Doch dazu später mehr. Damit es aber nicht langweilig wurde, erregte knappe drei Wochen vor dem Abflug nach Kolumbien und damit gut dreieinhalb Wochen vor dem Eintreffen in Costa Rica die Meldung Aufsehen, dass der Vulkan 'Turrialba' einen üblen Schluckauf erlitten hatte. Dummerweise war ihm dabei eine mächtige Asche-Wolke entglitten, die erst einmal den nur 80 Kilometer entfernten internationalen Flughafen lahm legte. Dieser konnte zwar 24 Stunden später wieder freigegeben werden, aber Experten befürchteten weitere Aktivität des unruhigen Riesen. Es blieb also spannend, aber der rebellierende Fels blieb dann doch ruhig. So weit die schon viel zu lange Vorgeschichte.
Fr. 03.04. - Anreise
Am Karfreitag war die Nacht um 5:20 Uhr vorbei. Die Herzdame fuhr mich zum Airport, wo Daniel schon eingetroffen war. Check in erledigt und dann gab es ein Tour-Eröffnungs-Weißbier, bevor der 'Iberia Express'-Zubringer pünktlich um 8:00 Uhr gen Madrid in den Himmel stieg. Ich war vor ein paar Jahren schon einmal mit der Billig-Sparte der größten spanischen Airline geflogen und es war erneut ein 'begeisterndes' Erlebnis. Dass kein Bordservice inkludiert war, wusste ich vorher - geschenkt. Aber dass der Sitzabstand noch geringer als in den Maschinen des Herrn Ryan ist, hatte ich wohl verdrängt. Da das Dingen auch komplett ausgelastet war, entwickelte sich die Reise zur wahren Freude. In Madrid-Barajas mussten wir das Terminal wechseln. Ganz so klein ist der Flughafen ja auch nicht und so mussten wir die kostenlose Untergrund-Verbindung zum Satelliten-Terminal nutzen. Zeit für Cerveza war natürlich noch, bevor wir den sehr neu wirkenden Airbus 340-600 boardeten, mit dem es mit nur wenig Verzug um viertel nach zwölf auf die Langstrecke ging. Ich bin zwar mit Iberia noch nie lange Wege geflogen, aufgrund von Augenzeugen-Berichten war ich aber sehr skeptisch. Musste ich dann zumindest diesen Flug betreffend komplett revidieren. Der Bordservice war sehr gut und zuvorkommend und Inseat-Entertainment mit reichlich Filmen in deutschsprachiger Fassung gab es auch. Ich hätte gern ein wenig geratzt. Der Luftbus war auch nicht voll, aber es waren dann halt doch nicht ausreichend Plätze nebeneinander frei, dass man sich hätte lang machen können. Da ich im Sitzen nicht gut schlafen kann und es eh ein Tag-Flug war, hatte sich das mit dem Ratzen also erledigt. Trotzdem waren die zehneinhalb Stunden erträglich und nach ein paar Cerveza 'Mahou' und ein paar Filmen setzten wir on-time um halb vier nachmittags Ortszeit (minus sieben Stunden zu Deutschland) auf dem 'El Dorado'-Airport in Bogotá auf. Geschlaucht war man trotzdem und so wurde nach den Einreise-Formalitäten und der Beschaffung hiesiger Währung (2.500 Peso entsprechen circa einem Euro) die kurze Überlegung, sich mit Öffis zum Hotel durchzuschlagen, verworfen und den Taxista der Vorzug gegeben. Außerdem darf man nicht vergessen, dass Bogotá in 2.600 Metern Höhe liegt, woran sich der Kreislauf auch erst einmal gewöhnen muss. Vom Aeropuerto weg ist Bescheißen für die Gilde fast nicht möglich, da dort alles strikt geregelt ist und nur autorisierte Fahrer angreifen dürfen. Schwarze Schafe gibt es natürlich überall. Wir hatten aber ein weißes Schaf erwischt und der ältere Amigo schaltete artig den Taximetro ein und versorgte uns gar noch mit einem kostenlosen Stadtplan. Zwanzig Minuten später überreichten wir dem Mann 25tsd Peso, was mit Feiertags- und Flughafen-Zuschlag nicht zu viel erscheint. Unser Zimmer mit eigenem Bad im 'Ambar Hotel', nahe dem historischen Viertel im Stadtteil 'La Candelaria', kostete inklusive Frühstück für vier Nächte knapp 290tsd Peso, etwas weniger als 110 Euro. Kurz sortiert und dann mal auf die Straße, wobei uns klar war, dass am Karfreitag, der in einem hochkatholischen Land natürlich Gewicht hat, nicht viel los sein würde. Die Prophezeiung von Jorge, dem Rezeptionista, dass wohl keine oder nur wenige Restaurants geöffnet sein würden, ging mehr als auf. Lediglich auf der zum 'Plaza Bolivar' führenden Straße waren viele Stände aufgebaut. War so ne Art Mini-Straßen-Rummel. Entgegen meiner Internet-Recherche, dass sich der Karfreitag alkfrei gestaltet, fanden wir einen geöffneten Supermarkt, in dem es Bier zu kaufen gab. Auf dem Rückweg zum Hotel erwarben wir an einem Straßengrill noch zwei widerliche Chorizo - meine Fresse, was für eklige Dinger, möchte gar nicht wissen, was da in der Küche zusammengefegt wurde - und wurden Zeugen eines Meerschweinchen-Rennens. In der Butze ging es dann nur noch ein wenig ins Internet, zwei Dosen Cerveza wurden auch noch getötet und gegen 21:00 Uhr war der Akku nach knapp 23 Stunden ohne Schlaf dann endgültig leer.
Sa. 04.04. 17:00 - Independiente Santa Fé vs Deportivo Pasto 4:0 (Primera A), 11.555 Zuschauer (70 Gäste)
Der Hellhörigkeit des Gebäudes und dem Geschnarche des Mitreisenden wirkte ich mit den mittlerweile zur Standard-Ausrüstung gehörenden Silikon-Stöpseln entgegen. Da der Körper aber natürlich nicht so schnell umzupolen ist, wurde ich nach 6:00 Uhr das erste Mal wach. Ein wenig wurde noch gedöst und gegen 8:00 Uhr wurde die schön warme Dusche genutzt. Frühstück unspektakulär, aber besser als erwartet. Nach ein wenig Chillen im Zimmer wollten wir dann gegen 11:00 Uhr mal gen 'Terminal de Transporte', dem zentralen Bus-Bahnhof - weitere gibt es im Norden und Süden der Stadt - starten. Letzte Aktion vor dem Verlassen des Zimmers war noch einmal der Check der Anstoßzeiten. War ne gute Idee, denn wir durften feststellen, dass der Liga-Verband den Spieltag nochmal ordentlich durchgeschüttelt hatte. Das anvisierte Spiel im 150 Kilometer nordöstlich liegenden Tunja fand zwar heute statt, wenn auch zwei Stunden später als noch gestern gesehen, aber der Kick von Santa Fé war von Sonntag auf den heutigen Samstag vorgezogen worden. What the f...?! Also Plan-Änderung. Statt Tunja nun um 14:00 Uhr der Kick von La Equidad, dem kleineren der drei Erstliga-Clubs der Stadt und um 17:00 Uhr dann Santa Fe. Vor dem ersten Spiel war nun noch ausreichend Zeit für einen Rundgang durch das historische Viertel. Als wir das Hotel verließen war das Wetter noch sehr bescheiden. Trocken mit Schauerneigung und tiefe Wolken über der Bogotá.
Der erste Weg führte zum 'Plaza Bolivar'. Dieser ist natürlich benannt nach dem führenden Freiheitskämpfer, der die Unabhängigkeit der südamerikanischen Staaten von der spanischen Kolonialherrschaft voran trieb, und dessen Denkmal die Plaza schmückt. Der Platz wird gesäumt von wichtigen Gebäuden, der Kathedrale, dem Rathaus, dem Kongress und dem Justizpalast, die je eine Flanke einnehmen.
Letzterer ist das einzige neuere Gebäude. In den 80ern verschanzten sich hier Guerillas und nahmen Geiseln, worauf das alte Gebäude dermaßen zusammen geschossen wurde, dass ein neues errichtet werden musste. Von dort schlurften wir ein wenig durch das angrenzende Viertel. Ganz nett ist es. Ein paar schöne Häuser und Kirchen sind zu entdecken, aber insgesamt schien alles räumlich sehr begrenzt. Hatte ich mehr erwartet, vielleicht hatten wir aber die richtig sehenswerten Ecken auch noch nicht entdeckt. Höheres Bedürfnis war aber erst mal ne Hopfen-Kaltschale. Das klassische einfache 'Glas-Bier-Geschäft' existiert aber leider nicht an jeder Ecke. Unser Weg führte uns auch entlang der 'Carrera 10' (Straßen sind ja beinahe ausschließlich nummeriert), wo auch einige weniger wohnlich aussehende Gebäude zu bestaunen waren.
Unsere Sucht konnten wir in einem italienischen Restaurant nahe unseres Hotels befriedigen. Jedes noch so kleine Restaurant, jedes 'McDonalds' oder 'Subway', jeder Supermarkt, jeder Klamottenshop hat übrigens eigenes Wachpersonal. Wird vermutlich auch nicht ganz unbegründet sein. Auch die Policia ist an jeder zweiten oder dritten Straßenecke präsent. Eine Portion Maccaroni Bolognese hielt auch noch Einzug in den Verdauungstrakt und dann war es an der Zeit, zum ersten Kick aufzubrechen. Doch als wir vor die Tür traten, hatte sich das Wetter deutlich gebessert. Der Himmel war aufgerissen und die tieferen Wolkenschichten hatten sich verzogen. Damit wurde der Blick auf den 'Cerro Monserrate' frei. Dabei handelt es sich um den 3.152 Meter hohen Berg oberhalb von 'La Candelaria', auf dem sich eine Kirche befindet, die gleichermaßen Wallfahrts- uns Ausflugsort ist. Da wir das unbedingt machen wollten und die Wettervorhersage für unsere Zeit in Bogotá durchwachsen wir, erkannten wir unsere Chance und beschlossen nach kurzer Beratung eine erneute Plän-Änderung.
Diese hieß Verzicht auf den ersten, weil eh nicht sonderlich interessanten, Kick und stattdessen die Monserrate-Nummer. Mit Seil- oder Zahnradbahn kommt man hinauf. Samstag ist es teurer als an anderen Tagen und pro Person wechselten 17tsd Peso (etwa 6,80 Euro) für den Round Trip den Eigentümer.
Nach ein wenig Warterei - Ostern will halb Kolumbien auf den Berg - brachte uns der Funicular hinauf. Oben war ziemlich die Hölle los und unser Kreislauf erinnerte uns daran, dass wir uns in solcher Höhe besser etwas langsamer fortbewegen sollten. Aber der Blick über die riesige Stadt entschädigte dafür.
Bogota hat sieben Mio Einwohner, in der gesamten Metropolregion leben über acht Millionen Menschen. Die Stadt ist eine der am schnellsten wachsenden Ballungsräume Südamerikas. Bogotá liegt in einer Anden-Hochebene. Vor uns eröffnete sich ein riesiges bebautes Gebiet, dass erst am Horizont von Bergzügen begrenzt wurde. So standen wir eine ganze Weile und genossen die Aussicht. Dann noch ein kurzer Blick in die unscheinbare Kirche und ab nach unten in die Stadt. Der Ausritt hatte uns mächtig dehydriert und was kann einen besser auf Vordermann bringen, als eine kühle Tasse Bier. Jetzt fanden wir auch endlich mal ne vernünftige Spelunke in der es keine Kompromisse gab. Die Karte führte keine Speisen, sondern ausschließlich Getränke. Die überwältigende Mehrheit davon war alkoholischer Natur. Aber bald war es Zeit, sich zum 'El Campin' aufzumachen. Hierfür stellten wir uns mal der Herausforderung 'Transmilenio'. Das ist das Schnellbus-System der Metropole. Da man vor Jahrzehnten zu lange um den Bau einer U-Bahn herum diskutierte, genauer gesagt knapp dreißig Jahre, entschied man irgendwann, das Bussystem auszubauen. Die Busse fahren auf eigenen, teilweise zweispurigen Fahrspuren und sind vom normalen Straßenverkehr nahezu unabhängig. Das System ist für Neu-Einsteiger (welch treffender Ausdruck) recht anspruchsvoll, da es auf den verschiedenen Strecken unterschiedliche Variante gibt. Es gibt die normalen Busse, die an jeder Haltestelle halten, aber auch diverse 'Expresos' und 'Super-Expresos', welche viele Haltestellen überspringen. Die Fahrpläne sehen auch dementsprechend chaotisch aus, aber es sollte schon irgendwie klappen. Die erste Hürde war die Ticketbeschaffung. Da wir von der falschen Seite an die Haltestelle 'Museo del Oro' herantraten - diese sind ähnlich wie Metro-Stationen, recht lang und mit erst bei Halt des Busses öffnenden Türen zum 'Gleis' - war hier kein Bezahlschalter, sondern nur ein Automat, für den man aber eine vorab zu erwerbende wiederaufladbare Karte benötigt. Hatten wir nicht und aufgrund sprachlicher Differenzen war auch die Kontroll-Tussi nicht sehr daran interessiert, uns zu helfen. Die Lösung hieß dann Lorena. Eine kleine hübsche Kolumbianerin war so freundlich, gegen entsprechendes Entgelt, zwei Fahrten für uns auf ihre Karte zu laden. 1.500 Peso kostet eine Fahrt und hat man das System durch das Drehkreuz einmal betreten, kann man ohne zeitliche Begrenzung kreuz und quer mit Umstiegen durch die Gegend fahren. Das nenne ich fair. Auch Lorena musste an der Station 'Ricaurte' umsteigen und brachte uns noch zum richtigen Abfahrtspunkt unseres Anschlusses. Gracias! Nett sind sie ja, die kleinen Kolumbianerinnen.
Am 'Estadio Nemesio Camacho', auch 'El Campin' genannt, war mehr los als erwartet. Vertraute südamerikanische Fußballgesänge drangen in unsere Gehörgänge. Wir waren relativ knapp dran und die Schlange an der einzigen Boleteria verdammt lang, so dass wir uns gezwungen sahen uns vorne anzustellen. Nicht nett, aber wir sind ja auch keine kleinen Kolumbianerinnen. Für 25tsd Peso gab es ein Ticket für den schmalen, überdachten Oberrang der Gegenseite.
