Nach einiger Zeit relativer Ruhe ging es mal wieder mit dem Flieger weg - wenn auch nur für ein Wochenende. Allerdings bin ich seit der Färöer-Tour nicht in der Luft gewesen. Drei Monate - das gab es lange nicht. Also nicht dass ich das unbedingt brauche um glücklich zu sein, aber irgendwie beinahe eine ungewöhnlich lange Zeit ohne Flug, denn dieses Hobby und Flugreisen stehen in einem unabdingbaren Zusammenhang. Liegt aber auch daran, dass ich grundsätzlich das Ziel habe, meine Urlaubstage nicht mehr so zu zerfleddern, sondern lieber längere Touren zu unternehmen, um einen gewissen Erholungswert zu erreichen. Ich weiß - Widerspruch in sich - Groundhopping ist kein Wellness-Urlaub! Im Umkehrschluss wird sich die Anzahl der Flüge pro Jahr wahrscheinlich verringern. Kann aber auch sein, dass das noch ein großer Trugschluss ist, denn prinzipiell ist zumindest in Europa annähernd jeder Winkel an einem Wochenende zu erreichen, ohne dass man dafür Urlaubstage einbringen muss. Ich werde sehen, wie sich die Sache entwickelt.
Wie fange ich an?! Am Anfang stand wohl die Info von Daniel aus Stockholm, dass die Partie des IFK Göteborg gegen Hammarby IF vielleicht im alten 'Nya Ullevi' über die Bühne gehen würde, das mir mit seiner außergewöhnlichen geschwungenen Architektur sehr gut gefällt und wo ja mittlerweile nur noch sehr selten gespielt wird. Dazu kam mir dann eine Ryanair-Aktion in die Quere, während der Flüge von und nach Kopenhagen für EUR 9,99 zu haben waren. Daher buchte ich mir einfach mal einen Return von Kopenhagen nach Köln für den 21.09. ohne genau zu wissen, wie ich die Anreise gestalten würde. Daniel - deutscher Staatsbürger mit Wohnsitz in Stockholm und Anhänger von Hammarby IF - lernte ich kennen, als er sich irgendwann über meine Homepage an mich wendete. Über den Email-Kontakt beschlossen wir dann, uns mal persönlich zu treffen, wenn er auf Heimat-Hopping-Urlaub ist. So geschehen im Februar des letzten Jahres. Und damit war auch klar, dass ich den Spieß mal umdrehen würde. Zwar sollte es eigentlich zum Heimspiel in die neue Bude von Hammarby gehen, aber da ich auch immer mal in Göteborg vorstellig werden wollte, passte das mit dem Kick gegen die Truppe aus Södermalm ganz gut. Bei meinem Stockholm-Aufenthalt vor einigen Jahren besuchte ich ein Heimspiel des damaligen Zweitligisten. Trotz damals aussichtsloser Lage im Tabellen-Mittelfeld des eher trostlosen Unterhauses der ersten schwedischen Liga 'Allsvenskan' (Moment mal... finde ich hier Parallelen zu meinem Herzensclub?) unterstützte die ordentliche Kulisse ihre Mannschaft leidenschaftlich. Hat mir gut gefallen. Nachdem alle möglichen und unmöglichen An- und Rückreise-Optionen geprüft worden waren, stellte sich heraus, dass es am günstigsten mit Herrn Ryan über Stansted gehen würde. Nebenbei konnte man so auch noch einen Kick im Raum London einbauen. Zudem gefiel mir plötzlich der direkte Rückflug mit Germanwings von Göteborg nach Düsseldorf am besten, so dass der zuerst gebuchte Return CPH>CGN gar nicht mehr nötig war. Läuft schon manchmal alles etwas merkwürdig mit den Planungen. Dann sprang noch mein 'kleiner', nur zwei Jahre älterer Großcousin Stephan auf, der mal wieder mit einem Klasse-Typen verreisen wollte. Leider entschied sich der IFK Göteborg, das Spiel doch im kleineren 'Gamla Ullevi' auszutragen, obwohl sich ein guter Ticket-Verkauf abzeichnete.
