Sa. 21.10. 15:00 - NK Solin vs GNK Dinamo Zagreb II 0:3 (2.HNL), 300 Zuschauer (? Gäste)
Sa. 21.10. 19:00 - HNK Hajduk Split vs GNK Dinamo Zagreb 2:2 (1.HNL), 24.736 Zuschauer (800 Gäste)
Der aufmerksame Leser weiß um meine offen Wunde 'Stadion Poljud', dessen Besuch mir bereits in drei Anläufen verwehrt blieb. Der Versuch der Erstbesteigung liegt ja schon einige Silvester zurück, auch damals war die heutige Paarung angesetzt. Das Wetter hatte sich am Spieltag aber immer weiter verschlechtert, bis es schließlich aus Eimern goss. Bis zum abendlichen Anstoß beruhigte sich die Lage zwar halbwegs und der Einlass wurde auch gewährt, aber damals war ich der Meinung irrtümlich im größten Wasserball-Stadion der Welt gelandet zu sein, denn eigentlich schauten nur noch die Tore aus einer spiegelglatten Wasserfläche heraus. Die Konsequenz war logisch. Die 'Torcida' haute innerhalb von drei Minuten alles raus, was an Pyro greifbar war und alle gingen mehr oder weniger fröhlich nach Hause. Versuch Nummer zwei datiert erst aus dem letzten Jahr mit dem Adria-Derby gegen den FC Rijeka.
Der Plan war allerdings, den Kick mit dem Sarajevo-Derby zu verbinden, was Ansetzungen an verschiedenen Tagen des betreffenden Wochenendes vorausgesetzt hätte. Dass dieses letztlich nicht eintrat, hätte mir klar sein müssen, wenn man mein Ansetzungsglück in seiner Gesamtheit betrachtet. Ich entschied mich seinerzeit für den Trip in die bosnische Hauptstadt, daher war das Verpassen des 'Poljud' in dem Falle selbstverschuldet. Um das Stadion endlich zu erleben und das auch noch mit einem lohnenswerten Spiel, buchte ich mir im vergangenen Juli eine Tour um die Partie in der Europa League-Quali von Hajduk gegen Levski. Es stand außer Frage, dass das eine Bombe werden könnte, wenn die Bude gut gefüllt ist und sich an die tausend Bulgaren auf den Weg gemacht hatten. Einige Tage vor dem Spiel sickerte dann die Meldung durch, dass das 'Poljud' durch ein Techno-Festival (diese Musik-Richtung kann ich eh nicht ab!) belegt sei und der Kick daher in Dugopolje angepfiffen würde. Dort war es im pickepackevollen, kleinen, engen Ground zwar nicht so schlecht, aber im 'Poljud' wäre es sicher noch besser gewesen. Das heutige Spiel gegen Dinamo schrieb ich mir dann mal eher proforma in den Kalender und schielte unentschlossen auf die in Frage kommenden Flüge, die sich aber lange als zu teuer erwiesen. Mit der Prämisse keinen Urlaub zu nehmen, war die Auswahl begrenzt und ein Low-cost-Ziel ist Split ja sowieso nicht. Gute zwei Wochen vor dem Spieltag schaute ich dann aber fünf Minuten bevor ich das Haus verlassen musste mal wieder rein und überraschenderweise zeigte sich die bevorzugte Verbindung mit Eurowings ab Köln-Bonn halbwegs bezahlbar. Also Nägel mit Köppen gemacht und mit dem Drücken des 'Buchen'-Button schon wieder drüber geärgert, aber da war es ja nicht mehr kostenfrei zu ändern.
Die Abflugzeit von 10:20 Uhr erlaubte einigermaßen auszuschlafen. Der Herzdame einen Kuss auf die Stirn gedrückt, das knappe Stündchen abgespult und den Wagen wie üblich in Grengel parkiert. Bin ja immer etwas besorgt, dass mir verärgerte Anwohner die Karre mal verkratzen, was zumindest dieses Mal ärgerlich gewesen wäre, denn da meine neue Firmen-Karre noch nicht zugelassen war, hatte ich vom Händler ein Leihfahrzeug mit hoher Selbstbeteiligung bekommen. Passiert ist aber auch nach zwanzigmaligem Parken noch nie was, Sorgen mache ich mir aber immer, aber ich bin auch der Typ, der vor dem Verlassen der Wohnung noch drei Mal in die Küche rennt, um zu checken, ob der Herd auch wirklich aus ist, obwohl man diesen gar nicht benutzt hat. Die Lufthansa-Günstig-Abteilung brachte mich unspektakulär mit einem On-time-flight an die dalmatische Adria-Küste.
