War das wieder ein Hick-Hack! Ich schiele jedes Jahr mit einem Auge auf die Auslosung der Quali-Paarungen zu Champions und Europa League und stelle in der Regel fest, dass es sich nicht wirklich lohnt, dafür wertvolle Urlaubstage aufzuwenden. Dieses Jahr war das anders. In den Hinspielen der zweiten Runde gab es die für mich reizvolle Konstellation der Partie des bosnischen Meisters Zrinjski Mostar gegen den slowenischen Titelträger aus Maribor und dem Spiel zwischen dem dalmatischen Kult-Club Hajduk und Levski Sofia, sofern sich die Bulgaren in Runde eins gegen Suteska Niksic durchsetzen sollten. Mit dem Stadion 'Poljud' hatte ich ja noch eine alte Rechnung zu begleichen und dieses Rund wollte und will ich unbedingt mal in Action erleben. Aber dazu später. Zur Abrundung schloss sich am darauf folgenden Wochenende die erste Runde des österreichischen Pokals an. Mal im engeren Kreis der Bewegung rumgefragt, aber erwartungsgemäß konnte relativ kurzfristig niemand aktiviert werden. Damit begann die Suche eines bezahlbaren Fluges, was vor dem Hintergrund, dass das Ziel eine klassische Urlaubsregion ist, nicht einfach wurde. Zudem bestand ja noch die latente Gefahr, dass die Hajduk-Partie auf den Dienstag gelegt werden würde. Also hieß es entweder früh genug anzureisen, oder zu pokern. Was hab ich nicht alles für Möglichkeiten gecheckt. Direktflüge nach Split und Umkreis ab allen möglichen Flughäfen im Bereich von 200 Kilometern, Verbindungen mit Umstiegen in Mailand inklusive Flughafenwechsel mitten in der Nacht oder in Katowice mit Übernachtung, aber am Ende lief irgendwie alles auf die favorisierte Poker-Variante am Dienstag-Abend ab Düsseldorf nach Split hinaus. Obligatorisch, dass ich so lange wartete, bis der Flug binnen Stunden über Budget-Überschreitung in den Sold-out ging. Wenige Tage vor dem vakanten Tour-Beginn meldete Sascha aus der verbotenen Stadt doch noch Interesse und aus dem Affekt wurde Dortmund nach Split mit Eurowings für 120 europäische Dinger gebucht. Am Donnerstag vor der Abreise wurde dann immer mal ins Netz geschielt, wie es denn für Levski so lief und diese setzten sich wie erwartet gegen die Montenegriner durch. Mit dieser Klarheit und der, dass in Split am Donnerstag gespielt werden würde, wurden Mietwagen und Unterkünfte für die ersten beiden Nächte wurden gebucht. Am Freitag-Nachmittag schlug dann die Info ein wie eine Zehn-Zentner-Bombe, dass Hajduk nicht im 'Poljud' spielen können würde. Da der Hajduk-Ground durch ein Techno-Festival (und ich hasse Techno!) belegt sein würde, musste der Club ins benachbarte Dugopolje ausweichen.
Es gibt ja so Stadien, die machen es einem nicht leicht. Vor ein paar Jahren, als das Prestige-Duell von Hajduk gegen Dinamo Zagreb noch eins war, war Ende Februar das Feld schon bereitet. Das Stadion war gut gefüllt, aus Zagreb waren ein paar hundert Leute angereist und die 'Torcida' brodelte bereits in der Heim-Kurve. Dummerweise war in den Stunden zuvor ein unfassbarer Regen gefallen und der Pitch stand hoffnungslos unter Wasser. Am Vorabend hatte ich das 'Kantrida' in Rijeka schon bei Schnee erlebt. Mein Nebenmann bekräftigte zwar noch einmal "In Croatia no problem - they will play!" aber es war offensichtlich, dass kein Kick möglich war. Die Teams machten sich auf den wenigen nutzbaren Bereichen des Spielfeldes warm und kurz danach kam der Referee mit den beiden Spielführern zusammen. Der Unparteiische schmiss einen Ball aufs Feld, der ohne aufzuspringen liegen blieb, und bedeutete einem der beiden mal einen Schuss zu wagen. Die Murmel rollte keine drei Meter und blieb liegen. Damit war das Urteil gesprochen. Die 'Torcida' fackelte alles an Pyro ab, was sie dabei hatte und alle gingen heim. Der zweite Versuch fand im letzten Jahr statt. Ein wenig gepokert hatte ich, dass die am selben Wochenende stattfindenden Spiele zwischen Hajduk und Rijeka und zwischen den großen Clubs aus Sarajevo an verschiedenen Tagen angesetzt würden. Passierte natürlich nicht und ich entschied mich für den Sarajevo-Clasico. Nun sollte also der dritte 'Poljud'-Versuch scheitern. Ärgern brachte ja nicht viel, daher wurde dem Spiel im kleinen, engen Stadion in Dugopolje durchaus Interesse entgegen gebracht. Eine Herausforderung sollte ganz sicher der Einlass werden, denn die Kapazität war allein schon durch Hajduks Dauerkarten-Besitzer mehr als ausgereizt, aber das mussten wir halt auf uns zukommen lassen. Das heißt, ICH musste, denn einen Tag vor dem Abflug erreichte mich von Sascha die unschöne Nachricht, dass er erkrankt sei und nicht fliegen könne. Schade, aber nicht zu ändern, da geht die Gesundheit dann auch einfach vor.
Di. 11.07. 20:45 - HNK Rijeka vs The New Saints FC 2:0 (Qualifikation zur Champions League), 5.883 Zuschauer (0 Gäste)
Am Morgen des Abflugs brachte mich meine Dame netterweise zum Essener Hauptbahnhof. Von dort ging es über Hagen nach Holzwickede und zu Fuß zum Terminal. Überpünktlich setzten wir auf dem Flughafen Split auf. Am Mietwagen-Schalter ging es flott, nur bei der Übergabe des Fahrzeugs hakte es. Die Trulla, die den Wagen vorfahren sollte, zog einfach mal ne schöne Kerbe in ein parkendes Fahrzeug . Bis ein Ersatz-Auto bereit stand, verging beinahe eine Stunde.
