G R O U N D F E V E R
  Marken & Umbrien
 

23.-25.01.2016 --- Durch Marken und Umbrien

Salernitana Calcio, der Verein aus Salerno nahe Napoli, wird ja ein wenig von dem Mysterium umgeben, dass dort stets richtig gute Atmosphäre herrschen soll. Dazu weiß das 'Stadio Arechi' ja auch baulich zu überzeugen, so dass ein Besuch schon seit einiger Zeit auf der Agenda steht. Italien ist für mich (wie Spanien) ein optimales Winterziel, denn dort wird fröhlich durch den Winter durch gespielt und oft trifft man klimatisch deutlich mildere Bedingungen an, als in unseren Breiten. Als ich im Herbst dann feststellte, dass Flüge ab Köln nach Rom-Ciampino günstig erworben werden konnten, checkte ich den Spielplan und konzentrierte mich auf das vierte Januar-Wochenende mit dem Heimspiel von Salernitana gegen Brescia. Der Hinflug am frühen Samstag-Morgen und der Rückflug am Montag wurden ausgewählt. Die Herzdame entschied auf Nachfrage großzügig, mich begleiten zu wollen. Wenn die Spieltage dann zwei, drei Wochen vor dem Spieldatum uhrzeitgenau festgelegt werden, gibt es meist ein Freitags- und ein Montagsspiel. Dieses latente Risiko nahm ich latent in Kauf. Die Serie B spielt mit 22 Vereinen, also gibt es elf Partien und die Wahrscheinlichkeit, dass es Salerno treffen würde lag damit deutlich unter 20%. Aber es wäre nicht meine Spielplanung, wenn es nicht am Ende doch schief gehen würde. Der Kick in Salerno bekam tatsächlich den Freitag zugelost und die Planung konnte von vorn beginnen. Glücklicherweise werden die Spieltage mittlerweile bis in der Serie C runter völlig zerstückelt, so dass trotzdem eine interessante Konstellation zustande kam.

Sa. 23.01. 15:00 - Ascoli Picchio FC vs SS Virtus Lanciano 1:0 (Serie B), 9.262 Zuschauer (300 Gäste)
Sa. 23.01. 20:30 - US Ancona 1905 vs AC Prato 3:2 (Serie C, Girone D), 1.590 Zuschauer (12 Gäste)


Hatte ich mich am Wochenende zuvor noch darüber gefreut, dass der Flug zu einer humanen Uhrzeit ging, so stand dieses Mal wieder die harte Nummer an. Um 3:45 Uhr schellte der verfxxxte Wecker. Das Fahrzeug wurde an der üblichen Stelle kostenneutral in Grengel abgestellt und nach unspektakulärem Flug landete die Maschine des bekannten irische Luftverkehrs-Dienstleister auf dem Flughafen Ciampino. Zu Fuß ging es rüber zu den Mietwagen-Stationen, wo wir in den Genuss eines kleinen Upgrade kamen und somit statt Kleinwagen ein Fabrikat der Kompaktklasse gestellt bekamen. Es wurde ein Alfa Giuletta mit 105PS-Dieselmaschine. Bild Ich kann schon mal vorweg nehmen, dass die Mühle richtig Spaß gemacht hat. Bin ja zur italienischen Motorentechnik äußerst skeptisch eingestellt und die 48 Stunden lassen auch sicher keine verlässlichen Rückschlüsse zu, aber der Eimer hatte ausreichend Kraft in allen Verkehrssituationen und vor allem eine äußerst präzise, direkte Lenkung und einen beinahe mysteriös engen Wendekreis. Mit gut sechs Litern Verbrauch bei der folgenden Berg- und Talfahrt auch absolut im Rahmen. Leider war die Kiste im 'Italian style' schon rundrum verbeult und verkratzt. Soll hier aber kein Auto-Testbericht werden. Das erste Ziel sollte Civitella del Tronto sein. Also ab auf die Autostrada gen Adria und hoch in die Abruzzen, wo wir in der Provinz-Hauptstadt L'Aquila die Autobahn verließen und uns auf eine Nebenstrecke verlagerten. Bild Weniger um Maut zu sparen, viel mehr um ein bisschen was von der Berglandschaft mitzunehmen. Wir schraubten uns hoch auf den 'Passo delle Capannelle', wo wir uns dann auf 1300 Meter befanden. Bild Ein paar Tage früher wäre die Passage aufgrund von Schneefällen nicht möglich gewesen. Etwas kurios mutete an, dass hinter einer Kurve plötzlich zwei Pferde auf der Straße standen, die den Asphalt ableckten. Erste Verwunderung über diese merkwürdig anmutende Vorliebe wich der Erkenntnis, dass es wohl die Streusalz-Reste sein mussten, die die Begierde der Langnasen weckten. In aller Ruhe cruisten wir die Landstraße nach Teramo runter und von dort weiter zum Etappenziel. Das 'Fortezza Civitella' ist eine Festungsanlage die auf einer großen Klippe über Civitella del Tronto liegt. Die Burg gehört zu den größeren ihrer Art, wurde im 16.Jahrhundert zur heutigen Form ausgebaut und hat im Laufe der Zeit einige Herrscher und Kriege gesehen. Grundsätzlich ist die Anlage nicht sonderlich spannend, sondern besticht durch Ihre Lage, die phantastische Aussicht in alle Himmelsrichtungen ermöglicht.