Sa. 19.09. 15:00 - Luton Town FC vs Mansfield Town FC 1:0 (Football League 2), 7.939 Zuschauer (100 Gäste)
3:45 Uhr aufstehen ist ne super Sache. Da ist man wenigstens schon kaputt, bevor die Reise überhaupt richtig begonnen hat. Da der Tag bedingt durch die Zeitumstellung eh noch ne Stunde länger würde, konnte mich sich also schon mal auf nen schönen Schlauch vorbereiten. Mit zwei Autos ging es los. Eins (das meinige) verblieb am bewährten Parkplatz in Flughafen-Nähe. Das andere (Stefans) fuhr noch weiter in die Düsseldorfer Innenstadt, wo es in der Tiefgarage an seinem Arbeitsplatz versenkt wurde. Ein ICE brachte uns in 32 Minuten zum Kölner Flughafen. Und das auf die Minute pünktlich - ich weiß gar nicht was immer alle auf der Bahn rumhacken. Ist doch n super Verein
! Pünktlich ging es auch nach Stansted und von dort mit 'Easybus' zur 'Baker Street' in London. Unterkunft in London ist ja so ne Sache. Wahnsinn, wie die Preise in 'Inner London' in den letzten Jahren explodiert sind. Fündig geworden waren wir in Richtung Wembley im 'Bridge Park Hotel', wo immer noch ein paar Dutzend Pfunde für einen schlichten 'twin room' fällig waren. Nach dem Kauf einer 'Day-Travelcard' für 12,75 British Pound brachten wir erst einmal die Brocken ins Hotel. Die 'London Underground' fasziniert mich ja immer wieder. Dieses unglaubliche Tunnel-Labyrinth auf den verschiedenen Ebenen.
Ewig lange Rolltreppen, enge Gänge, schon genial was sich da im Zuge aller Erweiterungsmaßnahmen entwickelt hat. Da wir ein wenig Zeit hatten fuhren wir mal zur 'St.Pauls Cathedral', eines der wenigen Bauwerke Londons, dass ich noch nie gesehen hatte. Beeindruckend groß, aber da der Sakral-Bau ziemlich eng zwischen der angrenzenden Bebauung liegt, geht diese gewaltige Wirkung völlig verloren.
Ein Schlenker zur Themse, ein Bier in nem Pub direkt gegenüber der 'Blackfriars Station' und schon saßen wir im Zug nach Luton, wo wir um kurz nach halb zwei eintrafen. Luton ist eine wuselige Kleinstadt ohne jeden Reiz. Die besten Plätze der Stadt scheinen im Pub zu sein, wovon wir uns natürlich überzeugten. Was man so in den Kneipen auf der Insel mitbekommt, find ich schon geil. Eltern, die mit ihren Kids mittags einfach mal in den Pub latschen, um ein Bierchen zu schlürfen. Die Eltern natürlich, nicht die Kinder. Aufgeballerte Mädels, als ob es gleich in die Oper geht. Und glatzköpfige, muskelbepackte, bis hinter die Ohren mit künstlerisch mäßigen Tätowierungen bemalte Fleischberge, die Dir aber auf dem Weg zum Pissoir selbstverständlich den Vortritt lassen, denn der Engländer an sich ist ja ein äußerst höflicher Mensch. Es sei denn man gibt Ihnen Alkohol. Derselbe Typ, der Dir eben noch die Tür aufgehalten hat, ist sechs oder sieben Pints später ohne Zweifel in der Lage, Dir fürchterlich die Fresse zu polieren, wenn Du ihm krumm kommst. Ist so ein wenig mit den Gremlins und dem Füttern nach Mitternacht. Ein viertelstündiger Fußweg brachte uns zum 'Kenilworth Road Stadium'. Die Gegend um das Stadion könnte gemessen an den zu sehenden Gesichtern auch in Delhi oder Karachi liegen. Da war es schwierig mal ein britisch-stämmiges Gesicht in der Masse zu entdecken. Und wir beschweren uns hier über zu viele Migranten. Das hatte schon was von Duisburg-Marxloh auf pakistanisch respektive indisch.
Warum eigentlich Luton? Bei meinem Spielplan-Glück spielten die Clubs, die in den für mich interessanten und noch nicht gesehenen Stadien des Großraums London kicken, auswärts oder nicht am Samstag-Nachmittag. Der Ground in Luton ist aber nicht die schlechteste Wahl, da es eine noch weitestgehend unveränderte schrumpelige alte Bude mit dem Charme vergangener englischer Fußballzeiten ist.