Das Stadion ist ein großes Oval und bietet Platz für knapp 48tsd Menschen. Die Haupttribüne ist etwas höher und rundherum sind nur die oberen zehn Reihen mit einem schmalen Dach versehen. Der schmale Oberrang wird in den Kurven unterbrochen und dort zum breiten Oberrang mit einem schmalen Unterrang. Etwas merkwürdige Bauweise und auch nicht sinnig, weil deshalb Plätze mit eingeschränkter Sicht entstehen, aber sieht extravagant aus. Zu unserer Rechten befanden sich etwa siebzig Gäste-Anhänger, vermutlich eher 'Exilanten' als wirklich aus dem 750 Kilometer entfernten Pasto angereist, die nach Kräften versuchen ihr Team zu supporten, aber gegen die Santa Fé-Hinchada keine Chance hatten.
Die Stadt hieß früher übrigens Santa Fe de Bogotá, so dass die Herkunft des Vereinsnamens nahe liegt. Der Kurvenblock der 'Guardia Albi - Roja Sur' war mit Bändern im Südamerika-Style schön geschmückt und nachdem sich dieser bis zur fünfzehnten Minute ganz gut gefüllt hatte, schwappte auch ein schöner Dauer-Sound zu uns rüber. Das war mehr als erwartet, denn gegen den uninteressanten Gegner aus der Grenz-Region zu Equador hatte ich mit ner Luftnummer gerechnet. Der Kick nahm gegen den Tabellenletzten nach ein paar Anfangs-Schwierigkeiten den erwarteten Verlauf und vier Tore Später durften sich die Gastgeber dank günstiger Konkurrenz-Resultate über die Tabellenführung freuen.
Highlight des Spiels war ein junges Mädel, dass einige Meter von uns entfernt ihre eigene One-Woman-Show feierte und jede Hüpfeinlage und jeden Gesang der Kurve mitmachte und nicht damit sparte, auf unterster Schiene gegen die Gäste zu pöbeln. Nette Zusatz-Unterhaltung. Wir liefen mit einem Verteidigungsbier bewaffnet etwa eineinhalb Kilometer die 'Calle 57' entlang in den Stadtteil 'Chapinero', der zweite Flecken der Stadt, der für Touris ziemlich gefahrlos geeignet sein soll. Am 'Plaza de Lourdes' fanden wir ein paar Bars und wie ein paar erwachte Straßenhunde stürmte eine Armada von Schleppern auf uns los und pries den eigenen Laden als den besten an. Auf sowas reagiere ich ja immer total allergisch und so bekam das Etablissement den Zuschlag, dass eben niemanden entsandte, um Touris zu entführen. Ein paar Cerveza 'Club Colombiana' später, bestiegen wir ein Taxi und waren nach 9.300 Peso wieder in 'unserem' Barrio. Dort gab es auch noch ein bisschen was auf die Geschmacksnerven und gegen 23:00 Uhr war der Akku dann leer. Ab in die Falle.
So. 05.04. 20:00 Deportes Tolima vs CD Once Caldas 1:1 (Primera A), 5.000 Zuschauer (300 Gäste)
Die Umstellung auf die neue Zeitzone ist noch nicht vollendet, so dass ich irgendwann gegen 7:00 Uhr wach geworden sein muss und nach ein wenig Hin- und Her-Wälzerei die Nacht für beendet erklären musste. Wirklich ausgeruht fühlt sich anders an. Nach dem Frühstück wieder ein wenig Abhängen im Zimmer und dann brachen wir zum Bus-Terminal auf. Dazu nutzten wir wieder den 'Transmilenio'. Am Bus-Terminal wurde es etwas problematisch. Die Hinfahrt in das 190 Kilometer entfernte Ibagué war erwartungsgemäß die leichtere Übung. Allerdings fanden wir keine Gesellschaft, die eine Rückfahrt zu einem späten Zeitpunkt nach dem Spiel anbot. Also entschieden wir, einfach hinzufahren und in Ibagué nach Möglichkeiten zu suchen und im Notfall dort eben ein Hotel zu nehmen. 'Expreso Bolivariano' bekam für 29tsd Peso pro Schnapsnase im Mini-Bus den Zuschlag. Und so ging es durch den dicken Verkehr der Agglomeration von Bogotá über gut ausgebaute aber teilweise arg zerrupfte Schnellstraßen gen 'Departamento del Tolima', dessen Hauptstadt die 470tsd-Einwohnerstadt Ibagué ist. Gut dass wir nicht in die Gegenrichtung unterwegs waren, denn dort gab es einen vierzig Kilometer langen Stau. Vermutlich wird das Oster-Wochenende zum (Kurz-)Urlaub genutzt und die Massen drängten zurück in die Hauptstadt.
Die Landschaft war abwechslungsreich und faszinierend. Wir fuhren durch bewaldete Gebirgslandschaft, Regenwaldgebiete, landwirtschaftlich genutzte Flächen, über wilde Flüsse und über und durch tiefe Täler. Da unser Fahrer den für Südamerika typischen wie notwendigen Schuss Wahnsinn im Blut hatte, kamen wir bereits nach drei statt der üblichen mindestens dreieinhalb Stunden an. Erste Aufgabe war, nach einer Rückreisemöglichkeit zu suchen. Im Terminal war es brechend voll. An den Schaltern für die Busse nach Bogotá waren fünfzig Meter lange Schlangen. Wir drängelten uns immer mal dazwischen, fragten hier, fragten da, aber alle verneinten eine Abfahrt nach 22:00 Uhr. Fragen war sowieso relativ. Da ja kaum mal jemand des Englischen mächtig ist und sich mein Spanisch-Fundus auf dreißig Worte beschränkt, schrieb ich die gewünschte Abfahrtzeit und das Ziel auf einen Zettel. Schnallte dann auch jeder, aber die Verbindung schien es trotzdem nicht zu geben. Letzter Versuch war die Dame am allgemeinen Info-Schalter. Diese rief einen Mitarbeiter des Terminals heran, der uns wiederum zu einer Kollegin brachte. Verständigung schwierig, aber immerhin war unser Anliegen klar. Die Policia diskutierte zwischendurch auch mal mit und plötzlich stand ein Mann mittleren Alters dabei, der lupenrein 'Ingles' sprach und für uns dolmeschte. Nachtbusse sollte es auf jeden Fall geben. Hintenrum wurden wir an das Büro von 'Auto Fusa' geführt, wo ein Mitarbeiter meine Ausweis-Nummer notierte. Wir sollten einfach abends wiederkommen und uns bei ihm melden, er hätte zwei Plätze für den Bus um 23:00 Uhr reserviert. Na geht doch. Warum das so ein Aufwand war, und einem keiner mitteilen konnte, dass diese Gesellschaft, die haufenweise Busse im Einsatz hat, auch abends spät noch Verbindungen anbietet, wird ein ewiges Geheimnis bleiben. Muchas Gracias an alle. Vielen Dank, viel spaß und tschüss, war schön! Letzte Zweifel blieben, ob alles auch so klappen würde. Jetzt hat wir uns aber erst mal Cerveza verdient.
Wir machten uns dann auf den zwanzigminütigen Fußweg zum 'Estadio Manuel Murillo Toro'. Schade, dass die Berge sehr wolkenverhangen waren, denn Ibagué liegt sehr schön in einem Nationalpark mit schneebedeckten Vulkanen, wovon aber leider nichts zu sehen war. Trotzdem die Sonne nicht in voller Kraft schien, waren es locker 25 Grad. Es gab zwar keinen Grund, sich wirklich unsicher zu fühlen, aber wenn man in die Nebenstraßen blickte, die in die Barrios führten, schien es ratsam, diese besser zu meiden. Sah teilweise schon verdammt asselig aus, sehr typisch südamerikanisch sozusagen. An jeder dritten Ecke wurden wir auch angequatscht und nach 'Monetas' gefragt, aber bedrohlich wurde es in keiner Weise, nur nervig. Auffällig, dass man grundsätzlich nur von männlichen Personen angelabert wird, während einen der weibliche Bevölkerungsteil eher mit großen Augen anstarrt. Kann aber auch an meiner beeindruckenden Schönheit liegen. Wahrscheinlich sogar!! Kann ja gar nicht anders sein.
Kurz vor der Cancha, fragte dann ein junger Typ im Trikot des Heim-Vereins nach Geld. Offensichtlich sammelte er sich den Eintritt zusammen. Endlich mal ein guter Zweck. Da gab ich doch gern ein paar Peso dazu. Wir umrundeten die Ranz-Bude einmal, nur ne halb so gute Idee, da wir auch die Heimkurve passierten, vor der die Barra von Tolima verweilte und wir natürlich extrem auffielen. Auch keine wirklich gefährliche Situation, da es noch hell war, aber der Anlaber-Faktor war um ein Vielfaches höher. Das braucht ja kein Mensch, also weg hier. Wir erstanden für 21tsd Peso wieder Boletos für die Gegengerade. Nun war noch genug Zeit, ein Huhn zu reißen. Das taten wir in einer Grillbar unweit des Stadions. Gegrillte Hühnerteile mit Kartoffeln, Salsa-Soße und einem Stück Grill-Banane. Lecker! Dazu gönnten wir uns jeder drei Cerveza und die Rechnung betrug am Ende keine 20tsd Peso, acht Euro. Unglaublich. Touris scheinen hier nicht oft aufzukreuzen, sonst hätte der Wirt gewusst, dass er uns hätte maßlos bescheißen müssen.
Zeit für Fusek. Witzigerweise habe ich Deportes Tolima bereits einmal gesehen. In der 'Copa Libertadores' waren sie vor zwei Jahren Gegner von Cerro Porteno aus Asuncion in Paraguay, wo ich auf der damaligen Tour weilte. Das 'Manuel Morillo' ist eine herrliche Gammelbude. Benannt ist es nach einem ehemaligen Staatspräsidenten und gebaut wurde es vor genau sechzig Jahren. Obwohl es scheint, dass seitdem nichts daran getan wurde, hat es einige Ausbaustufen erlebt, so dass heute 30tsd Menschen Platz finden.
Nur die Hauptseite verfügt über eine kleine Überdachung und doch übt so eine schlichte, verschlissene Cancha eine Riesen-Faszination auf mich aus. Schätzungsweise 4tsd Zuschauer hatten sich zum Vergleich zweier Teams aus der unteren Tabellenhälfte versammelt. Aus dem 170 Kilometer entfernten Manizales, Heimatstadt von Once Caldas, waren vier Busladungen und einige Individual-Besucher angereist. Die mit Bändern und Bannern typisch geschmückte Heimkurve legte ganz gut los. Obwohl die Kurve nicht sehr voll war, gab es einen richtig guten Sound über die gesamten 105 Minuten inklusive der Halbzeitpause. Ich steh total auf diese fetten Trommeln. Vor allem beim Beginn neuer Lieder, wenn die Dinger dann nach Intro-Gesang mit fettem Klang einsetzen.
Die üblichen ergänzenden Instrumente, wie Trompeten und Becken waren auch im Einsatz. Die Kurve gab gemessen an der Besetzung eine exzellente Vorstellung ab. Überall hüpften die Hinchas in der typischen Haltung locker aus der Hüfte, manches Mal der gesamte Block, egal ob jung, alt, männlich oder weiblich. Sowieso faszinierend, wie die Mädels hier beim Fußball teilweise abgehen. Vom Spiel habe ich eigentlich kaum was gesehen, weil der Blick ständig an der Hinchada festklebte. Beinahe automatisch wippen das rechte oder linke Bein und der Kopf im Takt mit. Man kann sich der Energie der südamerikanischen Kurven einfach nicht entziehen. Ein Vergleich ist zwar kaum möglich, aber diese unglaubliche Intensität kann keine deutsche Kurve vermitteln, aber das ist natürlich auch eine Sache der Mentalität. Die Gäste waren auch immer in Bewegung, aber man vernahm sie beinahe nicht. Nicht einmal nach dem frühen Führungstor, dass die Barra von Tolima einfach übersang. Der wunderschön herausgespielte Ausgleich wurde mit einem schönen Sturm die Stufen zum Zaun herunter gefeiert. In der zweiten Hälfte gab Deportes unaufhörlich Gas, aber das entscheidende Tor wollte einfach nicht fallen. Schade, so ein Siegtreffer in der zweiten Minute der Nachspielzeit hätte das Fass sicher noch zum Überlaufen gebracht. Ich hätte es ihnen gegönnt. Nach kurzer Blocksperre, bis die Gäste verfrachtet wurden, enterten wir einen Taxista und fuhren zum Busbahnhof. Der Typ vom Nachmittag, für den alles kein Problem schien, war natürlich nicht mehr da. Eine der Tanten, die nun in dem Büro war, wusste aber defintiv Bescheid, das war an der Reaktion zu erkennen. Uns zu helfen, war sie trotzdem nicht gewillt. Drauf geschissen - selbst ist der Mann und letztlich ließen sich ganz einfach vorn am Ticket-Schalter die notwendigen Mitfahr-Berechtigungen erwerben. Um viertel vor elf fuhren wir ab. Trotz des Gerüttel im Fahrzeug schlief ich recht schnell ein und als ich aufwachte hatten wir nach weniger als drei Stunden schon wieder die Vorstädte der Riesen-Metropole erreicht, obwohl es den Großteil der Strecke bergauf ging. Ibagué liegt auf 1.250 Metern, also gut 1.400 Meter tiefer als Bogotá. Offenbar war auch dieser Fahrer geisteskrank genug, die übliche Fahrzeit zu unterbieten. Vom Bus-Terminal fuhren wir mit dem Taxi zum Hotel zurück - rote Ampeln sind zu dieser Uhrzeit offenbar nur eine nette Empfehlung - wo wir dann gegen halb drei müde in die Federn fielen.
