08.-09.11.2008 --- Holland-Hopping: Tilburg - Rotterdam - Den Haag
Im Anschluss an den grenznahen Kick des RWE beim 1.FC Kleve bot sich die Gelegenheit, unseren westlichen Nachbarn mal wieder einen intensiven Besuch abzustatten, was wir dann auch zu zweit in die Tat umsetzten. Auf dem Plan standen ein Spiel am Samstag-Abend und zwei Weitere am Sonntag-Nachmittag, alles Begegnungen der ‚Eredivisie’.
Sa. 08.11. 20:45 – Willem II Tilburg vs Roda JC Kerkrade 2:1 (Eredivisie), 12.500 Zuschauer (80 Gäste)
Wie allgemein bekannt, ist die Ticketbeschaffung für Spiele der Eredivisie nicht so einfach wie für Spiele in Deutschland. Aufgrund der teils massiven Ausschreitungen in den 90er Jahren muss jeder Stadionbesucher zwecks besserer Kontrolle eine so genannte ‚ClubCard’ erwerben, welche einzig der Personalienfeststellung dient. Einige wenige Spiele unterliegen keiner ClubCard-Pflicht. Als ausländischer Besucher hat man ein paar Möglichkeiten die CC-Pflicht zu umgehen. Der einfachste ist eine Email an den gastgebenden verein, die oftmals positiv beantwortet wird. In anderen Fällen müssen auch mal halblegale Wege zur Ticketbeschaffung eingeschlagen werden. Unser erstes Ziel nach dem samstäglichen RWE-Kick sollte Tilburg sein. Der gastgebende Verein Willem II erwartete am Abend Roda Kerkrade, ein Spiel mit CC-Verpflichtung, jedoch durften wir hierfür auf dem beschriebenen Email-Wege Tickets zur Abholung vor dem Spiel reservieren. So überquerte ich mit meinem Kumpel Christian nach dem Kick des RWE in Kleve die Grenze und steuerte auf direktem Wege die Provinz Nordbrabant an und erreichte Tilburg nach etwas mehr als einer Stunde. Zunächst suchte man sich ein geeignetes Quartier für die Nacht und um 20:45 Uhr erwartete dann der heimische Klub Willem II den Gast aus Kerkrade. Die Heimspiele werden im gleichnamigen Stadion ausgetragen. Es handelt sich um einen Allseater und wie mittlerweile überall in Holland um ein reines Fußballstadion, welches 14.700 Zuschauer fasst. Nachdem wir unser Fahrzeug sicher abgestellt hatten, fuhren wir mit dem Bus zum fahrgastfreundlichen Preis von einem Euro zum Stadion. Die Haltestelle befand sich genau gegenüber der Kneipe des 'sportlich ambitionierten' Teils des Tilburger Anhangs. Vor dem Etablissement lauerten ca 50-60 zwielichtige Gestalten auf Sparringspartner. Irgendwie beschlich uns der Eindruck, dass wir trotz Dunkelheit und 30 Meter Luftlinie umgehend als Deutsche erkannt worden waren. Also nix wie zum Stadion, um die Tickets abzuholen. Auch dieses sollte ohne Probleme gelingen. Das nette Mädel in der Ticketbox überreichte mir gegen 37 Euronen die zwei gebuchten Karten. Als ich mich umdrehte, sah ich noch so eben wie meinem verdutzten Kumpel von einer etwas dubios aussehenden Person zwei Freikarten in die Hand gedruckt wurden! Nun standen wird da mit vier Tickets für zwei Leute. Hätte der Freikartenspender nicht eine Minute eher auflaufen können?? Aber nicht weiter tragisch. Wir verscheuerten die gekauften Tickets für 30 Ocken an ein junges Pärchen, so dass sich das finanzielle Ärgernis in Grenzen hielt. Danach enterten wir das Stadion. Vor Spielbeginn holten wir uns noch schnell ein paar Gerstensäfte. Witzig war, dass über jedem Tribünen-Eingang ein deutlicher Hinweis auf das Verbot der Mitnahme alkoholischer Getränke hingewiesen wurde, aber man letztendlich doch unbehelligt mit einem Becher in jeder Hand bewaffnet die Ordner passieren konnte. Bei freier Platzwahl konnte man sich trotz nur sechs Grad Außentemperatur bequem seiner Jacke entledigen, da überall unter dem Tribünendach Heizstrahler angebracht sind. Eine auch sehr 'holländische' Stadionspezialität, die einem auch an nasskalten Herbstabenden den Allerwertesten wärmt und einen angenehmen Fußballbesuch ermöglicht. Optisch gab es hollandüblich zum Einlauf der Teams leider nicht viel zu sehen. Das Spiel nahm auch gleich die erwartete Richtung. Die Mannschaft von Roda geriet nach einer guten