Aber ich hatte ja genug Zeit. Ab nach Rovanjska am 'Velebiski Kanal', der lang gezogenen Bucht zwischen der Insel Pag und dem Festland, wo das Nachtquartier bezogen wurde. Lang hielt ich mich nicht auf sondern startete über die Küstenstraße, die ich schon mal gefahren war, gen Rijeka. Das ist ne superschöne Strecke, erst recht bei dem tollen Wetter mit sonnigen 34 Grad, aber leider ziehen sich die 180 Kilometer auch ziemlich.
Ich fuhr mal runter in eine kleine Bucht, in der nur alte Boote lagen und ein paar unbewohnte und verlassene kleine Häuser standen und schmiss mich für ein paar Minuten ins Wasser. Deutlich kälter als erwartet war es, was an der Tiefe und nicht vorhandenen Strömung des 'Velebisky' liegen dürfte. Kurz vor Rijeka orderte ich in einem Restaurant einen Grillteller und es war beinahe abartig, was mir da für ein Berg an Fleisch und Pommes vor die Nase gestellt wurde. Unaufessbar! Das Zeitpolster war nun annähernd aufgebraucht, so dass ich direkt zum 'Stadion Rujevica' fuhr, das ja als Ausweich-Spielstätte dient, so lange das alte 'Kantrida' abgerissen und das neue Vorhaben umgesetzt wird.
Meine persönliche Meinung ist, dass das 'Rujevica' längerfristig der Spielort des HNK Rijeka sein wird, denn de facto wurde dem 'Kantrida' noch nicht ein Haar gekrümmt und es steht noch genau so dort, wie es immer war. Dagegen wird das 'Rujevica' gerade mit der vierten Tribüne vervollständigt. Nach Vollendung ist es dann ein kleines, enges Fußballstadion mit überdachter Haupttribüne. Lediglich die kleine, nur aus drei bestuhlten Reihen bestehende Gäste-Tribüne weicht vom symetrischen Gesamtbild ab. Dazu ist diese gesichert und eingezäunt wie der Hochsicherheitstrakt von Moabit. Erinnert fast an die Knast-Käfige in manchen unterklassigen Stadien Polens. Das ist der Grund, warum Hajduks 'Torcida' die Away-Spiele in Rijeka boykottiert. Gäste aus Oswestry, das nicht in Wales sondern in England liegt, waren auch heute nicht zugegen, was aber weniger an einem Boykott gelegen haben dürfte. Daher wurde das Tribünchen für die Heim-Fans zur Verfügung gestellt und für eine freie Sicht wurden die Gitter-Elemente zum Spielfeld hin demontiert.
Die 'Armada' hat ihren Platz auf der Gegen-Tribüne und machte dort ordentlich Alarm. Der frühe Führungstreffer nach drei Minuten fachte das Feuer natürlich an und obwohl es während der ersten Spielhälfte teilweise in Strömen regnete, wurde es richtig gut laut.
Teilweise beteiligte sich die ganze Tribüne am Support, allerdings wurde dieses Niveau erwartungsgemäß nicht über 90 Minuten gehalten. Nur eine Zeigerumdrehung nach dem Führungstreffer gab es den nächsten Hochkaräter und ich dachte schon, dass es ein ganz bitterer Abend für die Waliser werden würde, aber diese bekamen die Partie zumindest defensiv leidlich in den Griff. Offensiv bekam die 'Neuen Heiligen' aber mal gar nix auf die Reihe. Zu dem Club gibt es eine interessante Geschichte.
Der Verein stammt eigentlich aus der walisischen Stadt Llansantffraid-ym-Mechain (nein, die Tastatur klemmt nicht, der Ort heißt wirklich so…Gälisch halt) nahe der Grenze zu England. Aufgrund eines Sponsors nahm der Club in den 90ern das Kürzel TNS – für Total Network Solutions – in den Namen auf. Auf der andern Seite der Grenze, also auf englischem Gebiet, war der Club Oswestry Town zu Hause, der aber schon immer am Spielbetrieb der walisischen Liga teilgenommen hat. 2003 fusionierten die Clubs, wobei erst die UEFA überzeugt werden musste, die der Fusion aufgrund der unterschiedlichen nationalen Herkunft nicht zustimmen wollte, dieses aber dann nach Verweis auf den Werdegang von Oswestry Town doch tat. 2006 zog sich der Sponsor dann aus dem Verein zurück und um, den Clubnamen nicht wieder wechseln zu müssen suchte man sich eine andere Bedeutung für das Kürzel. Obwohl man den Spielort Oswestry auf englischem Boden wählte, tritt man aber weiterhin im walisischen Verband und international für Wales an. Rijeka kreierte weiter Chancen aber es sollte bis zur 70. Minute dauern, bis der zweite Treffer fiel. Wie es dann in solch einseitigen Spielen manchmal ist, erzielten die Waliser mit der eigentlich einzigen wirklichen Chance noch beinahe den wichtigen Auswärtstreffer. Letztlich blieb es aber beim 2:0, ein viel zu niedriges Resultat, aber im Rückspiel sollte normalerweise wenig anbrennen. Organisation scheint aber nicht die Stärke des Kroaten zu sein, denn vom Parkplatz zu kommen, war ein Akt von mehr als einer halben Stunde und dann hatte ich noch gute zwei Stunden Fahrt vor mir. Zunächst nutzte ich wieder die Küstenstraße und bog bei Senj auf die Tangente zur Autobahn ab und nutzte diese ab dort. Kostete zwar Maut, aber verkürzte die Fahrzeit um eine Stunde. So lag ich nach einem wohlverdienten Schlafbier um halb zwei in der Falle.