Nur zwanzig Kilometer sind es von Civitella bis nach Ascoli Piceno. Damit wechselt man auch von der Provinz 'Abruzzen' in die Provinz 'Marken'. Zwar hat Ascoli - wie wohl beinahe alle Orte in Umbrien und den Abruzzen - auch einen schönen altertümlichen Stadtkern, aber für uns respektive mich konnte es nur ein Ziel geben. Bild Und das hieß 'Stadio Cino e Lillo del Duca'. Sperriger Name. Kollege Lillo del Duca war ein ehemaliger Ehrenpräsident des Clubs. Den aktuellen Namen trägt der Verein erst seit zwei Jahren. Damals musste der Verein Ascoli Calcio Insolvenz anmelden und startete runderneuert unter neuem Namen. 'Picchio' bedeutet 'Spechte'. Dieses ist der Spitzname für die Spieler aus Ascoli und ein Specht ziert auch das neu entworfene Wappen. Bild Die etwas älteren Semester werden Ascoli Calcio mit Oliver Bierhoff in Verbindung bringen können. Nachdem der Golden Goal-Olli es in der Bundesliga ja nicht so richtig gepackt hatte, schlug er dann bei Austria(!) Salzburg ein wie eine Bombe und netzte ordentlich ein. Das rief schließlich Inter Mailand auf den Plan, die den Olli verpflichteten, aber umgehend in die Serie B nach Ascoli ausliehen, wo er vier Saisons recht ordentlich vor den Ball trat. Der Rest ist bekannt - nach dem anschließenden Wechsel nach Udine ging der Junge ab wie ne Pershing. Das Stadion lässt das Fußball-Herzchen höher schlagen. Wie so viele alte Stadien auf dem Stiefel verfügt das betagte Rund über eine Laufbahn. Bild Die überdachte Sitztribüne ausgenommen befindet sich rundherum eine ungedeckte doppelrangige Stehtribüne. Dadurch bedingt, dass der untere Rang relativ schmal ist und der Oberrang recht hoch und fett darüber hängt, wirkt das Stadion recht beeindruckend. Das Fassungsvermögen ist begrenzt auf etwas mehr als 20tsd Zuschauer. Was mir nicht bekannt war, verrieten mir meine trüben Sehorgane. Die Gegengerade wird derzeit neu errichtet, daher klafft dort leider eine unansehnliche Lücke. Offenbar wird die Bude nach und nach saniert, denn die Curva Nord, der Away-Sektor, erstrahlt bereits in neuem Glanze. Bild Der Rest bröckelt noch fröhlich vor sich hin. Die eigentlich von Beton umschlossenen Eisenprofile sind beinahe überall bereits ans Tageslicht getreten. Ich liebe diese maroden italienischen Spielstätten, die den Hauch der vergangenen Zeiten versprühen. Die heutige Partie versprach Abstiegskampf pur. Der Gästesektor wurde von knapp 300 Leuten aus dem für italienische Relationen nicht so weit entfernten Lanciano bevölkert. Der Kick begann zerfahren. Ascoli wollte der Geschichte den Stempel aufdrücken und war merklich bemüht, scheiterte aber an mangelnden Fähigkeiten. Auf der anderen Seite setzten die Gäste immer wieder Nadelstiche und kamen zu einigen hervorragenden Kontermöglichkeiten, aber als bester Mann im heutigen Spiel sollte sich der Torwart der Gastgeber erweisen, der ein paar starke Reaktionen zeigte. Bild In der zweiten Halbzeit verflachte die Partie und als ich anfing an ein torloses Remis zu glauben, begab sich die Gäste-Abwehr in einer Szene ins kollektive Wachkoma und es hieß 1:0 für die Gastgeber, was die Curva Sud zum Kochen brachte. Überhaupt muss man sagen, dass die Ascoli-Tifosi ihr Team bedingungslos unterstützten und sich nicht von der miesen Leistung beeinflussen ließen. Das war schon ganz gute Atmosphäre und ab und an stieg auch mal eine dünne Rauchsäule in den Himmel. Vor allem eine Melodie, die ich vorher nirgendwo gehört hatte und die zu Beginn in zwanzigminütiger Dauerschleife gesungen wurde, ging ins Ohr und ließ mich die ganze Zeit mit dem Fuß mit wippen. Unter den Gästen zeigten sich etwa 60-70 Leute aktiv, die aber natürlich dem Heim-Anhang unterlegen waren. Wie auch ihr Team nach gespielten 95 Minuten, womit die Lage für Lanciano langsam bedrohlich wird, während sich Ascoli etwas Luft verschaffen konnte. Da es zu regnen begonnen hatte, hieß es nur "ab ins Auto" und ab nach Numana an der Adria-Küste.