Das irgendwie zusammengeschustert wirkende Stadion hat nur ein Fassungsvermögen von etwas über 10tsd, aber so ein geschichtsträchtiges Ding ist mir eintausend Mal lieber, als eine neu Hochglanz-Arena, wie sie auf der Insel leider viel zu häufig anzutreffen ist. Höchsten Kult-Status hat der Zutritt zu einer der Hintertor-Tribünen, der mitten durch ein Reihenhaus geht. Der LTFC erlebt in diesen Jahren nicht grad seine beste Phase. Vielleicht fühlte ich mich dort deshalb so hingezogen. Mitte des letzten Jahrzehnts verbrachte man ein paar Spielzeiten in der zweithöchsten Klasse. Dann ging es bergab, aber mal so richtig. Da haben wir schon wieder eine Parallele zum glorreichen RWE. Aufgrund von finanziellen Unregelmäßigkeiten bekam der Club von ein paar Jahren den rekordverdächtigen Abzug von dreißig Punkten aufgebrummt, was natürlich den K.O. bedeutete und der Verein erstmals aus den Profi-Ligen verschwand. Letztes Jahr kehrte man zurück, hielt die Klasse, krebst aber nun schon wieder ziemlich unten rum. Mit Mansfield Town stellte sich ein zwar alter aber namenloser Club vor, der ganz passabel in die Spielzeit gestartet war. Diesen Vergleich wollten knapp 8tsd Zuschauer sehen. Die Gastgeber können sich generell an einem treuen Anhang erfreuen.
Was dieser zu sehen bekam - und das vermutlich nicht nur heute - war verdammt schwere Kost. Dagegen sind die Auftritte meines Herzensclubs ja schon beinahe eine Gala. Die wenigstens Situationen wurden spielerisch gelöst.
Auf diesem Ligen-Niveau regiert offenbar immer noch das gute alte 'Kick and Rush' und die ganze Nummer ging schon ziemlich Richtung Steinzeit-Fußball. Die Gäste versuchten die Geschichte etwas gepflegter in den Griff zu bekommen, aber erfolgreich war das auch nicht. Torszenen waren Mangelware, daher war es fast logisch, dass ein Treffer nur aus einem Standard fallen konnte. So war es auch und die Gastgeber durften sich über einen glücklichen aber auf bescheidenem Niveau nicht unverdienten Sieg freuen. Freute den Anhang natürlich und auch die etwa 100 angereisten Away-Supporter verabschiedeten ihr Team mit Applaus. Warum auch immer. Dass die englischen Stadien in diesem Jahren nicht gerade Stimmungs-Hochburgen sind, ist ja kein Geheimnis. Aber was hier (nicht) geboten wurde, war das mieseste was ich bei meinen mehrfachen Besuchen auf der Insel erleben durfte. Da kam mal gar nix. Nach dem Spiel ließen wir uns Zeit und fuhren dann so gegen 18 Uhr zurück nach London. Viel passierte nicht mehr. Zwei Bier und n Burger in nem Pub und dann begaben wir uns zu unserer Unterkunft und fielen auch zeitig ins Bett, da am nächsten Morgen der Wecker ja schon wieder viel zu früh klingeln sollte.