Mi. 12.07. 19:00 - HSK Zrinjski Mostar vs NK Maribor 1:2 (Qualifikation zur Champions League), 7.000 Zuschauer (60 Gäste)
Und zwar für genau fünfeinhalb Stunden, denn um 7:00 Uhr klingelte der Wecker. Duschen und Tschüss. Bis zum Airport Split brauchte ich etwas mehr als eine Stunde. Die Rückgabe des Boliden ging zügig und nun wollte ich den 'Airport Express' zum 'Autobusni Kolodvor' in Split nutzen. Ist ja nix Wildes, denn das ist ja einfach nur ne Rund-Linie, die in der Hochsaison fortlaufend alle zehn bis fünfzehn Minuten verkehrt. Bus kommt an, Fahrgäste steigen aus, neue Fahrgäste steigen ein, ab die Post. So sollte es normal wohl laufen. Es war beinahe unglaublich, was man da einen Akt draus machen kann. Es dauerte fast eine Stunde, bis die Schaukel endlich loseierte. Ich hatte genug Zeit, daher sah ich das eher amüsiert, aber dem blondierten, vorgebräunten britischen Kollegen neben mir, riss irgendwann der Kittel und nach dessen Wutausbruch, gingen Fahrer und Supervisor wohl ein Lichtchen auf und kurz danach fuhren wir los. In Split hatte ich dadurch nur wenig Wartezeit bis zum Anschluss nach Mostar. Das Gefährt von ‚Croatia Bus’ schaukelte dann mit einer Viertelstunde Verspätung los. Zunächst über die Autobahn, dann durch den neuen 'Sveta Ilija'-Tunnel nach Makarska. Ab dort ging es dann über die Küstenstraße 8 bis Ploce.
Die Strecke bot immer wieder neue superschöne Einblicke, aber es zog sich auch alles wieder ziemlich. Bei Metkovic verließ der Bus dann EU-Gebiet. An der Grenze waren wir nur Bus Nummer vier, daher dauerte es fast eine Stunde, bis wir rübermachen konnten. Mit einer Stunde Verspätung war dann Ankunft in Mostar. Das Zeitpolster war groß genug, alles kein Problem. Im Gegensatz zur Lokalisierung der Unterkunft. Ich lief die entsprechende Straße drei, vier Mal auf und ab eh ich schnallte, dass sich der Eingang im Nebeneingang eines Nebeneingangs befindet. Bei den erwarteten 37 Grad Außentemperatur hatte ich wohlweißlich ein Zimmer mit Klimaanlage gebucht. Anders hätte man es oben unter dem Dach auch nicht ausgehalten. Meine Fresse war das stickig, als ich den Raum betrat.
Diese Temperaturen sind in Mostar übrigens keine Seltenheit. Die Stadt gehört bedingt durch die Kessel-Lage zu den Orten mit dem heißesten Klima in Europa. Klamotten ins Zimmer und wieder los, ein wenig die Altstadt inspizieren. Seit dem Bosnien-Krieg ist Mostar durch den Fluß 'Neretva' in eine bosnisch-muslimisch geprägte östliche und eine kroatisch-katholische geprägte westliche Hälfte geteilt. Der größere Teil der Altstadt liegt auf der östlichen Seite, wo ich auch die Unterkunft hatte, denn dort befindet sich auch der größere Busbahnhof. Bekannt ist Mostar durch sein Wahrzeichen 'Stari most', die 'alte Brücke', die sich in einem Bogen hoch über die Schlucht der 'Neretva' spannt. Während des Krieges wurde diese von kroatischer Seite gezielt zerstört, um die Jahrtausendwende aber wieder aufgebaut. Die Altstadt ist zwar (natürlich) sehr touristisch ausgerichtet, aber mit den landestypischen alten Häuschen und Moscheen wirklich schön anzusehen. Über die 'Stari most' wechselte ich an das andere Ufer und machte mich in aller Ruhe auf den Weg in Richtung Stadion. Im eigentlichen Stadtgebiet - umliegende Ortschaften sind eingemeindet - leben etwa 80tsd Bewohner und wenn man die Zeit hat, ist alles fußläufig erreichbar.
Das Stadion 'Bijeli Brijeg' beeindruckt durch eine gewaltige doppelstöckige Tribüne auf einer der Geraden, die den Besucher beinahe erschlägt. Die Kurven verfügen nicht über Ausbau, auf der Gegenseite befindet sich eine recht flache etwa zehnstufige Traverse, die 'Tribuna Stajanje', die früher Standort der 'Ultras Zrinjski' war, heute aber augenscheinlich gesperrt ist.
Oder gilt das nur für Spiele unter UEFA-Mandat? Zumindest sammelten sich die Heim-Fans im Unterrang der großen Tribüne. Der Gäste-Bereich befindet sich in einer Ecke des Oberrangs, isoliert von den heimischen Zuschauern und weit vom Geschehen auf dem Rasen entfernt. In der Stadt war ich auf ein paar Maribor-Fans getroffen, die der Meinung waren, dass mit 1.000 Gäste-Fans zu rechnen sei. Kam mir schwer utopisch vor, da ja selbst bei Liga-Heimspielen gerade mal die doppelte Zahl begrüßt werden kann. Die tatsächlich anwesenden 60 Slowenen kamen dann meinen Vorstellungen auch deutlich näher. Zu hören waren diese aufgrund des undankbaren Standortes nur selten. Insgesamt waren 7tsd Zuschauer gekommen. Im Support-Bereich sammelten sich etwa 250 Aktive, die mit den typischen tiefen slawischen Stimmen 90minütigen Dauer-Gesang unter Fahneneinsatz hinlegten. Leider verloren sich die Ultras in zu langatmigen und verliebten Gesängen, was dem Support die Wirkung nahm und zu oft in emotionslosem Singsang endete.
Die Partie begann mit einem Paukenschlag, denn in der dritten Minute zeigte der Referee auf den ominösen Punkt und sprach Zrinjski einen wohl berechtigten Strafstoß zu. Etwa eine Minute später ertönte das typische Geräusch, wenn straff aufgeblasenes Kunstleder mit Wucht auf Aluminium prallt.
Von dort sprang die Murmel zurück ins Feld und die Chance zur wichtigen frühen Führung war vergeben. In der Folge waren die Gastgeber feldüberlegen, aber die slowenischen Gäste hatten die gefährlicheren Aktionen. Nachdem es schon Mitte der Hälfte beinahe im bosnischen Kasten geklingelt hatte, war es dann mit dem Halbzeitpfiff so weit - Gäste-Führung zur Pause. In der zweiten Hälfte änderte sich wenig, aber es dauerte bis in die Schlussminute bis die Gastgeber den Ausgleich erzielen konnten und zumindest das Remis retteten. Dachte wohl jeder, aber mit der letzten Aktion der vierminütigen Nachspielzeit, kam Maribor noch einmal in den Sechzehner und erhielt durch eine unglückliche Abwehr-Aktion eines Zrinjski-Akteurs einen späten Elfer. Die Chance ließ sich der Schütze nicht entgehen und ein glücklicher aber nicht unverdienter Auswärtserfolg ging mit auf die Rückreise.