Mo. 06.04. 18:30 - Fortaleza FC vs Bogotá FC 2:2 (Primera B), 300 Zuschauer (30 Gäste)
Ich konnte sogar relativ lange bis 9:00 Uhr schlafen. Vermutlich eher der Müdigkeit geschuldet, als dass sich der Körper eingewöhnt hätte. Daniel war schon zum Frühstück, das für mich nicht mehr erreichbar war. Er legte sich dann wieder was hin, während ich ein paar Zeilen an dem Schmier hier schrieb und nach zwölf latschten wir mal wieder Richtung 'Plaza Bolivar', schauten hier und da und landeten dann völlig entkräftet in einem Grill-Restaurant, wo wir eine große Portion Spare Ribs orderten. Das heißt, dass es Rippchen waren, offenbarte sich uns erst als die Teller gebracht wurden. Wir hatten uns eigentlich etwas anderes vorgestellt. Weiter ging es zum nahen 'Museo del Oro', durch das wir mal stolpern wollten. Dann war es aber doch am Montag geschlossen, obwohl das Internet etwas anderes aussagt. Und dann darf man sich noch fragen, warum man unmittelbar vor dem Eingang von so nem Zettel-Verteil-HiWi einen Flyer in die Hand gedrückt bekommt, auf denen eine Öffnungszeit am Montag aufgeführt ist! Dann eben kein Gold-Museum, wer braucht schon Gold. Stattdessen latschten wir nochmal tiefer ins Viertel 'La Candelaria'. Zwar sah es dort in der Tat ein wenig 'historisch' aber eben auch touristisch aus. Wir nahmen noch hier und da ein Getränk zu uns und brachen dann per 'Transmilenio' zum 'Estadio Metropolitano de Techo' auf, wo der heutige Primera B-Clasico der beiden Zweitliga-Clubs der Stadt über die Bühne gehen sollte. Die Bus-Haltestellen waren aber schweinevoll und aufgrund einsetzender Dämmerung und damit einhergehender Kühle, beschlossen wir, Jacken aus dem Hotel zu holen und ein Taxi zu nehmen. Es waren nun noch knapp fünfzig Minuten bis zum Kick-Off und ein Taxi war schnell gefunden, aber wir hatten die Rechnung ohne die beginnenden Rush-Hour gemacht. Bis wir auf der Schnellstraße waren, verging Minute um Minute und wir kamen erst fünfzehn Minuten nach dem Kick-off an der Cancha an. Am offensichtlichen Eingang waren keine Boleterias zu entdecken und einer der Ordner schickte uns um die Ecke. Da der Ground aber von einem kleinen Vergnügungspark umgeben ist, sind die Wege weit und es war kein Ticketschalter zu entdecken. Überhaupt war die ganze Situation komisch. Es sah nach einem Kick unter Zuschauerausschluss aus, denn von drinnen war nicht viel zu hören, wobei ja auch nicht viel zu erwarten war. Dagegen sprach aber der professionell aufgebaute Einlass. Also wieder hin. Der Schwachkopf von vorhin tat plötzlich völlig überrascht, als hätte er uns zuerst nicht verstanden. Letztlich wurden unsere Namen ohne großes Gekasper auf eine Liste eingetragen und wir konnten den Ground betreten. Dieser ist nichts Besonderes. Ein wenig merkwürdig zusammengeschustert.
Reines Fußballstadion für etwa 10tsd Zuschauer, auf der Hauptseite zwei nicht ganz baugleiche überdachte, zueinander leicht angewinkelte Tribünen und hinter einem Tor und auf der Gegenseite unüberdachte Sitzränge. Hinter dem anderen Tor findet man nur den Zaun zum Vergnügungspark. Es war nur eine der beiden überdachten Tribünen geöffnet. Auf dieser befanden sich circa 300 Leute. Ein paar Frauen, vermutlich Mütter der Spieler, versuchten sich mit Luftballons und Piepsgesang im Bekloppten-Support und ein paar anwesende Jugendspieler des Gäste-Teams riefen ab und an irgendeinen offensichtlichen Blödsinn dazwischen. Es spielte der Tabellen-Fünfte gegen den Vorletzten und es stand schon 2:1 für die Gastgeber. Nach der Halbzeit wurde es turbulent. nach einer Stunde dezimierte sich der Gast innerhalb weniger Minuten durch gelb-rote Karten zweifach und nun erwartete man ja eigentlich, dass die Gastgeber die Führung ausbauen und das vermeintlich schwächere Team abschießen. War aber mal wieder wie so oft, wenn der Gegner in Unterzahl spielt. Jegliche Ordnung ging verloren, Bogotá checkte mutig vor und erzielte mit einem Sonntags-Schuss den Ausgleich. Auch danach kein wirklicher Druck von Fortaleza. Zwar feldüberlegen, aber ohne zündende Ideen und die Gäste hatten noch einige gute Konterchancen. Am Ende blieb es beim 2:2 und Bogotá hatte sich einen verdienten Punkt erkämpft. Durch diesen Spielverlauf war die Nummer noch ganz witzig, aber insgesamt war die gesamte Aktion eine der überflüssigen Art. Aber weiß man ja vorher nicht. Mit dem 'Transmilenio' fuhren wir zurück zum Hotel und da wir ja am nächsten Tag früh raus mussten, begaben wir uns mit zwei Dosen Cerveza bewaffnet aufs Zimmer.
Di 07.04. 20:00 - LD Alajuelense vs Montreal Impact (CONCACAF Champions Cup)
Di 07.04. 20:00 - Chepo FC vs Arabe Unido 1:0 (Liga LPF), 200 Zuschauer (50 Gäste)
Kurz nach eins wurde ich wach und verspürte ungenehmen Magendruck. Das Stück Pizza, dass ich abends an einem mobilen Stand noch erworben hatte, zeigte sich inkompatibel mit meinem Verdauungstrakt. Nach der 'Erleichterung' hatte ich Mühe einzuschlafen, woran auch eine äußerst mitteilungsbedürftige Straßen-Töle unter unserem Fenster ihren Anteil hatte. Irgendwann schlummerte ich trotz fortwährenden Magengrollens wieder ein und wurde pünktlich zwei Minuten vor dem Wecker um 5:23 Uhr wach. Die innere Uhr funktioniert tadellos. Pünktlich um 6:00Uhr war der vorbestellte Taxista da und brachte uns für die vereinbarten 25tsd Peso zum Airport. Wir begaben uns zum Check-in-Schalter von 'Avianca'. Das hübsche Mädel sprach nur wenig 'Ingles' und nachdem wir die Pässe hingeblättert hatten, faselte sie irgendwas von 'Yellow Card'. Keinen Plan, worauf sie raus wollte. Auch die Schalter-Nachbarin konnte nicht helfen, also wurde ein weiterer Mitarbeiter heran gewunken, der sehr gutes Englisch sprach und teilte uns mit, dass wir unsere Nachweise zur Gelbfieber-Impfung vorzeigen müssten. Ok, ich war zwar leicht verwundert, aber ich kramte meinen Impfpass hervor. Allerdings teilte Daniel mit, dass er noch nicht über eine derartige Impfung verfügt. Im ersten Moment begriff ich den Ernst der Lage noch nicht und erklärte dem Avianca-Typen, dass deutsche Staatsbürger keinen Gelbfieber-Nachweis für Costa Rica benötigen. Aber langsam wurde die Sachlage klar. Wir würden ja auch nicht direkt aus Deutschland einreisen, sondern über Kolumbien und dieses ist eben als Gelbfieber-Gebiet gelistet. Verdammt, völlig außer Acht gelassen. Dass ich die Impfung hatte, war ja auch eher Zufall, denn die hatte ich mir ja für etwaige kommende Afrika-Erlebnisse injizieren lassen, also absolut kein Vorwurf an den Mitreisenden. Wir waren in diesem Moment schlicht und ergreifend für diesen Tour-Verlauf nicht ausreichend vorbereitet, weil wir weder auf die Idee gekommen waren, dass Kolumbien als Gelbfieber-Gebiet gelistet ist, noch dass dieses ein Problem für Costa Rica bedeuten könnte. Klar, die Hinweise des Online-Auftritts des Auswärtigen Amtes hatten wir gelesen und dort steht, dass für die direkte Einreise aus Deutschland kein Impfnachweis benötigt wird. Dass das entscheidende Wort in dieser Formulierung keinen Argwohn in uns geweckt hatte, sollte nun weitreichende Folgen haben. Ich wollte das Debakel immer noch nicht wahrhaben und klammerte mich an diverse Strohhalme, aber die Sachlage war so unerbittlich wie eindeutig - der Flug AV697 von Bogota 'El Dorado' nach San José 'Juan Santamaria' würde ohne uns starten!!! Was für eine verdammte Scheiße. Ich hätte zwar fliegen können, aber dieses zu tun, war in keiner Sekunde Gegenstand meiner Überlegung. Schließlich war es eine gemeinsame Tour und es ist meine Meinung, dass Problem-Situationen auch gemeinsam angenommen und angegriffen werden müssen. Würde ich in umgekehrter Lage ja auch erwarten. Wir waren im ersten Augenblick ziemlich geplättet und mussten uns erst einmal sammeln um uns mit der neuen Sachlage auseinandersetzen zu können. Aber half ja nix - Lebbe geht weiter. Señor Avianca riet uns, den Flug auf Ziel Panama-City umzubuchen und die Einreise nach Costa Rica mit ein wenig zeitlichem Versatz von dort zu probieren. Wir wechselten vom Check-in zum Avianca-Service und hatten dort zumindest das Glück eine Dame reiferen Alters zu erwischen, die recht gut Englisch sprach. Nach Schilderung unseres Problems suchte sie mehrere Möglichkeiten raus, wie wir die Umbuchung gestalten können. Die sinnvollsten und finanziell günstigsten waren der Anflug mit Umstieg in El Salvador mit einem Tag Aufenthalt oder eben nach Panama. Wir zogen uns erst einmal zur Beratung zurück, checkten der neuen Ausgangslage entsprechende Spielpläne und stellten Überlegungen an, was am vernünftigsten ist. Das Netz des Airport-WiFi war aber zu zäh um zeitnah alle Infos zu bekommen, die wir haben wollten. Es musste eine Entscheidung her, da ja spätestens mit Abflug-Zeit um zehn nach acht der Flug komplett verfiel und es noch teurer würde. Also entschieden wir uns für die "günstigste" und auch sicherste Variante und buchten um auf Panama-City für den Preis von 192 US-Dollar pro Person. Teurer Scheiß aber in der Situation irgendwie auch völlig zweitrangig. Der zweite Teil der Gabel von San Jose nach Panama war damit auch hinfällig, da dieser ja über denselben Buchungscode lief, wie der erste Teil. Die Senora war jedenfalls sehr hilfsbereit, hatte alles gegeben und einen guten Job gemacht. Das Problem waren halt wir selbst. Ein kleiner positiver Effekt war, dass ich über den ganzen Stress meinen Dünnschiss ganz vergessen hatte und das Innenleben auch weiter ruhig blieb.
Obwohl man schon viel unterwegs war und sich für leidlich abgezockt und vorbereitet hält, entstehen immer wieder unvorhersehbare Situationen, aus denen man wieder lernt. Auch wenn diese hier sicherlich ein Extremfall war. Aber nach dem Problem ist vor der Neu-Planung. Also suchten wir uns ein Plätzchen und kämpften mühevoll mit dem Internet, um die Reise an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Dass es in dieser Situation (trotz Verdauungssorgen) ein Bier dazu gab, war obligatorisch. Es sah nun danach aus, dass wir erst einmal ein paar Tage in Panama verweilen würden und dann zum Wochenende die Einreise mit dem Bus versuchen wollten. Wir setzten darauf, dass bei dem ganzen Gemokel während der Land-Einreise, nicht alle Stempel im gut gefüllten Pass gecheckt würden und unser Kolumbien-Aufenthalt so gar nicht auffiel. Aber das war zum jetzigen Zeitpunkt alles noch graue Theorie. Damit standen uns natürlich genau die langen Busfahrten bevor, die wir hatten vermeiden wollen. Um 14:19 Uhr flogen wir pünktlich ab und kamen nach 75 Minuten Flugzeit am 'Tocumen Aeropuerto' nahe Panamá-Stadt an. Hier wartete die nächste schöne Überraschung, denn die Airline hatte es geschafft, Daniels Koffer nicht in den Flieger für einen einfachen Oneway-Flug zu laden. Welch ein Tag! Ein Mitarbeiter der Gepäckausgabe kümmerte sich aber freundlich um unser neues Problem und war sich sicher, dass der Koffer bald nachgeliefert würde. Wir sollten anrufen und die Adresse unserer Unterkunft nennen, sobald wir diese wüssten, und dann würde der Koffer dorthin geliefert. Als wir aus dem Terminal traten knallten uns direkt mal entspannte 35 Grad und mehr ins Gesicht. Daran sollte sich in den panamaischen Gefilden in den nächsten Tagen auch nichts ändern. Die Beschaffung von Bargeld war erst einmal unnötig. Die panamaische Währung ist der Balboa, benannt nach dem Entdecker des Landes. Ein Balboa ist gleich gestellt mit einem US-Dollar, so dass der Staat erst gar keine eigenen Scheine druckt. Erst ab einem Dollar abwärts fallen einem manchmal Münzen panamaischer Prägung in die Hand. Für den Festpreis von dreißig Dollar kann man mit dem Taxi in die über dreißig Kilometer entfernte Stadt fahren. Um ein solches Gefährt zu ergattern, umschifften wir die Schleuser am Exit und begaben uns zum offiziellen Schalter. Dort nahm sich ein Fahrer -so dachten wir - uns an und nahm uns mit zu den zwanzig Meter entfernten Fahrzeugen. Dort wurden wir aber nur an einen wartenden Fahrer übergeben und für diese außerordentliche Dienstleistung wollte unser Bote ein Trinkgeld haben. Ja sicher, Kollege. Kannst Du vielleicht mit den dusseligen Amis machen, aber nicht mit uns. Und jetzt schwirr ab! Der Taxista brachte uns wie gewünscht in einen zentralen Stadtteil, wo sich mehrere günstige Hotels auf einem Fleck befinden. Der erste Versuch ging schief, da die Bude voll war, das zweite Hotel hatten nur Zimmer mit Doppelbetten und im dritten Versuch wurden wir fündig. Das 'Hotel Latino' hatte das Gesuchte in akzeptablem Zustand im Angebot und bekam den Zuschlag für die nächsten drei Nächte a 42,50 USD. Daniel rief kurz die Airline an und gab die Adresse durch. Vom Koffer weiterhin keine Spur. Ich wechselte die Klamotten schnell von lang auf kurz, während Daniel sich bei über dreißig Grad weiter in der langen Jeans rumquälen musste. Das Angebot sich in ein paar Brocken von mir zu schmeißen, schlug er aus. Dann setzten wir uns in eine nahe Grill-Bar und zischten auf den ganzen Scheiß ein paar eiskalte Cerveza 'Balboa'. Verdammt, tat das gut nach dem ganzen Theater. Direkt vor dem Laden hielten wir ein Taxi an und nannten unser Ziel 'Estadio Rommél Fernandez' und fragten nach dem Preis. Da das Teil fast auf halber Strecke zum Flughafen liegt und wir noch keine Einschätzung des Preis-Niveaus hatten erschienen uns die genannten achtzehn Dollar erstmal fair, zumal wir uns durch die Rush-Hour der Downtown quälen mussten. Am Stadion machten wir uns dann über den mobilen Grillstand her, wo es verdammt leckere Fleischspieße für einen halben Balboa gab.
Das Estadio ist das Nationalstadion des Landes. Ein mittelgroßes zweirangiges Oval mit roten Sitzschalen und Panama-Schriftzug auf der Gegenseite, dass nach Renovierung vor ein paar Jahren Platz für 45tsd Zuschauer bietet. Fußball ist nicht die liebste Freizeitbeschäftigung der Bevölkerung und an großem Zuschauerzuspruch kann sich auch die höchste Spielklasse des Landes mit ihren zehn Mannschaften nicht erfreuen. So wollten das Spiel des Vorletzten Chepo FC gegen den Tabellenführer Arabe Unide nur knapp 200 Leute sehen.