Wo wir eine gute Stunde später um halb sieben ankamen. Über booking.com hatten wir die Unterkunft gebucht. Im Verlauf des Buchungsprozesses kann man ja die ungefähre Ankunftszeit angeben. Diese hatte ich mit 18-19:00 Uhr benannt. Außerdem hatte mich der Gastgeber vor dem Spiel noch kontaktiert und ich ihr die Ankunftszeit so bestätigt. Auf unser Klingeln öffnete aber niemand und weder unter der Festnetz- noch unter der Mobil-Nummer ging jemand ans Telefon. Ein Träumchen. Aber sich aufzuregen führt zu nix, also begaben wir uns in den Ort und nahmen eine Pizza zu uns. Ich glaube zwar gar nicht, dass es zwingend Realität ist, aber irgendwie schmeckt mir die Teigscheibe in ihrem Mutterland immer doppelt so gut wie daheim. Zwischendurch erreichte ich dann auch mal unseren Pensionswirt, der zu Hause eingetrudelt war. Nach Beendigung des Mahls checkten wir ein und während Saskia sich mit einem Filmchen auf dem Tablet vergnügte, hatte ich noch einen wichtigen Ortstermin im 'Stadio del Conero' in Ancona. 'Conero' lautet der Name des einzigen Berges auf 650 Kilometer Adria-Küstenlinie zwischen Venedig und der Halbinsel 'Gargano'. Die Küste ('Riviera del Conero') ist hier nach dem Berg benannt und eben auch das Stadion der US Ancona 1905. Dieses wirkt recht neu obwohl es so neu gar nicht ist, denn gute 25 Jahre hat es schon auf dem Buckel. Das Stadion liegt außerhalb der Stadt und ist halb in einen flachen Hang hinein gebaut. Bild Die Ränge sind eher flach und wie in Italien meist üblich ist nur die Haupttribüne mit einem Dach ausgestattet. Insgesamt ein eher nichtssagender Ground ohne speziellen Charakter. Die Unione Sportiva ist der Nachfolgeverein des insolvent gegangenen AC Ancona. Aktuell hat man in der Serie C unmittelbaren Kontakt zu den Rängen, die zur Aufstiegsrelegation berechtigen, während die Gäste aus der Toskana ein wenig im Niemandsland der Liga versanden. Dieser Situation angemessen wurde der AC Prato von gerade mal einem Dutzend Ultras begleitet, die immerhin mit zwei großen Schwenkern rumhantierten. Allerdings zogen auch die Gastgeber nicht gerade die ganze Stadt ins Stadion. Gerade mal etwas mehr als eineinhalb tausend Leute verloren sich im 26tausender. In der Curva Nord standen etwa 200 Mann eng zusammen und supporteten ganz ordentlich. Bild Auch die Dunkelheit wurde genutzt und ab und an ein, zwei Fackeln angerissen. Hätte schlechter sein können. Wenn man aber die auf der Haupttribüne plakatierten großen Fotografien von einer vollen Kurve mit Fahnenmeer und Choreos sieht, weiß man, was hier mal möglich war. Ancona kontrollierte die Partie von Beginn an, ging verdient in Führung und legte kurz nach der Pause den zweiten Treffer nach. Fisch gegessen, sollte man meinen, aber das meint man ja oft genug fälschlicherweise. So kam es auch erst einmal anders, denn die Gäste konnten aus dem Dunkel der Nacht innerhalb von fünf Minuten ausgleichen. Für den neutralen Beobachter macht es das nur interessant aber als geneigter Heim-Fan und auch als Spieler schaut man dann erst einmal blöde aus der Wäsche. In diesem Fall aber nur fünf Minuten, dann konnte erneut die Führung erzielt werden, die auch bis zum Ende hielt. Die letzten Minuten waren dann Slapstick pur aus der Reihe „Ich verballere die besten Konterchancen!“ Teilweise unfassbar. Mittlerweile war es richtig unangenehm nasskalt und ich war nicht undankbar, als der Spuk vorbei war und ich den Rückzug antreten durfte. Übrigens sehr praktisch dass die beiden Blitzer an der Landstraße nach Numana zusätzlich zur ankündigenden Hinweis noch mit einem orangenen Warnlicht ausgestattet sind. So blöde kann man ja schon gar nicht sein, um da reinzurasseln. Madame schlief schon, als ich ins Zimmer kam und ich hatte nach dem langen Tag wenig Mühe, es ihr gleich zu tun.