Der Verein Zrijnski gilt als ältester aktiver Verein des Landes. Während der jugoslawischen Epoche unter Diktator Tito war der Club allerdings verboten, denn Vereinen mit nationaler Symbolik waren jegliche Aktivitäten untersagt. Das 'H' im Club-Kürzel steht für 'Hrvatski', also kroatisch, denn der Club wurde von kroatisch-stämmigen Leuten gegründet. Erst 1994 konnte der Verein wieder aktiv teilnehmen. Und so wie die 'Neretva' die Stadt ethnisch teilt, so teilt der Fluss sie auch in die Anhängerschaften Zrinjskis und des FC Velez. Während Zrijnski sich klar an die kroatischen Einwohner richtet, wurde Velez ursprünglich als Verein für alle Ethnien der Stadt gegründet. Nach dem Bosnien-Krieg beanspruchte Zrijnski das 'Bijeli Brijeg', das bisher von Velez genutzt wurde, für sich, da es auf kroatischen Gebiet der Stadt liegt. Velez wurde in den Vorort Vrapcici verdrängt, womit seit dem auch sportlich ein Riss durch die Stadt geht. Nach dem Kick saß ich noch ein bisschen im Innenraum des Stadions und der Haupt-Schiri kam, um ein wenig die Muskeln aufzulockern. Den mal gelangweilt angequatscht, stellte sich heraus , dass es Daniel Siebert aus Berlin war. Nie gehört ehrlich gesagt, interessiere mich nicht so dafür wer pfeift. Wir unterhielten uns dann einige Zeit und tauschten uns über das Spiel und die Erfahrungen aus. Ganz netter Typ muss ich zugeben. Vor dem Stadion gönnte ich mir dann noch zwei Biere am mobilen Zapf-Stand und latschte langsam quer durch die Stadt zurück zur Unterkunft.
Do. 13.07. 20:30 - HNK Hajduk Split vs PFK Levski Sofia 1:0 (Qualifikation zur Europa League), 5.000 Zuschauer (250 Gäste)
Da ich nicht zu spät in der Falle war, wachte ich auch entsprechend zeitig auf. Was mir ermöglichte, noch einmal die Flussseite zu wechseln und nach Zrinjski-Graffitis zu suchen. Auf dem Balken herrscht ja eine intensive Graffiti-Kultur, die auch in ihrer kunstvollen Art der westeuropäischen deutlich überlegen ist. Beinahe hinter jeder Ecke gab es ein neues sehenswertes Wandbild zu entdecken. Gegen 11:00 Uhr fand ich mich dann am Busbahnhof ein, um nach Split zurück zu gondeln. Die Fahrt lief reibungslos, an der Grenze gab es kaum
Wartezeit und die Strecke war wieder wunderschön anzusehen. Mit nur wenigen Minuten Verspätung trafen wir an der Busstation in Split ein, die direkt am Fährhafen liegt. Nun stellte sich erst einmal die Problematik, das Gepäck für die Zeit des Aufenthaltes loszuwerden. Am Hafen gibt es ein halbes Dutzend Anbieter für Gepäckaufbewahrung, diese schließen aber alle spätestens um 22:00 Uhr. Das half mir nicht, da ich um diese Zeit auf keinen Fall zurück sein konnte. Also begann ich die Hostels in der Altstadt abzuklappern, da diese ja meist rund um die Uhr geöffnet sind, und schon im zweiten Etablissement hatte ich Erfolg und durfte gegen 20 Kuna Gebühr, also gut 2,50 Euro, mein Täschchen dort lassen. Kurz noch frische Devisen besorgt und dann musste ich mich mal nach Dugopolje aufmachen. Dorthin sind es nur 20 Kilometer, aber direkt in die Kleinstadt fährt nur ein Linienbus und der braucht ewig. Daher war der Plan, den Direktbus nach Sinj zu nehmen und bei Dugopolje auszusteigen. Wenn ich es nun gemäßigt ausdrücken möchte, muss ich schreiben, dass der Fahrer schwer genervt auf mein Ansinnen reagierte. Junge, hatte der eine Laune.
Zum Glück enterten noch drei junge Hajduk-Fans die Schaukel und konnten dem Fahrzeugführer nachdrücklich klar machen, dass er zwei Möglichkeiten hat: uns freiwillig oder eben unfreiwillig in Dugopolje aus seinem Gefährt zu entlassen. Also sprangen eine halbe Stunde später vier Gestalten auf der vierspurigen Schnellstraße aus dem Bus und liefen die letzten paar hundert Meter den Seitenstreifen entlang. Eine Lücke im Zaun entließ uns in die Zivilisation und das kleine Stadion steht auch mehr oder weniger direkt neben der Schnellstraße. Ein bisschen quatschte ich noch mit den Jungs und machte mich dann mal daran, Einlass ins Stadion zu finden. Was einfacher war als gedacht. Die erste Kontrolle war nicht wirklich eine und ein gepflegtes Äußeres in Kombination mit einigermaßen sicherem Auftreten überzeugte nach kurzem skeptischen Blick auch den Ordner am eigentlichen Zugang. Ist ja auch immer hilfreich, wenn der andere dem Englisch-Gesülze nicht recht folgen kann und dann letztlich davor kapituliert. Allerdings ist das in Kroatien nicht die Norm. Ich habe kaum ein Volk kennengelernt, in dem die englische Sprache als Fremdsprache so verbreitet ist und quer durch alle Altersstufen und Bevölkerungsschichten gesprochen wird, wie dort.
Das 'Stadion Hrvatski vitezovi' ist die Spielstätte des Zweitligisten NK Dugopolje. Warum Hajduk die Partie gegen Levski hier austragen musste, wurde ja bereits in der Einleitung erklärt. Die Bude ist erst 2009 eröffnet worden und wirkt auf den ersten Blick auch noch wie geleckt.