Chance zu Beginn zunehmend in die Defensive. Kein Wunder, dass man erst sechs Punkte verbuchen konnte. In der 27. Minute war es dann soweit. Ein zweifelhafter Freistoß aus gut zwanzig Metern gelangte unplatziert durch die Mauer mit 'Mach 3' ins Kerkrader Gehäuse - die Führung für die Hausherren! Das Spiel blieb danach unverändert einseitig, allerdings ohne spektakuläre Szenen. Paradox, dass sich der hinter einem Tor angesiedelte Heimblock unmittelbar neben dem in einer Ecke des Stadions eingerichteten und durch Plexiglas und Netz abgetrennten Gäste-Block befindet. Zusätzlich halten sich wiederum die 'erlebnisorienten' Heimfans auf der anderen Seite neben dem Gästeblock auf, so dass sich der Auswärtsanhang nicht über mangelnde Aufmerksamkeit und fehlende Dauerbepöbelung beschweren braucht. Mit dem 1:0 ging es in die Kabine. Die Gastgeber erzielten eine Viertelstunde vor Schluss das 2:0. Drei Minuten vor dem offiziellen Ende fasste sich ein Gästestürmer ein Herz und drosch einen unglaublichen Flatterball - es sah aus, als ob die Murmel im Flug zehn Mal die Richtung wechselte - aus mehr als zwanzig Metern in die Maschen. Es half jedoch nichts mehr. Wenige Minuten später war die Kirsche gegessen, die Wiese gemäht, der Drops gelutscht. Die Punkte blieben in Tilburg. Wir begaben uns mit dem Bus wieder ins Stadtzentrum und genossen den weiteren Abend bei dem einen oder anderen Getränk in diversen Bars und Diskotheken.
So. 09.11. 14:30 – Feyenoord Rotterdam vs FC Utrecht 5:2 (Eredivisie), 43.000 Zuschauer (700 Gäste)
So. 09.11. 16:30 – ADO Den Haag vs SC Heerenveen 0:1 (Eredivisie), 10.150 Zuschauer (30 Gäste)
Am nächsten Morgen rollten wir uns dann kurz nach zehn aus dem Bett. Der übermäßige 'Jupiler'-Genuss machte sich glücklicherweise nicht in körperlichen Beschwerden bemerkbar, so dass die bereitgelegten Aspirin wieder im Rucksack verschwanden. Unser nächstes Ziel war Rotterdam, wo um 14:30 Uhr Feyenoord gegen den FC Utrecht anstoßen sollte. Wir machten uns in aller Ruhe fertig. Hatten ja bei nur einer Stunde Fahrzeit noch genug Zeit. Das glaubten wir zumindest - was sich noch rächen sollte. Gegen 12:00 war Rotterdam in Sicht. Die Ticketproblematik hatten wir für dieses Spiel auf inoffiziellem Wege geregelt und so mussten wir zuerst die Wohnung unseres ‚V-Mannes’ ansteuern, um die Karten abzuholen, und dann ab zum Stadion - es waren ja noch immer über 90 Minuten Zeit bis zum Anpfiff. Vielleicht hätte es uns verdächtig vorkommen sollen, dass unser Rotterdamer Freund erwähnte, dass er mit dem Rad zum Stadion fährt. Auch der Nebensatz, dass es schwierig sei am Stadion zu parken, versetzte uns nicht in Unruhe. Ein Fehler! Die letztendlich 43.000 Zuschauer verursachten über eine Stunde vor dem Spiel ein mittleres Verkehrschaos rund um 'De Kuip', was die Rush-Hour in Rom wie ein Kindergarten-Treffen erscheinen ließ! Der Plan, einigermaßen günstig zu parken, um ohne große Hektik im Anschluss zum letzten geplanten Kick ins zwanzig Kilometer entfernte Den Haag zu kommen, war nicht umzusetzen. Selbst für die großen Parkplätze am Stadion hätte mein ein Parking-Season-Ticket benötigt, so dass uns nichts anderes übrig blieb, als in den umliegenden Wohn- und Gewerbegebieten unser Glück zu versuchen. Dieses gelang auch letztendlich, jedoch hatten wir nun nur noch eine halbe Stunde Zeit bis zum Kick-Off. Der Plan, sich in Ruhe umzusehen und Fotos zu schießen, hatte sich leider längst erledigt. Zehn Minuten vor dem Anpfiff hatten wir endlich den Ground erreicht, orientierten uns kurz und peilten den Eingang zu unserem Block an. In der Schlange vorm Tor hatten wir dann unser Deja Vu-Erlebnis. Plötzlich zieht neben uns ein junger Typ einen ganzen Satz Tickets aus der Tasche, verteilt diese an seine Freunde, hat letztlich vier über und bietet an, uns diese kostenlos zu überlassen!! Wenn man es geahnt hätte... leider war die Zeit zu knapp um ein ähnliches Kartenschnippchen wie am Vorabend zu schlagen