Schön, dass die Bude für so ein paar Leute überhaupt aufschließen und das Licht anknipsen, so kann man die Hütte wenigstens auf einfachem Wege besuchen. Die Gäste stammen aus Colon an der Karibik-Küste und hatten eine Busladung Fans mitgebracht, die auf ihre Weise für Stimmung sorgten. Die 'Barra Atlantico' sorgte für eine Mischung aus Latino-Buschgetrommel und südamerikanischen Gesängen.
Der Kick war unterhaltsam, wenn auch nicht gut. Der Tabellenstand spiegelte sich auf dem Feld nicht wieder und die Gastgeber gingen irgendwann in Führung und brachten den Sieg mit dem Minimal-Ergebnis auch sicher nach Hause. Zu unserer Freude gab es einen mobilen Bier-Verkäufer, der uns mit der blonden Brühe zum Preis von einem Dollar je Getränk regelmäßig versorgte. Hat heute ein gutes Geschäft gemacht, der Mann
. Nach dem Spiel liefen wir zur nahen Hauptstraße und konnten schnell ein Taxi anhalten. Eine Senora hatte dieses Mal das Vergnügen mit uns. Nach Nennung des Ziels und der Frage nach dem Preis, war klar, dass uns der Taxista auf der Hinfahrt schön übers Ohr gehauen hat. Diese Gilde bestätigt ihren Ruf einfach immer wieder. Gerade Mal vier Dollar rief unsere Lady auf. Wir strebten noch auf ein 'Balboa' in die bereits bekannte Bar und da diese bald schloss, erwarben wir noch ein paar Cerveza to go, die wir uns am Pool auf dem Dach unseres Hotels rein schraubten.
Mi. 08.04. 20:00 - Plaza Amador vs Alianza FC 0:1 (Liga LPF), 800 Zuschauer (30 Gäste)
Trotz der intensiven Balborisierung am Vortag, wurde ich früh wach und mein Kopf erinnerte mich durchaus an die ihm zugeführten Getränke. Die Klimaanlage ratterte vor sich hin, der Straßenverkehr war auch nicht zu überhören und so richtig hat sich der Körper auch wohl immer noch nicht auf die neue Zeitzone eingestellt. Trotzdem schaffte ich es wieder einzuschlummern und so endete die Nacht 'erst' gegen 9:00 Uhr. Daniels Koffer war immer noch nicht eingetroffen, aber zumindest in Bogota gefunden worden und es wurde mitgeteilt, dass das Teil mit einem der heutigen Flüge mitgeschickt wird. Nach dem Check der gängigen Internet-Seiten, kam noch mal etwas Verdruss auf, denn das für gestern anvisierte CONCACAF-Champions League-Spiel in Costa Rica muss hinsichtlich Stimmung und Verlauf ne Bombe gewesen sein. Hilft nix, abhaken! Nach einer erfrischenden Runde im Pool machten wir uns mal auf die Socken. Die kurz aufkeimende Idee Daniel hier gegen Gelbfieber impfen zu lassen, schüttelten wir schnell wieder ab. Fiel wohl eher unter 'Aktionismus'.
Weiter ging es zum großen 'Albrook Bus-Terminal'. Wir waren uns noch nicht sicher, wie wir die Weiterreise nach Costa Rica antreten wollten und zogen nur ein paar Erkundigungen ein. Hinter dem Terminal ist eine große Shopping-Mall. Daniel hatte sich von der Airline zusichern lassen, gegen Entgelt ein paar Sachen kaufen zu können, damit er mal langsam aus seinen verschwitzten Sachen raus kam, was wir dann auch erledigten.
Mit der Metro (ja, die gibt es hier wirklich, wurde auch erst vor einem Jahr in Betrieb genommen) fuhren wir zurück in 'unser' Barrio. 35 Cent kostet eine Fahrt, dafür geht in Essen nicht mal die Tür auf. In unserer Stamm-Bar aßen wir zu Mittag und begaben uns dann zur Promenade, von wo man einen phantastischen Ausblick auf die Skyline hat. Wir liefen südwärts Richtung 'Casco Viejo', dem historischen Viertel der Stadt. Dort schlurften wir ein wenig durch die Gegend und ließen uns hier und da mal auf ein Getränk nieder.
Die Altstadt wird gerade Stück für Stück aufgemöbelt. Viele Gebäude sind noch arg verfallen, aber die Mehrzahl erstrahlt schon in neuem Glanz. Sehr schöne Ecke, in der viele noble Hotels in sanierten Gebäuden eingerichtet wurden. Früher hat man die Betten in den Hotels dieses Viertels stundenweise bezahlt. Es patrouillieren mehrere Polizei-Streifen durch die Gassen und Straßen und vermitteln so das Gefühl von Sicherheit. Warum das nötig ist, zeigte sich, als wir den Weg zum nahen 'Nuevo Estadio Maracaná' antraten, dass fußläufig erreichbar war. Innerhalb eines Blocks änderte sich die Szenerie. Man musste eine richtige Polizei-Sperre passieren und betrat damit ein ziemlich herunter gekommenes Viertel, das klar vom dunkelhäutigen Bevölkerungsteil dominiert wurde. Überall hingen die Leute auf der Straße vor ihren Behausungen herum. Man wurde zwar von jüngeren Personen auch mal angelabert, aber alle waren dabei freundlich und grüßten nur. Allerdings steht auch hier an jeder Ecke die 'Policia Nacional'. So kamen wir sicher an der flatschneuen, erst 2014 fertig gestellten Cancha an.
Nach dem Verzehr von ein wenig vor dem Ground angebotenen Grill-Gut, ging es rein in die Bude. Das 'Nuevo Maracaná de Panamá' ist ein reines Fußballstadion und Allseater. Auf den Geraden befinden sich doppelstöckige Tribünen, hinter den Toren einrangige Traversen. Alle Tribünen sind überdacht und 5.500 Zuschauer finden Platz. So ne Art Miniatur-Stadion, aber ganz hübsch. Warum man die Bude aber so eng baut, dass man vom Oberrang die Seitenlinie unter sich nicht sehen kann, wissen die Architekten wohl selber nicht.
An die 800 Zuschauer versammelten sich, was für panamaische Verhältnisse bestimmt gar nicht so übel ist. Auch zarte Support-Versuche gab es auf Heimseite, aber eben nix Dolles. Der Tabellen-Zweite Plaza Amador empfing den Siebten Alianza FC. Diese dezimierte sich bereits nach zwanzig Minuten durch eine Rote Karte. Was dann folgte war ähnlich dem bereits in Kolumbien gesehenen. Die tabellarisch bessere Mannschaft, schaffte es in Überzahl nicht, das eigentlich unterlegene Team zu beherrschen.
Umso besser beherrschten wir den Bier-Ausschank. Ein Dollar je Gerstensaft scheint in Panamá Einheitspreis im Stadion-Catering zu sein. Das Spiel blieb bis zum Ende offen und als sich alle mit dem torlosen Remis abgefunden hatten, netzte der Außenseiter in der Nachspielzeit ein und eine Minute danach war Schluss. Daraufhin wurde es etwas stürmisch auf dem Rasen und auf den Rängen. Gegenstände flogen auf das Feld und es wurde reichlich gepöbelt. Der Torwart der Gastgeber holte sich nach(!) dem Schlusspfiff noch die 'Tarjeta Roja' ab und das Schiri-Gespann wurde übelst belagert. Irgendwann beruhigten sich dann die Gemüter und alle zogen von dannen. Wir auch, aber nicht ohne noch ein köstliches Spießchen zu verdrücken. Die Dinger werden auf dem Rost liegend immer wieder mit einer superleckeren Marinade bepinselt. Schmeckt echt klasse. An der Hauptstraße shanghaiten wir einen Taxista, der uns für drei Dollar zum Hotel brachte. Natürlich ging es noch auf ein paar 'Balboa' in unsere Bar. Und genauso natürlich nahmen wir noch einen Six-Pack mit an den Pool, wo wir dieses für seine Treue belohnten und es umgehend leerten.
Do. 09.04. - Panama Canal Railway
Ausschlafen klappte eher wieder so halb zufriedenstellend. Daniel bekommt das irgendwie besser hin. Er wird zwar auch gegen sieben oder halb acht wie ich das erste Mal wach, aber während ich danach nur noch für ein Stündchen in Dös-Modus falle, pennt er wieder fest ein und wirft die Säge nochmal an. Nach ein wenig Rumgepimmel im Zimmer wurde wieder der Pool für ein paar erfrischende Runden geentert, ehe wir das Tages-Programm angriffen. Erst einmal fuhren wir mit der Metro zum 'Albrook-Terminal' und kümmerten uns um unseren Einreise-Versuch nach Costa Rica. 'Ticabus' hatte nur noch einen Platz im Nachtbus am morgigen Freitag, also rüber zu 'Expreso Panama' wo wir mit Händen und Füßen und unseren paar Spanisch-Brocken für den 23:00 Uhr-Bus zwei Plätze für je vierzig Dollar erwarben. Weil 'Expreso' aber keinen Nachtbus von San Jose zurück anbietet, wir aber bei circa siebzehn Stunden (oh, ick freu mir) Fahrt nicht am sehr frühen Morgen wieder in Panama eintreffen wollten, latschten wir nun zurück zu 'Ticabus'. Da wir den jungen guten Englisch sprechenden Mitarbeiter auch gestern schon mit Fragen gelöchert hatten, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen, als wir wieder antanzten. Da der Nachtbus von 'Tica' in der höheren 'Ejecutivo'-Kategorie herum fährt, kostet die Rückfahrt 55 USD. Die Preise zwischen den Anbietern unterscheiden sich da nicht. Da das alles ziemlich viel Zeit in Anspruch genommen hatte, entschieden wir, den Besuch an der Panama-Kanalschleuse 'Miraflores' auf morgen zu verschieben und nun direkt nach Colón zu fahren. Der Bus fährt alle zwanzig Minuten und für 2,75 USD pro Balboa-Nase darf man dann neunzig Minuten auf geschlossene Vorhänge starren. Da außer uns nur Einheimische im Bus saßen, wollten diese sich mit den Vorhängen lieber vor der Sonne schützen, als sich die für sie gewohnte Landschaft anzuschauen. Sehr schade, denn das, was man durch die paar Lücken im Textil sehen konnte, sah nicht so schlecht aus. Aber uns stand ja noch das Highlight der Rückfahrt bevor.
Kurz nach drei kamen wir an und sprangen irgendwo auf der Hauptstraße aus dem Bus. Der Fahrer hatte uns noch geraten zum Bahnhof besser ein Taxi zu nehmen, obwohl wir höchstens ein paar hundert Meter davon entfernt waren. Wir wollten uns auch zunächst um Bahn-Tix für den um 17:15 Uhr abfahrenden Zug kümmern.
Und auch ein Straßenhändler, den wir nach dem Weg zum Bahnhof fragten, riet uns zum Taxi. Gesagt getan. Die Senora, die den Zuschlag bekam, nahm dann auch den Weg entlang der "Sehenswürdigkeiten". Dass die Türen des Wagens verriegelt werden, ist ja nicht so ungewöhnlich. Aber selten war es so berechtigt wir hier. Himmelarsch, was für eine abgefuckte Stadt. Absoluter Wahnsinn!!! Colón ist mit 80tsd Einwohnern die drittgrößte Stadt Panamás und liegt an der karibischen Einfahrt des Kanals.
Die Stadt ist für das Land ein bedeutender Handelsplatz und Hafen und wie es für eine Hafenstadt üblich ist, zieht diese auch das dazu gehörige Pack an, dass sich in den abgeranzten Vierteln nahe der Kais breit macht. Während in der Vergangenheit viele Leute schlecht bezahlte Jobs im Hafen fanden, fielen diese mit Ausweitung des Container-Verkehrs und der Automatisierung der Anlagen großenteils weg, so dass die Stadt heute eine Arbeitslosenquote von 40% beklagt. Alles weitere kann man sich denken und Colón gilt heute als eine der gefährlichsten Städte der Welt! Der Bahnhof stellte sich als einfacher Bahnsteig heraus, an dem der Zug schon stand. Das Gelände war abgesperrt und wurde von einem bewaffneten Wachmann bewacht. Dieser teilte uns mit, dass wir die Tore um halb fünf geöffnet werden.
Also hatten wir noch über eine Stunde Zeit. Weit wollten wir uns in den Molloch nicht rein wagen, da der Wachmann schon mit eindeutigen Handzeichen dazu geraten hatte, die übleren Viertel zu meiden. Die Hauptstraße entlang flanierend, erlagen wir dann doch dem Reiz, mal in die Nebenstraßen einzudringen, aber als uns ein älterer Mann mit einer zur Pistole geformten Hand bedeutete, dass wir dort nicht sicher sind, legten wir unsere Beratungsresistenz ad acta und begaben uns zurück in sichere Gefilde. Besonders sicher ist es immer im asiatischen Supermarkt, wo wir ein Six-Pack Verteidigungsbier erwarben. Auf einer Bank sitzend tranken wir uns die Szenerie schön. Es sei aber betont, dass wir überwiegend auf freundliche Leute trafen. Ständig wurden wir gegrüßt oder bekamen ein "Welcome to Panama" zu hören. Nett sind sie ja, die kleinen Panamaer.
Langsam wurde es Zeit, zum Bahnhof zurückzukehren. Da die Lage in Colón es erforderte, erwarben wir beim Asiaten unseres Vertrauens sicherheitshalber noch ein weiteres Six-Pack Verteidigungsbier. Am Bahnsteig wartend, trafen dann nach und nach mit Mini-Bussen von Tour-Veranstaltern diverse Ami-Dödel ein. Da sich im sieben Waggons starken Zug aber letztlich knapp einhundert Personen verliefen, von denen sich die Hälfte im Aussichtswagen aufhielt, wir aber die offenen Plattformen ohne Fenster bevorzugten,
blieben wir weitestgehend unbehelligt. 25 Dollar kostet die 75minütige Fahrt durch Regenwald, über Dämme, entlang an Feldern, Dörfern und des Kanals. Das ist sicher nicht günstig und es handelt sich auch um einen reinen Touri-Zug, aber es ist irgendwie auch jeden Cent wert.
