14.-16.03.2009 --- Up the Villa! Birmingham & Wolverhampton
Zwei zu verballernde Tage Resturlaub kombiniert mit einer Ryanair-Aktion im richtigen Moment führten mich zusammen mit einem Kumpel ins vermeintliche Mutterland des Fussballs. Die Prüfung von Flugzeiten und –kosten ab 'Airport Niederrhein' in Weeze und vom Zielort erreichbaren Stadien und machbaren Anstosszeiten ergaben eindeutig die Destination Birmingham und die Spiele Wolverhampten gegen Charlton und Aston Villa gegen Tottenham. Tickets für die Matches wurden vorab gesichert und so ging es dann am Tage des Spiels Wolverhampton gegen Charlton ab Weeze nach Birmingham.
Sa. 14.03. 15:00 – Wolverhampton Wanderers vs Charlton Athletic 2:1 (Championsship), 24.319 Zuschauer (300 Gäste)
Der Abflug war um 13:00 mittags, Ankunft auf dem Flughafen Birmingham war für 13:25 vorgesehen (eine Stunde Zeitverschiebung zurück), Kick-off um 15:00. Da die reine Flugzeit aber nur eine Stunde dauert und Ryanair ja als eine der pünktlichsten Low-cost-Airlines bekannt ist, machten wir uns keine Sorgen bezüglich rechtzeitiger Ankunft am Stadion der Wanderers. So landeten wir auch überpünktlich, bekamen einen früheren Anschluss-Zug als geplant und waren nach 40 Minuten Fahrzeit eine gute Stunde vor dem Spiel in Wolverhampton. Da sich der Ground mit dem klangvollen Namen 'Molineux' direkt an die Innenstadt anschließt, waren wir in wenigen Minuten dort. Die Wolves waren aktueller Tabellenführer und nach einer sehr starken Hinrunde und einer anschließenden kleineren Schwächeperiode immer noch deutlich vorn. Der Gegner aus London, Charlton Athletic, ist dagegen abgeschlagener Tabellenletzter und kann bereits für Liga Drei planen. Die englische Zweite Liga spielt mit 24 Vereinen (!) und es war bereits der 39. Spieltag. Die Tickets waren wie geplant hinterlegt und wir enterten den Ground durch die engen 'Turnstiles'. Das Molineux besteht aus vier einzelnen Tribünen, die alle in etwa gleich hoch sind und sich in der Bauart minimal voneinander unterscheiden. Der Ground fasst knapp 28.500 Menschen und ist ganz in den Vereinsfarben gelb und schwarz gehalten, wobei gelb dominiert. In den beiden Geraden befinden sich Business-Logen. Der Abstand zum Spielfeld ist für britische Verhältnisse recht groß. Insgesamt ist das Stadion in der Innenansicht wenig spektakulär, weiß aber durchaus englisches Flair zu vermitteln. Die Abstände zwischen den Sitzreihen bieten allerdings ausreichend Anlass für eine nachfolgende Meniskus-OP. Das Spiel versprach eigentlich reichlich Tore, trafen doch Top-Sturm und Schiessbude der Liga aufeinander. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt und so decken wir über die Qualität des Spielgeschehens mit britischem Charme den Mantel des Schweigens. Letztlich siegten die Wolves durch ein spätes Tor Marke 'Stolperhannes' mit 2-1 und verhinderten die mögliche Blamage. Die Stimmung war dementsprechend mau, wobei mir die 'singing section' gemessen an 25.000 anwesenden eh recht klein vorkam. Aus London waren trotz aussichtsloser Lage gut 300 Leute angereist. Nach dem Spiel frönten wir noch dem Fastfood an den Fressbuden und schossen ein paar Fotos, um dann den Zug nach Birmingham zu besteigen und unser Quartier zu beziehen. Dieses ließ aufgrund einer eleganten Backstein-Fassade Gutes vermuten, spätestens als wir die Rezeption hinter uns gelassen hatten, hatten wir aber begriffen warum wir das Zimmer so günstig haben konnten... warm Duschen konnten wir jedenfalls erst zu Hause wieder. Egal, Hauptsache ein günstiges Dach über dem Kopf. Den Rest des Abends ließen wir bei einigen Pints in diversen Pubs ausklingen. Unglaublich wie knapp bekleidet die englischen Mädels trotz arktischer Temperaturen abends vor die Tür gehen - ich glaube, der normale Brite kommt ohne Temperaturempfinden auf die Welt.