So. 24.01. 27:30 - AC Perugia Calcio vs Delfino Pescara 1936 0:4 (Serie B), 9.373 Zuschauer (600 Gäste)

Bild Bei strahlendem Sonnenschein wachten wir auf. Das Frühstück war für italienische Verhältnisse richtig gut. Als erstes begaben wir uns an den Strand. Wie erwähnt befindet sich hier ein Höhenzug unmittelbar an der Küste, die teilweise steil ins Meer abstürzt. Die dadurch entstehende Szenerie ist absolut malerisch, zumal bei diesem wunderbaren Wetter. Grund genug sich ein wenig in die Sonne zu setzen. Zwar waren die Temperaturen wieder überschaubar, aber in der Sonne war es durchaus angenehm. Die Schnellstraße zwischen Ancona und Perugia vermeidend fuhren wir nun über Macerata und Foligno ins umbrische Assisi. Schon die Vorgebirgslandschaft zwischen der Küste und Macerata bietet wundervolle Anblicke. Zwischen grünen Wiesen und Hügeln befindet sich auf jeder brauchbaren, felsigen Anhöhe ein Dorf oder eine kleine Stadt mit einer wuchtigen Wehranlage und beeindruckenden Kirchbauten. Ohne Zweifel, das hatten die Italiener im Mittelalter absolut drauf. Hinter Macerata kommt man dann auf die vierspurige Staatsstraße 77, die wiederum hinter dem 'Lago di Borgiano' wieder in Spuren übergeht. Allerdings wird mit Ziel Foligno weiter ausgebaut. Die Geschichte ist schon weit fortgeschritten, wie man rechts und links der Straße immer wieder sehen kann. Wahnsinn, wie aufwändig der Bau einer Schnellstraße durch das Gebirge ist. Brücken und Tunnel wechseln sich stetig ab. Was da für Kosten entstehen - da haben wir in Deutschland deutlich weniger Aufwand zu betrieben. Die alte Strecke ist aber viel schöner, weil man aufgrund immer wiederkehrender Serpentinen nicht so schnell fahren kann und daher auch mal einen Blick für die Landschaft über hat. so schraubt man sich bis zum Pass im 'Val die Chienti' auf über 800 Meter und durchschneidet den Gebirgszug zwischen den Regionen Marken und Umbrien. Bild Runter ging es dann nach Foligno und von dort nach nach Assisi. Assisi - dieses nur 30tsd Einwohner zählende Städtchen genießt unter den Anhängern des Christentums weltweite Berühmtheit. Bild Erlangt hat es diese durch ihren berühmtesten Einwohner, Giovanni Battista Bernardone. Dieser lebte im frühen Mittelalter und besser bekannt als Franciscus Assisiensis oder noch eher als Heiliger Franziskus, dem Gründer des franziskanischen Ordens. Die Stadt Assisi ist schon an sich durch ihre teils sehr alten Häuser und durch die Hanglage sehr sehenswert. Wenn man nicht ewig weit laufen will, ist ein Parkplatz in diesem engen Ort nur gegen allerdings faire Gebühr zu haben. So sollte es also sein und wir flanierten in Ruhe durch die Stadt schauten hier und da und uns vor allem die Basilika 'San Francesco', in deren Katakomben der Heilige Franz begraben liegt und die zu den wichtigsten Gotteshäusern des christlichen Glaubens zählt, an. Bild Über die Kirchenmauer hat man einen Blick über das ganze Tal. In diesem hatte sich der Nebel gefangen und in Sichtweite schaute die Kuppel der Basilika ‚Santa Maria degli Angeli‘ aus dem Dunst. Bild Es ist eine der baulich größten Kirchen des Christentums und sie ist über der Kapelle ‚Portiuncula‘ errichtet, in der Franziskus im Jahre 1226 im Kreis seiner Freunde im Alter von 45 Jahren verstarb. Der Blick hinüber zur schemenhaft zu erkennenden Kirche schuf eine wirklich mystische Stimmung. Mittlerweile war es nach 16:00 Uhr und nach einem Panini und einem Cappuccino war es an der Zeit, den Weg nach Perugia fortzusetzen, wo um halb sechs angestoßen werden sollte. Schon absurd – eigentlich hatte ich dieses Reiseziel auserkoren, weil ich mir mal Perugia ansehen wollte, dass ja auch sehr reizvoll und schön sein soll und nun war gar keine Zeit mehr dafür, weil wir den Tag ganz entspannt auf uns zukommen ließen. Egal, wenn der glorreiche RWE hier mal in der ‚Europa League‘ hin muss, komme ich wieder.