Ein paar Abnutzungserscheinungen kann man dann bei genauerem Hinsehen doch ausmachen, aber insgesamt wirkt der Ground sehr neu und modern. Lediglich auf den beiden Geraden ist das Stadion ausgebaut. Auf der Hauptseite steht eine doppelstöckige und auf der Gegenseite eine einrangige Tribüne. Während sich hinter einem Tor ein Trainings-Spielfeld befindet, schaut man auf der gegenüberliegenden Seite auf eine nackte Wand, welche die Rückseite einer kleinen Poli-Klinik ist, deren Gebäude in den Stadion-Konstrukt eingebettet ist. Über diesem Gebäude befindet sich ein Balkon, von dem Auserwählte das Spiel ebenfalls verfolgen konnten. Das Dach des Balkons steht in an- oder absteigenden Verbindung zwischen den beiden Dächern der ungleich hohen Tribünen auf den Geraden. Hab ich das einigermaßen verständlich erläutert?
Wenn nicht, schaut Euch die Bilder an. So sieht der Bau also recht speziell aber nicht wirklich schlecht aus. 5.200 Plätze gibt es, die durch einen kleinen Pufferblock entsprechend reduziert wurden. Der 250 Mann starke Levski-Anhang wurde am äußeren Rand der kleineren Tribüne untergebracht. Es waren Infos durchgesickert, dass es in der Nacht zuvor zu Verhaftungen von frühzeitig angereisten Levski-Fans gekommen war, die sich Scharmützel mit Angehörigen der 'Torcida' geliefert hatten.
Diese hatte eine kleine Choreo vorbereitet. Vom Oberrang der doppelrangigen Tribüne wurden überdimensionale Buchstaben herabgelassen, die den Vereinsnamen ergaben. Dazu wurden kleine Fähnchen in den Vereinsfarben geschwenkt. Viel mehr konnte man in der kleinen Hütte auch nicht machen. Die Gesänge erreichten dann in der kleinen komplett überdachten Bude teilweise ohrenbetäubende Lautstärke, da sämtliche Hajduk-Anhänger ihre Stimmbänder bemühten. Auch Levski konnte sich einige Male bemerkbar machen, war aber natürlich gegen die akustische Übermacht chancenlos. Anders sah es auf dem Feld aus, denn die Bulgaren machten ein richtig gutes Spiel. ich würde die Ligen der beiden Länder in etwa gleichstark einschätzen, daher hatte ich auch einen ausgeglichenen Kampf erwartet. Die Dalmatier hatten aber echte Mühe überhaupt ein vernünftiges Angriffsspiel zu kreieren. Levski beschäftigte Hajduk ständig, so dass die Gastgeber mehr mit der Deckungsarbeit zu tun hatten, als ihnen lieb war. Trotzdem ging Hajduk nach einer halben Stunde durch einen Foulelfmeter in Führung. Das sollte auch der einzige Treffer der Partie bleiben, auch wenn die Gäste im zweiten Durchgang weiter gefährlich waren.
Die 'Torcida' feierte Ihre Helden noch ein wenig und ich musste mir Gedanken machen, wie ich wieder runter nach Split komme, denn Busse fuhren um diese Uhrzeit nicht mehr. Das wusste ich aber vorher, also begab ich mich auf den Parkplatz am Stadion und fragte mal rum, ob jemand bereit wäre, mir den Lift nach Split zu gewähren. Da die Torcida ja über ganz Dalmatien und noch weiter verstreut ist oder besser gesagt ganz Dalmatien hinter Hajduk Split steht, kommen die Anhänger nicht nur aus Split sondern in der Mehrheit aus anderen Städten und Orten der Region. Gut, dass die Auto-Kennzeichen das entsprechende Städte-Kürzel tragen, so konnte ich mich auf die Fahrzeuge mit den Buchstaben 'ST' konzentrieren und landete im fünften Versuch endlich den Treffer. Eine junge Frau und ihr Vater erklärten sich bereit, mich mitzunehmen. Zwangsläufig waren alle Zuschauer mit dem Auto da und drängten nun auf den Zubringer zur Schnellstraße, daher dauerte es ein wenig, bis es los ging. Beide sprachen gutes Englisch und es stellte sich heraus, dass ich bei der Freundin eines Hajduk-Spielers im Auto saß. Eine wirklich angenehme 20minütige Unterhaltung später wurde ich in der Nähe der Altstadt entlassen. Es war ja immer noch schweinewarm und ich hatte einen Riesenbrand, also goss ich mir an einem Kiosk erst einmal eine Halbliter-Dose 'Ozujsko' in den trockenen Schlund. Dann mal die Brocken aus dem Hostel geholt und die verbleibende Zeit bis zur Abfahrt des Busses setzte ich mich auf der 'Pjaca' in den Außenbereich einer Bar und verkostete noch ein paar einschlägige Getränke.
Fr. 14.07. 18:55 - SK Vorwärts Steyr vs FC Wacker Innsbruck 1:4 n.V. (ÖFB-Cup), 3. 500 Zuschauer (120 Gäste)
Am 'Autobusni Kolodvor' war dann noch Warten angesagt. Der Bus war in Montenegro gestartet, da war Verspätung obligatorisch. Die betrug annähernd eine Stunde, die ich mit einem auf denselben Bus wartenden australischen Traveller-Heini verquatschte, der aber ganz okay schien. Zumindest war der in der Lage nicht nur über seine Reisen, wo er schon war, wo er hin will und wie "awesome" alles war, zu reden, sondern auch über interessantere Themen. Schaffen ja die wenigsten Angehörigen dieser Gilde. Um viertel nach zwei ging es dann endlich los und im Bus benötigte ich dann ganze drei Minuten um einzupennen. Erstmals wach wurde ich nach vier Stunden beim einzigen Halt in Karlovac, pennte aber sofort wieder ein und wurde dann eine Dreiviertel-Stunde später vom Busbegleiter wach gerüttelt. Puh, da muss man sich ja erst einmal schütteln, wenn man so arschmüde aus dem Schlaf gerissen wird. Ich registrierte eine Tankstelle neben der unserer und ein weiterer Bus standen. Aha, Umsteigen war angesagt. Dann döste ich immer noch mal ein. Die Grenzen wurden zügig überquert und um viertel nach zehn war Ankunft am Grazer Hauptbahnhof. Für das nächste Teilstück hatte ich mir eine Mitfahrgelegenheit eingekauft. Bis es weitergehen sollte waren aber noch mehr als zwei Stunden Zeit, die ich eigentlich nutzen wollte, um mir die Grazer Innenstadt ein wenig anzusehen. Dazu kam es aber nicht, weil ich mich viel zu kaputt fühlte. Also führte der Weg direkt gegenüber dem Bahnhof in ein Frühstücks-Cafe, wo ich die Zeit bis zur Abfahrt verstreichen ließ.