Blauer Himmel, Sonne und etwas mehr als 20 Grad empfingen mich. Mit dem Linienbus fuhr ich für 17 Kuna (knapp 2 Euro) zum Bus-Terminal 'Sukoisan'. Dauerte knapp 50 Minuten. Mit dem Airport-Bus wär es schneller gegangen, aber die Dinger fahren nach Lust und Laune und wenn mir der Bus-Fuzzi auf die Frage nach der nächsten Abfahrt ein "Depends on the arrivals" antwortet, kann das auch ewig dauern. Ich bin ja eigentlich kein Hostel-Typ mehr und wenn doch, dann wähle ich einen Schlafsaal ganz sicher nur in Ausnahmefällen.
Aber für die kalkulierten knapp sechs Stunden Schlaf war ich nicht bereit mehr als fuffzehn Flocken hinzulegen, daher entschied ich mich für ne Nacht im Vierer-Dorm und hatte mir das 'Hostel me' ausgesucht. Also kurz einchecken und dann wieder los. So weit der Plan. Die Hostel-Tussi erzählte aber dann einen, es hätte Probleme bei der Buchung gegeben und das System hätte eine spätere Buchung einer Gruppe von vier Leuten bevorzugt ... bliblablubb ... und man hätte mich in ein Sechser umgebucht und ich müsste natürlich auch nur den Preis dafür bezahlen. Schöne Story, Mäuschen. Und warum habt ihr mich nicht früher informiert, ihr wusstet davon ja wohl nicht erst seit heute, ihr Affen! Das Märchen hätte sie sich also sparen können und ne Nacht im Sechser, dass eng und schon mit fünf Leuten belegt war, stellte keine Option dar. Großzügig durfte ich dann kostenfrei stornieren. Zu gnädig! Also mal schnell das Internet bemüht und potentielle Alternativen raus geschrieben. Da muss man ja die heutigen Zeiten wieder lobpreisen. Booking.com und Google-Maps aufgerufen und feddich ist die Laube. Das wäre Anfang der 90er noch etwas aufwendiger gewesen. Gibt ja unter den Älteren unserer Bewegung immer noch Leute, welche die durch das Internet 'viel zu leichte' Tour-Planung der heutigen Zeit und dass man sich kaum noch Infos vor Ort erarbeiten muss, zumindest anmahnen. Auf der anderen Seite gibt es unter den Jüngeren auch genug Birnen, die nicht mal mit Hilfe des Internet in der Lage sind, sich ihre Reisen selbst zu erarbeiten, und sinnlos-peinliche Fragen in Foren und bei Facebook stellen. Aber ich schweife ab. Unter Adresse Nummer eins war niemand anzutreffen und an der Tür von Kandidat zwei klebte nur eine Telefon-Nummer an der Tür, unter der sich aber niemand meldete. Also ab zu Bude Nummer drei, dem 'Goli & Bosi Desgn Hostel' mitten in der Altstadt und dort die ursprünglich vorgesehene Investition im Austausch gegen ein Einzelzimmer mit eigenem Bad auf 30 Euro verdoppelt. Das Ding ist ganz gut bewertet und sauber war es auch, aber ein bisschen mehr Liebe bei der Einrichtung könnte man schon erwarten, wenn man seinem Schuppen selbstbewusst den Beinamen 'Design-Hostel' verpasst. Auf der anderen Seite kann man auf fünf(!) Quadratmetern Schlafraum und zwei(!) Quadratmetern Bad auch nicht wirklich viele Accessoires unterbringen und ich wollte ja hier nur pennen und keine Hochzeitsnacht verbringen.
Eigentlich sollte es nun zum NK Omladinac nahe der Halbinsel 'Vranjic' gehen, was fußläufig zu erledigen gewesen wäre. Hatte vor dem Abflug aber noch mal die Seite des Regionalverbandes der Gespanschaft Dalmacija bemüht und festgestellt, dass der Bums tatsächlich schon am Donnerstag-Nachmittag über die Bühne gegangen war. Also wurde die Alternativ-Karte gezogen. Die Idee zunächst mal zum 'Poljud' zu latschen, um ein paar Bilder bei Tageslicht zu machen und von dort die paar hundert Meter zum Stadion 'Park Mladezi' des RNK Split, von dem ich bei meinem Besuch witterungsbedingt nur bedingt brauchbare Fotos geschossen hatte, fiel der fortgeschrittenen Zeit zum Opfer. Die ungeplante Unterkunft-Suche hatte zu lange gedauert. Die Bus-Linie 16 brachte mich in den Nachbarort Solin und so gerade eben zum Kick-off enterte ich dann im Tausch gegen 20 Kuna das 'Stadion pokraj Jadra' des ortsansässigen Zweitligisten.