Da sich der Verkehr auf den letzten Kilometern baustellenbedingt äußerst zäh präsentierte, wichen wir in die Stadt aus, die aber nicht viel weniger verstopft war und die Zeit rann nur so dahin. Dank meiner unfassbar überzeugenden Argumentation konnten wir die Polizei-Sperre in Stadionnähe legal überwinden und unmittelbar am Stadion parken. So waren wir so ziemlich auf die Sekunde genau zum Kick-off im ‚Stadio Renato Curi‘. Vier baugleiche einzelne Tribünen in Stahlbauweise mit Betonstufen. Die Haupttribüne ist komplett überdacht und knapp 24tsd Zuschauer passen hinein. Eigentlich nichts Besonderes und doch mit einem gewissen Charme. Namensgeber ist ein ehemaliger Spieler der Ende der 70er Jahre im Alter von 24 Jahren während eines Ligaspiels gegen Juve zusammenbrach und tragisch auf dem Feld verstarb. Perugia Calcio steht im Mittelfeld der Tabelle und hatte aufgrund der aufgeweichten Relegations-Regelung doch Kontakt zu den begehrten Plätzen, die zu den Play-Offs zur Serie A berechtigen. Delfino Pescara hat einen absoluten Lauf. Fünf Spiele in Folge wurden gewonnen. Bild Man ist fett in den Relegations-Plätzen, macht Jagd auf die beiden ersten Ränge, die zum direkten Gang in die Eliteklasse berechtigen und ist also stark aufstiegsgefährdet. Dementsprechend gut drauf war der Anhang, der etwa 700köpfig mitgereist war, einige Schwenker im Gepäck hatte und ordentlich Gas gab. Der Blick auf die andere Seite eröffnete eine pickepackevolle Heimkurve. Hätte ich in der Masse nicht erwartet. Bild Dort brodelte es auch ganz ordentlich und wenn alle an einem Stimmband zogen, wurde eine mehr als beachtliche Lautstärke erreicht. Ohne es zu ahnen, hatten wir uns also eine richtig heiße Partie ausgesucht. Jetzt mussten das nur noch die Aktiven auf dem Platz begreifen und umsetzen und das taten sie auch. Der Kick war nicht so schlecht, wie man die Serie B sonst kennt. Es wurde gefightet, gerannt und auch ganz ordentlich kombiniert. Die Gastgeber waren dem Führungstreffer nahe, brachten aber – Achtung, Phrase! – das Runde nicht ins Eckige. Pescara konnte sich immer wieder technisch versiert in Szene setzen und netzte nach einem Konter zum zu diesem Zeitpunkt völlig unverdienten Führungstreffer ein. Bild Perugia kam mit frischem Mut aus der Kabine und versuchte die Gäste unter Druck zu setzen. Nach