So. 15.03. 16:00 – Aston Villa vs Tottenham Hotspur 1:2 (Premier League), 41.205 Zuschauer (1200 Gäste)
Am nächsten Morgen 'frisch' aufgewacht, stellte sich die Frage, was mir der Zeit bis zum nachmittäglichen Kick von Aston Villa anzufangen sei. Da das Hotel im irischen Viertel liegt und für die Mittagszeit die jährliche St.-Patricks-Day-Parade angesagt war, wollten wir rechtzeitig aus diesem Bereich verschwinden. Also beschlossen wir, die Stadien von Birmingham City und von West Bromwich Albion anzusehen. Da die Stadien auf der Insel in der Regel besser verriegelt und verrammelt sind als Fort Knox, waren wir nur auf die Außenbetrachtung eingestellt und mussten uns letztlich auch damit zufrieden geben. Das 'St.Andrews' vom Birmingham City FC war fußläufig zu erreichen und selbst diesen kurzen Weg hätte man sich sparen können. Der Bau erinnerte mit seinen an den Fassaden angebrachten Illustrationen und Werbetafeln eher an einen großen Supermarkt als an ein Stadion. Lediglich an der Nordwestflanke, an der man anhand der einzigen noch alten Tribüne im typisch britischen Stil der 50er und 60er den Ur-Zustand erahnen konnte, sowie an der mächtig wirkenden Rückseite der Westtribüne entwickelte die Konstruktion einen Ansatz von englischem Fußball-Charme. Also nix wie weg und eine Viertelstunde mit dem Nahverkehrszug in die Nachbarstadt West Bromwich gefahren. Der WBA-Ground mit dem Namen 'The Hawthorns' machte schon einen besseren Eindruck. Angenehmerweise verfügt der Ground über Flutlichtmasten. In einer Ecke des Stadiongeländes entdeckten wir dann noch einen kleinen Club-Friedhof mit mehreren kleinen Gräbern. Allerdings erschloss sich uns nicht, ob es sich tatsächlich im Urnengräber oder doch eher um eine Gedenkstätte handelt.
Der Zeitpunkt des Main-Events Villa gegen die Spurs rückte näher und wir schwangen uns in einen der typischen Doppelstock-Busse um zum Villa-Park zu fahren. Wir mussten dazu einmal umsteigen und wenn ich nicht sicher gewesen wäre in Birmingham zu sein, hätte ich mich dort mitten in der Hauptstadt Pakistans vermutet! Man sah kein europäisches Gesicht mehr. Dazu machte diese Ecke einen äußerst schmuddeligen Eindruck. Ich distanziere mich von Diskrimierungen, aber länger als einige Minuten zum Umsteigen hätte ich mich dort wahrlich nicht aufhalten wollen. Allerdings machte Birmingham überhaupt einen sehr schmutzigen Eindruck. Der Villa-Park war schon einige Haltestellen vor dem Aussteigen zu sehen. Die recht hohen Tribünen beherrschen den Stadteil Witton nahezu. Je näher wir kamen, desto beeindruckender empfanden wir den Ground. Dieses Stadion hat wirklich Charakter, nicht wie die ganzen neuartigen Einheitsbauten. Der Villa-Park besteht aus vier einzelnen Tribünen, die sich alle voneinander unterscheiden. Durch die Tatsache, dass das Stadion an seinem ursprünglichen Ort mitten in einem Wohngebiet steht und dadurch, dass die Ecken nicht zugebaut sind, ist es ziemlich in die Höhe gewachsen und wirkt trotz seines eher durchschnittlichen Fassungsvermögens von 42.600 ziemlich imposant. Die Haupttribüne besteht aus drei Rängen, die anderen Tribünen verfügen über deren zwei. Besondere Beachtung verdient die Rückseite der südlichen Hintertor-Tribüne, dem 'Holte-End', auf der der harte Kern der 'Villans' seine Heimat hat. Mit zwei breiten Treppenaufgängen und einer herrlichen Backsteinfassade sieht der Stand fast aus wie ein Regierungsgebäude. Nach dem üblichen Fastfood-Konsum nahmen wir unsere Plätze auf dem 'Trinity Road-Stand' ein und bestaunten das Stadion von innen. Ich war sicherlich schon in größeren und harmonischer wirkenden Stadien, aber dieses landet schon allein aufgrund seiner eigenen Art auf jeden Fall in meiner persönlichen Top 5 der live erlebten Spielstätten. Die Ausgangslage für das Spiel war eigentlich deutlich. Villa spielt eine hervorragende Saison und kämpft mit den etablierten vier Clubs um die Champions League-Plätze. Die Spurs sind dagegen miserabel gestartet, wurden aber nach einem Trainerwechsel vom neuen Mann mittlerweile ins gesicherte Mittelfeld geführt. Der Kick an sich war nicht die totale Offenbarung, aber allein schon durch die schnelle Spielweise attraktiv. Die Gäste aus der Hauptstadt legten zwei Tore vor, die Heimelf erzielte nur deren eins und Tottenham nahmen die Punkte überraschend mit. Die Stimmung im Stadion war durchschnittlich. Die Spurs-Supporter feierten logischerweise ihre eigene Party. Wenn der Villa-Anhang kam, dann wurde es allerdings richtig laut. So gab es mehrmals einen Vorgeschmack, wie es bei brisanteren Spielen mit aus Sicht der Heimelf erfreulicherem Spielverlauf sein würde. Nach dem Schlusspfiff schoss ich noch ein paar Fotos vom leeren Ground, der sich mit den Sitzen in den Vereinsfarben weinrot und himmelbau im Flutlicht wunderbar präsentierte. Dann begaben wir uns zurück in Richtung des Hotels. Dort waren in jeder Hinsicht die Reste der St.Patricks-Day-Feier ersichtlich und wir nahmen noch ein paar Pints in den völlig überfüllten umliegenden Pubs. Die Heimreise am nächsten Vormittag brachte uns sicher nach Hause und so ging ein äußerst kurzweiliger Trip zu Ende.