Zwei etwas ältere Tribünen stehen sich auf den langen Seiten gegenüber. Eine kleinere, in deren Bauch sich die Kabinen befinden, für die vermeintlich wichtigen Leute der Zunft und gegenüber eine über fast die gesamte Spielfeld-Länge für das gewöhnliche Volk, also auch für mich. Hinter der Toren ist nix außer zwei Mauern.
Da aber die hinter einem Tor verlaufende Straße zu einer Brücke hin ansteigt, nutzten gut 50 Personen diese als Hintertor-Tribüne und schauten dem Ballspiel kostenneutral von dort zu. Die Zweitvertretung des ungeliebten Rekordmeisters, die zu allem Überfluss auch noch souveräner Tabellenführer ist, war zu Gast. Die mafiös-korrupten Gebaren des Dinamo-Bosses Zdravko Mamic stoßen verständlicherweise nicht bei allen auf Gegenliebe, nicht einmal im eigenen Verein. Aufgrund seiner zweifelhaften Vita, die schließlich trotz allen offensichtlichen Rückhaltes in der ehrbaren kroatischen Politik in einer Untersuchungshaft endete, trat er zwar vom Posten des Geschäftsführers zurück, allerdings fungiert er weiter als Berater und dürfte aus dem Hintergrund weiterhin der Strippenzieher sein. Die Gastgeber rangierten aktuell auf Position Vier des Tableau, hielten lange gut mit und erarbeiteten sich selber Chancen zur Führung. Zwanzig Minuten vor dem Ende wurde ein offensichtliches Foul an einem Solin-Akteur direkt am Dinamo-Strafraum vom Referee nicht geahndet.
Die Gastgeber haderten zu lange mit der Nicht-Entscheidung und verpennten den Konter des Mamic-Nachwuchs, der dann prompt die Führung bedeutete. Knappe zwei Minuten später folgte mit einer 'Tor des Jahres'-verdächtigen Volley-Abnahme aus spitzem Winkel die Entscheidung und der dritte Treffer kurz vor Ende war nur noch Kosmetik. Unter dem Strich ein verdienter aber zu deutlicher Sieg für die Hauptstädter. Zurück an der Hauptstraße kam direkt der 16er Bus, aus dem ich mich in der Nähe des 'Poljud' wieder verabschiedete.
Ein paar Graffiti liefen mir noch vor die Linse und dann fiel mir auch auf, dass ich seit dem Abflug am Morgen nichts mehr gegessen und getrunken hatte. Mit einem 'Cevapi u Lepinje', einem Cevapcici-Brötchen', mit Ayvar und Zwiebeln für den guten Atem, einem Schoko-Riegel und einem 'Karlovacko' aus dem Halbliter-Weißblechgebinde wurde den Bedürfnissen Rechnung getragen. Der angesteuerte Torcida-Shop hatte leider geschlossen, also schlurfte ich zum Stadion, wo ich 50 Minuten vor dem Anstoß eintraf. Es waren schon unfassbar viele Leute in und um das Stadion zu entdecken, so dass Hoffnung aufkam, dass doch mehr als die befürchteten 10-12tsd Leute kommen würden. Einige Minuten das Flair aufgesogen und dann rein in die gute Stube. 'Poljud' bedeutet übersetzt 'Muschel' und das trifft es ja auch, denn durch die langgezogenen gewölbten Dächer über den Längsseiten sieht das Rund tatsächlich aus, wie eine geöffnete Muschel. Das 'Poljud' ist für mich eines der schönsten Stadien, die über eine Laufbahn verfügen, obwohl es nur einrangig erbaut ist.