und wir mussten ablehnen. Da heute nur knapp 8.000 Plätze frei blieben war das Stadion, welches absolut zu begeistern weiß, bei einer Kapazität von über 50.000 ansprechend gefüllt. Der Gäste-Anhang aus Utrecht war fast direkt über uns im oberen Rang und machte sich ab und an durchaus lautstark bemerkbar. Ohne den Mob sehen zu können, schätzte ich die Menge auf ca 600 bis 800 Leute, was für einen Auswärtsmob in Holland schon eine ansprechende Zahl ist. Eigentlich hatten wir die Befürchtung, dass bis zum Ende des Spiels keiner von uns beiden mehr fahrtüchtig sein würde, bei den benebelnd süßlichen Tabak-Gerüchen, die aus allen Richtungen in die Nase zogen. Feyenoord war sehr schlecht in die Saison gestartet und schickte sich an das Feld nun von hinten aufzurollen. Dass man damit auch im Spiel gegen die Gäste aus Utrecht nicht lange warten wollte war nach drei Minuten klar. Ein leicht abgefälschter Freistoß zappelte im Netz, was die ohnehin gute Stimmung im Stadion weiter in die Höhe trieb. Bis zur dreißigsten Minute zappelte die Kirsche zwei weitere Male im Utrechter Netz. Diese konnten die Spannung aber durch den sofortigen Treffer zum 3-1 glücklicherweise retten. So ging es in die Pause. Mit Beginn der zweiten Halbzeit verflachte das spielerische Niveau ein wenig. Feyenoord schien die Sache im Griff zu haben. Bis zur 55. Minute. Einen zu kurz geratenen Rückpass konnte der Rotterdamer Torhüter soeben noch vor dem heraneilenden Gästestürmer wegschlagen, schoss diesen aber an und von dort trudelte der Ball im hohen Bogen an den Innenpfosten und anschließend ins Tor ohne dass der Stürmer darauf entscheidenden Einfluss nehmen konnte. Eine selten dämliche Bude!! Andererseits beweist dieses, dass das oft sinnlos wirkende Nachsetzen der Stürmer im vielleicht fünfhundertsten Versuch dann doch mal belohnt wird. Die Partie wurde nun zum offenen Schlagabtausch ohne an Niveau zu gewinnen. Wir mussten nun langsam die Entscheidung treffen, ob wir den laufenden Kick in Ruhe zu Enden schauen oder wie geplant, die Partie in Den Haag zwischen dem heimischen Club ADO und dem SC Heerenveen anpeilen sollten, die um 16:30 Uhr angepfiffen werden sollte. Letzteres hieße, trotz der geringen Entfernung nach Den Haag den ‚Kuip' spätestens eine Viertelstunde vor Spielschluss zu verlassen, da der Plan mit dem stadionnahen Parkplatz nicht aufgegangen war. Da sich das Spiel zwischen Feyenoord und Utrecht mittlerweile zum Grottenkick entwickelt hatte, entschieden wir uns nach Den Haag zu hetzen. Feyenoord sollte am Ende 5:2 gewinnen.
Trotz eines schnellen Ganges zum Wagen, ging der Plan wegen schlechter Verkehrsführung, niedrigem Tempolimit und hohem Verkehrsaufkommen nicht auf. Zumindest liegt das Stadion in Den Haag direkt am Autobahnkreuz, so dass uns der Stadtverkehr erspart blieb. Ein Parkplatz war schnell gefunden und wir waren in wenigen Minuten am Stadion. Nun das nächste Problem. Die Karten hatten wir wie in Tilburg per Email mit Ausweiskopie hinterlegen lassen. In weiser Vorahnung hatte ich dem Mitarbeiter, der mir die Reservierung bestätigt hatte, noch mitgeteilt, dass wir möglicherweise ein paar Minuten nach dem Anpfiff eintreffen würden. Daraufhin hatte er mir seine Handy-Nummer mitgeteilt und geschrieben, ich solle mich entspannen, alles würde glatt gehen. Also versuchte ich, den Mann zu erreichen – erfolglos. Er nahm nicht ab. Schöne Sch….! Die Kassenhäuschen waren erstaunlicherweise auch schon dicht. Also schlugen wir uns zum Eingang für die ‚Wichtigen’ auf der Rückseite der Haupttribüne durch, wo uns eine freundliche Blondine mitteilte, dass sie leider nichts für uns tun könne. Wir sollten versuchen unseren Kontaktmann zu erreichen. Im Zuge der Diskussion waren allerdings noch drei verspätete ADO-Anhänger eingetrudelt, die ihren Unmut über die Situation deutlich zu verstehen gaben. Glücklicherweise kam nun Bewegung in die Sache und es wurden doch noch Tickets organisiert. Über diese ganze