Als der Zug nach 75 Minuten Fahrt an der recht weit außerhalb gelegenen 'Estacion de Corozal' eintraf, waren wir absolut zufrieden mit dem Ausritt. Tolle Sache. Da die Ami-Kanonen alle wieder von ihren Tour-Veranstaltern wieder abgeholt wurden, blieb uns mangels Kenntnis über eine Busverbindung nur ein Taxi und da hatten die beiden einzigen Kutscher natürlich das bessere Blatt auf der Hand. Zehn Dollar wollten die Kollegen haben. Für erfeilschte acht Dinger fuhr uns dann einer der beiden zu unserem Hotel. Dieses ließen wir aber wortwörtlich links liegen und gingen zu unserem Stamm-Lokal, wo wir schon beinahe wie alte Freunde begrüßt wurden. Der Patron riss schon nur noch zwinkernd zwei Finger nach oben und unsere anfangs etwas reservierte Bedienung Helena aus Nicaragua konnte inzwischen auch mal lachen. Da wir äußerst früh dran waren, folgte auf die Nahrungsaufnahme eine intensive Balborisierung. Verdammte Axt - das Zeug schmeckt bei diesem dauermegawarmen Wetter so eisgekühlt aber auch zu gut! Natürlich konnte auf das Pool-Bier auch nicht verzichtet werden und so fielen wir 'sehr zufrieden' ins Bett.
Fr. 10.04. - 'Esclusa Miraflores' oder auch nicht...
Wach wurden wir zwar wieder recht früh, aber so recht kamen wir heut nicht aus den Startlöchern. Daniel noch weniger als ich, denn ich bekam es zumindest hin, mal ein Stündchen die Promenade in Richtung der Downtown entlang zu latschen. Auf dem Rückweg kam eine wichtige von viel Polizei begleitete Kolonne über die heute merkwürdig leeren Straßen an mir vorbei gefahren. Nach Ankunft am Hotel, machten wir uns umgehend auf mit Ziel Miraflores-Schleuse am Panama-Kanal. Zunächst ein Stück mit der Metro und dann war es gar nicht mal so einfach den richtigen Bus zu finden. Letztlich fuhr das Ding vom großen 'Albrook'-Terminal und selbst dort wurden wir von rechts nach links geschickt. Als wir dann endlich den Abfahrt-Punkt gefunden hatten, sollten wir 45 Minuten warten. Zu lang, also doch mit dem Taxi. Der erste Geier mit einem Preis-Vorschlag von zehn Dollar wurde weggelacht und ein Opa bekam für fünf amerikanische Geldeinheiten den Zuschlag. Am Eingang zur Schleuse wurden wir freundlich begrüßt, allerdings erklärte uns der gut englisch sprechende Wärter, dass das Besucherzentrum leider heute und morgen geschlossen sei.
Nach dem Grund zu fragen, kam uns warum auch immer nicht in den Sinn, aber langsam dämmerte uns, dass in der Stadt irgendetwas Besonderes im Gange sein musste. Denn die Geschäfte waren auch fast ausnahmslos geschlossen, unser Stamm-Grill hatte für drei Tage die Pforten geschlossen und alles wirkte sehr ruhig.
Mit einem 'Diablo Rojo' fuhren wir zurück in die Stadt. Das sind zu Linienbussen umfunktionierte Ami-Schulbusse, die teilweise in schillerndsten Farben bemalt und mit allerlei Krempel geschmückt sind. Dazu gibt es ja nach Besitzer Modelle mit fetten Musikanlagen und wummernden Bässen oder riesigen Drag-Pipes mit Mega-Auspuffsound. Ziemlich coole Teile, da macht das Busfahren direkt spaß. Unser Ziel war die Promenade, wo wir am Mittwoch eine Cocktail-Bar gesehen hatten, aber auch diese war geschlossen. In der einsetzenden Dämmerung wieder das Panorama der Downtown bestaunend, gingen wir weiter zur nahen Altstadt, wo Restaurants und Bars geöffnet waren. Nachdem wir uns niedergelassen hatten, sahen wir im TV auch, was der Grund für den Ausnahmezustand war. In Panama City ging die Amerika-Konferenz über die Bühne und alle Staatsoberhäupter und Außenminister Nord-, Mittel- und Südamerikas inklusive Häuptling Obama waren anwesend. Wer weiß, vielleicht war er am Vormittag ja sogar an mir vorbei gefahren. Langsam wurde es Zeit, das Gepäck aus dem Hotel zu holen. Am Bus-Terminal mussten wir bis 21:30 Uhr einchecken und unseren Fahrtantritt damit bestätigen. Dann war noch Zeit etwas zu essen und pünktlich um 23:00 Uhr ging es los.
Sa. 11.04. - Raus aus Panama, rein nach Panama... 18:00 Atletico Chiriqui vs Chorillo FC 0:0 (Liga LPF), 400 Zuschauer (80 Gäste)
Im geräumigen, bequemen Reisebus, in dem man die Sitze weit nach hinten kippen konnte, schlief ich überraschend gut. Als ich um kurz nach 6:00 Uhr wach wurde, waren wir gerade an der Grenze angekommen, die aber erst eine Stunde später ihre Pforten öffnete. Nun schlug also die Stunde der Wahrheit.
Die Ausreise aus Panama war kein großes Problem. Daniel wurde am linken Schalter normal abgefertigt, ich wurde am rechten Schalter allerdings nach dem Gelbfieber-Nachweis gefragt. Okay, hab ich ja, aber das machte doch ein paar Sorgen für die 300 Meter Fußweg entfernte Einreise nach Costa Rica. Dort war dann auch Sense. Der junge Grenzer entdeckte die Kolumbien-Stempel (waren leider auch nicht zu übersehen) und wollte den Nachweis sehen. Ohne diesen keine Einreise, das war unmissverständlich. Die ganze Geschichte lief aber sehr freundlich ab. Nach Aufenthalt in einem Gelbfieber-Gebiet ist die Einreise nach Costa Rica erst am sechsten Tag möglich, was wir ja gar nicht wussten, da wir es ja auf ‚Gut Glück‘ versuchten. In unserem Fall waren es erst deren fünf - wir waren letztlich lediglich einen Tag zu früh an der Grenze. Wir setzten den Bus-Mokel, der die Passagiere bei den Grenz-Formalitäten unterstützt, über die Sachlage in Kenntnis und er meinte, wir sollten einfach morgen zur gleichen Zeit wieder dort sein und könnten mit dem nächsten Bus die Reise fortsetzen. Einer der Grenzer latschte mit uns zur panamaischen Seite zurück. Dort wurde der Einreise-Stempel annulliert und uns nochmal bestätigt, dass morgen alles glatt gehen würde.
Alle beteiligten Person waren sehr freundlich und hilfsbereit, dass hätte an vielen anderen Grenzen sicherlich ganz anders ausgesehen. Zweiter Fehlversuch also, aber da aller guten Dinge drei sind, sah es für morgen ja ganz positiv aus. Die Hotelsuche im Grenz-Ort beendeten wir schnell. Zwar ist Paso Canoas nicht so ein typisches Grenz-Loch wie anderswo, aber die Aussicht hier einen ganzen Tag abgammeln zu dürfen, war nicht attraktiv. Zumal wir am Nachmittag eh ins knapp vierzig Kilometer entfernte David gefahren wären, da dort für den Abend ein Erstliga-Spiel angesetzt war. Also machten wir und für 2,25 USD direkt mit dem Bus dorthin auf. Am Busbahnhof dann das übliche Gewusel. Die Taxi-Mafia hielt sich ungewohnt schüchtern zurück und ich folgte Daniels Argumentation, das erstbeste bezahlbare Hotel zu nehmen, da wir am nächsten Morgen in aller Frühe wieder zur Grenze wollten. In der Butze direkt am Busbahnhof konnten wir den Preis für das Zweibett-Zimmer mit Bad von 45 auf 40 USD herunterhandeln und damit war es immer noch überbezahlt, aber hier siegte der Zweck über den Preis.
Ich brauchte noch ein, zwei Stündchen Schlaf und danach machten wir uns auf zum Stadion, um die Ansetzung bestätigen zu lassen. Das auf der Karte der 125tsd-Einwohner-Stadt so nah scheinende Stadion wurde dann nach einem dreiviertelstündigen Fußmarsch erreicht. Dort wurde schon gekickt. Ein einsamer Polizist war auch vor Ort und am Einlass wurde uns das Abendspiel um 18:00 Uhr bestätigt.
Was da gerade lief war vermutlich das Zweitliga-Gerödel, das auch heute stattfand. Jedenfalls nichts, was ein Verweilen begründet hätte. Für den Weg zurück ins Zentrum wählten wir das Taxi. Für 1,75 USD braucht man sich die Latscherei in der Hitze nicht antun. Mit ein wenig Mühe wurde ein kleines Lokal gefunden, wo es eher durchschnittliches Essen gab. Die Stadt selber hat bis auf einen zentalen Platz nicht viel zu bieten. Es ist die zweitgrößte Stadt des Landes und eher das Business-Zentrum der Region und Ausgangspunkt für die Weiterreise in umliegende Orte. Wir liefen zu einer ansprechend wirkenden Bar, die wir auf dem Weg zum Stadion gesehen hatten. Dort gab es ein paar 'Balboa' auf die Leber und mit dem Taxi ging es rechtzeitig wieder zum Ground. Das 'Estadio San Cristobal' ist ein eher beschauliches. Auf einer Seite steht über die halbe Spielfeld-Länge eine wackelig wirkende Stahlrohr-Tribüne, die auf zwei Dritteln überdacht ist. Auf der Gegenseite befindet sich noch ein kleiner überdachter Bereich, der aber wohl nicht jedem, der Einlass wünscht, geöffnet wird.
Also ein schöner kleiner Rotzground, der von den beiden bisher im Lande besuchten deutlich abweicht. Ich beschreibe derartige Spielstätten ja gern mit dem Wort 'authentisch'. Ein wenig absurd wirkt, dass die Teams bei jedem Kick zur FIFA-Hymne einlaufen, aber so will man dem Publikum vielleicht ein wenig Professionalität vermitteln.
Der Kick wich dann überraschenderweise ein wenig von diesem Anspruch ab. Die Gastgeber, Atletico Chiriqui (so heißt die Region, in der David liegt), befanden sich auf dem letzten Tabellenplatz. Aber die Leistungsunterschiede scheinen so groß nicht zu sein, wie ja auch die anderen gesehenen Spiele schon gezeigt hatten. Richtig gut kicken kann hier halt eh keiner. Es sieht zwar teilweise ganz brauchbar aus, aber wenn sich alle Mannschaften ungefähr auf demselben Niveau bewegen, fallen ja auch die individuellen Mängel oft nicht so eklatant auf. Auf schlechtem Kunstgras wurde also so vor sich hin geeiert, mal mit ein paar guten Ideen und Spielzügen, meistens aber mit Fehlpässen und den eigenen Fähigkeiten nicht angepassten Versuchen. Als sich alle mit dem torlosen Remis abgefunden hatten, zeigte der Referee in der Schlussminute zugunsten der Gastgeber auf den Punkt. Da bahnte sich der nächste Außenseitersieg an. Doch der Schnappmann des Chorillo FC, einem Team aus der Hauptstadt, konnte parieren. Die Gäste wurden von etwa achtzig Leuten begleitet, von denen einige die hier wohl übliche Stimmung machten. Mit Bongo-Trommeln, Rasseln und all so nem exotischem Krempel. Hervorzuheben sind noch die wieder einmal vorzüglichen Spieße, die gebruzzelt wurden. Hier leider mit Gas statt über Holz oder Kohle, was Abzüge in der B-Note bedeutete, aber den Geschmack in keiner Weise negativ beeinflusste. Wir nahmen vom benachbarten chinesischen Supermercado noch ein Verteidigungsbierchen mit auf den Weg, hielten nach dessen Verzehr ein Taxi an, fuhren zurück zum Hotel, nahmen noch ein Zimmer-Balboa ein und begaben uns nicht zu spät ins Reich der Träume, da die Nacht früh enden sollte.
So. 12.04. 17:30 Uhr - Deportivo Saprissa vs LD Alajuelense 1:1 (Primera División), 23.000 Zuschauer (500 Gäste)
Genauer gesagt um 5:00 Uhr. Vierzig Minuten später saßen wir im Bus zur Grenze, der uns an selbiger knappe fünfzig Minuten später entsorgte. Der Bus von 'Expreso Panama' wartete bereits auf die Grenzöffnung und auch unser Ansprechpartner vom Vortag wurde gesichtet.
Bei der Ausreiseprozedur gab es noch mal leichte Irritation ob des annullierten Stempels vom Vortag. Auf der costa-ricanischen Seite war alles völlig easy und nach wenigen Sekunden war der verdammte Einreisestempel endlich im Pass. Nerven kostete dann noch die Zoll-Kontrolle. Nicht, dass es etwas zu beanstanden gab, aber die Customs-Tante ließ eine Stunde auf sich warten, um dann in jeden Koffer einen exakt ein-sekündigen Blick zu werfen. Gegen ein kleines Schmiergeld für den Bus-Mokel konnten wir unsere Reise dann mit 24stündiger Verzögerung fortsetzen. Gegen 14:00 Uhr erreichten wir San José. Die Stadt hat 300tsd Einwohner (Metropol-Region 1,6 Mio) und ist laut, hektisch und abgasverdreckt. Aufgrund der relativ späten Gründung im 18.Jahrhundert fehlt auch die historische Architektur, weshalb man es auf das reduzieren kann was es ist - die Hauptstadt.
Ein zentraler Busbahnhof existiert nicht. Jede Bus-Gesellschaft hat einen eigenes kleines Terminal, die sich kreuz und quer im Stadtzentrum verteilt befinden. Ein Taxi brachte uns zu einem Hostel, dessen Adresse ich vorher notiert hatte. Für vierzig Dollar bekamen wir ein spartanisches Zimmer mit einem Stockbett zugesprochen. Die Währung des Landes ist zwar der Colones - sechshundert davon entsprechen einer europäischen Währungseinheit - man kann aber beinahe überall auch mit den Ami-Kröten bezahlen. Wenn man denn will. Eigenes Bad Fehlanzeige, die gemeinschaftlich zu nutzenden sanitären Anlagen waren aber in ordentlichem und sauberem Zustand. Natürlich hoffnungslos überteuert, aber wir hatten überhaupt keine Lust, mit dem Gepäck von Hostel zu Hotel und von Hotel zu Hostel zu ziehen, nur um an Ende vielleicht fünf Dollares zu sparen. Außerdem befanden wir uns spätestens seit der Flug-Umbuchung im GSKR-Modus. Und Termine hatten wir ja auch noch. Die Bude stellte sich dann als übelstes Traveller-Loch heraus. Diese Spezies ist ja absolut nicht meine Welt. Es reicht schon, den sich immer wieder gleichenden Gesprächen zu lauschen. "Dow you like Costa Rica?" " Have you been there or there" "It's soooooo amaaazing!!" Und wenn es besonders gut gefallen hat, dann ist es "sooooo aaaaaaaaaaawesome!!!!!!!" Dazu sehen diese Ottos auch irgendwie alle immer gleich aus. Die Hühner betont legér in knapper Hot Pants oder Schlabberbuxe und engem Top. Und die Typen mit Muscle Shirt und Dread Locks. Letzteres aber wohl weniger weil die Mähne gedreht wurde, sondern eher weil man 'keine Zeit' zum Duschen hat. Mann muss ja schließlich ständig alles "amazing" finden. Und ganz wichtig: Flip-Flops sind Pflicht! Ohne Flip-Flops hat man keine Chance in Traveller-Kreisen akzeptiert zu werden, weil man dann einfach nicht lässig genug ist. Insgesamt scheint diese Klientel 24 Stunden am Joint zu hängen. Ist man erst mal angekommen, heißt es, bloß nix unternehmen, sondern so schnell wie möglich in die Hängematte und ab ins Internet oder rumdösen. Also ehrlich... neee!!! Zum Glück mussten wir umgehend Richtung Stadion.