So. 20.09. 17:30 - IFK Göteborg vs Hammarby IF 1:0 (Allsvenskan), 16.617 Zuschauer (1.200 Gäste)
Und zwar um 4:30 Uhr. Mir hätte das zwar auch zwanzig Minuten später gereicht, aber mein Verwandter wollte unbedingt duschen, während ich es ja bei frühen Weckzeiten für legitim halte, nur eben die Zahnbürste durch die Keramik zu fiedeln und weitere Körperpflege auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Der Rezeptions-Ranjid war entgegen seiner vollmundigen Ankündigen, uns um diese Uhrzeit zur Verfügung zu stehen ("You have to leave so early?? If you want a coffee or fruits or other in the morning let me know. I am here!") natürlich nicht an seinem Platz, aber wir wollten ja eh nix. Nachtbus N18 brachte uns kostenlos zur 'Baker Street'. Nicht, dass wir nicht zahlen wollten. Wir durften es nicht. Nachdem wir eingestiegen waren und unser Fahrtziel genannt hatten, hüllte sich der Fahrer in schweigen und fuhr los. Erst auf eine zweite Frage teilte er mit, dass man beim Fahrer keine Tickets kaufen kann. Hm, dass ich das letzte Mal in London Bus gefahren bin, ist schon ein paar Jahre her. Das war mir also nicht bekannt. Dass die Verpflichtung sich vorher oder online mit einem Ticket zu versorgen, dem Fahrgast aber ohne jeden Hinweis an der Haltestelle als Bringschuld in die Schuhe geschoben wird, finde ich schon fragwürdig. Denn wir hatten keine Wahl. Wir mussten diesen Bus nehmen um unseren vorab gebuchten 'Easybus' nach Stansted zu erwischen. Dem Fahrer war es offenkundig völlig egal. Wenn aber ein Konti eingestiegen wäre, hätte dieser zwei bis dato ahnungslosen Touri-Dödeln jeweils 80 Pfunde abknöpfen dürfen. So kam es aber zum Glück nicht. Bemerkenswert fand ich noch, wie voll dieser Bus war. Wo wollen die Leute um halb sechs an einem Sonntag-Morgen hin? Denn es waren definitiv keine Nachtschwärmer auf dem Heimweg. Der Ryanair-Flieger startete pünktlich gen Göteborg. Dort angekommen nahm ich mal Kontakt zu Daniel auf, der ebenfalls durch die Luft aus Stockholm anreiste.
Der 'Flygbussarna Airport Coach' brachte uns in die etwa 20 Kilometer entfernte Stadt. 185 Kronen sind für das Return-Ticket fällig, knapp 20 Euro. Teurer Scheiß, aber das ist es in Skandinavien aus westeuropäischer Sicht ja fast alles. Zuerst steuerten wir unser Hotel an. Für knapp 80 Euro inkl Frühstück hatten wir ein Zimmer im recht neuen 'Ibis Styles' gebucht. Das besondere daran ist, dass dieses in einem stillgelegten Kreuzfahrtschiff eingerichtet wurde, das fest vertäut am Kai liegt. Ich wollte ja immer schon mal ne Kreuzfahrt machen. Damit ist das dann auch erledigt. Daniel hatte mich mittlerweile wissen lassen, dass Romina und er um kurz nach 13:00 Uhr mit dem Bus am Bahnhof eintreffen werden. Also latschten wir dahin und hatten uns nach kurzer Suche auch gefunden. Er war so freundlich gewesen, uns Tickets für das Spiel online zu buchen, die wir nun zuerst am Stadion abholten. Für knapp 27 Euro (250 Kronen) bekamen wir Berechtigungen für Plätze auf einer der Geraden ausgehändigt. Beinahe ein Schnäppchen.
Wir gingen nun zurück in die City. Da das Wetter - wie schon am Vortag in London - beste Spätsommer-Qualitäten zeigte, suchten wir uns einen kleines Outdoor-Restaurant direkt am alten Festungsgraben, der sich im Zickzack um das Stadtzentrum zieht. Mit im Boot war noch ein schwedische Bekannter von Romina und Daniel, den sie zufällig im Flieger getroffen hatten. Nach einem Stündchen trennten sich Stephan und ich uns erst einmal wieder von der Gruppe, da wir die Stadt noch ein wenig erkunden wollten.
Wir liefen zunächst mal ins Viertel 'Haga', ein im 19.Jahrhundert errichteter Stadtteil. Dann gingen wir den Fluß entlang am Marinehafen und an der 'Viking' vorbei, einem über 100 Jahre alten Viermaster, ehemaliges Schulschiff der dänischen Handelsmarine. Von dort liefen wir quer durch die Stadt zum Stadion. Wir ließen aber den Spielort, das 2007 erbaute 'Gamla Ullevi' ('Altes Ullevi') links, nein rechts liegen und steuerten das ältere 'Nya Ullevi' an. Dass das ältere Stadion den Namen 'Neues Ullevi' trägt, findet seinen Sinn darin, dass an der Stelle der neuen Arena bis zu deren Errichtung das wahre 'Gamla Ullevi' aus dem Jahre 1916 seinen Platz hatte und der Name übernommen wurde.