Geschichte war natürlich eine ganze Zeit vergangen und wir hetzten nun auf die andere Seite des Grounds, auf der sich unser Block befand. Mittlerweile war über eine halbe Stunde gespielt. Sauber – je 21 Euronen für nicht mal 60 Minuten Fußball. Man gönnt sich ja sonst nichts!! Rückblickend hätte man den Kick in Den Haag wohl sausen lassen und das Spiel in Rotterdam in Ruhe zu Ende schauen sollen. Eine halbe Stunde für den Transfer einzuplanen war schlicht zu blauäugig. Nun war ich gespannt auf den Eingang zum Hochsicherheitstrakt. Der ADO-Anhang hat schon des Öfteren negative Schlagzeilen gemacht, zuletzt 2006 als der unzufriedene Anhang beim Stande von 0:3 gegen Vitesse Arnheim den Rasen stürmte und das Spiel abgebrochen wurde. Dieses geschah noch im alten ‚Zuiderparkstadion’, einem kultigen Ground im 'Oldschool-Look', der mit seinen vier einzelnen überdachten Tribünen stark an die englischen Stadien vor deren Rundumerneuerung erinnerte. Das ‚Nieuw Stadion’ (neues Stadion) hört sich noch recht namenlos an und wurde erst 2007 eröffnet. Es wurde mit der Zielvorgabe höchster Sicherheitsvorkehrungen gebaut. Um es betreten zu können muss man erst das hinter sich bringen, was sich nun vor uns offenbarte. Es öffnet sich automatisch eine Tür die wie ein Saloon-Tür ‚Marke Zukunft’ erscheint. Durch diese Tür betritt man eine Schleuse. Wenn man in der Schleuse steht, schließt sich zunächst die Tür. Seitlich befindet sich ein Schalter, in den man durch ein schmales Fenster seine Eintrittskarte reicht. Während diese vom Staff gescannt wird, produziert eine Kamera ein biometrisches Pass-Foto vom Gesicht des ‚Kunden’. Erst danach öffnet sich Saloon-Tür Numero Zwei und man steht in den Katakomben des Grounds. Weiterhin befinden sich im Stadion annähernd hundert Kameras (keine Übertreibung), die biometrische Überwachungsmethoden ermöglichen. Ehrlich – die Kontrollen an den Flughäfen in den USA erscheinen wie ein Scheiß dagegen. Nachdem man durch die futuristische Passage ins Stadion gebeamt worden ist, fällt der Blick zunächst auf die Mauer oberhalb derer sich das erhöhte Spielfeld befindet. Auf dieser Mauer ist ein ADO-Graffiti gesprüht worden. Es zeigt den Schriftzug ‚Midden-Noord’ sowie rechts und links davon das Wappentier des Vereins, einen Schwan. Als absoluter Clou ist in den Schriftzug eine Abbildung der Haupttribüne des alten ‚Zuiderparks’ gesprüht. Ein wirklich gelungenes Werk!! Es stand noch 0:0 und wir sahen uns die wenigen bis zur Halbzeit verbleibenden Minuten in Ruhe an. Torlos ging es in die Kabinen und auch wieder heraus. Das Spiel fiel in die Kategorie 'unterirdisch'. Laut wurde es daher leider nur selten, aber wenn der ADO-Anhang anstimmte, kam das schon recht ordentlich rüber. Was die Ausstrahlung des Publikums angeht, schienen sich, wie in Rotterdam, auch hier einige tausend Jahre Knast versammelt haben. Schade, diesen Mob hätte ich gern im Tor-Pogo gesehen. Dazu sollte es aber leider nicht kommen. ADO mühte sich redlich, hatte aber nur eine Handvoll halbherziger Chancen. Man hatte den Eindruck, dass Heerenveen jederzeit eine Schippe hätte drauf legen können. Die Gäste beschränkten sich aber darauf, den Gegner im Zaum und vom eigenen Tor fern zu halten und ab an einen gefälligen Konter zu fahren. Diese beschworen aber auch nur selten echte Torgefahr herauf. Vier Minuten vor Ende der Partie verzückten die Gäste ihren mitgereisten 30 Mann (!) starken Anhang dann dich noch mit dem Treffer des Tages. Nun fuhren wir vom Hunger getrieben noch kurz in die Stadt, fanden glücklicherweise schnell eine äußerst ansprechende Imbiss-Bude und nahmen noch einmal eine ordentliche Ladung Frietjes, Frikandel, Bami und Kibbeling zu uns, um uns für die Rückfahrt zu stärken. Diese verlief völlig ohne Probleme und um 21:30 Uhr setze mich mein Kumpel am Krefelder Hauptbahnhof ab (er musste weiter in den Kölner Raum), von wo ich umgehend direkten Anschluss in unsere heißgeliebte Heimatstadt fand.