Bei der Bank gegenüber tauschten wir dann ein paar Tasten-Drucke gegen Colones und mit Nutzung der eigenen Fortbewegungsmittel begaben wir zum fünf Blöcke entfernten 'Terminal de Caribe'. In der einschlägigen Literatur stand zu lesen, dass von dort die Busse zur Karibik-Küste abfahren, was beim Namen des Terminals ja auch Sinn ergibt. Taten sie auch, aber nicht in den Ort, den wir am nächsten Tag erreichen wollten. Die Busse dorthin würden weitere fünf Blocks entfernt abfahren. Da die Ticket-Frage für den abendlichen 'Clasico' aber noch ungeklärt war, vertagten wir die nun ebenfalls weiterhin ungeklärte Bus-Ticket-Frage auf den nächsten Morgen. Würde schon passen. Ein Taxista brachte uns zum 'Estadio Ricardo Saprissa Aymá'. Erstaunlicherweise und völlig unerwartet wurde sogar der Taxameter benutzt. Über zwei Stunden vor dem Kick war dort schon die Hölle los. Als ich noch mit einem Bein im Taxi war, hatte ich schon den ersten Schwarzhändler am Bein. Dieser wurde nach der Preis-Frage (10tsd Colones) aber umschifft und an der Cancha waren dann auch noch die Boleterias geöffnet. Tickets für den von uns bevorzugten Bereich 'Sombra Oeste', dem Oberrang der West-Tribüne, gab es aber nicht mehr, so dass wir uns wieder in die umliegenden Straßen begaben. Angeboten wurde genug, nur die Preisvorstellungen der Anbieter entsprach nicht so recht der unsrigen. Die Preislage blieb aber stabil bei 10tsd Costa Rica-Dingern und da wir grundsätzlich mit der Gefahr lebten, gefälschte Tickets angedreht zu bekommen, konnten wir auch nicht zu lange warten, damit wir im schlechtesten Falle noch Tickets auf normalem Wege erwerben konnten. Ein älterer Mann bekam dann den Zuschlag und zwei Mitglieder-Tickets, die den Original-Preis von 8.600 Colones auswiesen, wechselten für den offensichtlichen Einheits-Schwarzmarkt-Preis in unseren Besitz.
Vor dem Betreten des Grounds wurde noch die örtliche Spieß-Industrie einem Qualitäts-Check unterzogen. Das Testergebnis ergab, dass die panamaischen Griller ihr Handwerk besser verstehen. Nun nahte die Stunde der Wahrheit. Bevor man an die eigentliche Ticket-Kontrolle gelangte, musste man an der jungen Dame mit dem allmächtigen Stift vorbei. Mit diesem wurde die Karte auf ihre Echtheit überprüft. Alles okay. Opa hatte uns nicht verarscht. Nachdem wir die Endlos-Rampe in den Oberrang gelatscht waren (San Siro ist ein Scheißdreck dagegen) wurde beim Blick ins Stadion klar, was befürchtet worden war: Gäste waren offiziell nicht zugelassen. Dennoch, waren nachher bestimmt fünfhundert Away-Fans im Stadion verteilt zugegen, die auch offen ihr Trikot zur Schau tragen, woran sich aber weder Ordner noch die Saprissa-Hinchas störten. Das Stadion ist ein reines Fußballstadion mit einem charmanten Gammel. Auf den langen Seiten befinden sich steile Doppelstock-Tribünen, deren obere Ränge sich über ein Dach freuen dürfen. Hinter den Toren stehen ungedeckte einrangige Tribünen. Insgesamt ein schön enges Ding mit Hexenkessel-Potential. Mit ein wenig Verspätung ging es los.
Die Bude schien ausverkauft, was eine Audience von über 23tsd Zuschauern bedeutet. Zum Intro gingen in der Heim-Kurve einige rote und weiße Rauchtöpfe hoch. Sah ganz gut aus. Andere optische Stil-Elemente sucht man dagegen vergeblich. Auch Costa Ricas Fan-Szene hat mit Restriktionen zu kämpfen, die unter anderem das Beflaggen der Zäune verbieten. Die Hinchada um die 'Ultras Morada' legte auf der südlichen Hintertor-Tribüne im bekannten südamerikanischen Stil ganz gut los, konnte das Anfangs-Niveau aber nicht lange halten. Das fehlende Dach raubt da schon eine Menge Akustik und das restliche Stadion stieg einfach zu selten in die Gesänge ein. Dazu wehte der Kurve ein heftiger Wind entgegen, der den Support eher aus dem Stadion wehte, als ihn hineinzutragen. Einige Male wurde es während der Partie aber gut laut. Saprissa hatte als Tabellenführer ein kleines Polster auf die Verfolger. LDA hing den eigenen Ansprüchen ein wenig hinterher. Ein Sieg musste her, wenn man sich eine bessere Ausgangsposition für die Play-offs verschaffen wollte.
Dementsprechend engagiert gingen die rot-schwarzen Gäste zu Werke und versuchten ständig Druck auf die Gastgeber auszuüben ohne dabei allerdings klare Chancen kreieren zu können. Insgesamt war das Niveau aber überschaubar, möglicherweise aber weil auch viel auf dem Spiel stand. Kurz vor der Pause bekam LDA einen fragwürdigen Elfer zugesprochen. Die Riesen-Chance zur Führung wurde vom Schützen aber derart lässig vergeben, dass es beinahe eine Frechheit war. Dieses verzögerte Anlaufen beim Strafstoß hasse ich eh wie die Pest. Die Murmel dann aber auch noch mit 2 km/h ins Eck schieben zu wollen, grenzte ja schon an Arbeitsverweigerung. Selbst wenn der Schnapper ins falsche Eck getaucht wäre, hätte er in Ruhe aufstehen, sich die Schuhe binden, die Schoner sortieren und das Ding dann locker mit der Mütze aufnehmen können. War aber nicht nötig, der er schon eine Viertelstunde im richtigen Eck lag, als der Ball endlich ankam. Nach dem Wechsel investierte Saprissa dann auch endlich mal mehr und der Kick wurde zum offenen Schlagabtausch. Allerdings weiterhin in fragwürdiger Qualität.
Torchancen blieben weiterhin Mangelware. Nach einer knappen Viertelstunde entwickelte sich eine beinahe identische Situation im Sechzehner der Gastgeber und erneut entschied der Referee auf Strafstoß. Das war mal genauso mutig wie erneut zweifelhaft. Dieses Mal gab sich der Schütze mehr Mühe und schob den Ball mit mehr Kraft zur Führung ins linke untere Eck. Jetzt wurde mit offenem Visier um jeden Meter gekämpft aber weiterhin ohne dass es in Tor-Nähe brenzlig wurde. Der Kick wurde nun richtig hektisch und hatte ordentlich Feuer, dass sich in zunehmender Härte entlud.
Der Spielleiter hatte alle Hände voll zu tun, um zu verhindern, dass ihm die Partie entglitt. Die Riesen-Konterchance zum zweiten Treffer wurde kläglich versemmelt und als eigentlich alle den Gäste-Erfolg akzeptiert hatten, murmelte sich der Gäste-Fänger in einem undurchsichtigen Gestocher die Kirsche in der Schlussminute selbst in die Maschen. Natürlich explodierte die Hütte jetzt und das Publikum ging ab wie Pommes. Nach dem Abpfiff war die Aussicht auf ein Taxi zunächst nicht gut. Laufen war definitiv keine Lösung, da es zum Einen weit war und wir zum anderen auf dem Hinweg ein übles, einer Favela ähnliches Viertel, passiert hätten, durch das uns der Fußweg geführt hätte. Einige hundert Meter vom Stadion weg, erwischten wir dann aber doch eine Kutsche, die uns für 4tsd Colon zum Hostel brachte. Dort hingen wir im nicht ungemütlichen Bar-Bereich ab und gab es noch zwei, drei Cerveza 'Imperial' bevor es in die Koje ging.
Mo. 13.04. - Puerto Viejo de Talamanca
Um 8:00 Uhr erhoben wir uns und gönnten uns nach dem Duschen ein gar nicht mal so schlechtes Frühstück. Zu Fuß ging es einen knappen Kilometer gen Westen zum Terminal des Unternehmens 'Mepe', von wo die Busse in den heutigen Zielort starteten. 5.300 Colones, etwa neun Euro kostete das Ticket an die Karibik-Küste unweit der Grenze zu Panamá. Nach unspektakulären dreieinhalb Stunden Fahrt trafen wir dort ein. Der Lonely Planet führte unter anderem das Hotel 'Pura Vida' auf, dessen Beschreibung und Preis-Niveau gut zu unseren Ansprüchen zu passen schien. Das Hotel wird von einem deutsch-chilenischen Ehepaar geführt und bietet wirklich eine angenehme Atmosphäre und guten Komfort. Für 45 Dollar pro Nacht bekamen wir ein schönes Zimmer mit Bad. Witzigerweise stellte sich heraus, dass die Frau des Besitzer-Ehepaares aus Essen stammt.
Klein ist die Welt. Viel Programm hatten wir nicht. Überhaupt sollten die zwei Tage hier der puren Entspannung dienen. 'Pura vida' eben. Wir machten eine Rundgang durch den kleinen Ort, der ein altes Surfer-Paradies ist, heute aber eine Traveller-Oase darstellt. Zum Chillen ist dieser Flecken sicherlich gut geeignet. Nach einem traumhaften Postkarten-Sonnenuntergang entschied ich mich beim abendlichen Essen für das 'Carribean Chicken'. Verdammt leckere Sache aus Reis mit dunklen Bohnen, Gemüse und Hühnchen in einer Soße, die geschmacklich irgendwo zwischen Barbeque- und dunkler Bratensoße hing. Von dort aus landeten wir schräg gegenüber in einer großen offenen Bar mit Live-Musik. Dort flogen uns dann die 'Mojito' nur so um die Ohren, bis ich irgendwann nur noch Gast in meinem Körper war. Himmel, hat das gescheppert!
Di. 14.04. - Parque Nacional de Cahuita
Gegen halb sechs wurden wir wach, weil ein Regenschauer allererster tropischer Güte runterkam. Muss wohl auch rein geregnet haben, denn mein Bett war klatschnass. Vielleicht bin ich aber auch einfach nur mit meinem Absacker-Bier in der Hand eingepennt... hab ich auch länger nicht mehr hinbekommen.
Um halb zehn war die Nacht dann endgültig vorbei. Daniel wurde auch kurz danach wach und wir trödelten nicht lange und saßen im 10:30 Uhr-Bus nach Cahuita, wo wir kurz nach elf ankamen. Unser Ziel war der 'Parque Nacional de Cahuita'.
Die Regierung von Costa Rica hat die Zeichen der Zeit früh erkannt und schon in den 70er Jahren über 25% des Landes zu Schutzgebieten für Flora und Fauna erklärt. In diesen Schutzgebieten gibt es wiederum Nationalparks, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Der Zutritt zum 'Cahuita-Nationalpark' ist kostenlos, man wird lediglich um eine kleine Spende gebeten. Dieser Bitte kamen wir gerne nach. Da unser Plan, den Park früh zu betreten, um den anderen Touris aus dem Weg zu gehen, durch das 'Mojito'-Geschwader des Vorabends durchkreuzt worden war, befanden wir uns natürlich nicht allein dort.
Allerdings verläuft sich auf dem sieben Kilometer langen Pfad dann doch alles und man begegnet anderen Besuchern nicht zu oft. Leider waren sich die Tiere nicht allzu neugierig. Zwar sahen wir mehrfach Brüll- und Kapuzineraffen und alle paar Meter flüchteten Krebse und kleine Echsen vor unseren Plattfüßen und auch ein kleiner Leguan gab sich noch die Ehre.
Aber unser Wunsch, ein Faultier oder eine Schlange in freier Wildbahn zu sehen, erfüllte sich nicht. Sicher, die Viecher werden nicht weit von uns entfernt gewesen sein, es knisterte und raschelte auch ständig um uns herum, aber wenn die keinen Bock auf Menschen haben, bekommt man sie halt auch nicht zu sehen. Der Weg führt immer in der Nähe des Strandes entlang, mal näher, mal ein wenig davon entfernt.
Als sich der Pfad zum wiederholten Male zur Küste öffnete, konnte ich nicht mehr wiederstehen und wagte mich in die Fluten, während Daniel schon mal langsam weiter ging. Absolut genial. Das Wasser war schön warm und um mich herum keine Menschenseele.
Da ich keine Badesachen eingepackt hatte, schwomm ich einfach in meiner Boxer-Shorts, die ich danach an den Rucksack zum Trocknen hängte, und mich wie Gott mich geschaffen hat in meine kurze Hose zwängte. Irgendwann gegen Ende des Weges fiel mir auf, dass ich die Shorts verloren hatte. Da wird sich das hiesige Affen-Volk über das Stück Stoff sicher gewundert haben. Als wir die Straße erreichten, kam glücklicherweise schon nach wenigen Minuten der stündlich fahrende Bus nach Puerto Viejo vorbei. Da wir geschwitzt hatten wie Sau, gab es außer Duschen und Faulenzen nicht mehr viel zu tun. Irgendwann begaben wir uns wieder in den Ort, um etwas zu Essen und ein paar Cerveza 'Imperial' zu konsumieren. Einen Beschuss wie am Vorabend wollten wir aber vermeiden. Der gesamte Ort trat irgendwie ruhiger auf als am Vortag. Wahrscheinlich lagen alle immer noch in Essig, denn wir waren nicht die einzigen, die ordentlich gezecht hatten. Dementsprechend waren wir vor Mitternacht in der Falle.