Das 'Nya' wurde erst zur WM 1958 errichtet und war bis 2007 eben das neuere Stadion. Über 43tsd Plätze bietet dieses extravagante, weitläufige Oval mit seinen geschwungenen Tribünen und Dächern. Eines der seltenen Beispiele, dass Stadien mit Laufbahn eben doch Stil und Alleinstellungsmerkmale haben können. Leider wird hier - wie eingangs schon erwähnt - nur noch selten vor die Murmel getreten. Überwiegend wird der Tempel für Konzerte, manchmal für Leichtathletik-Veranstaltungen genutzt. Die Lounge des Stadions wurde dem Hammarby-Anhang als Treffpunkt zu Verfügung gestellt. Hier trafen wir uns wieder mit Daniel und Romina und quatschten noch ein wenig bis es an der Zeit war ins andere Stadion zu wechseln. Hinter der Gäste-Tribüne trennten wir uns für neunzig Minuten plus X. Das Gamla-Ullevi, eine kleine doppelstöckige Arena (kennste eine, kennste alle) bietet Platz für knapp 19tsd Besucher. Aufgrund von Pufferblöcken war das Fassungsvermögen heute ein wenig beschränkt. Trotzdem dürfte das Kontingent nicht ganz ausverkauft worden sein.
Zum Einlauf der Teams kam von der Heimseite nicht mehr als eine Schal-Parade. IFK ist Tabellenführer und hat exzellente Chancen die erste Meisterschaft seit 2007 einzutüten. Da hätte ich bei einem wichtigen Spiel gegen den Gegner, der die meisten Auswärtsfahrer hinter sich weiß, schon etwas mehr erwartet. Die Grün-Weißen aus der Hauptstadt hatten da schon mehr in petto.
Wie erhofft gab es ein schönes Pyro-Intro, bestehend aus grünem Rauch sowie grünen und roten Fackeln. Schönes Bild. Es wurde gewartet bis alle Rauch- und Bengal-Fackeln ausgebrannt waren und diese dann auf den Boden geworfen. So muss es sein und das wird gleich noch wichtig. Hammarby nach einer Minute mit einer Riesenchance zur Führung, als ein Spieler nach schönem, schnellen Doppelpass halblinks frei vor dem Torwart auftauchte, den Ball aber am langen Pfosten vorbei schob. Die Gäste-Kurve realisierte gar nicht richtig, was das für eine fette Chance war, denn es gab kaum eine Reaktion. Vermutlich weil der in der Höhe reicht schmale Stehbereich im Unterrang einen sehr flachen Blickwinkel auf das Spielfeld bietet, die Perspektive verzehrt und die Chance auf der gegenüber liegenden Seite stattfand. Zehn Minuten später hatte der Favorit das Geschehen spätestens im Griff
und versuchte die Gäste-Defensive mit Kombinationen zu knacken. Die Feldüberlegenheit war ganz klar auf IFK Seite - IFK steht für Idrottsföreningen Kamraterna, was soviel wir 'Sportvereinigung Kameraden' bedeutet - aber zwingend wurde der Tabellenführer nur selten. Trotzdem fiel nach nicht ganz einer Stunde der verdiente Führungstreffer. Danach zeigte Hammarby endlich, dass auch nach vorne was möglich ist. Es wurde zwar kein fußballerischer Glanz verbreitet, aber endlich gab es auch ein mal ein paar Strafraum-Szenen und die Gastgeber mussten mehr investieren, um hinten die Null zu halten. Die Stimmungshoheit lag ganz klar auf Seiten der Gäste. Da die Ultra-Fraktion die richtigen Gesänge streute, die eingängig und unkompliziert waren, war die Mitmachquote ordentlich und man erreichte eine stattliche Lautstärke. Auf Seiten des IFK-Anhangs wurde die zahlenmäßige Überlegenheit leichtfertig verschenkt. Lediglich wenn die auf der uns gegenüber liegenden Geraden befindlichen aktiveren Fans mal einen Gassenhauer anstimmte, wurde es im ganzen Stadion laut. Die Kurve verzettelte sich dagegen beinahe ausschließlich im selbstverliebten Ultra-Singsang. Das war mal richtig schlecht. Der Ausgleichstreffer sollte Hammarby nicht mehr gelingen. Als auch die Ultras das endlich einsahen, beschloss man wohl zumindest für Randale zu sorgen und schon flog eine brennende Fackel in den Heim-Bereich. Dort war die diesbezügliche Begeisterung natürlich begrenzt und das Teil wurde umgehend zurück gesendet. Kurz danach flog die nächste Fackel in einen anderen Heimbereich. Das gesamte Heim-Publikum reagierte natürlich stinksauer und der Referee unterbrach die Partie zurecht und holte beide Mannschaften an der Mittellinie zusammen. Ich persönlich stehe ja völlig auf den Einsatz optisch wirksamer pyrotechnischer Erzeugnisse. Es sieht geil aus und ist ein wirklich tolles Stilmittel. Wenn verantwortungsvoll damit umgegangen wird!!! Dann ist der Einsatz mehr als in Ordnung und ich kann nur den Kopf darüber schütteln, dass seitens des Gesetzgebers wegen Verstoßes gegen das Sprengstoff-Gesetz(!) ermittelt wird. Dass man mal ne Nase nicht allzu gesundes Zeug einatmen muss - geschenkt.