Eine aus der Oberpfalz stammende Michaela bot die Fahrt ab Graz bis Regensburg an. Für mich war nur das Teilstück bis zum 'Voralpenkreuz' interessant, wofur 12 Euro zu entrichten waren . Ein weiterer Mitfahrer war auch an Bord und ich verzog mich auf die Rückbank und gammelte dort so rum. Michaela war so freundlich, mich am Bahnhof von Sattledt abzusetzen und wenn man davon absieht, dass ich fast wieder mein Handy im Auto liegen gelassen hätte, war alles okay. Aber auch nur bis dahin, denn ich musste lernen, dass es von Sattledt momentan keinen Zug- sondern nur Schienenersatzverkehr gibt. Da fahr ich einmal mit der Ösi-Bahn und dann direkt SEV, na herzlichen Glückwunsch. Dieser war aber absolut pünktlich und kam auch ebenso pünktlich in Wels an, so dass ich den Anschluss problemlos bekam. Witzige Anekdote war noch, dass der Busfahrer auf meine Frage nach dem Fahrkartenkauf mit einem "Passt scho" abwinkte. Mit Umstieg in Sankt Valentin ging es nach Steyr. Zeit hatte ich genug, also lief ich in aller Ruhe den Weg vom Bahnhof zum kleinen Hotel in der Nähe des 'Vorwärts-Stadion'. Dort musste ich nach vierzehnstündiger Reise erst einmal duschen und gönnte mir noch ne halbe Stunde in der Waagerechten, bevor ich in einem Biergarten etwas essen ging.
45 Minuten vor dem Kick-off fand ich mich dann am und im Stadion ein, wo schon andere verdächtige Gestalten herumschlichen. Klar - in Deutschland wurde außer in Bayern noch nirgends gekickt, da verschlug es die Bewegung in die Alpenrepublik. Das 'Vorwärts-Stadion' ist ein kleines, schmuckes Stadion mit einer überdachten Haupttribüne und einer gleichhohen überdachten Stehtribüne hinter einem Tor, wo die Vorwärts-Gemeinde ihren Stammplatz hat.
Die Gäste müssen sich ohne Wetterschutz gegenüber aufhalten. Dort gibt es ein paar Stufen und auch die Gelegenheit sich auf dem Rasenwall darüber aufzuhalten. Auf der verbleibenden Geraden findet man nur drei ungedeckte Stufen vor. Mehr Platz ist aufgrund der dahinter verlaufenden Straße gar nicht vorhanden. Die heimische Szene konnte sich heute über etwa 120 aktive Supporter freuen. Zum Einlauf der Teams wurde eine kleine Choreo geboten. Die Frontansicht eine Dampf-Lok war zu sehen und der auf Tuch gemalte Schornstein war an einem Rohr befestigt worden, das nun mit einer gelblichen Rauchfackel 'beheizt' wurde, so dass aus dem Schornstein der Lok der Dampf austrat. Darunter prangte ein fettes Transparent mit dem Spruch "Mit Volldampf in die nächste Runde" am Zaun.
Dazu wurden im Block mit rot-weißen Fähnchen gewedelt. Nicht die Neuerfindung des Choreo-Rades, aber eine schöne Idee. Sah gut aus. Im Away-Sektor sammelten sich auch gut 120 Personen die nach wenigen Zeigerumdrehungen beinahe die Führung ihrer Mannschaft bejubeln durften, aber der Vorwärts-Schnapper hielt die Partie offen.
Dann bekamen die Hausherren Zugriff auf das Spiel und konnten dem klassenhöheren Gegner - Regionalliga agierte gegen zweite Liga - ein ausgeglichenes Spiel liefern. Mitte der ersten Halbzeit ging Steyr dann gar nicht mal unverdient in Führung. In Hälfte zwei erhöhte Wacker den Druck auf die Gastgeber. Beide Support-Fraktionen glänzten noch mit einer Pyro-Aktion. Auf Heimseite wurde ein wenig mit Blinkern hantiert und im Gästebereich wälzte sich eine grün-weiße Rauchwolke gen Himmel. Eine Viertelstunde vor Schluss egalisierte Wacker den Spielstand und bis zum Ende der regulären Spielstand passierte nichts mehr. Verlängerung also und nun ging dem drittklassigen Team die Kraft aus. Wacker erzielte den Führungstreffer und es war zu spüren, dass die Steyrer nicht mehr in der Lage waren, zuzulegen. Am Ende ging der Kick in der Extra-Time etwas zu hoch mit 4:1 an die Gäste. Deren Anhang ging noch auf die Provokation von einer Handvoll Vorwärts-Fans ein, die sich dem Gästeblock am Eck zur Haupttribüne näherten und diese zum Faustvergleich aufforderten. Da ließ sich der Innsbrucker Pöbel nicht lange bitten. In Nullkommanix waren fünf, sechs Mann über den Behelfszaun und enterten den Main Stand. Da war aber von Steyr schon nichts mehr zu sehen, die hatten den fluchtartigen Rückzug als beste Option angesehen. Nach dem Schlusspfiff wurde die Steyrer Mannschaft dann für die tapfere Leistung zurecht von ihren Anhängern gefeiert. Ich flanierte mal in aller Ruhe runter in den historischen Ortskern und gönnte mir noch eine Kaltschale bevor ich den Rückweg ins Domizil antrat.