Dann Vorhang auf und Bühne frei für den kroatischen Clasico. Zu groß waren die Erwartungen nicht, da Hajduk schon wieder einige Punkte Rückstand auf den Tabellenführer und heutigen Gegner hat und dann kommen selbst gegen den größten Rivalen selten mehr als 12tsd Leute. Auf der anderen Seite, konnte der Abstand mit einem Sieg auf vier Punkte verringert werden, daher war die Situation nur schwer einzuschätzen. Dinamo Zagreb ist in Dalmacija in etwa so beliebt wie Nagelpilz. Zwischen den beiden Clubs herrscht größtmögliche Rivalität. Dalmatien ist ja eh zu 99,9 % Pro-Hajduk. Jedes Dorf hat seine Torcida-Sektion und auch bis tief in den kroatischen Teil des Nachbarlandes Bosnien findet man an jeder brauchbaren Mauer ein vorzeigbares Hajduk-Graffiti. Gibt vermutlich nur wenige Regionen auf unserem geschundenen Planeten, in der die Bewohner derart massiv hinter Ihrem Club stehen, wie in diesem Landstrich. Die 'Torcida' gilt bekanntermaßen als älteste und einer der größten Fan-Organisation in Europa. 'Hajduki' nannte man die bandenähnlich organisierten Freiheitskämpfer während der osmanischen Herrschaft auf dem Balkan, die sich im Stile von Partisanen standhaft gegen die Unterjochung durch die Türken zu wehren versuchten.
Das ist die romantisch verklärte Defintion. Hajduki wurden aber auch zu Straßenräubern, um mit den Habseligkeiten einfacher Leuten auf wenig ruhmreiche Art ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Die Teams betraten den Innenraum und aus der Nordkurve wurden tausende Kassenrollen geworfen, was ja immer ein starkes Bild abgibt. Danach wurden ein paar Fackeln gezündet, die aber kaum zu sehen waren, da sich die Kurve zeitgleich in blauen und roten Rauch hüllte, der nach und nach das ganze Rund einnebelte. Dazu schallten richtig laute Gesänge durch die Muschel. Starker Auftakt und das Gesangs-Niveau wurde während der gesamten ersten Hälfte gehalten, immer wieder unterstützt durch die Leute auf den überdachten Geraden. Die Mannschaft tat aber auch alles dafür, die Stimmung auf dem Siedepunkt zu halten. Um jeden Ball wurde gefightet und teilweise schnell und ansehnlich in die Spitze gespielt.
Die Gäste aus der Hauptstadt kamen fast gar nicht zum Zuge und nachdem ein Hajduk-Freistoß das Metall erzittern ließ und eine weitere Großchance ungenutzt blieb, war es nach 38 Zeiger-Umdrehungen endlich soweit und die Kirsche fand ihren verdienten Weg ins Dinamo-Netz, was die Hütte natürlich endgültig in ein Tollhaus verwandelte. Nach der Pause änderte sich das Gesamtbild. Zum einen legten die Mamic-Jünger auf dem Rasen ne ordentliche Schüppe drauf und brachten die Gastgeber einige Male in Bedrängnis. Und zum anderen gehörte die Stimmungshoheit nun erst einmal den etwa 700 Gästen, die auch noch drei Schwenker zur optischen Untermalung ihres Auftritts auspackten.
Am Zaun prangte ein 'Bad Blue Boys'-Banner, natürlich nicht der große Lappen, den man aus früheren Zeiten aus dem 'Stadion Maksimir' kennt. Ich blick da auch nicht durch, wie die Lage in der Dinamo-Szene gerade ist. Der blau-weiße Anhang liegt ja im Clinch mit der Vereinsführung um die Mamic-Mafia. Erst wurde gestreikt, als Zdravko Mamic dann in U-Haft saß, kamen die BBB zurück ins Stadion und als er wieder draußen war, blieb man wieder fern. Dass ich nun auf einen gute gefüllten Away-Sektor blickte, hat mich jedenfalls überrascht. Überhaupt war die Partie mit knapp 25tsd ja well-attended, wie die Lads von der Insel immer so schön sagen. Jedenfalls feierten die BBB ne ordentliche Party, feuerten allerdings auch immer wieder Leuchtspur ab, auch in die Zuschauerränge. Als dann eine Leuchtkugel mittig auf der Haupttribüne einschlug, war das der Auslöser für einen Polizei-Einsatz. Wie von der Tarantel gebissen, stürmte eine Einheit in den Gästebereich und trieb einen Keil in die Gruppe. Im unteren Bereich versuchten sich die BBB zwar zu wehren, aber der Polizist ist auch in Kroatien besser ausgerüstet als der Fusek-Asi und daher war nicht viel zu bestellen. Durch diese Scharmützel fiel das Stimmungs-Barometer beim Dinamo-Anhang natürlich einige Striche ab.