Den Scheiß aber auf Menschen zu werfen, die sich dazu in einer dichten Masse befinden und dem Flugobjekt dementsprechend schlecht ausweichen können, ist ein absolutes 'no go'! Die Dinger brennen bei tausend Grad und mehr. Wenn man so ein Teil mit der Brust oder noch schlimmer, mit dem Kopf annimmt, hat man da ein Leben lang was von. Es ist mir ein Rätsel wie unfassbar hirnkrank man sein kann, dieses Risiko in Kauf zu nehmen. Dazu noch in Skandinavien, wo man der Meinung sein sollte, dass die Leute eine relativ ausgeglichene Mentalität haben. Aber beim Fußball scheinen manche die Birne und das bisken Intellekt, das sie darin noch haben, komplett auszuschalten. Meine Meinung ist, dass solche Leute, die identifiziert werden können, nicht nur für das restliche Leben aus den Stadien verbannt werden sollen, sondern ebenso eine äußerst empfindliche Bestrafung vor den ordentlichen Gerichten erfahren müssen. Wer eine brennende Fackel gezielt in eine Menschengruppe zu wirft, nimmt schwere Verletzung des/der Getroffenen, wenn nicht gar die Tötung in Kauf. So hirnverbrannt kann man gar nicht sein und Täter gehören lange und länger weggesperrt bis die Birne wieder klar ist. Ich wünsche mir ja immer, dass die Kurven insgesamt genug Verantwortung verspüren, zur Selbstreinigung in der Lage sind und sich die Typen zur Brust nehmen und diese gegebenenfalls aus der Szene auszuschließen. Dürfte aber leider eher die Ausnahme sein. Zum Glück beruhigte sich die Lage recht zügig. Bemerkenswert fand ich, dass sich die Polizei sehr zurück hielt und das Ordnungspersonal sehr besonnen zu Werke ging, so dass die Lage schnell befriedet war.
Wir waren mit Romina und Daniel eh noch am Bahnhof auf ein finales Getränk verabredet, trafen diese aber zufällig schon auf dem Weg dahin. Auch Daniel war nicht grad begeistert vom zweiten Pyro-Einsatz. Die Mannschaft steckt eh dick im Abstiegskampf und braucht dringend noch Punkte und Unterstützung, da wäre eine etwaige aus solchen Kapriolen entstehende Bestrafung fatal und kontraproduktiv.
Ein halbes Stündchen hatten wir noch zu verquasseln, dann mussten unsere beiden Wahl-Schweden mit dem Bus zum Flughafen aufbrechen. War toll, Euch mal wieder getroffen zu haben. Hoffentlich dauert es nicht so lang bis zum nächsten Mal. Stephan und ich stoppten nur noch am 'Subway' und eibelten dann zu unserem Hotelschiff. Die letzten beiden Nächte waren kurz, danach brauchte der geschundene Senioren-Körper mal ne Mütze mehr Schlaf. In unserer Kajüte flossen noch zwei Dosenbier und dann war dieser Tag auch Geschichte. Am nächsten Morgen konnten wir noch in Ruhe frühstücken und dann ging es heim. Der Germanwings-Flieger war nur zu einem Viertel besetzt, was einen entspannten Flug bedeutete. Weil früher weg gekommen, waren wir auch vor der geplanten Zeit in Düsseldorf. Am Bahnhof Unterrath trennten sich unsere Wege, da Stephan seinen Arbeitsplatz in der Düsseldorfer City und ich meinen im glamurösen Altenessen aufsuchte. Schöner Wochenend-Trip mit angenehmen Leuten. Die Zeit verging leider viel zu schnell.
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