Sa. 15.07. 17:00 - Wiener Sport-Club vs SV Ried 0:4 (ÖFB-Cup), 1. 511 Zuschauer (150 Gäste)
Gemessen an der Schlafdauer und Erholungsfaktor der Vornächte konnte ich bis in die Puppen pennen. Gegen halb neun rollte ich mich mal aus den Federn und latschte rüber ins Restaurant zum Frühstück. Mein Transfer in die Hauptstadt war auch noch nicht wirklich geklärt. Ich hatte gehofft noch eine günstige Mitfahrgelegenheit schießen zu können. Vorm Einschlafen hatte ich noch zwei Anfragen auf passende Angebote gesendet und heute morgen waren auch noch frische Angebote eingegangen, von denen eins gut passte, daher sendete ich noch eine Anfrage. Man muss ja jetzt nicht meinen, dass darauf auch jemand reagierte. Die Anfragen liefen einfach aus ohne dass die Plätze vergeben waren. Da frag ich mich wofür man überhaupt Plätze offeriert, wenn man dann diese dann am Ende gar nicht belegt. Sinnlos. Die Lösung sah dann so aus, dass ich mit der ÖBB von Steyr bis Amstetten fuhr und von dort die 'Westbahn' nutzte. Diese ist vergleichbar mit dem HKX in Deutschland. Es ist ein Anbieter der nur eine Strecke ab Salzburg bis Wien bedient und günstiger anbietet als die ÖBB. Passenderweise gab es für einzelne Strecken Vergünstigungs-Angebote, so dass ich für kleines Geld nach Wien kam. Zeitlich war es auch okay und ich traf gegen viertel vor eins am Westbahnhof ein. Zeit war als genug, daher wählte ich den Fußweg zum gebuchten Hotel 'City Residence' in Josefstadt. Einfach vom Bahnhof immer den Gürtel hoch, war nicht zu verfehlen. Der Name des Hotels klang natürlich besser als es war, aber für 36 EUR die Nacht mit Frühstück für das Zimmer mit Bad muss man Abstriche beim Komfort machen, denn insgesamt erinnerte die Atmosphäre eher an ein Hostel, auch wenn es keine Dorms gab. Aber alles war sauber, alles was man brauchte war da und der Service war herausragend. Der Schuppen wird offenbar von Arabern geführt, was ich ungewöhnlich fand. Die Leute überschlugen sich aber vor Freundlichkeit und erfüllten jeden Wunsch. Mein Zimmer lag zum Gürtel, was lärmtechnisch ja ne Katastrophe ist. Auf meine Bitte bekam ich umgehend einen zur Rückseite liegenden Raum und meine Bordkarte für den Rückflug durfte ich auch unentgeltlich ausdrucken. Einziger Minuspunkt war die Matratze, aber das merkte ich ja erst am nächsten Morgen.
Gegen Viertel vor Drei latschte ich mal los in Richtung Stadtteil Hernals. Immer die Hernalser Hauptstraße hoch auf der Suche nach einem Etablissement, in dem ich noch einen stärkenden Trunk zu mir nehmen konnte. Diese konnte schließlich einige Blocks vor dem Ziel im 'Wein- und Bierhaus Brandstetter' lokalisiert werden, wo ich mich in den kleinen Biergarten pflanzte. Hunger war auch wieder angesagt, daher ließ ich mal geröstete Leber in einer Rahmsoße mit Semmelknödeln kommen. Was soll ich sagen - was ich dann genoss war in der Tat ein echtes Geschmacksfeuerwerk.
Das war mal richtig, richtig lecker und das für unter neun Euro. Zwei große 'Villacher' rundeten den Besuch ab und derart gestärkt nahm ich die letzten paar hundert Meter zum 'Sportclub-Platz', der seit 1904 existiert und der älteste bespielte Platz des Landes ist, in Angriff. Was sich so harmlos anhört ist aber ein ausgewachsenes Stadion mit unstrittig eigenem Charakter. Keine Tribüne sieht aus wie die andere, dazu wirkt die ganze Bude durch die die anderen Tribünen beherrschende südliche Hintertor-Tribüne absolut unkonventionell. Diese überdachte Sitztribüne aus dem Jahr 1984 ist auch der jüngste Teil des Stadions. Die Haupttribünen-Nutzer dürfen sich ebenfalls über ein Dach freuen, die andere Hintertor-Tribüne, die sogenannte 'Friedhofstribüne' direkt am Hernalser Friedhof, Heimat der aktiven WSC-Fans, und die niedrige Stehtraverse auf der Gegenseite sind ungedeckt.
Für 8.600 Personen ist das Stadion noch zugelassen, ehemals waren es mehr als das Doppelte. Insgesamt ist die Hütte in schwer sanierungsbedürftigem Zustand. Das hat auch die Stadt erkannt und eine teilweise Erneuerung, unter anderem soll einen neue Haupttribüne errichtet werden, zugestimmt. Das ist hinsichtlich der sportlichen Entwicklung beinahe überraschend, denn die glorreichen Zeiten Ende der 50er Jahre, als zwei Meisterschaften und ein denkwürdiger 7:0-Sieg gegen Juve im Europapokal gefeiert werden konnten, nahmen ja spätestens in den 90ern mit zwei Konkursen des Vereins ein Ende.
Da die Zukunft des Vereins unsicher war, erfolgte eine Neugründung mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass der neue Verein nicht mehr Sport-Club, sondern Sport-Klub benannt wurde. Aktuell spielt der Verein in der Regionalliga und gerade erst konnte die Zusammenführung der beiden Vereine vollzogen werden, so dass es nur noch einen Wiener Sport-Club gibt. Die Szene ist ja ziemlich verzeckt, was ein wenig an das Umfeld von Altona 93 erinnert. Ich gestehe ja jedem Menschen seine politische Meinung zu, was mir aber gar nicht gefällt, ist wenn Politik ins Stadion getragen wird. Das ist beim WSC zumindest subtil der Fall, denn die Zaunfahnen in der Kurve tragen fast alle mehr oder weniger offen eine Botschaft. So angenehm ich die Atmosphäre empfand - Politik hat im Sport nichts zu suchen! Die Gäste aus Ried, frisch aus der Bundesliga abgestiegen, ließen sich davon nicht beirren, auch nicht vom Wahnsinns-Platzregen, der in den ersten 20 Minuten über den Spielort herein brach.