Dafür hatte die Hajduk-Kurve langsam wieder die Form des ersten Abschnitts erreicht. Das hatte gute zwanzig Minuten gedauert, wohl auch, weil sich die Kurve nach der Pause erst langsam wieder komplett füllte. Die Leute brauchten offenbar einfach zu lange zum Pissen.
Doch die ganze Geschichte sollte eh noch einmal gewaltig Fahrt aufnehmen. Zunächst zeigte die Torcida einige Spruchbänder gegen den Kontrahenten und zündete dann noch einmal eine massive Anzahl Fackeln die auf die Laufbahn und bis auf das Spielfeld gefeuert wurden, was eine gut fünfminütige Unterbrechung bedeutete.
Eine Minute vor Schluss segelte dann ein Freistoß aus dem Halbfeld in den Hajduk-Sechzehner und eine anschließende Kopfball-Bogenlampe senkte sich neben dem Pfosten ins Netz. Der eigentlich nicht mehr für möglich gehalten Ausgleich wurde von der Mannschaft direkt vor dem pogenden Gästeblock gefeiert. Doch es kam noch dicker. Zwei Minuten später fand ein eigentlich geklärter Ball noch einmal seinen Weg in den Strafraum der Gastgeber. Der Verteidiger wollte das Stürmer-Foul ziehen, aber der Referee ließ die Partie weiterlaufen. Pass in den Rückraum, drin das Ding und komplettes Ausrasten im Away-Bereich. Unfassbar!! Da fand Dinamo kaum in die Partie und konnte gegen Ende nur mit Mühe ein spielerisches Gleichgewicht erreichen und dann sollte Hajduk doch mit leeren Händen dastehen?
Denkste. In der vierten Minute der Nachspielzeit gab es Elfmeter und Doppel-Torschütze Erceg schob die Kugel souverän unten links ein. Spätestens jetzt war die Bude ein totales Tollhaus und nur eine Minute danach gab es wieder eine zweifelhafte Szene im Dinamo-Strafraum, die aber wohl korrekter Weise nicht mit einem weiteren Strafstoß geahndet wurde. Die Partie war immer noch nicht zu Ende und nach einer Rangelei am Spielfeldrand brannten bei allen Aktiven die Sicherungen durch und es kam zur Rudelbildung mit massiven Geschubse und Gezerre. Das übertrug sich bis zu den Vereinsoberen auf der Tribüne, die sich in Folge dessen auch noch an die Gurgel gingen, dass sogar die Polizei dazwischen gehen musste. Was für eine Show!
Kurz danach ertönte dann aber der letzte Pfiff des Referee und ein echtes Wahnsinnsspiel war vorbei. Darauf erst einmal ein gezapftes 'Karlovacko' draußen am Stand, auf ne Mauer gehockt und die Ereignisse Revue passieren lassen. Ich war echt etwas geflasht, da ich auf so viel Action und so viele Zuschauer gar nicht vorbereitet war. Mit diesem Erlebnis schloss sich also der Kreis, der vor Jahren mit dem kurzfristigen Ausfall derselben Paarung seinen Anfang nahm und meine Poljud-Seele kam zur Ruhe. In aller Ruhe latschte ich danach zur Ufer-Promenade runter, wo ich bei einem weiteren Döschen des hellgelblichen Getränks dem flanierenden Volk zuschaute. Dann eine Runde durch die wunderschöne Altstadt geschlendert, ein weiteres Cevapi-Brötchen und eine letzte Schlummer-Dose gekauft und um Mitternacht war es Zeit für's Bett.
So. 22.10. 13:30 - 1.FC Köln vs SV Werder Bremen 0:0 (Bundesliga), 50.000 Zuschauer (5.500 Gäste)
Um sechs rappelte schon der Wecker. Kurz geduscht und das olle Handtuch sowie die abgenutzte Zahnbürste zurückgelassen - was soll man mit dem unnötigen Ballast?! Beim Check-out legte der schlaftrunkene Nacht-Portier einen astreinen Stunt über einen Hocker hin, dass ich schon dachte ich müsste ne Not-OP vorbereiten, aber der Kollege hatte echt Schwein. bei seiner Aktion. Wenn man um halb sieben bei erster zarter Dämmerung die Unterkunft im T-Shirt verlassen kann, stimmt auch das Wetter. Mit dem Sieben-Uhr-Bus vom Busbahnhof ging es in einem Dreiviertel-Stündchen wieder zum Flughafen. Mit einer Viertelstunde Verspätung stieg der Eurowings-Vogel in den zart bewölkten Himmel und es hieß "Do videnja Dalmacija". In diese Region und ihre wichtigste Stadt und spätestens seit dem Vortag auch in ihren Verein bin ich ja schon ein wenig verknallt und ich werde sicherlich immer wieder kommen. Deutschland begrüßte mich dagegen mit Nieselregen.