Mi. 15.04. 20:00 Uhr - LD Alajuelense vs CD Universidad de Costa Rica 2:2 (Primera División), 5.000 Zuschauer (0 Gäste)
Die ganze Nacht schüttete es wie aus Eimern. Morgens war es dann zwar trocken (ich auch) und teils sonnig, aber als wir um 11:00 Uhr im Bus zurück nach San José saßen, öffnete der Himmel erneut seine Schleusen. Bis zur Ankunft regnete es quasi durch und teilweise so, dass die Straßen sprichwörtlich unter Wasser standen. Wir machten uns schon ernste Sorgen um den abendlichen Spielbesuch, aber auf den letzten Kilometern nach San José hörte der Regen auf. Gegen 15:00 Uhr kamen wir an und mussten nun wieder das Terminal wechseln, um den Anschluss in das vierzig Kilometer entfernte Alajuela zu nehmen, wo wir gegen halb fünf eintrafen. Stellte sich die wieder die Frage nach der Unterkunft, die wir in der Straße suchten, wo einige Mittelklasse-Schuppen aufeinander kleben. Im zweiten Versuch hatten wir Erfolg zum etwas überhöhten Kurs von fünfzig Dollar. Dafür bekamen wir aber auch ein wunderschönes, geräumiges, holzgetäfeltes Liebesnest unter dem Dach. Das richtige Etablissement zu Nahrungsaufnahme zu finden, war wieder schwierig. In den größeren Städten Costa Ricas, scheint die Fress-Szene zu 99% aus Fast-Food-Schmiertempeln zu bestehen. In einem vernünftig aussehenden Lokal bekamen wir dann ein schlechtes Steak serviert. Zum Ausgleich bezahlten wir dafür aber viel zu viel Geld. Ne schöne Schuhsohle haben die uns da gebruzzelt. Schätze mal, dass es seit diesem Abend einen Straßenköter weniger in Alajuela gibt. Die 45tsd-Einwohner-Stadt hat nicht viel zu bieten. Es gibt einen zentralen Platz und eine Hand voll schöne Gebäude im kolonialen Stil, ansonsten 'besticht' Alajuela durch verstopfte Straßen, viel Huperei und Hektik. Latein-Amerika halt. Die größte Bedeutung hat die Stadt sicherlich, weil auf ihrem Gebiet der größte internationale Flughafen des Landes liegt, der allerdings offiziell mit Kürzel SJO der Capitale San José zugesprochen wird. Zeit für Fusek.
Das 'Estadio Alejandro Morera Soto' liegt unmittelbar angrenzend zum schachbrett-artig angelegten Stadtzentrum und war für uns fußläufig erreichbar. Mittlerweile war es dunkel geworden und das Flutlicht warf sein grelles Licht in den Nachthimmel. Die Bude liegt schön eingeklemmt zwischen Wohnbebauung. Wir erwarben Tix für die Hintertor-Tribüne und betraten den Kasten. Was für eine geile Cancha!
Ich fühlte mich direkt in die Stadien der kleineren Clubs aus Buenos Aires versetzt. Man verstehe mich nicht falsch. Das Estadio ist kein architektonischer Prachtbau, aber es begeistert das Fußballherz mit seiner angestaubten Einfachheit. Vier steile Tribünen umfassen den engen Ground, an dem seit Jahrzehnten sicherlich nichts oder kaum etwas getan wurde. Nur die oberen Hälften der Gegen- und einer Hintertor-Tribüne verfügen über ein Dach. Die Ränge sind in den Vereinsfarben schwarz und rot gestrichen. Die Haupttribüne verfügt über bizarre Business-Plätze hinter Glas, die fast wie der Kommando-Stand einer Rennbahn wirken. Irgendwie ein absolut bodenständiges Stadion. Im Randbereich der Haupttribüne versammelten sich bis zur fünfzehnten Minute circa 250 LDA-Hinchas, die zwar stetig aktiv waren, aber aufgrund des fehlenden Dachs nicht wirklich zur Geltung kamen. Es wirkte auch, als trällerte man eher ein wenig dahin, als würde man aus vollem Hals das Team unterstützen wollen. Die Gäste von UCR, dem kleinen Universitäts-Verein aus der Hauptstadt, hatten eh niemanden dabei.
Die Partie wurde dann keineswegs so überlegen geführt, wie es die Tabelle vermuten ließ. Abgesehen davon, dass es um das Spiel-Niveau nicht zum Besten stand, machten die Gäste frecherweise munter mit, hatten die eine oder andere Chance und gingen aus abseitsverdächtiger Position in Führung. Die Hausherren kamen mit dem Pausenpfiff zum Ausgleich. Der Gäste-Schnappix brauchte in den letzten Sekunden die Kirsche eigentlich nur in den Abendhimmel pöhlen, aber das schien ihm gegen die Schnapper-Ehre zu gehen und er wählte die Option, das Ei mit einem klugen Pass im Spiel zu halten. Dumm nur, dass der Pass sich dann gar nicht so klug fühlte, wie gedacht, und lieber beim Gegner landete. Dieser sah in weiter Ferne ein leeres Tor vor sich und versuchte das lange Eck anzuvisieren. Schlau genug, um das zu erahnen, war der Keeper dann wohl, allerdings war die Murmel derart schlecht abgesendet, dass sie auf das kurze Eck kam und dort entgegen der Laufrichtung des Schlussmannes einschlug. Egal. Tor ist Tor. In der zweiten Hälfte war der Kick zwar nicht besser, aber LDA konnte mehr Druck aufbauen. Dieser mündete dann im wirklich sehenswerten Führungstreffer und der Sieg schien nur noch Formsache. Aber wie war das mit den Torhütern in der letzten Spielminute. Also ich wiederhole mich mal. Der LDA-Keeper bekam in der Ballsicherungs-Phase der letzten Spielszenen das Leder kurz zugespielt. Der Normalfall wäre nun, den Ball lang wegzueibeln. Der Normalfall appellierte aber an die angesprochene Schnapper-Ehre und der Genannte nahm sich das zu Herzen. Also wollte er den Pfiffikus mimen und den heraneilenden Gäste-Stürmer mit einer schönen Finte ins leere laufen lassen. Die schöne Finte gelang auch, nur hätte er dabei auch besser den Ball mitnehmen sollen, der nun herrenlos herum rollte und vom Angreifer nur noch ins verwaiste Tor geschoben werden musste. Ausgleich, Schlusspiff and please welcome the Volltrottel of the match: the Alajuela-Schnapper. Allerdings unmittelbar gefolgt vom Gäste-Torwart, dem sein Lapsus aber herzlich egal war, da ihm die Negativ-Hauptrolle ja vom Innungs-Kollegen abgenommen worden war. Ein geöffneter Supermarkt, wieder von Chinesen geführt (Chinesen, überall Chinesen! Gut dass die noch in der Heimat befindlichen Landsleute keine Kohle zum Reisen haben, sonst würden die wahrscheinlich jedes erdenkliche Geschäft der Welt besitzen. Dasselbe gilt übrigens für Inder.) ermöglichte uns, ein wenig Zimmer-Suff zu kaufen, den wir dann aber nicht mal ganz verzehrten. Schwach.
Do. 16.04. - Jacó
Wir hatten uns entschieden für zwei Tage einen Mietwagen zu nehmen, damit wir mal etwas unabhängiger durch die Gegend reisen und anhalten konnten, wo wir wollten. So führte der Weg aus dem Hotel per Linienbus zum fünf Kilometer entfernten 'Juan Santamaria Aeropuerto' (der gute Juan ist der Nationalheld Costa Ricas und war Bürger Alajuelas), wo wir zwei Tage vorher online bei der Firma Budget einen Wagen reserviert hatten. Nachdem mich der Shuttle-Service aufgrund vierzig Minuten Wartezeit zur Weißglut gebracht hatte - hätte man es gewusst, wäre der direkte Weg aus der Stadt zum Vermieter einfacher gewesen - lief alles zügig ab und für viel zu viel Geld, aufgrund der scheißteuren risikofreien Versicherung, durften wir ein Mitglied der kleinste Wagenklasse für zwei Tage in unseren Besitz nehmen. Die Kiste war so klein, dass sie mit unserem Gepäck und uns bis unter das Dach gefüllt war. Das Fabrikat war mir gänzlich unbekannt, sah aber so ein wenig aus wie ein Citroen C1. Kurz das Gepäck aus dem Hotel befreit, nochmal am Ground vorbei, um zwei drei Bilder bei Tageslicht zu schießen und dann stand bereits das Highlight des Tages an. Nur wenige Kilometer vor den Toren Alajuelas durfte ich auf der Terrasse eines schönen kleinen Hotels meine bezaubernde Schwester in die Arme schließen, die am Vorabend mit ihrem Partner eingetroffen war, um auf der Halbinsel Nicoya im Nordwesten des Landes Urlaub zu machen. Schon witzig, wenn man sich knapp 10tsd Kilometer von daheim entfernt auf einen Kaffee trifft. Mehr wurde es auch nicht, da Daniel und ich uns ein paar Programm-Punkte rausgesucht hatten und die beiden noch ein paar Stunden Fahrt vor sich hatten. Farewell Schwesterherz, hab eine schöne Zeit.
Unser nächstes Ziel hieß 'Poás'. Dabei handelt es sich um einen 2.700 Meter hohen aktiven Vulkan.
Alajuela liegt auf knapp 1.200 Metern, also mussten wir 1.500 Meter nach oben klettern. Dabei konnte unser Bolide seine geballte Leistung aus drei Zylindern, die vermutlich so groß waren wie Überraschungseier, ausspielen. Leck mich fett, was ein Dreckshaufen. Schon bei vergleichsweise harmlosen Steigungen musste ich in den zweiten, manchmal sogar in den ersten Gang runter schalten. Wenn man dann mal beschleunigte und den Motor, korrigiere: das Motörchen etwas höher drehte, bekam man gleich Angst, dass binnen Sekunden ein Ventil nach dem anderen an einem vorbei flog und sich die Beläge der Kupplung auflösten. Ich schätze mein Staubsauger hat einen kräftigeren Motor als diese gummibereifte Zündspule. Die Attraktion des Volcano ist sein nördlicher Krater, der knapp 1,5 Kilometer Durchmesser hat und in dreihundert Meter Tiefe die 'Laguna Caliente' birgt, die aufgrund eines äußerst geringen PH-Wertes über türkisblaues Wasser verfügt, das hochgradig ätzend ist. Zum Baden also eher ungeeignet. Es soll ein wirklich toller Anblick sein. Betonung auf 'soll', denn obwohl wir sehr optimistisch waren, da der Himmel nur wenig Wolken zeigte, kam wir nur bis zum Tor des Parks. Die Weiterfahrt wäre zwar möglich gewesen, aber die Schranken-Chica war so fair, uns mitzuteilen, dass sich im Krater seit Tagen beharrlich Wolken halten und eine kurzfristige Besserung unwahrscheinlich ist.
Das Risiko war uns mit für fünfzehn Dollar pro Person dann zu hoch und wir drehten um. Über Nebenstraßen eierten wir Richtung Pazifik-Küste, die unser heutiges Ziel sein sollte. Auf dem Weg dorthin hielten wir an der Brücke über den 'Rio Tarcoles', an dessen Ufer sich gut dreißig Spitzkrokodile tummeln, was uns schon auf der Busfahrt von der Grenze nach San José aufgefallen war, die über dieselbe Nationalstraße führte.
Die Brücke, die über keinen nennenswerten Gehsteig verfügt, so dass die fetten Ami-Trucks unmittelbar an einem vorbei rauschen, ist sowohl Anziehungspunkt für Touris als auch für die XXL-Eidechsen. Die Krokodile liegen so nah an der Brücke im Schlamm, dass man vermuten darf, dass diese dort regelmäßig mit Futter bei Laune gehalten werden. Anders kann ich mir nicht erklären, warum die zarten Tiere zum Abgammeln nicht einen Ort mit mehr Ruhe auswählen. Höhepunkt war dann eine komplett bescheuerte Ami-Familie neben mir. Die vielleicht achtjährige Tochter machte sich einen Spaß daraus, auf die Tiere herunter zu rotzen und der Yankee-Vatter stand daneben und lächelte nur amüsiert, statt der Göre mal ordentlich den schon viel zu fetten Arsch zu versohlen oder sie gleich zu den Echsen zu entsorgen. Echt ey... wie ich sowas hasse!! So wird das nix, dass ich meine Meinung über diesen selbstherrlichen Pöbel mal ändere. Weiß auch nicht, warum ich nicht die Courage aufgebracht habe, da mal einzuschreiten. Aber wahrscheinlich wäre meine Ansage gar nicht im vakuum-gefüllten Zentrum dieser burgerfressenden Hohlbirnen angekommen.
Weiter ging es Richtung Küste, auch schon mal nach einer potentiellen Absteige für die Nacht Ausschau haltend. Aber der erste angefahrene Küstenort entpuppte sich als Loch der Marke 'Unwillkommen' und beim zweiten scheiterten wir schon an der Anfahrt, da unser Luxus-Van nicht über die erforderlichen Off-Road-Qualitäten für die sich vor uns eröffnende Schotterpiste verfügte.
Also doch nach Jacó, worauf ich eigentlich nicht so recht Bock hatte, da dieses ein reiner Touri-Ort a la Mallorca ist und man dort sicherlich wieder über haufenweise Angehörige des unsäglichen soeben noch beschriebenen Volkes stolpern würde. Mit einer Unterkunft klappte es im dritten Versuch (erste Wahl zu teuer, zweite Wahl zu schäbig), wo wir mit ein wenig Verhandeln für vierzig Dollar ein geräumiges, ordentliches Zimmer mit eigenem Bad und bewachtem Parkplatz im 'Hotel Zabamar' bekamen. Kurzzeitig öffnete der Himmel wieder seine Schleusen und es schüttete eine halbe Stunde wie aus Eimern, so dass der erhoffte Sonnenuntergang ausfiel. Zum Abendessen begaben wir uns in eine etwas höherpreisige Grill-Bar. Am Nebentisch nahmen drei Deutsche Platz, ein 'etwas bürgerliches' Paar und ein Typ, der wohl meinte, er hätte den absoluten Durchblick, alle drei vielleicht ein paar Jahre älter als ich. Das Pärchen wollte Fisch essen und der Einzelgänger schwang sich ungefragt zum weisen Berater auf. Da das Paar wohl des Englischen nicht recht mächtig war, übernahm Dr.Schlau die Verhandlungsführung und fragte die Bedienung erst einmal, ob der angebotene 'Red Snapper', denn auch in hiesigen Gewässern gefangen wurde. Ja Himmelarsch, wo soll das Zeug denn sonst herkommen?! Dieser Fisch kommt bekanntermaßen in allen tropischen und subtropischen Gewässern vor, so dass die Dinger der Einfachheit halber kaum aus Südost-Asien importiert werden. Hegel! Sollte aber unser Geschmackserlebnis nicht schmälern, denn unsere Fleischgerichte waren wirklich lecker und reichhaltig. Letzter Job des Tages war, eine Strandbar für die Aufnahme einiger gut gekühlter 'Imperial' zu finden, was sich schwieriger gestaltete als angenommen. Sehr gut besucht war Jacó in diesen Tagen wohl nicht, so dass entweder die Bars gar nicht geöffnet oder schlecht besucht waren. Wie folgten einem wummernden Bass, der mit jedem Schritt näher kam und als wir die Lärmquelle erreicht hatten, war das Etablissement auch genau das, was wir suchten. Nämlich eine offene Bar direkt an der Playa, in der ein DeeJay Latino-Pop auflegte und wir bei zunehmender Imperialisierung den gut aussehenden Mädels hinterher linsen und beim Balztanz zusehen durften. Bewegen können sie sich ja, die kleinen Ticas. Zurück wählten wir den einfacheren aber zunächst zwielichtigeren Weg durch den Ort und ohne Verteidigungsbier fühlten wir uns reichlich nackt, kamen aber unbeschadet durch. Ein, zwei, drei übliche Absacker-Bierchen auf der Terrasse vor unserem Zimmer rundeten die erarbeitete Bettschwere ab.