Das Team aus dem Innkreis war über die gesamte Spielzeit überlegen und erspielte sich geduldig Möglichkeiten, die zur Freude der Mitgereisten in einem deutlichen 4:0 mündeten. Hätte auch noch schlimmer kommen können, da halfen auch die unverdrossenen mutigen Versuche der Hauptstädter nicht, sich zu wehren. Kompliment an die 'Friedhofstribüne', die sich weder vom Regen noch von der Unterlegenheit ihrer Mannschaft vom Support abbringen ließen. Nach dem Schlusspfiff bedachten die WSC-Anhänger sogar die Gäste mit Beifall. Bei allem Respekt vor der Fairness, aber das wär mir dann doch zu viel des Guten. Da liegt mir das Absenden eines Bierbechers in Richtung des Gegners doch etwas näher. Auf der Ecke gegenüber des Stadions findet sich eine gute sortierte Kneipe, in der ich nach dem Abpfiff noch meinen spontanen Durst löschte, bevor ich die Hernalser Hauptstraße in Richtung Josefsstadt zurück wackelte und mich noch in einer schönen Brauerei-Gaststätte zum Abendmahl einfand. Der Weg von dort sollte eigentlich direkt ins Hotel führen, um den schlappen Körper wieder mit dem noch fehlenden Schlaf aufzufüllen. Aber irgendwie erlag ich den Reizen einer erleuchteten Bar. Ganz komischer Schuppen. Von ner Clique junger Mädels über zwei miteinander kuschelnde Typen im fortgeschrittenen Alter bis zur Prostituierten und ihrem Freier war alles vertreten. Die Zapf-Tante mit stark polnischem Akzent komplettierte das Bild. Zwei kleine Pils-Biere war mir die Szenerie wert, dann verschwand ich endgültig in der Falle.
So. 16.07. 16:00 - FC Ismaning vs TSV Kornburg 3:3 (Oberliga Bayern Süd), 350 Zuschauer (15 Gäste)
Aus der ich so um 8.00 Uhr wieder flüchtete. Frühstück war einfach aber okay. Dann ging es mit der U-Bahn zum Haltepunkt 'Braunschweiggasse'. Für den Transfer nach München gab es mehrere Optionen. Die günstigste ist sicherlich der 'Hellö Bus' der ÖBB, da geht es ab 19 Euro los. Die Marke gibt es erst seit Mitte letzten Jahres und wird nun bereits von 'Flixbus' übernommen. Der Marktführer lässt sich halt nicht ans Bein pinkeln. Zugfahren wäre die teuerste Variante gewesen. Das ging mit meinen zeitlichen Ansprüchen so kurzfristig nicht unter 70 Euro. Nach Sondierung der Möglichkeiten unter Berücksichtigung der Aspekte Abfahrtszeit, Dauer und Preis entschied ich mich für 27 Geldeinheiten für eine Mitfahrgelegenheit um 10.00 Uhr. Als zu diesem Zeitpunkt niemand am Treffpunkt war und ich den Fahrer auch nicht erreichen konnte, wurde ich schon leicht nervös. Was hilft einem eine gesicherte Rückerstattung, wenn man dann am Ende möglicherweise einen Flug verpasst.
Die Sorge war aber unnötig, denn Fahrer Andy tauchte kurz danach auf und irgend so ein Traveller-Affe mit zu großem Rucksack stieg auch noch in den Einser-BMW. Die Strecke über Braunau und Altötting wurde gewählt und nach viert Stunden fahrt stieg ich am Münchener Ostbahnhof aus. Kleines Mittagsmahl in einer Bäckerei, bestehend aus Kaffee und einer schönen Fleischkäse-Semmel. Steh ich total drauf! Mit der S8 fuhr ich dann raus nach Ismaning und lief vom dortigen Bahnhof die 20 Minütchen rüber zum 'Professor-Erich-Greipl-Stadion'. Beim gut gelaunten Wirt der Vereinsgaststätte durfte ich mein kleines Gepäck hinter der Theke einlagern und dann lockte mich der Grill mit seinen genialen Gerüchen unwiderstehlich an, dass ich mir erst einmal ein Paar Rindswürste im Brötchen reinziehen musste.
Dazu ein Hefe-Weizen vom Fass und das alles bei besten Temperaturen und bayrisch blau-weißem Himmel - was kann es da besseres geben?! Das Gebolze im schnuckeligen Stadion mit der kleinen überdachten Tribüne und der Steh-Traverse auf der Gegenseite geriet dann auch noch sehenswert, so dass das wirklich ein gelungener Tour-Abschluss wurde. Ich war echt überrascht auf welch hohem Niveau hier gekickt wurde, da habe ich in der Regio West schon üblere Geschichten gesehen.
Sechs Tore wurden mir geboten. Drei Mal ging der Gast aus der Nürnberger Peripherie in Führung und drei Mal glichen die Gastgeber aus. Die Oberbayern zeigten zwar die etwas reifere Spielanlage, aber die Gäste aus Mittelfranken erkämpften sich einen verdienten ersten Bayernliga-Punkt, denn der Verein ist zu dieser Saison erst aufgestiegen. Nach dem letzten Pfiff der Tour war etwas Eile geboten, da ich nur 15 Minuten später die S-Bahn zum Flughafen erreichen musste. Das klappte aber schnellen Schrittes. Ismaning iegt ja perfekt auf dem Weg zum Airport, drei Stationen sind es nur, am Sicherheits-Check war kaum was los und so saß ich schon 35 Minuten nach dem Verlassen des Stadions vor Gate G47 und wartete aufs Boarding. So ganz hab ich es nicht begriffen, gebucht habe ich den Flug über Eurowings, durchgeführt wurde der Flug aber von Air Berlin und eingesetzt wurde dann doch ein Eurowings-Vogel. War aber auch egal. Hauptsache das Teil hob pünktlich ab und setzte pünktlich neben dem 'Parookaville'-Festivalgelände in Weeze auf. Meine Herzdame erwartete mich schon und brachte mich sicher in die heimischen Räumlichkeiten. War ne schöne kurze Tour. Leider geht ja durch Öffi-Transport immer zu viel Zeit und Flexibilität, sprich Mobilität verloren, wodurch die Freiräume, sich neben dem Fusek noch was anzusehen, stark eingeschränkt werden. Aber die nächste Reise nach Dalmatien kommt bestimmt und irgendwann klappt es dann auch mal mit dem Besuch im 'Poljud'.
zum Seitenanfang