einer Viertelstunde erlahmten die Bemühungen und was dann während der sieben Zeigerumdrehungen zwischen der 66. und 73. Minute geschah war einfach Konterfußball aus dem Lehrbuch mit drei wunderbar herausgespielten und vollendeten Toren. Für den neutralen Zuschauer sehr schon anzusehen, für die Perugia-Tifosi eher nicht. Die Gastgeber waren danach natürlich völlig durch und Pescara hätte die Geschichte durchaus zum Debakel gestalten können, aber eigene Ballverliebtheit und der Perugia-Schnapper verhinderten Schlimmeres. Nach dem Ende feierte der Away-Sektor sein Team natürlich berechtigterweise ausgiebig. Auf der gegenüber liegenden Seite war die Stimmung nicht ganz so berauschend. Die Spieler in rot und weiß durften sich einiges anhören. Delfino sollte sich überlegen, ob sie mir nicht eine Auswärts-Dauerkarte schenken und mich für jeden Kick in der Fremde einfliegen sollten. Zwei Mal habe ich den Verein nun auswärts gesehen und beide Spiele endeten mit einem 4:0-Erfolg. In Italien ja nun nicht unbedingt an der Tagesordnung.

Wir hatten nun noch knapp 200 Kilometer nach Ciampino abzuspulen, wo wir uns ein günstiges Zimmer gebucht hatten. Die Unterkunft stellte sich als Etagenwohnung in einem Mehrfamilienhaus heraus, in der einfach drei Zimmer vermietet wurden. Für 30 Euro absolut in Ordnung und die beiden Betreiberinnen waren zwar keine Augenweide, aber dafür äußerst freundlich. Der Abend endete mit exzellenter Pasta im benachbarten Restaurant. Die Rückgabe des Mietwagens am nächsten Morgen war dann auch phantastisch. Der Mokel schaute nur kurz ob der Tank voll ist und notierte die Laufleistung. Dann riss er einen Durchschlag ab, gab ihn mir, murmelte 'Okay' und schritt grußlos von dannen. Wie der Zustand des Wagens war, interessierte ihn einen Scheiß und so fiel auch der kleine Riss in der Frontschürze, den ich dem Wagen beim Bodenwellen-Test (der Winkel zur Fahrbahn war doch steiler als es aussah :-) ) in Ancona zugefügt hatte, nicht auf. Allerdings war die Skizze für die Vorschäden eh rundherum angekreuzt. Herr Ryan bracht uns gewohnt pünktlich zurück nach Köln und rechtzeitig zum Beginn der zweiten Tageshälfte saß ich wieder an meinem Arbeitsplatz.

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(Manni Breuckmann)


 
 
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