Fr. 17.04. - Manuel Antonio
Wir schliefen in Ruhe aus und machten uns dann auf den Weg zum Nationalpark 'Manuel Antonio', der sich gute siebzig Kilometer südlich von Jacó befindet. Auf dem Weg dorthin offenbarten sich immer wieder wunderschöne Ausblicke. Durch die Kleinstadt Quepos gelangt man in den Ort Manuel Antonio, an dessen Ende sich der Eingang zum gleichnamigen Nationalpark befindet.
Der Ort besteht hauptsächlich aus Hotels und Hostels jeder Preisklasse, sowie Restaurants und Geschäften, aber ohne dabei überlaufen zu wirken. Außerdem offenbarte sich uns ein Postkarten-Strand vor Postkarten-Kulisse. Da am Eingang zum Park, der für seine vielen nicht menschenscheuen Tiere bekannt ist, fünfzehn Dollar Eintritt aufgerufen wurden, viel uns die Entscheidung leicht,
auf den Zutritt zu verzichten und stattdessen die zwei Stunden bis zur Rückfahrt an dieser herrlichen Playa zu verbringen. Der Strand zieht sich die ganze Bucht entlang und die anwesenden Menschen verteilen sich auf angenehme Weise. Kein Vergleich zu den Playas in Spanien oder den Stränden an der Nordsee. Das Wasser war so unfassbar warm, dass man sich endlos lange bewegungslos darin aufhalten konnte, ohne dass es einem auch nur im Ansatz kalt wurde. Die Brandung war stark genug einem die Füße wegzuhauen ohne dabei unangenehm oder gefährlich zu werden. Ich hätte mich noch Tage hier aufhalten können, aber da gegen Mitternacht unser Bus aus San José gen Panamá abfuhr mussten wir uns gegen 16:00 Uhr langsam von diesem traumhaften Ort lösen. Absurderweise fuhren wir nun über 200 Kilometer in die Hauptstadt zurück, um in der Nacht denselben Weg in entgegengesetzter Richtung nach Panamá zu absolvieren.
Drei Stunden braucht man dann schon, da die Strecke recht kurvenreich ist und wir die fetten Ami-Trucks mit unserem Beschleunigungswunder nicht so häufig überholen konnten. Die Rückgabe der Schachtel verlief reibungslos und wenig später saßen wir im Bus nach San José. Dort angekommen gönnten wir uns zum Abendessen ein ganzes Hähnchen. Also jeder eins. Puh, da waren die Augen dann doch größer als der Magen, denn die Gummi-Adler haben hier eine stattliche Größe. Kein Vergleich zu den Dritte-Welt-Hähnchen, die es bei uns an diesen mobilen Hähnchen-Grillwagen gibt. Jedenfalls blieb deutlich mehr übrig, als es hätte sein sollen. Ein Taxista brachte uns zum Ticabus-Terminal. Nach Einbruch der Dunkelheit jetzt auch nicht die vertrauenerweckendste Gegend. Ein hoher Zaun um das Gelände und ein Wachmann vor der Eingangstür bestätigten den Eindruck. Generell wirken die Großstädte in dieser Region nach Sonnenuntergang und Geschäftsschluss ziemlich ausgestorben und einsam. Da vor allem in den kleineren Haupt- und Nebenstraßen alles verriegelt und verrammelt und kein Mensch auf der Straße ist, weicht das normale Gefühl der Sicherheit dem der Wachsamkeit. Kann ja auch generell nicht schaden Augen und Ohren offen zu halten. Da noch zwei Stunden Zeit bis zur Abfahrt waren, spürten wir einen Supermarkt auf, in dem wir die letzten Colónes in Getränke umsetzten. Um das Schlafbedürfnis zu erhöhen, flossen auch zwei 'Imperial' in die Speiseröhre.
Sa. 18.04. 18:00 - Alianza FC vs Tauro FC 1:3 (Liga LPF), 450 Zuschauer (200 Gäste)
Im Bus schlief ich nicht so gut wie auf der Hinfahrt, aber doch noch zufriedenstellend. Um halb sechs waren wir schon an der Grenze, die auf costa-ricanischer Seite um 6:00 Uhr öffnet. Costa Rica ist zu Panamá eine Stunde in der Zeit zurück, deshalb öffnet die panamaische Seite 'zeitgleich' um 7:00 Uhr. Die Ausreise ging dann zügig über die Bühne und auch die Einreise nach Panamá war kein Problem, wenn man mal davon absieht, dass der Grenzer von Daniel einen Liquiditäts-Nachweis von 500 Dollar sehen wollte. Wir konnten den Mann aber davon überzeugen, dass für einen Aufenthalt von knapp 36 Stunden auch ein Zehntel des Geforderten ausreichen sollte. Die Weiterfahrt war dann erst einmal mega-zäh. Hinter David reiht sich auf den gut 200 Kilometern bis Santiago Baustelle an Baustelle. Totaler Wahnsinn was da abgeht. Es schien als wären sämtliche Straßenbau-Maschinen Zentralamerikas hier zusammengezogen worden um ein ewig langes Stück Straße zu erneuern. Dadurch ging es teilweise nur mit Tempo zwanzig oder dreißig vorwärts. Wir bewegten uns ja auf der berühmten 'Panamericana', der, bis auf die bereits erwähnte Lücke im Dschungel der panamaischen Provinz 'Darién', durchgehenden Straßenverbindung von Alaska bis Feuerland. Auf der Hinfahrt hatte ich die Baustellen während der Nacht-Teilstrecke verschlafen. Die Ausstattung des Busses war mit der auf der Hinfahrt vergleichbar. Der Unterschied - und daher der höhere Preis - bestand darin, dass es während der bei Tag bewältigten Strecke ein reichhaltiges Catering gab. Nach dem Frühstück gab es im Laufe des Vormittag ein Sandwich zur Überbrückung und zur Mittagszeit wurde kurz nahe eines 'McDonalds' gehalten, wo ein Bote mit einem riesigen Karton Chicken-Burger wartete. Gegen 17:00 Uhr trafen wir in Panamá-Stadt ein, womit die kommunizierte Reisezeit fast auf den Punkt eingehalten wurde.
Vom 'Albrook'-Terminal fuhren wir mit der Metro wieder in den Stadtteil um die 'Avenida Peru', wo ich uns am Vorabend noch das recht gut bewertete 'Hotel San Remo' für faires Geld gebucht hatte. Dass wir nicht erst ein Zimmer suchen mussten, geriet nun zum Vorteil, denn entgegen dem Erinnerungsvermögen sollte das anvisierte letzte Spiel der Reise bereits um 18:00 Uhr angestoßen werden, was sowieso schon nicht mehr pünktlich zu schaffen war. Ein Taxista brachte uns raus zum Nationalstadion. Neben diesem befindet sich noch ein kleinerer Liga-Ground, das 'Estadio Luis Ernesto Cascarita Tapia', in dem der Kick stattfand. Welch klangvoller Name.
Dem kann die kleine Cancha allerdings nicht gerecht werden. Lediglich auf einer Seite befindet sich eine überdachte Tribüne mit acht Sitzreihen. Die übrigen drei Seiten haben nichts zu bieten und sind der Öffentlichkeit auch nicht zugänglich. Das Spiel war bereits in vollem Gange und die Gäste hatten ein Tor erzielt. Die Tribüne teilte sich ungefähr in der Mitte in Heim- und Gäste-Zuschauer. Lediglich das Team von Tauro durfte sich über den mittlerweile bekannten panamaischen Support freuen.
Die einzige Unterstützung für die Gastgeber bestand aus zwei Zaunfahnen, die hinter der Spielerbank befestigt waren und die wir bereits in der Vorwoche beim Away-Kick von Alianza im 'Nuevo Maracana' erblicken durften. In der Halbzeit versorgten wir uns mit den schwer vermissten Spießen an den mobilen Grillständen vor dem Stadion. Am Getränke-Ausschank hieß es zu unserer Freude wieder "One beer - one Dollar!" Eine Viertelstunde vor Schluss gelang den Gastgebern der umjubelte Ausgleich durch einen Schuss von der Strafraum-Grenze, bei dem der Schnappix alle Mühe hatte rechtzeitig aus dem Weg zu springen, damit die Kugel auch einschlägt. Mann, war das mies. Um allen Wett-Mafia-Gerüchten vorzubeugen, sei gesagt, dass der Mann es einfach nicht besser konnte - das war deutlich zu sehen. Tauro war nun wieder geweckt und legte ne Schüppe drauf, was in zwei späten Toren zum Auswärtssieg gipfelte. Wir suchten uns ein Taxi zurück in die Stadt und hatten Glück. Der gute Mann, ein dunkelhäutiger Mitt-Dreißiger, war mit sechs Dollar einverstanden. Er sprach hervorragendes Englisch und wir unterhielten uns über alles Mögliche. Er meinte, in Panamá wäre nur vier Monate Sommer und dann acht Monate Winter, in dem es mit 25 Grad viel zu kalt wäre.... Die Fahrt endete an unserer Stamm-Bar, wo wir natürlich wiedererkannt wurden. In Nullkommanix standen zwei eisgekühlte 'Balboa'-Bomben auf unserem Tisch, denen wir noch einige weitere folgen ließen. Zum Abschluss machten wir noch ein Foto mit dem Patron des Ladens bevor wir ordentlich balborisiert ins Bett fielen.
So. 19.04. - 'Esclusa Miraflores' & Heimreise
Daniel kam nicht so richtig aus den Federn, so dass ich das letzte Vorhaben der Reise alleine in die Tat umsetzte. Es gab ja noch eine Rechnung mit der Miraflores-Schleuse zu begleichen. Kurz nach zehn Uhr machte ich mich auf. Mittlerweile ja schon fast Routine. Metro zum Bus-Terminal und zu meinem Glück fuhr der stündlich fahrende Bus nach Miraflores schon nach wenigen Zeiger-Umrundungen ab. Der Bus endet am Besucherzentrum, wo deutlich mehr Touristen waren, als ich erwartet hatte. Gehört offensichtlich auch zum Standard-Programm organisierter Reisen für unselbständige Amis. Unverschämte fünfzehn Dollar wurden aufgerufen, die ich aber zähneknirschend bezahlte. Der 'Lonely Planet' - Daniels Exemplar ist zugegebenermaßen acht Jahre alt - sprach noch von sieben Dollar. Eine Preissteigerung von über 100% innerhalb von acht Jahren ist aber eine nette Inflation.
Einheimische zahlen nur einen Bruchteil des Eintrittspreises - diese Ungleichbehandlung hasse ich wie die Pest! Mit der Uhrzeit hatte ich mich dann völlig vertan. Ich war der Meinung, dass 11:00 Uhr ein super Zeit für die Besichtigung ist, da dann viele große Schiffe geschleust werden. Es war aber genau anders herum. Gegen elf ist erst einmal bis in den Nachmittag alles vorbei. Auch das noch - fünfzehn überteuerte Dollar und kein beschissenes Schiff! Ich sah nur noch wie ein Containerschiff den Ausfahrtbereich der Schleuse verließ. Schöner Reinfall. Beeindruckend ist diese riesige Anlage trotzdem und das Besucherzentrum mit integrierten Museum zur Bau-Geschichte ist auch sehr interessant.
Ohne Schiff ist aber alles halb so toll, also fuhr ich zurück zum Hotel und wenig später brachen wir dann zur Heimreise auf. Unser Ziel war, am 'Albrook' noch etwas zu essen und dann mit dem günstigen aber langsamen Bus zum Flughafen zu fahren. Zeit war noch genug. Teil eins des Plans dauerte dann aber mit dem Verzehr eines recht ordentlichen 'Baby Beef' viel zu lange. Das Fleisch war aber nicht schlecht, was Daniel zu der Bemerkung veranlasste, dass er binnen sechs Wochen tot wäre, wenn es verboten wäre, Tiere zu essen. Als dann eine Viertelstunde lang nicht der richtige Bus auftauchte, mussten wir doch wieder auf einen Taxista zurückgreifen. Die üblichen dreißig Dollar bezahlten wir für die Fahrt zum dreißig Kilometer entfernten Aeropuerto. Mit der Erstattung für die in Folge des vermissten Gepäcks erworbenen Brocken klappte es auch nicht so recht, denn die in Peru ansässige 'Avianca' wollte nur einen zwölf Monate gültigen Voucher rausrücken. Alles Theater half nichts. Zumindest wurde der Wert des Gutscheins dann deutlich erhöht und Peru will ja sowieso mal besucht werden. Ein letztes überteuertes Bier verkürzte die Wartezeit auf den etwas verspäteten Flug. Durch die Verspätung befand sich die Crew in entsprechender Hektik, so dass die Sicherheitshinweise vor dem Start ausfielen und erst nach dem Erlöschen der Anschnallzeichen in der Luft nachgeholt wurden. Hatte ich auch noch nicht erlebt. Der Flieger war leider sehr gut ausgelastet, so dass man sich nirgendwo ausbreiten konnte. Inseat-Entertainment war dieses mal nicht vorhanden, aber der Service war wiederum okay. Am Mittag des nächsten Tages landeten wir in Madrid und durften gute fünf Stunden Transit-Zeit totschlagen. Aber auch das geht ja vorüber und mit meiner Lieblings-Airline 'Iberia-Express' gelangten am frühen Abend wir pünktlich nach Düsseldorf, wo uns meine Herzdame einsammelte.
Trotz der Querelen und einiger Stolperer war die Tour eine absolut gelungene Sache. Mittelamerika hat mich begeistert. Gut, dass dort noch einige Länder besucht werden wollen. Danke an Daniel für seine bereichernde Begleitung. Abschließend stellt sich mir nur die Frage, welcher Affe sich im Nationalpark Cahuita nun mit einer himmelblauen Boxer-Shorts bekleidet von Baum zu Baum schwingt.
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