Der Wagen stand natürlich noch so dort, wie ich ihn abgeparkt hatte. Ab nach Müngersdorf. Vorteil des frühen Eintreffens war, dass man noch halbwegs unproblematisch einen brauchbaren Parkplatz fand. Eine gute Stunde vor dem Kick-off traf ich mit meinem besten Kumpel Christian hinter dem Gäste-Block. Die Option, den Keller-Kracher zwischen den Böcken und meiner Bundesliga-Liebe SV Werder zu besuchen, hatte ich mir bewusst offen gehalten und wollte es von Laune und Wetter abhängig machen, daher hatten wir noch keine Tickets, die es aber ohne jeden Stress unter Normalpreis auf dem Alternativmarkt gab.
Werder ist ja trotz seit Jahren währendem Abstiegskampf auswärts immer und vor allem in West-Deutschland well-supported, so dass neben dem fast komplett gefüllten Gäste-Bereich der angrenzende Block auf der Ost auch beinahe komplett in grün-weißer Hand war. Beim Effzeh war ich ja nun auch schon ein paar Mal und ich hatte den aktiven Block im Unterrang der Südkurve irgendwie deutlich größer in Erinnerung. Eine der besten Kurven der Republik scheint auf dem absteigenden Ast zu sein.
Wie auch die Aktiven beider Clubs auf dem Spielfeld. Himmelarsch war das ein Gegurke. Ich beschwere mich ja immer, was mir an der heimischen Hafenstraße angeboten wird, aber das hier und heute war ja noch unterirdischer. Unfassbar wie viele, im Tennis würde man sagen 'unforced errors', es auf beiden Seiten gab. Die gegnerischen Reihen brauchten sich das Spielgerät gar nicht erkämpfen, sondern mussten nur geduldig auf den nächsten Fehlpass warten. Natürlich auch nur um den Ball nach spätestens drei Stationen wieder quitt zu sein. So kam es nur zu wenigen Chancen, die dann überwiegend die Böcke hatten. Und da war ich dann froh, dass Sehrou Guirassy gespielt hat, der jede seiner vier guten Einschussmöglichkeiten gekonnt vergab. Als Highlight stolperte er einen Ball fünf Meter vor dem leeren Tor aus halbrechter Position links vorbei. Hut ab.
Beinahe hätte Werder die Punkte noch alle mitgenommen aber einen Last Minute-Kopfball von Delaney kratzte Konstantin Rausch artistisch von der Linie. Seine einzige konstruktive Aktion und das, obwohl es ja eine zerstörerische war. Die Partie endete also wie sie nicht anders ändern konnte - torlos, null-zu-null, unentschieden! Insgesamt bei dieser Mängel-Parade auch in Ordnung, auch wenn die Domstädter ein leichtes Chancen-Plus zu verzeichnen hatten. Abpfiff, raus aus der schönen Hütte. Das Stadion in Müngersdorf ist nach meinem Geschmack eines der schönsten, wenn nicht sogar das schönste in Deutschland. Ein Lob muss ich noch dem Werder-Anhang aussprechen, der nach dem Schlusspfiff die Mannschaft beklatschte und ihr Mut machte, obwohl auch im neunten Saisonspiel noch kein Sieg eingefahren worden war. Nun wäre es mit ein wenig Eile noch möglich gewesen, den glorreichen RWE bei seinem Auftritt am Tivoli zu beobachten, aber bedingt durch die aktuelle sportliche Situation reichte die Motivation absolut nicht aus und es schien mir nervenschonender, den 2:1-Sieg als nüchternes End-Resultat zur Kenntnis zu nehmen. Wie bitte? Jawoll! Auswärtssieg! Und das gemäß Augenzeugen auch noch verdient. Mir war nicht mal klar, dass der Kick im TV gezeigt wurde, so dass ich nur die letzten zwanzig Minuten sah, aber das ist mir auch Beule, denn wenn mir einer garantiert, dass es immer Tore und Punkte gibt, wenn ich nicht dabei bin, bleibe ich gern ne Weile fern. Mehr schlecht als recht kam ich dann aus Köln raus und war um viertel nach fünf wieder daheim.
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